Freitag, 5. November 2010

Tame Impala, Köln, 04.11.10


Konzert: Tame Impala (& My Bee's Garden)
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 04.11.2010
Zuschauer: nicht ausverkauft, vielleicht 3/4 voll
Dauer: Tame Impala knapp 70 min, My Bee's Garden 25 min


[Warnung] Wer euphorisch vom Tame Impala-Konzert zurückkommt oder sich wahnsinnig auf die Band aus Australien freut, sollte vielleicht besser hier weiterlesen. Ich gehöre nämlich nicht zur ersten Gruppe.

Vor etlichen Jahren habe ich einmal erlebt, wie ein Australier eine Ratte totgetreten hat - barfuß. Seitdem gehören Aussies mit nackten Füßen für mich in die gleiche Kategorie wie Batman oder Uma Thurman, sie sind Superhelden. Als gleich zwei davon die Bühne des Gebäude 9 betraten (also Australier, nicht Uma Thurmans), konnte eigentlich nichts schiefgehen. Aber offenbar gibt es zwischen dem Treten von Pedalen und Ratten Unterschiede, die heutigen hatten in meinen Ohren nämlich nichts Heldenhaftes, ich fand das Konzert der sehr gehypten Tame Impala äußerst langweilig, in Phasen sogar scheußlich.

Wären vorher mit My Bee's Garden nicht ganz tolle Franzosen aufgetreten, hätte ich die Fahrt nach Köln sehr bereut.

So fing es nämlich an: gegen neun war der Saal noch leer, zumindest vorne. Hinten, zur Kneipe hin, schienen schon viele zu stehen, von da kam nämlich unfassbarer Lärm. Bloggerkollege Oliver hatte mir von den Franzosen vorgeschwärmt, mich aber auch gewarnt, daß sie ohne zwei Musiker (u.a. das Schlagzeug) nach Deutschland kämen. Wären die dabei gewesen, wäre es vielleicht einfacher gewesen, gegen den Krach anzuspielen, so hörte man immer etwas vom Hintergrund, was nervig war.

My Bee's Garden stammen aus Paris und sind ein Projekt von Melody Prochet. Live wurde die Frau mit dem wundervollen Namen von Maude Nadal und Jérôme Pichon (siehe Kommentar) unterstützt. Melody und Maude singen und spielen Keyboard, nein falsch, Melody spielt etwas unendlich Cooleres, ein Omnichord. Jérôme begann mit E-Gitarre und sorgte für die Shoegaze-Note der Musik. Die ersten Lieder erinnerten mich aber trotz der Gitarre vor allem an Au Revoire Simone. Die zarten Stimmen der beiden Sängerinnen ergänzen sich sehr gut, nur ganz selten, eigentlich zu selten für meinen Geschmack kam auch Jérôme zu Gesangseinsätzen.

Eine Besonderheit im Set war das von ihnen regelmäßig gespielte My Bloody Valentine Cover Only shallow gegen Ende, das ich nicht erkannt hätte, weil My Bee's Garden es ganz und gar abgespeckt spielten, eigentlich nur mit Schellen als Instrumentierung, wundervoll! Ach, der ganze (kurze) Auftritt war wirklich toll!

Mit Abstand am besten gefiel mir aber, wie Maude und Melody synchron mitwippten. Ganze Lieder lang trippelten sie nicht nur im Takt, sie hoben auch gleichzeitig rechtes bzw. linkes Bein!

Setlist My Bee's Garden, Gebäude 9, Köln:

01: Bud and Deanie
02: All off a sudden
03: Favorite lion
04: Sailor mood
05: Lone wolf's home
06: Only shallow (My Bloody Valentine Cover)
07: Hunt the sleepers
08: New age ballad
09: Single finger

Das waren dann auch die neun besten Lieder des Abends. Nachdem My Bee's Garden abgeräumt hatten, betraten die vier Australier, die gerade in aller Munde sind, die Bühne. Tame Impala sind Kevin Parker (Gesang und Gitarre), Dominic Simper (Gitarre), Nic Allbrook (Bass) und Jay Watson (Schlagzeug). Kevin und Dominic stellten sich rechts und links an den Rand, die beiden anderen standen hinten in der Mitte, ein merkwürdiger Bühnenaufbau.

