Dienstag, 30. November 2010

Get Well Soon & Menomena, Wien, 23.11.10

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Konzert: Get Well Soon & Menomena
Ort: Arena, Wien
Datum: 23.11.2010
Zuschauer: gut gefüllt, wahrscheinlich nicht ganz ausverkauft
Dauer: Get Well Soon 90 Minuten


Eieiei - Konzertbericht schreiben und dann nicht auf veröffentlichen klicken, das geht mal gar nicht. Sorry dafür - aber umso schöner sind die Fotos von Elisabeth. Danke!

"Get Well Soon!" sagt ein Vogel zu einem Artgenossen mit Schal um den Hals auf der Tasche, die ich vorhin gerade erstanden habe. Würde man mir das gleiche in diesem Moment wünschen, könnte ich dankend auf mein derzeitiges Wohlbefinden verweisen. Und daran sind Get Well Soon alles andere als unschuldig!

Begonnen hatte der Abend aber nicht so toll. Schweinekalt war es und dank eines verlängerten Uni-Tages kam ich auch erst sehr spät in die Arena, wo ja Menomena als Support auf der Bühne stehen sollten. Taten sie auch, leider schon etwas zu lange, sodass mit Wet And Rusting, einem der fast-schon-Hits der Band, bereits das Finale eingeläutet war. In den Genuss zweier mickriger Songs (ja ich weiß eh, selber schuld - kein Mitleid) kam ich noch, alle sehr dicht atmosphärisch und auf der anderen Seite wieder quicklebendig vorgetragen, bevor die Portlander das Feld räumten.

Man könne sich gar nicht festlegen, welche Band besser sei, hatte ich im Vorfeld des Konzerts mehrmals von Freunden und Bekannten gehört, es sei zwar ein Ding der Unmöglichkeit, aber dieser Abend hätte zwei einfach Headliner verdient.

Und diese Dichte an Qualität hat einen Namen und der fiel in den letzten Tagen doch recht häufig. Es ist dies Cityslang. Ein Label, das man durch die Bank ins Herz geschlossen hat, das für ganze Bandkollektive Heimat geworden ist und dem man, als einem der wenigen richtigen Indies, guten Gewissens attestieren kann, dass hier noch hin und wieder das Herz über den Verstand siegt. Ökonomischen Imperativen wird hier auf draufgängerische Art und Weise eine lange Nase gedreht, mit so tollen Bands in der Hinterhand wie Notwist, Stars, Sophia, Arcade Fire, Health...kann man sich das auch leisten!
Nun gut, ich will mal nicht romantisch werden, das wurde es bei Get Well Soon eh noch, kurz und bündig, pressemeldungsfähig und -reproduzierbar festgehalten: Das deutsche Indie-Label Cityslang feierte dieser Tage seinen 20. Geburtstag.
In Berlin gabs aus diesem Anlass eine große Sause mit fantastischem Lineup, quasi einem Best Of des Labels, in Wien gabs eine kleinere Ausgabe der Cityslang-Schau.

Etwa eine halbe Stunde Umbau, begleitet von schrecklichem Metal-Gegrunze aus den Boxen, folgte nach Menomena, dann wurde es finster und Nausea wurde eingespielt. Es blieb finster und Get Well Soon kamen auf die Bühne, was aber die wenigsten bemerkten, der Begrüßungsapplaus also recht spärlich ausfiel. Erst als es zeitgleich hell wurde und We Are Safe Inside While They Burn Our House angestimmt wurde bekamen die Deutschen den Einstand, den sie verdienen.

Eine hübsche Sache, mit einem alten Song zu beginnen, die nächsten Songs entstammten dann aber dem jüngeren Album.
Die Singles Seneca's Silence, We Are Free und 5 Steps/7 Swords hatten schon im Jänner beim FM4-Geburtstagsfest am Open-Air-Gelände der Arena überzeugt, als der bei zweistelligen Minusgraden gefrierende Atem Groppers sich perfekt an die kühle Eleganz von Vexations geschmiegt hatte.

Nach 5 Steps/7 Swords, das vor ziemlich genau einem Jahr noch der erste Vorbote auf das Album gewesen war, entledigte sich Konstantin seines Sakkos (und damit auch ein wenig der liebenswerten Streber-Attitüde), freute sich, dass es "gefühlte 45°C mehr als im Janu...äh Jänner" habe und fragte, ob sich die Friererei wenigstens ausgezahlt hätte. Das wurde entschieden bejaht, auch wenn sich wohl die meisten Anwesenden so wie ich erbärmlichst ihre Zehen erforen hatten.
Über die angenehme Wärme in der Halle war man aber dennoch sehr froh. Auch Konstantin ("Wien hält jedesmal andere Klimazonen für uns bereit"), der sich für die vielen Besucher dieses "ersten richtigen Konzerts der Tour" (stimmt nicht ganz, aber ehrt uns natürlich) bedankte, er wisse vor Tourbeginn nie so genau, ob wieder Leute kommen würden oder ob diesmal der große Einbruch folge.

Dieser Einbruch dürfte noch länger auf sich warten lassen, jedenfalls solange Get Well Soon weiter so tolle Konzerte abliefern. Wunderbare Gänsehaut-Momente in denen man fast nicht zu atmen wagte wechselten mit wuchtigen Klanglandschaften, wo es einem niemand übel nahm, wenn man versehentlich auf einen der herumliegenden Plastikbecher (Hallo Arena - Öko, Mehrweg, Müllvermeidung - anyone?) trat. Akustische Gitarre und Breitwand-Instrumentarium, Flüstergesang und die Halle erfüllende Vollbrustkehlen - ein Konzert wie Winter und Frühling in einem. Alleine wie andächtig und mit gesenkten Köpfen die übrigen Bandmitglieder Konstantin bei Soli lauschten... toll!

Nach That Love kam Konstantin dann auf den eigentlichen Anlass der Tour zu sprechen - die kürzlich veröffentlichte Live-Aufnahme aus dem Dortmunder Konzerthaus, wo damals übrigens auch Kollege Christoph sehr angetan war.
"Wir machen ja jeden Blödsinn mit...", begann Konstantin, was ich so eigentlich nicht bestätigen kann, Get Well Soon sind in meinen Augen eine der besonnensten, unaufgeregtesten und geradlinigsten Bands made in Germany, und verkündete, dass jeder Besucher beim Merch-Stand eine 3D-Brille abholen dürfe, mit der man den Auftritt im Internet nacherleben könne (bereits erfolgreich getestet - eine sehr nette Spielerei!). Der Applaus war ein wenig verhalten, vermutlich wussten die meisten auch gar nicht, von was da die Rede war, was Konstantin auf den mangelnden Einsatz von Pyrotechnik bei der Präsentation zurückführte und damit Gelächter erntete: "Avatar war gestern!"

Als dann auch noch Maxis Vater gedankt wurde, der den Banner im Hintergrund gemalt hatte ("ein echter Künstler") und Konstantin erzählte, dass er heute schon auf dem Adventmarkt am Karlsplatz gewesen sei, war endgültig jegliche Distanz zwischen Band und Publikum verschwunden. Jemand rief dann laut nach Punsch, dürfte damit aber nicht ganz Konstantins Geschmack getroffen haben ("Äh ja, kann man machen").

Egal, man einigte sich auf ein Weihnachtslied, eines der besseren aus diesem kitschanfälligen Sektor, die je geschrieben wurden, nämlich
Listen! Those At Sea Sing A Song On Christmas Day und schritt so gemeinsam Richtung Ende, welches mit Angry Young Man den mit Abstand meisten Applaus erntete.

