Sonntag, 22. Mai 2011

Get Well Soon und andere, Maifeld Derby, 21.05.11


Konzert: Get Well Soon
Ort: Maifeld Derby, Mannheim
Datum: 21.05.2011
Zuschauer: nicht ausverkauft, bei Get Well Soon war das Zelt aber ziemlich voll
Dauer: knapp 90 min


Daß das Get Well Soon Konzert, von dem ich gerade zurückgekommen bin, mein bislang schlechtestes war, lag an vielem, allerdings nicht an der Band. Stattdessen am dauerhaften Hintergrundkrach, der mich an den Kölner Hauptbahnhof erinnerte; an den beiden stark betrunkenen Typen vor mir, die sich mehr oder weniger spannende Geschichten zubrüllten; an dem furzenden Bartträger hinter mir; an dem Kerl im braunen Hemd, der irgendwann dessen Platz einnahm und das Mädchen neben sich lautstark angrub; an den giggelnden Mädchen rechts; den drei Idioten links vorne, die über jede leisere Musikphase froh waren, weil sie dann nicht so schreien mussten. Am meisten lag es aber vermutlich an mir, daß ich mir den Auftritt einer Lieblingsband von solchen Widrigkeiten (furzend, giggelnd, angrabend, schreiend) versauen ließ.* Ich weiß ja auch, daß es spießig ist, daß ich mich darüber aufrege, aber das hilft nicht.

Get Well Soon waren Headliner des Maifeld Derbys, eines kleinen aber sehr schönen Festivals auf dem Maimarkt Gelände in Mannheim. Ich hatte noch nie Konzerte in Mannheim gesehen, kannte die Stadt in diesem Zusammenhang auch nur aus Ankündigungen für Bon Jovi Openairs (was vieles während Get Well Soon erklären würde). Dieses erste Maifeld Derby wurde von Timo Kumpf und Maxxi Schenkel organisiert. Neben Bands aus dem Umfeld der Mannheimer Popakademie, aus dem ja auch Konstantin Gropper stammt, hatte man Gruppen wie Slut, 31knots oder Hundreds verpflichtet, die aus einem "Get Well Soon and Friends" ein ausgewachsenes Festival machten.

Das Gelände liegt extrem zentral zwischen mehreren Autobahnen und ist Reit- und Messezentrum. Den hinteren Teil nutzen die Organisatoren für die beiden Hauptbühnen. Die große war in einem Dreimast-Zirkuszelt, das man für diesen Zweck aufgebaut hatte. Wie man es geschafft hatte, den authentischen Pferdegeruch darin zu erzeugen, ist mir ein Rätsel! Gibt es Raumsprays "Pferd"? Neben dem Zelt lag draußen eine kleinere Bühne. Abwechselnd spielten auf beiden Bühnen Bands, ohne jeden Leerlauf, sodaß die Zeit sogar knapp wurde, vom Zelt zur kleinen Bühne zu wechseln.

Vor dem Zelt verkaufte die Landmetzgerei Kumpf (und ich dachte, alle Musiker seien Veganer) köstliche Bratwürste. Das - und die drei Getränkestände (Apfelwein, Bier, Cola) - war zwar nicht das Cateringparadies schlechthin, erfüllte aber seinen Zweck vollkommen. Und die Würste waren wirklich ausgezeichnet.

Mein Festival begann mit Mikroboy aus Berlin, die aber nach Hamburg klingen (wollen). Vor allem Sänger Michi Ludes hat sich einen ordentlichen Nord-Akzent antrainiert, was verständlich ist, da er aus dem Saarland stammt. Da ich hier keinen Klatsch schreiben darf, erwähne ich Michis Wohl-Beziehung zu Lena Meyer-Landrut (die heute Geburtstag hat), nicht weiter. Kann man ja auch ergooglen. Zu Mikroboy ist damit aber auch schon fast alles gesagt. Ich fand die Band nicht furchtbar spannend, sie tat auch nicht weh, war also gut erträglich, das Bedürfnis, ihre Platten (eine neue erscheint im Juni) zu kaufen, hatte ich aber nicht.

Bemerkenswert am Mikroboy Auftritt waren aber auch die ersten ungewöhnlichen Leute im Publikum. Zwei (hoffentlich!) angetrunkene Typen mit einer mini Diskokugel an einer Stange, Alufolienbändern und nackten Oberkörpern, tanzten nämlich einmal quer durchs Zelt, um dann in der zweiten Reihe alles zu geben.

Nach einem nebenher erlebten Auftritt von Abby (die besser waren, als ich gedacht hatte!), bei dem das Blockflötensolo am Ende toll war, kam mit Slut im Pferdezelt die erste Band, wegen der ich da war. Slut spielen nach eigenem Bekunden ungerne Festivals. Mit kaltem Bier und dem Versprechen, die Zuschauer seien sehr nett, habe man sie aber nach Mannheim gelockt.

Offenbar spielten sie nicht gegen ihren Willen, denn das Konzert war hervorragend. Ich habe mich mit den neueren Sachen von Slut wenig, mit der Band allgemein eine Weile nicht beschäftigt, war aber schnell erobert. Mit Slut ist es wie mit manchen Bands aus der deutschen Provinz, man neigt gerne dazu, sie dramatisch zu unterschätzen. Was kann schon aus Ingolstadt, Weilheim oder Mannheim kommen? Das kann doch nichts taugen. Unsinn! Slut sind hervorragend, haben ein immens gutes Repertoire und waren auch bei meinem zweiten Konzert live fabelhaft! Da ich mich zu wenig gut mit ihren Liedtiteln auskenne, habe ich mich auf meine Mitschrift verlassen, um die Setlist zusammen zu bekommen. Dabei hatte ich nicht erwartet, daß "Slut" bei google nicht nur musikalischen Bezug herstellt...