Sänger Kevin hatte ein eindrucksvolles Brett mit Effekten vor seinen nackten Füßen aufgebaut. Hätte mich der Blick auf den Fuß nicht immer wieder abgeschreckt, wäre es durchaus faszinierend gewesen, ihm beim Bedienen der Pedale zuzusehen. Auch der zweite Gitarrist spielte barfuß, die beiden anderen waren zunächst angezogen.

Mit Rock der späten 60er Jahre kann ich nicht viel anfangen, allerdings beschäftige ich mich damit mangels Interesse auch gar nicht. Mag
also sein, daß Tame Impala so klingen, wie das viele Kritiker schreiben, nämlich so, als kämen sie aus einer Zeitkapsel aus eben jener Epoche. Das wird schon stimmen, beurteilen kann ich es nicht. Für mich sind Referenzen eigentlich wenig relevant, wenn ich Musik zum ersten Mal höre und beurteilen möchte, also habe ich Tame Impala auf mich wirken lassen. Mein erstes Urteil war allerdings schnell gefällt, ich langweilte mich; die psychedelischen Melodien und der sanfte Gesang von Kevin packten mich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, nach drei Liedern war ich so weit, gehen zu wollen.

Ich blieb und hörte weiter zu. Die Stücke wirkten auf mich beliebig, es blieb nichts hängen. Weil dann auch die Musiker aussahen, als langweilten sie sich genauso, verstärkte das den Effekt des egalen Zuhörens noch weiter. Natürlich bin ich als jemand, der mit 60er Rock, Psychedelic-Rock, Blues und ähnlichen Dingen nichts anfangen kann, nicht der Richtige, ein Konzert von Tame Impala neutral beurteilen zu können. Aber ich habe auch eine große musikalische Neugierde und Toleranz, beides half hier nichts.

Richtig scheußlich wurde es gegen Ende, als Tame Impala
Remember me coverten. Das Original ist Teufelswerk, das Cover nicht viel besser. Nein, eine neue Lieblingsband habe ich hier nicht gefunden.

Ach, aber eines war dann trotzdem extrem toll: auch wenn das
Synchrontanzen der beiden Französinnen schon bemerkenswert war, kam die beste Konzertszene meines Lebens erst bei den langweiligen Aussies. Der Bassist der Band folgte irgendwann dem Beispiel seines Schlagzeugers und zog sein T-Shirt aus. Während einer kurzen Instrumental-Gefrickel-Pause hockte er sich auf den Bühnenboden, nahm die Wasserflasche und wusch seinen nackten Oberkörper! Warum? Keine Ahnung! Ich habe aber so meine Zweifel, daß der Musiker aus einer großen australischen Stadt stammt.

Setlist Tame Impala, Gebäude 9, Köln:

01: It's not meant to be
02: Solitude is bliss
03: Why won't you make up your mind
04: Alter ego
05: Lucidity
06: Expectation
07: Synth interlude
08: Desire be, desire go
09: Sundown syndrome
10: Reprise
11: Remember me (Blue Boy Cover)
12: Skeleton tiger / Half full glass of wine




2 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Freut mich sehr, daß Du es noch geschafft hast und daß dir My Bee's Garden so gut gefallen haben, Christoph!

Nur eine kleine Anmerkung zum Line-Up. Jean Thévenin (Spitzname Jaune) ist der aktivste Drummer von Paris (u.a. The Rodeo, Toy Fight, Tahiti Boy, My Girlfriend Is Better Than Yours, Mina Tindle etc.), war aber in Köln nicht dabei. Der Gitarrist heißt Jérôme Pichon. Er spielt auch bei Reza.

Ansonsten prima zusammengefasst :-)

Christoph hat gesagt…

Mist! Es war eine 1:1 Chance...

Ich korrigiere das sofort. Schick ruhig häufiger solch gute Pariser Bands nach Kölle!

 

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