Doch auch die Zugabe war nicht von schlechten Eltern, altes Material wurde aus der Schatztruhe gefischt, persönliches Highlight war da Tick Tack! Goes My Automatic Heart, einfach ein toller Song. Tolle Band sowieso.

"This life ain't got no future" hieß es schlussendlich noch in
If This Hat Is Missing I've Gone Hunting. Auf ein Leben ohne solche Konzerte wie heute dürfte das wohl zutreffen. Aber so...


Routine und perfektes Handwerk waren selten so ergreifend schön, Nüchternheit selten so begeisternd. Ich will nur hoffen, dass die Aussage Groppers, man werde jetzt längere Zeit nicht mehr die Gelegenheit haben, Get Well Soon zu sehen, des Wahrheitsgehalts entbehrt.
Get Well Soon - please get back soon!


Setlist Get Well Soon, Wien:

01: Nausea
02: We Are Safe Inside While They Burn Our House
03: Seneca's Silence
04: We Are Free
05: 5 Steps/7 Swords
06: A Voice In The Louvre
07: Werner Herzog Gets Shot
08: Lost In The Mountains (Of The Heart)
09: A Burial At Sea
10: That Love
11: Listen! Those At Sea Sing A Song On Christmas Day
12: Angry Young Man

13: I Sold My Hands For Food So Please Feed Me (Z)
14: Tick Tack! Goes My Automatic Heart
(Z)
15: If This Hat Is Missing I've Gone Hunting (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Get Well Soon, Rüsselsheim, 09.07.10
- Get Well Soon, Dortmund, 05.05.10
- Get Well Soon, Paris, 16.03.10
- Get Well Soon, Heerlen, 07.03.10
- Get Well Soon, Frankfurt, 02.03.10
- Get Well Soon, Paris, 26.01.10
- Get Well Soon, Wiesbaden, 22.08.09
- Get Well Soon, Bonn, 04.07.09
- Get Well Soon, Paris, 06.05.09
- Get Well Soon, Nijmegen, 25.04.09
- Get Well Soon, Paris, 14.10.08
- Get Well Soon, Wiesbaden, 30.08.08
- Get Well Soon, Melt!, 20.07.08
- Get Well Soon, Evreux, 28.06.08
- Get Well Soon, Frankfurt, 15.04.08
- Get Well Soon, Köln, 09.04.08
- Get Well Soon, Berlin, 21.09.07
- Get Well Soon, Haldern, 02.08.07

Danke für die wunderschönen Fotos an Elisabeth Voglsam! Hier gibts noch mehr Fotos.

Arcade Fire, Düsseldorf, 29.11.10

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Konzert: Arcade Fire
Ort: Philipshalle, Düsseldorf
Datum: 29.11.2010
Zuschauer: 5.000 (?)
Dauer: Arcade Fire 95 min, Fucked Up unerträgliche 30 min


Ausgerechnet heute brach der Winter in Westdeutschland ein. Viel zu viel Schnee auf den Straßen, jede Vernunft sprach gegen eine Fahrt nach Düsseldorf, bloß um ein Konzert zu sehen. Allerdings sind Arcade Fire seltener als Schneetage, und dann ist es um die Vernunft eben schnell geschehen.

Ich hatte mich lange nicht mehr so sehr auf ein Konzert gefreut, vor allem seit ich in den letzten Tagen nach viel zu langer Zeit wieder einmal die beiden ersten Platten der Kanadier gehört hatte, die ohne Zweifel zu den großen Meisterwerken unserer Generation gehören. 2005 hatte ich das große Glück, die Band im Gebäude 9 in Köln zu sehen, gerade als ihr Stern in Europa kräftig aufging. Sehr sicher war der wilde Auftritt eines der besten Konzerte meines Lebens. Im Gegensatz zu vielen anderen Musiksternen verglühten Régine & Win und ihre Kollegen aber nicht sofort wieder. Auch wenn das aktuelle Album der Band nur das drittbeste ist, sind Arcade Fire gut und relevant wie vor fünf Jahren.

Trotzdem fragte ich mich in der Umbaupause nach der scheußlichen Vorgruppe Fucked Up (sicherlich nur zugezogene Kanadier), ob der Abend nicht vielleicht doch enttäuschend werden könnte. Vieles des eben Beschriebenen gilt ja schließlich auch
für Interpol, und die hatten mich vor einer Woche leider gar nicht vom Hocker gerissen.

Um 21.20 Uhr waren diese Zweifel weg, und zwar restlos! Denn in der Zwischenzeit hatten Arcade Fire Ready to start, Keep the car running,
Laïka und No cars go gespielt, vier sagenhafte Kracher, wie sie nur wenige Bands am Anfang eines Konzerts verbraten können. Klotzen statt Kleckern also...

Arcade Fire traten zu acht auf, also das Ehepaar Régine & Win, Wins Bruder Will Butler, Richard Parry, Tim Kingsbury, Geigerin Sarah Neufeld, Schlagzeuger Jeremy Gara und ein zweiter Geiger (denke ich). Die Band begeistert mich seit jeher durch die reibungslosen Positionswechsel zwischen den Stücken. Es gibt Gruppen, bei denen es zur Show gehört, ab und zu die Instrumente zu wechseln, bei den Kanadiern wirkt das alles vollkommen sinnvoll und stimmig. Es begann noch relativ harmlos mit zwei Gitarren, zwei Keyboardern, Bass, Geige und Schlagzeug. Nur Régine Chassagne fiel aus der Reihe, weil sie an einem zweiten Trommelset saß. Nach Ready to start eilten nicht ein sondern drei Helfer mit gestimmten Instrumenten auf die Bühne. Es war eine perfekte Logistik im Hintergrund, die die komplizierten Umarrangements möglich machte, man merkte
keine Hänger zwischen den Stücken, obwohl die Aufstellung nie die gleiche wie beim abgelaufenen Lied war. Kanada ist eben eine Eishockey-Nation und fliegende Wechsel gewohnt.

Beim zweiten Lied (Keep the car running) spielte Régine Drehleier, Win Laute (glaube ich), dazu gab es zwei Geigen. Laïka benötigte drei Trommler, zwei Geiger und Akkordeon, wäre das Konzert langweilig gewesen, alleine das Zusehen der Wechselspiele hätte den Abend gerettet.

Aber es war so weit von langweilig wie Fucked Up von gut entfernt.
Laïka bereitete mir die ersten hochstehenden Nackenhaare. Natürlich ist das Stück ein riesiger Hit, wie sehr es mich aber heute beeindruckte, überraschte mich doch sehr. So sehr hauen mich nur ganz selten Lieder bei Konzerten um! Danach hätte ich guten Gewissens fahren können.

Nach No cars go wurde es ruhiger. Zunächst folgten die beiden von Régine
gesungenen Stücke Haïti und Sprawl II (mountains beyond mountains). Haïti mochte ich schon immer und es war heute live, auch und vor allem vor dem Hintergrund der schrecklichen Tragödien, die dieses Land beuteln, ganz besonders. Mit dem 80er Jahre Song Sprawl II... geht es mir anders. Auf Platte mag ich den nicht sonderlich. Live war Mountains beyond mountains zwar eine Ecke besser, neben Rococo gehörte er aber zu den schwächsten Stücken im Set. Gut, daß beide nacheinander kamen, danach deutete sich nämlich bereits langsam das sagenhafte Ende des Abends an.

Spätestens mit
Month of May wurde es wieder grandios. Das anschließende Tunnels gehörte wieder zu den besten Liedern, die ich jemals live gesehen habe. Allerdings gefiel mir von den Stücken der Debüt-Platte Funeral plötzlich Power out am besten. Eigentlich steht das bei mir immer ein wenig im Schatten der Überhits, heute gab es zwar viele Songs, die lange Schatten warfen, da mochte sich aber keiner der anderen reinstellen. Power out ging in Rebellion (lies) über, das nach 80 Minuten das eigentliche Konzert beendete. Mit einem Paukenschlag, wie Parajournalisten wie wir gerne schreiben. Es war zwar keine Pauke sondern eine kleine Trommel, das machte den wilden Sprung von Will Butler von der Bühne ins Publikum, um da wild auf sein Instrument einzuschlagen, nicht weniger spektakulär. Das ist trotz all der Erfolge, trotz der riesigen Hallen noch der gleiche Spaß an der Musik wie am Anfang, als sie Helme (mit Köpfen drin) als Trommeln benutzt haben.

Auch Zugaben hätte ich eigentlich nicht mehr gebraucht. Wie sollte es denn noch besser werden?

Gut, ob nun besser oder nicht, es blieb jedenfalls so grandios. Intervention und Wake up als Zugaben endeten den Abend so hervorragend, wie er begonnen hatte.
Überragend! Chris Martin, der nicht nur bei Frauen einen blendenden Geschmack hat brachte das richtig auf den Punkt: "The best bands in the world today are probably Arcade Fire and Sigur Rós."

Ein grandioses Konzert, sehr sicher das beste des Jahres, mit einer blendenden Band, die ihr Publikum
an die Wand spielt.Was soll man da noch besser machen?!

Eine einzige kleine Panne fiel mir auf, und die war, wie das in solchen Fällen üblich ist, sehr charmant. Cold wind, die Single, die auf keiner Platte ist, hatten Arcade Fire (The Arcade Fire laut Win) eine Weile nicht gespielt. Die fehlende Routine zeigte sich darin, daß einer der Musiker plötzlich hektisch nach hinten lief und sich das Akkordeon schnappte, ihm war wohl entgangen, wo genau er jetzt zu spielen hatte. Den Einsatz schaffte er, die leichte Panik vorher war toll!

Und nach diesem herausragenden Konzert wurde mir auch plötzlich die Funktion der Vorgruppe bewußt. Eigentlich helfen miese Supportbands der Hauptgruppe dadurch, daß etwas Gutes im Vergleich zu Mist noch deutlich strahlender wird (das psychologische Kontrastprinzip). Allerdings haben Arcade Fire so etwas nicht nötig. Der schreckliche Schreihals der kanadischen Vorgruppe sollte
uns vielmehr vorher schon bremsen, damit wir nicht zu euphorisch die Halle verlassen würden. Das war Fürsorge und machte auf einmal komplett Sinn!

Win Butler sagte irgendwann am Ende: "thank you for being so amazing!" Er sprach mir aus der Seele.*


Setlist Arcade Fire, Philipshalle, Düsseldorf:

01: Ready to start
02: Keep the car running
03: Neighborhood #2 (Laïka)
04: No cars go
05: Haïti
06: Sprawl II (mountains beyond mountains)
07: Rococo
08: Cold wind
09: Deep blue
10: The suburbs
11: Month of May
12: Neighborhood #1 (Tunnels)
13: We used to wait
14: Neighborhood #3 (Power out)
15: Rebellion (Lies)

16: Intervention (Z)
17: Wake up (Z)

Links:

- Arcade Fire, Paris, 29.08.10
- Arcade Fire, Paris, 05.07.10
- Arcade Fire, Paris, 24.08.07
- Arcade Fire, Köln, 22.08.07
- Arcade Fire, Nimes, 22.07.07
- Arcade Fire, Paris, 20.03.07


Leider keine eigenen Fotos! Die Hauptabteilungsleiterin "Tür 3" verwies darauf, daß "da steht", daß meine Kompaktkamera nicht reindürfe. Die verwendeten Bilder stammen aus Olivers Archiv vom Konzert in Paris im Juli.


* zwei richtige Ärgernisse gab es aber doch noch. Zum einen ist vollkommen unverständlich, warum nach dem Konzert solch ein Chaos auf den Parkplätzen rund um die Halle herrscht. Eine Stunde vom Parkplatz auf die Straße ist ärgerlich. Die Parkwächter, die vorher Gebühren kassieren, sollten vielleicht auch hinterher dafür eingesetzt werden, für einen zügigen Abfluß zu sorgen. Wir hatten nur eine gute Stunde Rückfahrt nachts vor uns. Aber auf den Parkplätzen standen auch viele, die von deutlich weiter weg angereist waren.

Das zweite Ärgernis tat mir in der Seele weh. Ganz vorne hatten Eltern ein kleines Mädchen mitgenommen, das den infernalischen Krach der Vorgruppe vermutlich ohne Ohrenschutz ertragen musste. Später hatte es dann etwas im Ohr, wirkte aber alles andere als glücklich. Das mag unglaublich spießig klingen, aber für ein zwei- oder dreijähriges Kind ohne Ohrenschoner gibt es sicher bessere Orte als wahnsinnig laute Konzertsäle. Süß war, daß Régine der Kleinen nach dem Konzert ein Instrument schenkte (eine Triangel?). Haben die Eltern noch ein schönes Souvenir.




Montag, 29. November 2010

Festival BB Mix, Boulogne-Billancourt, 27 & 28.11.10

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Konzert: Festival BBMIX (mit Swans, The Radio Dept, The Raincoats, James Blackshaw, u.a.)

Ort: Carré Belle-Feuille, Boulogne-Billancourt bei Paris
Datum: 27 & 28.11.2010 (2 & 3. Festivaltag)
Zuschauer. jeweils recht reges Zuschauerinteresse
Konzertdauer: Swans minimum 2 Stunden





Putain! Une bombe sonore ce concert! Une véritable tuerie! Bon, les Swans m'ont détruit les oreilles, mais ça valait le coup quand même! Malgré une interruption d'une demi heure pour des problèmes téchniques, ce spectacle fut intense, dramatique et brutalement noise. Wow, quelle fessée! Je n'en reviens pas!

Ja was war denn das jetzt?? Ein Erdbeben? Ein Bombenangriff? Das Ende der Welt? Das Schmoren in der Hölle? Meine Fresse, war das ein brachiales Konzert der Amerikaner Swans! Leute, ich sag' euch, so etwas habe ich noch nie erlebt! Gut, es mag sein, daß meine feinen Öhrchen nur noch gezuckerten Seichtpop oder ruhigen Folk gewöhnt sind und ich keine Erfahrung mit Noisekonzerten habe. Aber das was da über zwei Stunden auf die Zuschauer einprasselte, war wirklich stahlhart, metallisch und hundsgemein. Ein Konzert wie ein Arschfick. Ich fühle mich jetzt noch als seien Panzer über mich drübergerollt, als seien meine Ohren vergewaltigt worden. Ein schamanisches, brutalstmögliches Gewitter an verzerrten Gittaren, Paukenschlägen und gruseligen Tönen. So höllisch laut, daß nach circa einer Stunde der Strom aufiel. Als die Tontechniker eine halbe Stunde später den Schaden behoben hatten, ging es mit unbarmherziger Härte weiter und man hatte fast das Gefühl, als wolle die Band sich rächen und extra noch 500 Dezibel lauter spielen. Am Ende tropfte fast Blut aus meine Ohren. Mit dem Tinnitus meines Lebens tippe ich gerade diese Zeilen. Wenn das Fiepen etwas besser wird, werde ich ausführlicher von diesem Monster von Konzert berichten und dann natürlich auch noch auf die anderen Bands und Künstler des Festivals eingehen.


Setlist Swans, Festival BBMix, Boulogne Billancourt bei Paris:

01: No Words/No Thoughts
02: Your Property
03: Sex God Sex
04: Jim
05: I Crawled
06: Avatar
07: Eden Prison

08: ???


