Ort: Arena, Wien
Datum: 23.11.2010
Zuschauer: gut gefüllt, wahrscheinlich nicht ganz ausverkauft
Dauer: Get Well Soon 90 Minuten
Eieiei - Konzertbericht schreiben und dann nicht auf veröffentlichen klicken, das geht mal gar nicht. Sorry dafür - aber umso schöner sind die Fotos von Elisabeth. Danke!
"Get Well Soon!" sagt ein Vogel zu einem Artgenossen mit Schal um den Hals auf der Tasche, die ich vorhin gerade erstanden habe. Würde man mir das gleiche in diesem Moment wünschen, könnte ich dankend auf mein derzeitiges Wohlbefinden verweisen. Und daran sind Get Well Soon alles andere als unschuldig!
Begonnen hatte der Abend aber nicht so toll. Schweinekalt war es und dank eines verlängerten Uni-Tages kam ich auch erst sehr spät in die Arena, wo ja Menomena als Support auf der Bühne stehen sollten. Taten sie auch, leider schon etwas zu lange, sodass mit Wet And Rusting, einem der fast-schon-Hits der Band, bereits das Finale eingeläutet war. In den Genuss zweier mickriger Songs (ja ich weiß eh, selber schuld - kein Mitleid) kam ich noch, alle sehr dicht atmosphärisch und auf der anderen Seite wieder quicklebendig vorgetragen, bevor die Portlander das Feld räumten.
Man könne sich gar nicht festlegen, welche Band besser sei, hatte ich im Vorfeld des Konzerts mehrmals von Freunden und Bekannten gehört, es sei zwar ein Ding der Unmöglichkeit, aber dieser Abend hätte zwei einfach Headliner verdient.
Und diese Dichte an Qualität hat einen Namen und der fiel in den letzten Tagen doch recht häufig. Es ist dies Cityslang. Ein Label, das man durch die Bank ins Herz geschlossen hat, das für ganze Bandkollektive Heimat geworden ist und dem man, als einem der wenigen richtigen Indies, guten Gewissens attestieren kann, dass hier noch hin und wieder das Herz über den Verstand siegt. Ökonomischen Imperativen wird hier auf draufgängerische Art und Weise eine lange Nase gedreht, mit so tollen Bands in der Hinterhand wie Notwist, Stars, Sophia, Arcade Fire, Health...kann man sich das auch leisten!
Nun gut, ich will mal nicht romantisch werden, das wurde es bei Get Well Soon eh noch, kurz und bündig, pressemeldungsfähig und -reproduzierbar festgehalten: Das deutsche Indie-Label Cityslang feierte dieser Tage seinen 20. Geburtstag.
In Berlin gabs aus diesem Anlass eine große Sause mit fantastischem Lineup, quasi einem Best Of des Labels, in Wien gabs eine kleinere Ausgabe der Cityslang-Schau.
Etwa eine halbe Stunde Umbau, begleitet von schrecklichem Metal-Gegrunze aus den Boxen, folgte nach Menomena, dann wurde es finster und Nausea wurde eingespielt. Es blieb finster und Get Well Soon kamen auf die Bühne, was aber die wenigsten bemerkten, der Begrüßungsapplaus also recht spärlich ausfiel. Erst als es zeitgleich hell wurde und We Are Safe Inside While They Burn Our House angestimmt wurde bekamen die Deutschen den Einstand, den sie verdienen.
Eine hübsche Sache, mit einem alten Song zu beginnen, die nächsten Songs entstammten dann aber dem jüngeren Album.
Die Singles Seneca's Silence, We Are Free und 5 Steps/7 Swords hatten schon im Jänner beim FM4-Geburtstagsfest am Open-Air-Gelände der Arena überzeugt, als der bei zweistelligen Minusgraden gefrierende Atem Groppers sich perfekt an die kühle Eleganz von Vexations geschmiegt hatte.
Nach 5 Steps/7 Swords, das vor ziemlich genau einem Jahr noch der erste Vorbote auf das Album gewesen war, entledigte sich Konstantin seines Sakkos (und damit auch ein wenig der liebenswerten Streber-Attitüde), freute sich, dass es "gefühlte 45°C mehr als im Janu...äh Jänner" habe und fragte, ob sich die Friererei wenigstens ausgezahlt hätte. Das wurde entschieden bejaht, auch wenn sich wohl die meisten Anwesenden so wie ich erbärmlichst ihre Zehen erforen hatten.
