Mittwoch, 24. März 2010

Peter Doherty, Paris, 23 (24).03.10


Konzert: Peter Doherty

Ort: Le Truskel, Paris
Datum: 23 (genauer gesagt 24.).03.2010
Zuschauer: unglaublich viele, zumindest für das winzige Pub
Konzertdauer: 50 Minuten



Was ich daran aufregend finde, Peter Doherty live zu sehen, fragte mich heute ein brillanter Blogger mit ausgewiesem guten Musikgeschmack. "Nun ja, aufregend passt nicht so richtig, weil ich ja keine 16 mehr bin, aber ich mag seine Songs und seine Konzerte eben." Eine nüchterne Antwort auf eine ebensolche Frage. Aber was sollte ich schon groß erzählen, schließlich habe ich ja Peter inzwischen unzählige Male live gesehen, auch und vor allem in kleinen Clubs. Da schlägt die Erregungskurve logischerweise nicht mehr ganz so stark aus. Bei den jungen Leuten ist das anders. Vor allem die Mädchen werden ganz hysterisch, wenn sie hören, daß Peeeeeeeter in der Stadt ist und wieder in irgendeinem Schuppen auf der Gitarre schrammelt. Die Peter-Mania scheint ein internationales Phänomen zu sein, denn unter meinen Flickr Fotos von Doherty lese ich oft Kommentare wie "Warum muss ich bloß auf den Philippinen/in Brasilien/Chile leben? Hier spielt er nie, in Paris ständig!"

In der Tat schnallt er sich in schöner Regelmäßigkeit in der Seine- Metropole die Gitarre um und gibt (scheinbar) völlig spontan Konzerte in kleinen Clubs. Heute hatte er anscheinend Bock, dem Truskel, in dem er schon einmal ein legendäres Konzert um vier Uhr morgens gegeben hatte, wieder mal einen Besuch abzustatten. Vorgesehen für 23 Uhr 30, ging es erst um 0 Uhr 20 los, Zeit genug um sich umgeben von schwitzenden, pubertären Menschen die Füße plattzustehen. Und als Peter dann tatsächlich anfing, brach fast Massenpanik aus! Ich war in der äußerst ungünstigen Situation, hinten in der Menge zu stehen und von links nach rechts geschubst zu werden. Ach, Unsinnn! Von Schubsen kann keine Rede sein, weil dafür kein Platz mehr war. Gedrückt, ja regelrecht zerquetscht wurde ich! Ein Pulk an Leuten entwickelte einen immensen Druck von hinten und presste mich gegen ein junges Mädchen, die es mit der Angst zu tun bekam. Ich konnte aber nichts ändern und fühlte mich selbst äußerst unwohl. Schlimme Bilder aus Fuballstadien kamen mir in den Sinn und auch hier und heute hätte das Ganze übel ausgehen können. Wäre jemand gestolpert, er wäre vermutlich halb totgetreten worden. Zum Glück verlief aber alles glimpflich und ich schaffte es, nach mehreren vergeblichen Versuchen, wieder in den vorderen Teil des Pubs zu gelangen, wo man ein paar Zentimeter Bewegunsgspielraum hatte. Hier war es auch deutlich kühler, als in dem eigentlichen Konzertraum, in dem es gefühlte 52 Grad warm war. Die schwitzenden Leute stanken zudem erbärmlich. Kurze Zeit erwog ich, frühzeitig abzuhauen und mir das Ganze zu ersparen. Doherty hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Delivery, For Lovers und Arcady gespielt. Stimmlich war er auf der Höhe und auch der Einsatz passte. Die Stimmung hätte nicht besser sein können, wäre es doch bloß nicht so voll und stickig gewesen! Aber wenn Peter in intimster Atmosphäre gratis aufspielt, darf man sich über den Massenauflauf kaum wundern!



Dann aber wurde es plötzlich deutlich leerer. Was war passiert? Hatte Doherty seine Songs verpatzt, oder etwa aufgehört zu spielen? Nein, viel banaler! Viele junge Leute verließen kurzerhand das Truskel, um noch die letzte Metro zu bekommen. Ich selbst hatte schon vorher damit gerechnet, ein Taxi nehmen zu müssen, aber die Kosten waren mit 9 Euro noch überschaubar. Nun also konnte ich das Konzert etwas entspannter genießen. Obwohl es immer noch recht voll war und aufgrund der Schwüle von Genuß nicht unbedingt die Rede sein konnte. Doherty, der ohne seine Ballettänzerinnen gekommen war, zauberte gegen Ende seine melancholischsten Lieder aus dem Hut, nachdem er vorher etliche rockige Klassiker der Libertines abgefeuert hatte. Für Music When The Lights Go Out hatte es sich wirklich gelohnt, hier zu erscheinen, denn die Sentimentalität des Liedes packte mich irgendwie ziemlich stark. Plötzlich war sie da, diese Magie, die der Engländer immer wieder entfalten kann! Fans sangen jede einzelne Textzeile mit und Peter greinte "I no longer hear the music, oh , no, oh no". Jetzt sah ich ihn überhaupt zum ersten Mal, vorher hatten mir immer Köpfe von hochgewachsenen Leuten die Sicht versperrt. Der Hut fehlte komischerweise, aber das hinderte den sogenannten Skandalrocker nicht daran, bei Albion das Spielchen mit den Städtenamen zu veranstalten. "I can go to. .. and.. anywhere in Albion...



Dann war plötzlich Schluß. Peter hatte fertig und verschwand im improvisierten Backstagebereich. 10 Minuten später bahnte er sich den Weg durch die aufgebrachte Menge, schrieb ein paar Autogramme, umarmte ein paar Mädels und gelangte durch den Hinterausgang auf die Straße. Dort folgten ihm die Fans noch auf Schritt und Tritt, bis er kurze Zeit später in einem Taxi verschwand. Gute Nacht, Peter!

Setlist Peter Doherty, Le Truskel, Paris:

01: Delivery (Babyshambles)
02: For Lovers
03: Arcady
04: Tell The King (The Libertines)
05: Can't Stand Me Now (The Libertines)
06: Salomé
07: Baddies Boogie (Babyshambles)
08: Don't Look Back Into The Sun (The Libertines)
09: Death On The Stairs (The Libertines)
10: What A Waster (The Libertines)
11: Music When The Lights Go Out (The Libertines)
12: Albion (Babyshambles)

Fotos folgen!

- The cool videos are from Rockerparis (thanks!). Check out his review with great pictures.

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