Ausgewählte Konzerttermine Swans (ohne Gewähr):

02.12.2010: L'Usine PTR, Genf
03.12.2010: Teatro Espace, Turin,
04.12.2010: Locomotiv Club, Bologna
05.12.2010: Piper Club, Rom
07.12.2010: Arena, Wien
08.12.2010: Palác Akropolis, Prag
09.12.2010: Firlei, Wroclaw, Polen
10.12.2010: Stodola, Warschau,
12.12.2010: Kampnagel, Hamburg
13.12.2010: Volksbühne, Berlin


- Video by YouTube User SepBan. Entstanden im Lee's Palace am 2. Oktober 2010.



Sonntag, 28. November 2010

Konzertankündigung The Rural Alberta Advantage & Roken Is Dodelijk

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Konzertankündigung The Rural Alberta Advantage & Roken Is Dodelijk

Orte und Daten: siehe unten


The Rural Alberta Advantage ist eine tolle Indierockband aus Kanada, die mit ihren feinen Songs demnächst Paris und ein paar Städte in Deutschland beglücken wird. Sie bieten hausgemachte Lo-fi Lieder mit viel Charme, Herzenswärme und Authenzität. In Paris werden sie zudem von der aufstrebenden französischen Power Pop Band Roken Is Dodelijk (holländisch für "rauchen ist tödlich") begleitet. Man darf sich sicherlich auf wunderbare Konzertabende freuen! Besonders schön: In der Haldern Pop Bar spielen sie mit dem Amerikaner Unbunny. Der ist ja seit der letzten Oliver Peel Session weltberühmt. Sozusagen.

The Rural Alberta Advantage (voir la photo) est un groupe rock indé canadien, qui va bientôt charmer Paris et quelques villes chanceuses en Allemagne avec leurs morceaux lo-fi et charmants. Les Parisiens auront la chance en plus de voir aussi les jeunes français émergents de Roken Is Dodelijk qui ont fait parler d'eux avec un concert jouissif et euphorisant truffé de titres accrocheurs à Rock en Seine 2010.

Ausgewählte Konzerttermine von The Rural Alberta Advantage:

30.11.2010: Nouveau Casino, Paris

02.12.2010: Haldern Pop Bar (mit Unbunny), Rees-Haldern
03.12.2010: Magnet, Berlin
04.12.2010: Paradiso, Amsterdam



Twin Sister & Johnny Flynn, Paris, 26.11.10

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Konzert: Twin Sister & Johnny Flynn (Idiot Glee, The New Wine)

Ort: La Flèche d'or, Paris

Datum: 26.11.2010
Zuschauer: mittlerer Andrang

Konzertdauer: Twin Sister etwa 45 Minuten



Die Konzertbloggerei macht so langsam einen kauzigen Typen aus mir. Am Freitag zum Beispiel. Diego Zavatarelli, argentischer Gitarrenlehrer mit Wohnsitz Paris, gab meiner Frau eine Übungsstunde im heimischen Wohnzimmer. Um die beiden nicht zu stören und weil ich auch noch einen Konzertbericht schreiben wollte, bin ich noch nicht einmal aus meinem Arbeitszimmer gekrochen gekommen, um ihm "Guten Tag" zu sagen. Das war ja noch vertretbar, schließlich soll er ja keine Schwätzchen mit mir halten, sondern meiner Süßen beibringen, wie man richtig an den Saiten zupft. Dann aber war die Übungstunde vorbei und man rief mich hinzu, um gemeinsam eine Tasse Tee zu trinken. Ich nippte kurz an dem Heißgetränk, lief dann aber zurück an meinen Computer, weil ich noch Bilder hochladen und beschriften musste. Alles für das Konzerttagebuch versteht sich. Eigentlich wollte ich damit bis zum Abend durch sein. Ich brach den Vorgang aber ab, weil ich keine Egoist sein wollte und gesellte mich wieder zu Diego und meiner Frau. Während wir uns unterhielten, guckte ich permanent nervös auf meine Uhr, weil ich logischerweise schon wieder auf dem Sprung zu einem neuen Konzert war. Diego (rechts auf einem Foto mit SuperBravo) hatte aber Lust mit mir zu kommunizieren und so plauderten wir noch eine Weile weiter. Irgendwann würgte ich ihn aber ab (bildlich gesprochen versteht sich, der gute Kerl lebt noch!) und sagte, daß ich jetzt unbedingt los müsse. Er verabschiedete sich ungläubig guckend und kopfschüttelnd von mir und ich raste Richtung U-Bahn. Durch den Plausch hatte ich mich etwa um 20 Minuten verspätet. Zeit, die mir fehlte, um mehr von dem Konzert von Johnny Flynn zu genießen, daß in der von mir aus weit entfernten Flèche d'or bereits begonnen hatte.

Als ich gerade die Eingangstür passiert hatte, stoppte mich meine Konzertfreundin Michela. Sie ist Fotografin und kommt aus Rom. Auf das Konzert, das drinnen lief hatte sie nicht viel Bock und außerdam wollte sie jetzt mit mir plaudern. "Komm mit, ich möchte, daß Du mir draußen Gesellschaft leistet." Geht nicht, sagte ich, ich will doch noch das Ende von Johnny Flynn sehen. "Mensch, bist du aber ungemütlich, du siehst doch jeden Tag Konzerte, Oliver!", meinte sie nicht zu Unrecht. Dennoch ließ ich sie stehen und rannte in den Konzertsaal rein. Zum zweiten Mal am heutigen Tage hatte ich das dumme Gefühl, der Bloggerei alles unterzuordnen und mich nicht wirklich sozial zu verhalten. Verflucht!

Nun gut, von dem Auftritt von Johnny Flynn, den der junge Folksänger aus England ganz allein an der Akustikgitarre bestritt, habe ich gerade noch zwei Titel mitbekommen. Trotzdem ist mir sofort aufgefallen, daß in der ersten und zweiten Reihe auschießlich junge Mädchen standen. Frauenquote 100 %. Johnny, der Womanizer! Oder stehen jetzt die ganzen pubertierenden Mädels auf Folkmusik und sind nur deshalb zu Herrn Flynn gekommen? Wohl kaum, denn wenn ein Damien Jurado (ein etwas pfundiger Bursche) auf der Akustischen kratzt, sieht man nur alte Männer mit Bärten im Publikum. Hmm. Unfair! An Johnnys Stelle würden mich diese lustmolchigen Groupies aber eher abtörnen. Erinnert mich nämlich an meine Schulzeit, als ein Mädchen aus meiner Klasse mir morgens den Weg zum Schulbus versperrte. Sie saß auf einer Treppe und wartete auf mich, um mir zu sagen, daß sie total auf mich abfährt. Ich wäre damals am liebsten im Erdboden versunken! Dennoch habe ich die Situation ausgenutzt, um ihr im Wald ein paar Zungenküsse zu verpassen. Danach habe ich sie aber selbstverständlich abgeschossen...

Kommen wir zu Twin Sister aus New York, die als nächste Band anstand. Die gefielen mir auf Anhieb außerordentlich gut. Also ich meine, die brünette Sängerin mit den Rehaugen gefiel mir sofort außerordentlich gut, bei der Musik war ich mir zunächst nicht so sicher. Niedlicher Süßwarenpop ist ja eher nicht so meine Sache. Eigentlich. Bei Twin Sister aber wurde das Ganze mit so vielen Ideen und interessanten Wendungen geboten, daß ich von Lied zu Lied angetaner war. Jeder Song klang anders, mals gab es psychedelische oder shoegazige Anklänge, dann plötzlich 80er Jahre Diskosound und ab und an wurden auch die Gitarren mal ein wenig noisiger. Vor allem aber störte glücklicherweise nie ein Bubblegum-Refrain, der bei so vielen Popbands schnell nervtötend wird.

Auffällig war die Stimme des Gitarristen, der auch ab und zu mitsang. Er klang wie ein Eunuch und als er sich und die Band dem Publikum vorstellte, kicherten einige Leute im Publikum, weil er so hoch sprach. Die Typen in der Band waren mir allerdings weitgehend schnuppe, denn ich glotzte die ganze Zeit nur auf die hübsche Sängerin. Der Süßen wurde es gegen Ende zu warm und sie ließ ihren schicken blauen Blazer fallen. Nun war der Blick frei auf ein wunderschönes Tattoo, das sie am Arm trug. Ich konnte mich daran kaum sattsehen, hatte von der Glotzerei fast Stielaugen! Leider konnte ich das Bild nicht richtig erkennen, es schien einem Comicstrip zu entstammen.

Insgesamt ein schönes Konzert, das mich auch noch zum Kauf ihrer auf Domino erschienenen Doppel EP (Vampires With Dreaming Kids und Color Your Life ) verleitete. Ich kann die Silberlinge empfehlen, sie liefen jetzt schon ein paar Mal auf meiner Anlage.



Ganz zum Schluß traten dann auch noch The New Wine auf, aber über deren billligen 1980er Jahre- Sound hülle ich lieber den Mantel des Schweigens.

Konzerttermine Johnny Flynn:
29.11.2010: Gebäude 9, Köln
30.11.2010: Atomic Café, München
01.12.2010: Magnet Club, Berlin
02.12.2010: Molotow, Hamburg

Aus unserem Archiv:

Johnny Flynn, Paris, 21.04.10
Johnny Flynn, Paris, 10.11.07





Freitag, 26. November 2010

Tokyo Police Club & Trumans Water, Paris

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Konzerte: Tokyo Police Club & Trumans Water
Orte: La Maroquinerie & L'International
Datum: 25.11.2010
Zuschauer: jeweils recht viele, aber es gab noch Luft zum Atmen

Konzertdauer: Tokyo Police Club 75 Minuten


Im November geht konzerttechnisch so tierisch die Post ab, daß man als Gigfreak gar nicht mehr weiß, wo man denn nun hingehen soll. Allein am heutigen 25. November gab es schon wieder ein nahezu unüberschaubares Programm in Paris. Two Door Cinema Club im Olympia, Foals im Elysée Montmartre, Imogen Heap im Divan Du Monde, My Bee's Garden in der Flèche d'or, Eliza Doolittle (die neue Lily Allen) chez Moune, Poney Express im Reservoir, Battant im Point Ephémère, OMD im Casino de Paris, Phantom Buffalo & Truman Water im International und Tokyo Police Club in der Maroquinerie.

Am meisten interessierten mich die beiden letztgenannten Konzerte. Aber beide gleichzeitig gucken ging wohl schlecht, oder? Ich entschied mich also für Phantom Buffalo und Trumans Water im International. Als ich dort ankam, spielte aber erst noch der Kanadier Moran und der war enorm zäh und lahm. Um viertel vor zehn hatte er immer noch nicht fertig. Ich langweilte mich wie Sau. Da kam plötzlich mein Freund Yves angeschneit, der mir erzählte, daß Tokyo Police Club in der nicht sehr weit entfernten Maroquinerie erst um 22 Uhr 10 angesetzt waren. Spontan wie ich bin, verließ ich kurzerhand das International, setzte mich in den blöden Bus und fuhr den Berg Richtung Maroquinerie hoch. Ein Ticket oder einen Gästelistenplatz für die Show hatte ich nicht, aber man ließ mich trotzdem umsonst rein, schließlich bin ich Oliver Peel!

Drinnen angekommen, sah ich noch das Ende des Sets der Engländer Little Comets. Sie spielten sehr frisch, flott und Laune machend auf. Ihr Sound war typisch für die ganzen jungen britischen Bands der 2000er Jahre. Hibbeliger Punk-Pop, absolut tanzbar, melodisch und catchy. Vergleiche zu den Good Shoes, Los Campesions! Maccabees etc, drängten sich förmlich auf, aber es gab auch einen gewissen Afro-Einschlag à la Vampire Weekend zu bemerken. Mit One Night In October hatten sie zudem einen veritablen Indie-Hit zu bieten.

Nicht schlecht also, diese Little Comets! Wir werden noch von ihnen hören.

Etwa zwanzig Minuten später dann der Einmarsch von Tokyo Police Club. Das unglaublich junge und in den meisten Fällen weibliche Publikum war entzückt, als der schelmisch grinsende Bandleader Dave Monks die Bühne betrat. Ein lustiger, absolut sympathischer Typ, der mit seiner verschmitzten Art extrem gut ankam. Er wirkt wie der typische Slacker, so etwa wie ein Thurston Moore in jung. Ich könnte mir gut vorstellen, daß er in zwanzig Jahren fast noch genauso aussieht. Auf jeden Fall hatte er sich kaum verändert, seitdem ich ihn im Februar 2007 das erste Mal mit seiner Band gesehen hatte...

Seit 2007 ist viel Zeit ins Land gegangen. Die erste EP von Tokyo Police Club, A Lesson In Crime und auch das erste richtige Album Elephant Shell habe ich seitdem immer mal wieder mit Freude laufen lassen,
mit dem neuen Werk bin ich allerdings noch nicht vertraut. Von Champ (2010) kannte ich rein gar nix. Das war bei dem jungen Publikum in der Maroquinerie anders. Vor allem die Mädels sangen die Parolen komplett mit. Manche hatten ein Dauerginsen im Gesicht, daß bis zum Ende des Konzertes anhielt. War ja auch wirklich unterhaltsam, dieses flott abgeschossene Set der Kanadier! Da wurde nicht lange gefackelt und gezaudert. Stattdessen haute einem die Band die melodiösen Gittarenhits nur so um die Ohren und die Zeit verging wie im Fluge. Bei mir persönlich gab es immer wider aha- Momente, wenn die alten Sachen wie Tesselate oder Be Good geschmettert wurden, aber gegen Ende machte ich auch Anhieb einen Kracher vom neuen Album aus: Boots Of Danger. Eine Nummer, die auch die Strokes nicht besser hinbekommen hätten! Lässig aus der Hüfte geschossen, ungemein euphorisierend und mit einem Refrain ausgestattet, den man nicht mehr vergisst ("wait up, you never get nervous anymore"). So lange Julian Casablancas und Co. Tokyo Police Club die Bühne überlassen, vertrösten wir uns gerne mit so einem natürlichen Stimmungaufheller!

Die einzige Zugabe dann auch noch einmal ohrwurmig: Cheer It On ("operator give my the president of the world! this is an emergency!") hatte nichts von seiner Anziehunsgkraft verloren und begeisterte mich noch genauso wie im Februar 2007! An Christoph: Heute wurde seit langer Zeit mal wieder ausziehen (à poil) und David Bowie reingerufen!



Setlist Tokyo Police Club, La Maroquinerie, Paris:
01: Favorite Colour
02: Nature Of The Experiment
03: Graves
04: Top 5
05: Spark
06: In A Cave
07: Tessellate
08: Hands Reversed
09: Big Difference
10: Not Sick
11: Be Good
12: Bambi
13: Favourite Food
14: Citizens Of Tomorrow
15: Breackneck Speed
16: Wait Up (Boots Of Danger)
17: Your English Is Good

18: Cheer It On

Im Anschluß an die Show von Tokyo Police Club ging es für mich gleich munter weiter. Ich nahm meine Beine unter den Arm und rannte in einem Affenzahn den Berg der Rue de Menilmontant runter. Ich wollte ja schließlich noch ins International. Konzertjunkies wie ich kriegen schließlich nie den Hals voll genug. Vor der Tür des International hingen noch Freude und Bekannte von mir ab, die bei Labels oder Bookingagenturen arbeiten. Wenn solche "Profis" vor Ort sind, verheißt das oft ein Konzert für Insider. Ich war gespannt, schlug die Tür auf und hoppelte die Treppenstufen zum Kellgergeschoß runter, wo die Gigs hier stattfinden. Schon etwas angegraute Musiker spielten noisige, aggressive und hundsgemeine Indiesongs mit Hardcore Einschlag. Die Meute war aufgestachelt und johlte. Anscheinend kannten sie alle Trumans Water und hatten sich keineswegs zufällig hierhin verlaufen. Unter den Gästen war auch mein Freund Pascal, der die Band in den 1990er Jahren einmal in einem besetzten Schuppen im 12. Pariser Arrondissement gesehen hatte. Heldenhafte Dinge erzählte er von dieser kultigen Show, was meine Neugierde noch weiter anstachelte.

Dummerweise hatte aber mein Abstecher in die Maroquinerie so viel Zeit gekostet, daß ich nur noch die letzten beiden Lieder des Sets zu hören bekam. Plötzlich kam es zu einem lautstarken Wortwechsel zwischen dem Sänger von Trumans Water und einer Zuschauerin in der ersten Reihe. Sie gifteten sich auf englisch an und er gestikulierte im Stile eines John McEnroe, wenn dieser nicht mit dem Schiedsrichter zufrieden ist. Ich denke aber, es war nur Spaß, denn kurze Zeit später grinste der Heißsporn schon wieder. Normalerweise gibt es im International selten bis nie Zugaben, aber heute war das anders. Motiviert durch die am Ende Pogo tanzenden Zuschauer, verlängerten Trumans Water ihren Auftritt um satte 15 Minuten und drei bis vier Lieder. Was gespielt wurde, konnte ich beim besten Willen nicht sagen, da ich mich mit der Diskografie der Band null auskenne. Berichten kann ich allerdings, daß die Leute weiterhin abpogten wie verrückt und damit die aufgepeitsche Atmosphäre weiter verstärkten. Dann war aber wirklich Schluß.

Am Merch gab es einen reichen Gabentisch mit allerlei CDs und Vinylplatten der Band zu bewundern. Trumans Water haben mehr als ein Dutzend CDs veröffentlicht, darunter eine Peel Session (nein, keine Oliver Peel Session)! Mein Freund Pascal schlug wie immer herzhaft zu und trug 3 CDs und eine sehr schön aufgemachte Platte (das neue Werk O Zeta Zunis) aus dem Laden.

Eine coole Sache! Ist was für Fans von Sebadoh, Wire, Sonic Youth, etc. Pussies draußen bleiben!

Setlist Trumans Water, L'International, Paris:

01: ?
02: ...own Bo..
03: Janellopy
04: We Fish
05: 5-7-10 Split
06: 665
07 Bev Toxin
08: ... New Rise + Fall
09: Long End Of A Firearm
10: Gibraltar
11: Sorry About The Blood


Ausgewählte Konzerttermine Trumans Water:

27.11.2010: Friese, Bremen
28.11.2010: Magasin 4, Brüssel
30.11.2010: Bang Bang Club, Berlin
01.12.2010: Kiel, Schaubude

Aus unserem Archiv:

Tokyo Police Club, Latitude-Festival, 16.07.10
Tokyo Police Club, Brüssel, 05.06.08
Tokyo Police Club, Frankfurt, 25.06.07
Tokyo Police Club, Köln, 25.02.07
Tokyo Police Club, Köln, 25.02.07
Tokyo Police Club, Paris, 16.02.07



Menomena, Köln, 25.11.10

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Konzert: Menomena
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 25.11.2010
Zuschauer: knapp 2/3 voll
Dauer: 65 min


Ein musikalisch trauriger Tag... Monrose haben sich aufgelöst! Eine andere Band mit M trat am Abend im Gebäude 9 auf, Menomena aus Portland, was mir erst am Nachmittag wieder eingefallen war. Dabei hatte ich mich lange schon darauf gefreut, die Amerikaner einmal zu sehen. Beim City-Slang Abend im Rahmen der PopKomm vor ein paar Jahren war die Chance schon einmal da, die Angst, Malajube im Nebenraum zu verpassen, verhinderte das aber.

Meine Freude nährte sich vor allem aus Neugierde, nicht, weil Menomena eine meiner Lieblingsbands wären. Dafür kenne ich ihre Platten zu wenig und bin auch erst mit Friend and Foe 2007 eingestiegen. Die Alben von Menomena höre ich deshalb nicht oft, weil sie sich zum beiläufigen Konsum nicht eignen, ihre Komplexität erfordert intensive Beschäftigung, für die mir oft einfach die Zeit fehlt. In solchen Fällen ist ein Live-Test perfekt, die Band besser kennenzulernen, und der fand eben heute statt.

Um es (vorerst) kurz zu machen: der Ausflug nach Köln hatte sich gelohnt. Trotz Saxophon und Bassist mit Zopf gefielen mir Menomena sehr gut. Aber mehr dazu nachher!

Setlist Menomena, Gebäude 9, Köln:

01: Tithe
02: TAOS
03: Weird
04: Killemal
05: Five little rooms
06: BOTE
07: Queen black acid
08: Wet and rusting
09: Dirty cartoons
10: The pelican
11: Sleeping beauty
12: Evil bee

13: Strongest man in the world (Z)*

* danke an Christina fürs Setlist-Einflüstern!


Donnerstag, 25. November 2010

Hold Your Horses!, Paris, 24.11.10

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Konzert: Hold Your Horses!

Ort: L'Espace B, Paris
Datum: 24.11.2010
Zuschauer: etwa 40

Konzertdauer: ungefähr 40-45 Minuten


Je älter ich werde, desto mehr sehne ich meine Jugend zurück. Ich hab' einfach noch keinen Bock, wie ein Konzertrentner auszusehen, auf den die jungen Leute mit dem Finger zeigen und sagen: "Guck mal der Alte da, was sucht der eigentlich hier?"

Insofern tut es sehr gut, daß ich in den letzten Wochen etliche Male auf Anfang 30 geschätzt wurde. Ich bin 39 1/2 wohlgemerkt! Heute passierte es wieder. Ich war zu Gast im schönen Fargo-Plattenladen und Michel Pampelune, der Boss persönlich, fragte mich ganz erstaunt: "Was? Du bist schon verheiratet? Seit fast 10 Jahren? Dann bist Du wahrscheinlich bei weitem nicht so jung, wie ich dich geschätzt hatte!" Ob der Bursche weiß, daß Komplimente den Verkauf fördern? Auf jeden Fall trug ich wieder mal drei neue CDs aus dem Laden, obwohl sich bei mir Zu Hause ungehörte Silberlinge meterhoch stapeln. Mit den Neuerwerbungen unter dem Arm machte ich mich auf den Weg ins Espace B. Dort spielten mit Hold Your Horses! junge, dynamische Franzosen auf. Im Point Ephémère hätte es Teenage Fanclub gegeben. Eine tolle Band, aber die alten Säcke aus Glasgow ziehen logischwerweise nicht mehr taufrisches, sondern vielmehr faltiges, in die Jahre gekommenes Publikum an. Und ich muss mich ja nicht selbst im Spiegel sehen, oder?