Über die angenehme Wärme in der Halle war man aber dennoch sehr froh. Auch Konstantin ("Wien hält jedesmal andere Klimazonen für uns bereit"), der sich für die vielen Besucher dieses "ersten richtigen Konzerts der Tour" (stimmt nicht ganz, aber ehrt uns natürlich) bedankte, er wisse vor Tourbeginn nie so genau, ob wieder Leute kommen würden oder ob diesmal der große Einbruch folge.
Dieser Einbruch dürfte noch länger auf sich warten lassen, jedenfalls solange Get Well Soon weiter so tolle Konzerte abliefern. Wunderbare Gänsehaut-Momente in denen man fast nicht zu atmen wagte wechselten mit wuchtigen Klanglandschaften, wo es einem niemand übel nahm, wenn man versehentlich auf einen der herumliegenden Plastikbecher (Hallo Arena - Öko, Mehrweg, Müllvermeidung - anyone?) trat. Akustische Gitarre und Breitwand-Instrumentarium, Flüstergesang und die Halle erfüllende Vollbrustkehlen - ein Konzert wie Winter und Frühling in einem. Alleine wie andächtig und mit gesenkten Köpfen die übrigen Bandmitglieder Konstantin bei Soli lauschten... toll!
Nach That Love kam Konstantin dann auf den eigentlichen Anlass der Tour zu sprechen - die kürzlich veröffentlichte Live-Aufnahme aus dem Dortmunder Konzerthaus, wo damals übrigens auch Kollege Christoph sehr angetan war.
"Wir machen ja jeden Blödsinn mit...", begann Konstantin, was ich so eigentlich nicht bestätigen kann, Get Well Soon sind in meinen Augen eine der besonnensten, unaufgeregtesten und geradlinigsten Bands made in Germany, und verkündete, dass jeder Besucher beim Merch-Stand eine 3D-Brille abholen dürfe, mit der man den Auftritt im Internet nacherleben könne (bereits erfolgreich getestet - eine sehr nette Spielerei!). Der Applaus war ein wenig verhalten, vermutlich wussten die meisten auch gar nicht, von was da die Rede war, was Konstantin auf den mangelnden Einsatz von Pyrotechnik bei der Präsentation zurückführte und damit Gelächter erntete: "Avatar war gestern!"
Als dann auch noch Maxis Vater gedankt wurde, der den Banner im Hintergrund gemalt hatte ("ein echter Künstler") und Konstantin erzählte, dass er heute schon auf dem Adventmarkt am Karlsplatz gewesen sei, war endgültig jegliche Distanz zwischen Band und Publikum verschwunden. Jemand rief dann laut nach Punsch, dürfte damit aber nicht ganz Konstantins Geschmack getroffen haben ("Äh ja, kann man machen").
Egal, man einigte sich auf ein Weihnachtslied, eines der besseren aus diesem kitschanfälligen Sektor, die je geschrieben wurden, nämlich Listen! Those At Sea Sing A Song On Christmas Day und schritt so gemeinsam Richtung Ende, welches mit Angry Young Man den mit Abstand meisten Applaus erntete.
Doch auch die Zugabe war nicht von schlechten Eltern, altes Material wurde aus der Schatztruhe gefischt, persönliches Highlight war da Tick Tack! Goes My Automatic Heart, einfach ein toller Song. Tolle Band sowieso.
"This life ain't got no future" hieß es schlussendlich noch in If This Hat Is Missing I've Gone Hunting. Auf ein Leben ohne solche Konzerte wie heute dürfte das wohl zutreffen. Aber so...
Routine und perfektes Handwerk waren selten so ergreifend schön, Nüchternheit selten so begeisternd. Ich will nur hoffen, dass die Aussage Groppers, man werde jetzt längere Zeit nicht mehr die Gelegenheit haben, Get Well Soon zu sehen, des Wahrheitsgehalts entbehrt.
Get Well Soon - please get back soon!
Setlist Get Well Soon, Wien:
01: Nausea
02: We Are Safe Inside While They Burn Our House
03: Seneca's Silence
04: We Are Free
05: 5 Steps/7 Swords
06: A Voice In The Louvre
07: Werner Herzog Gets Shot
08: Lost In The Mountains (Of The Heart)
09: A Burial At Sea
10: That Love
11: Listen! Those At Sea Sing A Song On Christmas Day
12: Angry Young Man
Begonnen hatte der Abend aber nicht so toll. Schweinekalt war es und dank eines verlängerten Uni-Tages kam ich auch erst sehr spät in die Arena, wo ja Menomena als Support auf der Bühne stehen sollten. Taten sie auch, leider schon etwas zu lange, sodass mit Wet And Rusting, einem der fast-schon-Hits der Band, bereits das Finale eingeläutet war. In den Genuss zweier mickriger Songs (ja ich weiß eh, selber schuld - kein Mitleid) kam ich noch, alle sehr dicht atmosphärisch und auf der anderen Seite wieder quicklebendig vorgetragen, bevor die Portlander das Feld räumten.