Setlist hin oder her, Slut waren hervorragend, der Auftritt sollte das beste Konzert des Festivals sein!

Warum das der von Get Well Soon nicht sein konnte, hatte ich wohl erwähnt. Die Band konnte den Krach im Zelt nicht laut genug überspielen. Beim Soundcheck hatte man wohl unterschätzt, wie laut das Publikum in einem Zelt sein kann. Das war extrem schade, denn unbestritten sind Get Well Soon die mit Abstand sehenswerteste Band des Festivals. Aber vor allem bei den vielen ruhigen Stücken des Abends war die Unruhe grausam. Als Konstantin Gropper gegen Ende vor Tick Tack! Goes my automatic heart bat, Maxxi und Timo (die wie alle anderen Bandmitglieder außer den Geschwistern für die erste Hälfte des Lieds von der Bühne gehen) ein paar ruhige Augenblicke zu verschaffen, war das sehr diplomatisch, aber für mich unverkennbares Zeichen, daß auch der Sänger genervt war. Geholfen hat es leider nicht.

Die Liedauswahl war durchaus so, wie man sie bei einem solchen Heimfestival erwarten konnte, nämlich ein best of, ergänzt durch Good Friday vom Wim Wenders Soundtrack Palermo Shooting.

Besonders gut gefiel mir dann am Ende noch, daß Get Well Soon beim letzten Stück (If this hat is missing I've gone hunting) noch Freunde auf die Bühne baten, mitzusingen (wir meinen, Wallis Bird erkannt zu haben). Unter anderen Umständen wäre das Konzert so wie immer gewesen, nämlich großartig. Ich habe es mir versauen lassen, den sehr positiven Gesamteindruck des Festivals hat das aber nicht getrübt. Hoffentlich stimmte die Ankündigung von Konstantin, daß es auch im kommenden Jahr ein Maifeld Derby gebe!

Setlist Get Well Soon, Maifeld Derby, Mannheim:

01: We are safe inside while they burn our house
02: Seneca's silence
03: People Magazine front cover
04: We are free
05: 5 steps/7 swords
06: A voice in the Louvre
07: Listen! Those at sea sing a song on christmas day
08: Good Friday
09: Werner Herzog gets shot
10: We are ghosts
11: A burial at sea
12: Tick Tack! Goes my automatic heart
13: Angry young man
14: I sold my hands for food so please feed me

15: Red nose day (Z)
16: If this hat is missing I've gone hunting (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Get Well Soon, Wien, 23.11.10
- Get Well Soon, Rüsselsheim, 09.07.10
- Get Well Soon, Dortmund, 05.05.10
- Get Well Soon, Paris, 16.03.10
- Get Well Soon, Heerlen, 07.03.10
- Get Well Soon, Frankfurt, 02.03.10
- Get Well Soon, Paris, 26.01.10
- Get Well Soon, Wiesbaden, 22.08.09
- Get Well Soon, Bonn, 04.07.09
- Get Well Soon, Paris, 06.05.09
- Get Well Soon, Nijmegen, 25.04.09
- Get Well Soon, Paris, 14.10.08
- Get Well Soon, Wiesbaden, 30.08.08
- Get Well Soon, Melt!, 20.07.08
- Get Well Soon, Evreux, 28.06.08
- Get Well Soon, Frankfurt, 15.04.08
- Get Well Soon, Köln, 09.04.08
- Get Well Soon, Berlin, 21.09.07
- Get Well Soon, Haldern, 02.08.07


* Wenn ich nicht so müde wäre, würde ich einige der Dialoge gerne wiedergeben. Vielleicht morgen, dazwischen liegt aber eine Nacht, die gewöhnlich den Großteil des Ärgers wegspült.



7 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Bitte nicht den Schwerpunkt auf die Musik legen, darüber haben wir im Falle Get Well Soon ausfürhlich genug geschrieben. Stattdessen bitte ungefilterten und nicht durch die Nacht weggespülten Ärger und detailgenaue Schilderung der Dialoge. Danke.

frank hat gesagt…

Oje ....

Christoph W. hat gesagt…

Elendige Quatscher immer!

David hat gesagt…

Find ich natürlich schade, dass es dort wo du standest so nervig war aber ich glaub man sollte da auch sagen das es im Zelt bei fast allen Bands insgesamt zu wenig Lautstärke hatte. Mal gespannt auf deine Mikroboy Review. Stichwort "Diskoschwert" :).

Dirk hat gesagt…

"Setlist hin oder her, Slut waren hervorragend, der Auftritt sollte das beste Konzert des Festivals sein!" - Zumindest bis Hundreds, Christoph!

Oliver Peel hat gesagt…

Genau, Dirk sagt es, hinten wird die Ente fett. Wollte auch wissen, wie Hundreds waren, zumal die am Mittwoch in Paris spielen.

Frank hat gesagt…

Oliver, da unbedingt mal hingehen!!!

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates