Mittwoch, 15. Januar 2014

Babyshambles, Esch-sur-Alzette, 14.01.14


Konzert: Babyshambles
Ort: Rockhal, Esch-sur-Alzette
Datum: 14.01.2014
Dauer: Babyshambles 100 min, Velvet Vertigo 25 min
Zuschauer: einige Hundert (aber nicht ausverkauft)



Wie mich das ankotzt, nicht einfach über die brillante Musik eines Konzertabends schreiben zu können. Da stand heute ja schließlich der begnadetste Songschreiber seiner Generation auf der Bühne. Wenn jetzt ein Best-of-Album seiner Babyshambles erscheinen würde, passten die Hits der Band nicht auf eine einzelne CD. Alleine die beiden Zugaben zehn Minuten nach Konzertende, als lange schon Musik vom Band lief und die Roadies die Bühne räumten, waren brillant. Albion und Fuck forever, eine knappe Viertelstunde, die Musiker wie Jake Bugg oder auch Alex Turner - und all die neuen "klingt wie Jake Buggs" wie DSDS Castingteilnehmer aussehen lassen würde.

Richtig sauer darauf, um ein fantastisches Konzert gebracht worden zu sein, bin ich auf die geifernden Maulaffen im Publikum, die Peter Doherty leider anzieht. Diese Gaffer, die auf der Autobahn Handyfilmchen von Unfallopfern filmen, johlten laut und anfeuernd, als Peter am Anfang des Konzerts zu seinem Trinkbecher griff. Ich habe glücklicherweise keine Suchterkrankungen (dieser Konzertkram ist ja vollkommen normal), aber ich habe einen Funken gesunden Menschenverstand und glaube zu wissen, daß das ein Verhalten ist, das nicht hilfreich ist. Schwachköpfe!

Peter kam nicht nüchtern auf die Bühne, das erwarte ich auch nicht. Aber er wirkte fit. Es gab eine Viertelstunde Verspätung, in der die Roadies immer wieder die Instrumente richteten, es gab ein kurzes Gejamme, bevor das erste Stück (das grandiose Delivery) angestimmt wurde. Die ersten Lieder waren aber phänomenal und nichts, wirklich nichts deutete darauf hin, daß daß und vor allem wie schnell Peter Doherty abbauen sollte. Nach Fall from grace exte der Sänger einen Becher mit knallrotem Inhalt - kein Tomatensaft - danach wurde sein Zustand zusehends schlechter.

Den immer schnodderig gesungenen Stücken merkte ich das nicht unbedingt an, aber das Verhalten in den Pausen wurde peinlich. Da flogen Gitarren Richtung Roadie (und knallten auf die Bühne), da knallten Mikros mit großer Wucht und lautem Knall gegen die Monitorboxen. Und Peter setzte sich immer häufiger aufs Schlagzeugpodest. Also all das, jedenfalls in der kleinen Version, was sich die Vollidioten im Publikum gewünscht hatten. Hurra!

Es hätte ein so gutes Konzert sein können. Die Songauswahl war perfekt (und hatte nichts mit der geplanten Setlist zu tun, die ich einsehen konnte und auf der Pipedown gleich zweimal stand!). Nothing comes to nothing von Sequel to the prequel gehört jetzt schon auf die Best-of-Platte, auch die anderen neuen Stücke waren live sehr gut! Dazu die Gassenhauer wie Beg, steal and borrow oder eben Pipedown oder 8 dead boys, das ich noch nie live gesehen habe! 

Aber wenn da vorne auf der Bühne ein torkelnder Tanzbär dem feixenden Publikum (der Anteil der Idioten war klein, um das klarzustellen, er war aber zu groß) am Nasenring vorgeführt wird, fällt es mir schwer, die Musik zu genießen.

Und wie gut hätte das Konzert sein können! Aus dem Publikum gab es immer wieder reingerufene Songwünsche. Manche verstand ich (trotz des lustigen französischen Akzents), andere nicht. Die Musiker verstanden keinen der Titel. Nach Killamagiro rief wieder irgendwer etwas rein. "Goodbye, Morlex? Du wünschst dir Goodbye, Morlex?", was zu Diskussionen auf der Bühne führte. "Oh? Fuck forever, is that's what they say?" Das war es da gerade nicht, also stimmte Peter ein kurzes Lied mit dem Text "Could it be arranged" und "want to say 'goodbye, Morlex'!" an.* Das war zum Schreien komisch, wiederholte sich ähnlich auch noch später. Nach solchen gescheiterten Zurufen timmte die Band sich ab und spielte irgendetwas Ungeplantes, UnBiloTitled zum Beispiel. Ein Lied begann mit Bass von Joy Divisions Transmission, zu dem Peter What have I done to deserve this sang, auch das war ein tolles Detail. Aber dann kickte er wieder gegen das angeschaltete Mikro.