Schon nach dem ersten, absolut euphorisieren Lied von Hold Your Horses! (We Dear A Desert) bestätigte sich, das ich Recht hatte, der Jugend den Vorzug zu geben! Die sechsköpfige Band aus Paris spielte dermaßen frisch, unverbraucht und rotzfrech auf, daß es eine helle Freude war! Vor allem Florence, die quitschfiedele Drummerin lächelte ohne Unterlass. Ihre unbändige Spielfreude hatte etwas enorm Ansteckendes und übertrug sich unmittelbar auf mich und die anderen Zuschauer. Bei den meisten Liedern sang Florence auch im Background mit, manchmal trug sie sogar die Aleinverantwortung für den Gesang. Ansonsten war dafür der Heißsporn Charles verantwortlich, der fast genauso klang wie Isaac Brock von Modest Mouse. Seine knarzige Stimme war einfach geil! Der Rest der Truppe war etwas ruhige drauf, aber die vier anderen spielten so stimmungsvolle Instrumente wie Trompete, Geige, oder Klarinette.

Die performten Songs waren durchweg potentielle Indie-Hits. Schwer, da besondere Perlen herauszustellen. Wenn endlich das erste Album im nächsten Jahr erscheint, wird die Pariser Indieszene nicht mehr die Gleiche sein. Hold Your Horses! sind die Band, die die Maßstäbe setzen wird. Vergleiche mit internationalen Indiegruppen wie Wolf Parade, Modest Mouse, Los Campesinos! Fanfarlo oder Arcade Fire, mit denen man sie musikalisch assoziieren könnte, müssen sie nicht scheuen. Seit Toy Fight habe ich nicht mehr so eine tolle Indie Pop Band in Frankreich entdeckt. All ihre Lieder sind enorm tanzbar, absolut berauschend und catchy wie Hölle. Mann haben die einen Bums drauf! Wahnsinn, der helle Wahnsinn! Insofern unverständlich, daß heute nur etwa 40 Leute im Espace B aufkreuzten. Ich denke spätestens 2011 werden Hold Your Horses! in deutlich größeren Locations spielen. Und dann kostet der Eintritt auch mehr als 5 Euro.

Ein Hoch auf die Jugend! Hold Your Horses! sind die Zukunft, nicht die alten (wenngleich sicherlich immer noch guten) Teenage Fanclub.



Setlist Hold Your Hodes!, Espace B, Paris:

01: We Dear Are A Desert
02: Patience
03: Open Water
04: 70 Millions
05: My 2 Steps
06: Apologize
07: Strutter
08: Every Moment
09: BTP
10: Baby



Teenage Fanclub, Paris, 24.11.10

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Konzert: Teenage Fanclub
Ort: le Point Ephémère
Datum: 42.11.2010
Zuschauer: seit langem ausverkauft
Konzertdauer: 100 Minuten






Teenage Fanclub hätte ich auch gern gesehen. Es hat mich aber niemand eingeladen, so daß ich ins Espace B getigert bin, wo wesentlich jüngere Leute knackfrisch aufspielten (Bericht folgt). Aber meine Freundin Uschi war da und hat mir freundlicherweise die Setlist mitgebracht. Ihr einziger Kommentar zum Konzert: "Es war sehr laut!" Aber ist das gleichbedeutend mit gut? Das müsste sie mir schon noch einmal genauer sagen. Konzertfotografenzar Robert Gil hat jedenfalls keine Herzchen verteilt. Aber er steht ja auch nicht so auf College-und Indierock. Kürzlich hat er mir mal verraten, daß er noch nie etwas mit Pavement anfangen konnte und Built To Spill begeistern ihn auch nicht. Sehe ich logischerweise ganz anders. Wie auch immer hier ist die

Setlist Teenage Fanclub, Point Ephémère, Paris (vieln Dank an Uschi!):

01: Start Again
02: Soetimes
03: The Past
04: It's All In My Mind
05: Don't Look Back
06: Baby Lee
07: Verisimilitude
08: Star Sign
09: I Don't Want Control Of You
10: About You
111: Mellow Doubt
12: Shock and Awe
13: When I Still Have Thee
14: I Need Direction
15: Your Love Is The Place
16: Sparky's Dream
17: The Concept

18: Sweet Days Waiting
19: Did I Say
20: Can't Feel My Soul
21: What You Do To Me
22: Everything Flows

Anmerkung: Das Foto stammt von Christoph und entstand vor ein paar Monaten in New York; das obige schöne Video hat Uschirocksparis gemacht. Danke!

Aus unserem Archiv:

Teenage Fanclub, New York, 30.09.2010


- tolle Fotos Teenage Fanclub @ Point Ephémère Paris bei Robert Gil. Klick!


Mittwoch, 24. November 2010

The National, Paris, 23.11.10

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Konzert: The National

Ort: 'L'Olympia, Paris
Datum: 23.11.2010

Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: fast 100 Minuten



Un concert somptueux, magistral et renversant! Dans vingt ans on va se dire: The National 2010 à l'Olympia: "J'y étais!"


Boah, ey! Alter! Der Hammer!

Aber formulieren wir doch etwas gewählter: Das Konzert von The National im legendären Pariser Olympia war einfach atemberaubend gut! Eine epische, absolut denkwürdige, ja lebensverändernde Show, von der man 20 oder 30 Jahre später sagt: "ich war dabei".

So etwas sieht und hört selbst ein Konzertjunkie wie ich sehr selten. Brillanter Sound, ein stimmlich bestens aufgelegter Matt Berninger, Bläser die mich in den siebten Himmel tröten, postpunkige Gitarren, die melodisch schrammelig klirren, das es eine helle Freude ist, ein stakkatisches Schlagzeug, das fast 100 Minuten lang fehlerlos hämmert und Hits über Hits! Wer da noch ein Haar in der Suppe findet, dem ist wirklich nicht zu helfen. Und Matt war nicht nur stimmlich sensationell, sondern auch in den Pausen zwischen den Liedern erstaunlich gesprächig, heiter, fast selbstsicher. Wenn er sich aber das Mikro griff, agierte er urplötzlich wieder wie ein Besessener. So wie heute ist er noch nie ausgerastet! Zum Standarprogramm gehörte bisher, daß er bei Squalor Victoria und Mr. November seine elegante Zurückhaltung aufgibt und rumbrüllt wie ein Gestörter. Heute aber tat er das aber bei sehr vielen Songs und es wirkte noch nicht einmal aufgesetzt oder einstudiert. Matt Berninger also der legitime Thronfolger von Ian Curtis. Gänsehaut pur!

Musikalisches Highlight? Ganz klar der postpunkige Killersong Available (Album Sad Songs For Dirty Lovers), der mich förmlich wegfegte. Schönster Moment? Die akustische Zugabe Vanderlyle Crybaby Geeks, bei der mir die Trompete emotional so sehr zusetzte, daß ich Sternchen sah.

Morgen mehr. Stay tuned!