Man könne sich gar nicht festlegen, welche Band besser sei, hatte ich im Vorfeld des Konzerts mehrmals von Freunden und Bekannten gehört, es sei zwar ein Ding der Unmöglichkeit, aber dieser Abend hätte zwei einfach Headliner verdient.
Und diese Dichte an Qualität hat einen Namen und der fiel in den letzten Tagen doch recht häufig. Es ist dies Cityslang. Ein Label, das man durch die Bank ins Herz geschlossen hat, das für ganze Bandkollektive Heimat geworden ist und dem man, als einem der wenigen richtigen Indies, guten Gewissens attestieren kann, dass hier noch hin und wieder das Herz über den Verstand siegt. Ökonomischen Imperativen wird hier auf draufgängerische Art und Weise eine lange Nase gedreht, mit so tollen Bands in der Hinterhand wie Notwist, Stars, Sophia, Arcade Fire, Health...kann man sich das auch leisten!
Nun gut, ich will mal nicht romantisch werden, das wurde es bei Get Well Soon eh noch, kurz und bündig, pressemeldungsfähig und -reproduzierbar festgehalten: Das deutsche Indie-Label Cityslang feierte dieser Tage seinen 20. Geburtstag.
In Berlin gabs aus diesem Anlass eine große Sause mit fantastischem Lineup, quasi einem Best Of des Labels, in Wien gabs eine kleinere Ausgabe der Cityslang-Schau.
Etwa eine halbe Stunde Umbau, begleitet von schrecklichem Metal-Gegrunze aus den Boxen, folgte nach Menomena, dann wurde es finster und Nausea wurde eingespielt. Es blieb finster und Get Well Soon kamen auf die Bühne, was aber die wenigsten bemerkten, der Begrüßungsapplaus also recht spärlich ausfiel. Erst als es zeitgleich hell wurde und We Are Safe Inside While They Burn Our House angestimmt wurde bekamen die Deutschen den Einstand, den sie verdienen.
Eine hübsche Sache, mit einem alten Song zu beginnen, die nächsten Songs entstammten dann aber dem jüngeren Album.
Die Singles Seneca's Silence, We Are Free und 5 Steps/7 Swords hatten schon im Jänner beim FM4-Geburtstagsfest am Open-Air-Gelände der Arena überzeugt, als der bei zweistelligen Minusgraden gefrierende Atem Groppers sich perfekt an die kühle Eleganz von Vexations geschmiegt hatte.
Nach 5 Steps/7 Swords, das vor ziemlich genau einem Jahr noch der erste Vorbote auf das Album gewesen war, entledigte sich Konstantin seines Sakkos (und damit auch ein wenig der liebenswerten Streber-Attitüde), freute sich, dass es "gefühlte 45°C mehr als im Janu...äh Jänner" habe und fragte, ob sich die Friererei wenigstens ausgezahlt hätte. Das wurde entschieden bejaht, auch wenn sich wohl die meisten Anwesenden so wie ich erbärmlichst ihre Zehen erforen hatten.
Über die angenehme Wärme in der Halle war man aber dennoch sehr froh. Auch Konstantin ("Wien hält jedesmal andere Klimazonen für uns bereit"), der sich für die vielen Besucher dieses "ersten richtigen Konzerts der Tour" (stimmt nicht ganz, aber ehrt uns natürlich) bedankte, er wisse vor Tourbeginn nie so genau, ob wieder Leute kommen würden oder ob diesmal der große Einbruch folge.
Dieser Einbruch dürfte noch länger auf sich warten lassen, jedenfalls solange Get Well Soon weiter so tolle Konzerte abliefern. Wunderbare Gänsehaut-Momente in denen man fast nicht zu atmen wagte wechselten mit wuchtigen Klanglandschaften, wo es einem niemand übel nahm, wenn man versehentlich auf einen der herumliegenden Plastikbecher (Hallo Arena - Öko, Mehrweg, Müllvermeidung - anyone?) trat. Akustische Gitarre und Breitwand-Instrumentarium, Flüstergesang und die Halle erfüllende Vollbrustkehlen - ein Konzert wie Winter und Frühling in einem. Alleine wie andächtig und mit gesenkten Köpfen die übrigen Bandmitglieder Konstantin bei Soli lauschten... toll!