Auch das Ende war improvisiert. Nach Side of the road ging Peter von der Bühne. Den drei anderen Babyshambles sah man die Überraschung darüber deutlich an. Sie gingen dann aber auch konsterniert von der Bühne. Auch der Tourmanager brauchte eine Weile, um dem Soundmann mit seiner Taschenlampe klarzumachen, daß Schluß sei. Es gab auch extrem wenig Applaus, nachdem die Babyshambles verschwunden waren. Ich wähnte die Band schon bei der Aftershow-Party im Bus, als sie nach zehn Minuten wiederkam, zunächst ohne Peter und Albion anstimmte. Die Roadies wurden noch einmal sehr hektisch, denn sie hatten bereits mit dem Aufräumen begonnen. 

100 Minuten brutto. Viele Hits. Aber auch viel zu viele Pausen. Das ist die Bilanz eines unbefriedigenden Konzerts.

Für einen der guten Momente dieses schizophrenen Abends sorgte überraschenderweise die örtliche Vorgruppe Velvet Vertigo, die blutjung war, mit lustigem Akzent sang, aber Spaß gemacht hat. Da die Chancen nicht schlecht sind, Bands aus Luxemburg regelmäßig als Support dort zu sehen, wünsche ich sie mir bald wieder. Vielleicht bei Motorama? Das wird ein klarer zu greifender Konzertabend, da weiß ich jetzt schon sicher!

Setlist Babyshambles, Rockhal, Esch-sur-Alzette:

01: Delivery
02: Nothing comes to nothing
03: Baddie's boogie
04: Beg, steal and borrow
05: I wish
06: Fall from grace
07: Frech dog blues
08: Killamagiro (gefolgt von Goodbye, Morlex)
09: Back from the dead 
10: Pipedown
11: Maybelline
12: 8 dead boys
13: ?
14: What Katie did
15: UnBiloTitled
16: Side of the road (?)

17; Albion (Z)
18: Fuck forever (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Babyshambles, Paris, 03.10.13
- Babyshambles, Paris, 08.07.13
- Babyshambles, Montreux, 15.07.08
- Babyshambles, Paris, 04.02.08
- Babyshambles, Köln, 22.01.08
- Babyshambles, Paris, 14.01.08
- Babyshambles, Paris, 18.10.07
- Babyshambles, Paris, 14.11.06

- Peter Doherty, Paris, 28.09.12
- Peter Doherty, Esch-sur-Alzette, 09.04.12
- Peter Doherty, Köln, 13.04.11
- Peter Doherty, Paris, 19.03.11
- Peter Doherty, Paris, 07.07.10
- Peter Doherty, Paris, 09.05.10
- Peter Doherty, Paris, 23.03.10
- Peter Doherty, Paris, 08.03.10
- Peter Doherty, Paris, 18.01.10
- Peter Doherty, Paris, 10.11.09
- Peter Doherty, Paris, 05.10.09
- Pete Doherty, Berlin, 07.08.09
- Pete Doherty, Paris, 10.03.09
- Pete Doherty, Paris, 09.03.09 (ausführlicher)
- Pete Doherty, Paris, 09.03.09


* ich bin mir sehr sicher, daß es eine Improvisation war, ich erkannte es nicht als bekanntes Stück 


Foto: Archiv (aktuellere kommen - Hardware-Probleme)
 


3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Vielen dank für einen weiteren wunderbaren konzertbericht über die musik von und um pete doherty. Die ja doch des öfteren zu unrecht verkannt wird.
Die tour scheint bis jetzt ja relativ "gut" zu laufen.

bist du in 2 wochen auch (wieder) in köln?

-e

Sabi hat gesagt…

Ich war schon auf vielen, vielen Babyshambles / Doherty Gigs und diese Maulaffen 'Fans' sind leider immer wieder ein Problem und haben meiner Meinung nach auch schon viele Gigs kaputt gemacht. Vor einigen Jahren rief sogar mal ein 'Fan' Pete soll sich doch bitte mal Heroin spritzen, um das zu sehen wären wir Fans schließlich gekommen.Schade, einfach nur schade.

Sabi

Anonym hat gesagt…

Unser Sänger ist Grieche, deshalb hat er vielleicht ein anscheinendes "lustiges Akzent".. ;)
Vielen danke aber für das gute Feedback!
Wir werden leider nicht mit Motorama spielen, aber wir posten immer auf unserer Facebook Seite welche unsere nächste Konzerte sind: https://www.facebook.com/velvetvertigo

Peace,

Velvet Vertigo

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates