Dienstag, 22. Januar 2013

Get Well Soon, Frankfurt, 21.01.13


Konzert: Get Well Soon
Ort: Mousonturm, Frankfurt
Datum: 21.01.2013


von Tanita 



Gestern Abend war einer dieser wenigen besonderen Abende, die nur ganz ganz selten und vereinzelt auftreten und gerade deshalb so kostbar sind und unbedingt festgehalten werden sollten, damit ich mich noch in vielen Jahren daran erinnern kann. Ein Abend an dem das Leben so unfassbar lebenswert, verrückt und einfach nur toll ist, dass ich persönlich noch nicht ganz sicher bin, dass das wirklich alles so passiert ist. Gegen Nachmittag habe ich mich aufgrund der ungewissen Wetterverhältnisse relativ früh in Richtung Frankfurt aufgemacht, da ich meinem ersten Konzert des Jahres schon seit Tagen, wenn nicht Wochen entgegen gefiebert hatte und einfach nichts schiefgehen durfte. Heute nun sollte es endlich soweit sein: mein allererstes Get Well Soon Konzert. „Das allererste?!“, werden nun manche gleich empört denken. Wie kann man nur erst beim mittlerweile dritten Album auf den Geschmack gekommen sein? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, schiebe es aber sicherheitshalber mal auf mein junges Alter und meinen, 2008, dem Jahr in dem Get Well Soon ihr erstes Album veröffentlichten, noch nicht sonderlich ausgefallenen Musikgeschmack. Nun aber hat es mich um so mehr erwischt und Konstantin Groppers unvergleichliche Stimme und komplexe Arrangements haben mich voll und ganz in ihren Bann gezogen und ich hatte extrem hohe Erwartungen an den Abend. Aufgrund dessen, dass das Konzert ursprünglich bereits im Oktober hätte stattfinden sollen und dann leider verschoben werden musste, war meine Begleitung leider verhindert und ich stapfte zunächst alleine durch den Schneematsch Richtung Mousonturm und schaffte es wie immer erstmal zielsicher trotz Handynavigation in die falsche Richtung zu laufen. Als ich dann endlich am Mousonturm ankam, war ich erstens vollkommen durchgefroren und zweitens etwas überrascht, da ich mir den Mousonturm vollkommen anders vorgestellt hatte – dunkler, älter und aufgrund des mysteriösen Namens einfach etwas altehrwürdiger. Nichtsdestotrotz ist der Mousonturm ein toller Veranstaltungsort, den ich beim Anblick des Schriftzuges in Leuchtbuchstaben über dem Eingangsportal sofort in mein Herz geschlossen habe - „the future will be confusing“ heißt es da, ein Satz, mit dem ich mich auf Anhieb identifizieren konnte und den ich persönlich, wie vielleicht die meisten, auf das gesamte Leben inklusive aller Tempi übertragen kann/muss.


Wie positiv Zufälle und schicksalhafte Begegnungen sein können, hat sich mir an diesem Abend mehrfach gezeigt, unter anderem auch dadurch, dass ich Herrn Gropper vor dem Konzert zufällig vor dem Mousonturm begegnet bin und mich kurz mit ihm unterhalten konnte. Ein sehr höflicher und zurückhaltender Mensch, der mir das Bild, das ich mir durch seine Musik von ihm gezeichnet hatte, aufs Positivste bestätigt hat. Meiner Meinung nach, auch einer dieser besonderen Art von Künstlern, die eine spürbare kreative Aura versprühen, die mir persönlich schon ehrliche und bewundernd gemeinte Ehrfurcht abverlangt. An dieser Stelle muss ich auch unbedingt Konstantins Schwester Verena erwähnen, die auf den ersten Eindruck einfach auch sehr sehr nett und sympathisch war.


Nachdem ich durch diese Begegnung schon über die Maßen euphorisch war, habe ich mich noch mehr darüber gefreut einen der Köpfe hinter dem Konzerttagebuch kennenlernen zu dürfen: Gudrun! Ich hatte sie einfach spontan, nachdem ich einiger ihrer Berichte gelesen hatte und außerdem gelesen hatte, dass sie für Get Well Soon nach Frankfurt kommen würde, angeschrieben und gefragt, ob sie vielleicht Zeit und Lust hätte, sich vor dem Konzert mit mir zu treffen, da ich die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte, mir von einem der Hauptautoren persönlich Tipps holen zu können. Falls sich tatsächlich jemand die Zeit genommen hat, den Bericht bis hierher zu lesen, dann erstmal lieben Dank und falls ihr es ganz furchtbar findet, dann dürft ihr euch bei Gudrun bedanken, denn sie hat mich im Gespräch sehr dazu ermutigt, einfach mal drauf los zu schreiben, ohne irrealistische Perfektionsansprüche, sondern einfach mal machen, was ich hiermit auch gleich am nächsten Nachmittag tue.
Als es gegen 21.00 Uhr dann mit dem Support Act Denis Jones aus Manchester losging, war der große Saal des am heutigen Abend ausverkauften Mousonturms schon gut gefüllt. Denis Jones hatte ich bereits als Vorband von Emanuel and the Fear in der Brotfabrik gesehen und als wirklich interessant empfunden. Seine durch live aufgezeichnete Loops geprägte Musik spiegelt sein leicht kauziges, aber sehr charmantes drahtiges Äußeres mit Vollbart und wuscheligen Haaren und dieser Prise englischen Wahnsinns perfekt wider und was ich besonders sympathisch finde – er steht konsequent strümpfig auf der Bühne. Live absolut sehenswert, alleine schon wegen der geschickten Schichtung der auf der Bühne aufgezeichneten Loops und des interessanten Stimmeinsatzes mit vielen verschiedenen Nuancen, von rau bis klar, von kräftig und stark bis hauchzart. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Songs „Clap Hands“ und „Sometimes“, die auch auf CD überzeugen. 