Nach That Love kam Konstantin dann auf den eigentlichen Anlass der Tour zu sprechen - die kürzlich veröffentlichte Live-Aufnahme aus dem Dortmunder Konzerthaus, wo damals übrigens auch Kollege Christoph sehr angetan war.
"Wir machen ja jeden Blödsinn mit...", begann Konstantin, was ich so eigentlich nicht bestätigen kann, Get Well Soon sind in meinen Augen eine der besonnensten, unaufgeregtesten und geradlinigsten Bands made in Germany, und verkündete, dass jeder Besucher beim Merch-Stand eine 3D-Brille abholen dürfe, mit der man den Auftritt im Internet nacherleben könne (bereits erfolgreich getestet - eine sehr nette Spielerei!). Der Applaus war ein wenig verhalten, vermutlich wussten die meisten auch gar nicht, von was da die Rede war, was Konstantin auf den mangelnden Einsatz von Pyrotechnik bei der Präsentation zurückführte und damit Gelächter erntete: "Avatar war gestern!"
Als dann auch noch Maxis Vater gedankt wurde, der den Banner im Hintergrund gemalt hatte ("ein echter Künstler") und Konstantin erzählte, dass er heute schon auf dem Adventmarkt am Karlsplatz gewesen sei, war endgültig jegliche Distanz zwischen Band und Publikum verschwunden. Jemand rief dann laut nach Punsch, dürfte damit aber nicht ganz Konstantins Geschmack getroffen haben ("Äh ja, kann man machen").
Egal, man einigte sich auf ein Weihnachtslied, eines der besseren aus diesem kitschanfälligen Sektor, die je geschrieben wurden, nämlich Listen! Those At Sea Sing A Song On Christmas Day und schritt so gemeinsam Richtung Ende, welches mit Angry Young Man den mit Abstand meisten Applaus erntete.
Doch auch die Zugabe war nicht von schlechten Eltern, altes Material wurde aus der Schatztruhe gefischt, persönliches Highlight war da Tick Tack! Goes My Automatic Heart, einfach ein toller Song. Tolle Band sowieso.
"This life ain't got no future" hieß es schlussendlich noch in If This Hat Is Missing I've Gone Hunting. Auf ein Leben ohne solche Konzerte wie heute dürfte das wohl zutreffen. Aber so...
Routine und perfektes Handwerk waren selten so ergreifend schön, Nüchternheit selten so begeisternd. Ich will nur hoffen, dass die Aussage Groppers, man werde jetzt längere Zeit nicht mehr die Gelegenheit haben, Get Well Soon zu sehen, des Wahrheitsgehalts entbehrt.
Get Well Soon - please get back soon!
Setlist Get Well Soon, Wien:
01: Nausea
02: We Are Safe Inside While They Burn Our House
03: Seneca's Silence
04: We Are Free
05: 5 Steps/7 Swords
06: A Voice In The Louvre
07: Werner Herzog Gets Shot
08: Lost In The Mountains (Of The Heart)
09: A Burial At Sea
10: That Love
11: Listen! Those At Sea Sing A Song On Christmas Day
12: Angry Young Man
13: I Sold My Hands For Food So Please Feed Me (Z)
14: Tick Tack! Goes My Automatic Heart (Z)
15: If This Hat Is Missing I've Gone Hunting (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Get Well Soon, Rüsselsheim, 09.07.10
- Get Well Soon, Dortmund, 05.05.10
- Get Well Soon, Paris, 16.03.10
- Get Well Soon, Heerlen, 07.03.10
- Get Well Soon, Frankfurt, 02.03.10
- Get Well Soon, Paris, 26.01.10
- Get Well Soon, Wiesbaden, 22.08.09
- Get Well Soon, Bonn, 04.07.09
- Get Well Soon, Paris, 06.05.09
- Get Well Soon, Nijmegen, 25.04.09
- Get Well Soon, Paris, 14.10.08
- Get Well Soon, Wiesbaden, 30.08.08
- Get Well Soon, Melt!, 20.07.08
- Get Well Soon, Evreux, 28.06.08
- Get Well Soon, Frankfurt, 15.04.08
- Get Well Soon, Köln, 09.04.08
- Get Well Soon, Berlin, 21.09.07
- Get Well Soon, Haldern, 02.08.07
Danke für die wunderschönen Fotos an Elisabeth Voglsam! Hier gibts noch mehr Fotos.