So. Wer will mehr? Diejenigen, denen die Zusammenfassung reicht, lesen bitte nicht weiter, für die anderen gibt es zusätzliche Details:

Dienstag, der 23. November in Paris. Ein grauer Tag, wie so oft in den letzten Wochen. Zu Hause lasse ich High Violet laufen, das aktuelle Album von The National. Ich komme erneut zu der ernüchternden Erkenntnis, daß dieses Werk nur gehobener Durchschnitt ist. Vier Songs, Runaway, Anyone's Ghost, Conversation 16 und Afraid Of Everyone ragen heraus, der Rest ist eher fad. Mir fehlen ganz einfach die Gitarren und alles ist zu glatt und harmonisch durcharrangiert. Ich fühle mich müde und niedergeschlagen, wie so oft in den letzten Jahren. Zum Glück gibt es Konzerte. Wenn sie gut sind, verfliegt meine Schwermut, bin ich mich endlich wieder unbeschwert und frei. Ob mir der Gig von The National heute abend angenehme Gefühle bereiten , mich aufbauen wird? Ein wenig skeptisch bin ich schon, zumal Christoph kürzlich nicht gerade schwärmerisch vom Konzert in Neu-Isenburg berichtet hat. Aber das Olympia ist nun einmal nicht die Hugenottenhalle. Ohne die Neu-Isenburger beleidigen zu wollen: das Olympia ist eine ganz andere Hausnummer. In diesem legendären Saal traten schon Piaf und Brel auf und von Jeff Buckley und vielen anderen Größen gibt es Live-CDs, die dort entstanden sind. Ob es wohl auch eine CD/DVD The National live à L'Olympia geben wird? Vieles spricht dafür, denn heute sah man überall aufgebaute Kameras am Bühnenrand. Sie werden dokumentieren, was ich und etwa 2500 andere Fans gehört und gesehen haben. Eine fantastische Show, die in die Geschichte eingehen wird...

Es beginnt bereits sehr vielversprechend. Um 20 Uhr 50 gehen die Lichter aus und die Band tritt auf die Bühne. Schon beim ersten Lied, der Ballade The Runaway, wird klar, daß nichts schief gehen kann. Der Sound ist brillant, glasklar und perfekt ausgesteuert. Die Stimme von Matt, manchmal live ein Problembär, kommt fast genauso weich und rund wie auf Platte rüber. Bei den vorgehenden Konzerten, die ich erleben durfte, war sie immer deutlich knarziger und rauer. Im Hintergund laufen Videos auf einer Leinwand, ich kann sie aber auf Grund meiner Position seitlich von der Bühne kaum sehen. Mistaken For Strangers kommt bereits an dritter Stelle und mischt zum ersten Mal das ansonsten eher ruhig und bedächtig zuhörende Publikum etwas auf. Anders als in Neu-Isenburg kennen die Leute den Backkatalog von The National sehr gut. Mistaken for Strangers wird euphorischer aufgenommen als das zuvor gespielte Anyone's Ghost. Auch die anderen beiden Knüller von Boxer, Squalor Victoria und Fake Empire werden später ähnlich stark abgefeiert. Die Besucher im Olympia sind fachkundig, es sind kaum Ahnunglose darunter und vor allem steht das launische und elitäre Indiepublikum trotz der neuesten Erfolge nach wie vor hinter The National. Es sind auch ein paar Leute da, die die Amerikaner bereits bei ihrem ersten Pariser Konzert auf dem Hausbot Guinguette Pirate (heutiger Name: La Dame de Canton) gesehen haben. Damals dürften kaum 100 Leute Zeuge der Show gewesen sein und auf diesen Umstand weist auch Matt schmunzelnd hin. "Sind Hélène und Sigrid eigentlich heute im Publikum?", will der Anzugträger wissen. Ja sie sind es, haben ihm und der Band die Stange gehalten. Berninger betreibt an etlichen anderen Stellen Konversation dieser Art, für mich bisher eher ungewohnt. Der Erfolg scheint ihn lockerer, gesprächiger gemacht zu haben. Oder ist er nur der Wein, den er trinkt? Weißwein wohlgemerkt. Die (2.?) Flasche hat Matt nicht aufbekommen und sich draufhin einfach einen Drumstick genommen, in den Flaschenhals gesteckt und das Ding zum Explodieren gebracht. Am Ende der Show gibt er die Pulle einem Fan, ohne davon getrunken zu haben. Eine der vielen netten Gesten, die es heute zu beobachten gibt. Witzig auch, wenn der frankophile Bryce Dessner auf französisch parliert und Matt ganz skeptisch nachfragt: "What did he say? It makes me nervous when Bryce talks in french!" Aber Matt muss sich keine Sorgen machen, denn Bryce erzählt nur nette Dinge über Matt, auch wenn er einmal scherzhaft meint: "J'ai dit que tu es un connard- ich habe gesagt, daß du ein Idiot bist." Lockere Stimmung also und dies beim wichtigsten Pariser Konzert von The National bisher. Es wirkt deshalb nicht aufgesetzt und anbiedernd, wenn Bryce auf französisch betont: "Wir wissen, daß es ein große Chance ist, in diesem legendären Saal für euch zu spielen."

Und diese Chance haben The National definitiv genutzt! Sie geben heute alles, legen sich 200 % ins Zeug und kompensieren auch die Abwesenheit des famosen Liveviolinisten Padma Newsome, der sonst den Sound von The National mit seinem gefühlvollen Spiel bereichert. Matt ist jedenfalls bis in die lichten Haarspitzen motiviert und bringt die Leute von der Security am Ende ganz schön ins Schwitzen. Zu Mr. November macht er einen Abstecher ins Publikum (nichts Neues) und auch bei Terrible Love nimmt er immer wieder Kontakt zu den Fans auf. Er peitscht sie im letzten Drittel förmlich an, klettert auf die Absperrung und brüllt ihnen die Parolen aus nächster Nähe ins Ohr. Es ist wirklich ein unfassbares Konzert, in jeder Hinsicht. Natürlich sind die Posen der Gebrüder Dessner (das gleichzeitige Hochreißen der Gitarren, das demonstrative Aufbauen am Bühnenrand) einstudiert, aber im Olympia bleibt wenig Plaz für Improvisation. Da muss alles flutschen. Dennoch schafft es die Band, human und authentisch zu wirken. Im Mittelteil spielen sie mit Lit Up und Abel zum Beweis Lieder, die nicht auf der Setliste vorgesehen waren. Sie schlagen genauso ein wie der Rest des famosen Sets. Auch der Zugabenteil ist spetakulär. Nach dem erwähnten Ausflug ins Publikum bei Mr. November gibt es noch ein Terrible Love, das tausend mal besser als auf Platte ist und vor allem mit Vanderlyle Crybaby Geeks eine Zugabe, bei der das Publikum im Chor mitsingt und die Trompete ganz wundervoll die feierliche Stimmung untermalt.

Großartig! The National im Olympia in Paris 2010: ich war dabei!




Setlist The National, Olympia, Paris:*

01: Runaway
02: Anyone's Ghost
03: Mistaken For Strangers
04: Bloodbuzz Ohio
05: Baby We'll Be Fine
06: Slow Show
07: Squalor Victoria
08: Afraid Of Everyone
09: Available
10: Lit Up
11: Cardinal Song
12: Conversation 16
13: Sorrow
14: Apartment Story
15: Abel
16: Daughters Of The Soho Riots
17: England
18: Fake Empire

19: Lucky You
20: Mr. November
21: Terrible Love
22: Vanderlyle Crybaby Geeks

* danke an Jaz', die mitgeschrieben hat und dies zu Recht! Die getippte Setlist, die sich Fans hinterher unter den Nagel rissen, war nämlich stellenweise falsch. Es fehlten auf dieser Lit Up und Abel, zwei Songs die definitiv gespielt wurden. Wir vom Konzerttagebuch begnügen uns nie mit ungefähren Informationen, sondern versuchen so genau wie möglich zu recherchieren. Schön, wenn uns Leute dabei helfen :)

Aus unserem Archiv:

- The National, Neu-Isenburg, 18.11.10
- The National, Wien, 18.08.10
- The National, Haldern, 14.08.10
- The National, Latitude-Festival, 16.07.10
- The National, Paris, 07.05.10
- The National, Haldern, 09.08.08
- The National, Montreux, 16.07.08
- The National, Köln, 27.11.07
- The National, Paris, 14.11.07



 

Konzerttagebuch © 2010

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