Nach kurzer Umbaupause war es kurz nach 22 Uhr dann endlich soweit. Get Well Soon betraten fast klammheimlich ohne großes Aufsehen die Bühne und wurden bereits von dem gespannt wartenden Publikum empfangen. Allesamt in feinster Abendgarderobe gekleidet, waren die Herren in schwarzen Anzügen, mit schwarzen Hemden, Weste und Krawatte erschienen. Ein insgesamt stimmige und stimmungsvolle Inszenierung, die mir persönlich wieder genau diese Ehrfurcht vor der Situation eingeflößt hat, wie ich sie bei meiner ersten Begegnung mit Konstantin Gropper verspürte. Elegant ergänzt oder vielmehr perfektioniert wurde dieses Bild durch Verena Gropper, die ein wunderschönes halblanges schwarzes Kleid trug, das mit einer Lage aus transparentem schwarzen Stoff überzogen war, der mit Kristallen unterschiedlichster Größe besetzt war.


Bereits bei den ersten Klängen des „Prologue“ aus dem aktuellen Album „The Scarlet Beast O' Seven Heads“ hat genau diese Atmosphäre den ganzen Raum erfüllt und das gesamte Publikum von Beginn an mitgerissen. Als Konstantins Stimme dann erklang konnte und wollte ich mich überhaupt nicht mehr wehren und bekam unfassbare Gänsehaut, die auch bei der bloßen Erinnerung sofort wiederkehrt. Die Art von Gänsehaut, die den ganzen Körper ergreift, da die Musik einen so umgibt und durchströmt, dass man nichts anderes tun kann, schon fast nichts anderes tun darf, als sich komplett fallen zu lassen. Dieses anfängliche Gefühl der grenzenlosen Begeisterung hat während des gesamten Konzerts nicht eine Sekunde auch nur ein kleines bisschen nachgelassen und wenn ich mich in den wenigen Momenten, in denen ich die Augen von der Bühne abwenden konnte, umgeschaut habe, dann hat man überall Menschen erblicken können, die genauso verzaubert in Richtung Band geblickt haben. Ich kann und möchte Herrn Groppers Stimme nicht wirklich beschreiben, denn sie ist besonders, vor allem die Art und Weise, wie er singt und den Worten damit eine undenkbare Schwere und Emotionalität geben kann, die mich live einfach nur absolut umgehauen hat. Wie gut die Band aufeinander eingespielt ist und wie talentiert jedes einzelne der Mitglieder ist, hat sich direkt im zweiten Lied des Abends, „The last days of Rome“, demonstriert. Besonders beeindruckend das stimmliche Zusammenspiel der Groppers, sowie die ungeheure Kraft der verschiedensten Drums, die einen im Laufe des Liedes beinahe achterbahnartig durch die Gegend schleudern. Ich kam im Laufe des Konzerts gar nicht mehr aus dem Staunen heraus: Geige, Trompete, Xylophon, ein Plattenspieler, verschiedenste Trommeln, Zimbeln, Triangel – und das alles neben Gitarre und Co. Am Schönsten immer wieder das Phänomen, dass die Band sichtlich so bei ihrer Musik ist, dass sie ihre Augen schließen und das Publikum dem Beispiel folgt und sich ganz auf das Gehörte konzentriert. Insgesamt waren die Eindrücke an diesem Abend so wundervoll und vielfältig, dass man ihnen durch bloße Aufzählung nicht gerecht werden kann und das Gesehene und Gehörte fast nur totreden kann, deshalb konzentriere ich mich auf einige Highlights des Sets, auch wenn ich praktisch die gesamte Setlist aufzählen müsste. „5 Steps/ 7 Swords“ war live sehr beeindruckend, „Roland, I feel You“ wurde für einen Get Well Soon-Song schon fast zu euphorisch aufgenommen und alle wippten im Takt mit. Ein weiterer Höhepunkt: „Listen! Those lost at Sea sing a song on Christmas Day“. Den Abschluss des ersten Teils bildete „You cannot cast out the demons (You might as well dance)“, das von Konstantin als Aufforderung zum Tanzen angekündigt wurde und das ich einfach nur als speziell und eigensinnig, aber genau deshalb so großartig beschreiben kann. Als lautstark geforderte Zugabe spielten Get Well Soon unter anderem eine tolle Cover-Version von Elton John's „Tiny Dancer“ mit Denis Jones zusammen. Als letzten Song spielten sie „I sold my hands for food so please feed me“, das als von ihrem Debütalbum stammendes Liebhaberstück einen perfekten Abschluss bot.


Als wäre das nicht alles wundervoll genug gewesen, ließ mir das Leben an diesem Abend – zum Glück! - keine Verschnaufpause, um dieses intensive und emotionale Konzert kurz nachwirken zu lassen, sondern als ich gerade den Saal verlassen wollte, dachte ich plötzlich, dass ich Geister sehen würde. Und nein, das ist kein extrem schlechtes Wortspiel, sondern ich war nur so unfassbar überrascht davon, dass plötzlich einer meiner momentanen Lieblingskünstler wenige Meter vor mir stand: Casper. Wie das meistens so ist, wenn man vollkommen unvorbereitet einem seiner Helden begegnet – denn natürlich ist mir bewusst, dass Konstantin an Caspers neuem Album mitarbeitet, aber das Casper dann ausgerechnet bei dem Konzert auftaucht, das ich besuche, das hätte ich nun wirklich nicht erwartet! - war ich so nervös, wie man nur nervös sein kann und habe versucht absolut ineloquent zum Ausdruck zu bringen, wie toll ich seine Musik und vor allem seine Texte finde und selbstverständlich wie grandios die Liveshows sind. Dank extrem penetranter Securities war die Begegnung relativ kurz und verwirrend (meinerseits), aber sehr nett (seinerseits)!

Abschließend bleibt nur zu sagen, dass dieser erste Konzertabend meines Konzertjahres 2013 wohl nicht verrückter und wundervoller hätte sein können. Das Konzert von Get Well Soon war genauso perfekt und emotional, wie ich es mir ausgemalt hatte und das gesamte Drumherum hat den Abend zu einem Abend gemacht, den, mein durch aufregende Begegnungen und eins der intensivsten und für mich persönlich schönsten und besten Konzerte bisher komplett überstrapaziertes Gehirn, hoffentlich dank dieses Berichts auch in ein paar Jahren wieder in den leuchtendsten Farben malen werden kann. 

Setlist Get Well Soon, Mousonturm, Frankfurt:

01: Prologue 
02: The Last Days of Rome 
03: 5 Steps 7 Swords
04: We are Free
05: Just Like Henry Darger
06: Roland, I Feel You
07: Listen! Those lost at sea sing a song on christmas day
08: Good Friday
09: Disney
10: A Gallows
11: Courage, Tiger!
12: Oh my! Good heart
13: Angry Young Man
14: You Cannot Cast Out The Demons (You Might As Well Dance)

15: A Voice in the Louvre (Z)
16: Tiny Dancer (Elton John Cover) (Z)
17: I Sold My Hands For Food So Please Feed Me (Z)

Links: 

- aus unserem Gropper-Verzeichnis:
- Get Well Soon, Esch-sur-Alzette, 14.10.12
- Get Well Soon, Düsseldorf, 04.10.12
- Get Well Soon, Düsseldorf, 04.10.12
- Get Well Soon, Paris, 24.08.12
- Get Well Soon, Dortmund, 28.07.12
- Get Well Soon, Frankfurt, 22.06.12
- Get Well Soon, Mannheim, 21.05.11
- Get Well Soon, Mannheim, 21.05.11
- Get Well Soon, Wien, 23.11.10
- Get Well Soon, Rüsselsheim, 09.07.10
- Get Well Soon, Dortmund, 05.05.10
- Get Well Soon, Paris, 16.03.10
- Get Well Soon, Heerlen, 07.03.10
- Get Well Soon, Frankfurt, 02.03.10
- Get Well Soon, Paris, 26.01.10
- Get Well Soon, Wiesbaden, 22.08.09
- Get Well Soon, Bonn, 04.07.09
- Get Well Soon, Paris, 06.05.09
- Get Well Soon, Nijmegen, 25.04.09
- Get Well Soon, Paris, 14.10.08
- Get Well Soon, Wiesbaden, 30.08.08
- Get Well Soon, Melt!, 20.07.08
- Get Well Soon, Evreux, 28.06.08
- Get Well Soon, Frankfurt, 15.04.08
- Get Well Soon, Köln, 09.04.08
- Get Well Soon, Berlin, 21.09.07
- Get Well Soon, Haldern, 02.08.07

Fotos: Archiv



1 Kommentare :

Gudrun hat gesagt…

Tanita, ein genialer Bericht! Bitte mehr in Zukunft.

 

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