Dienstag, 9. März 2010

Peter Doherty, Paris, 08.03.10


Konzert: Peter Doherty

Ort: Modeladen Jacob, 14, Avenue Montaigne, Paris
Datum: 08.03.2010
Zuschauer: ? 150-200?
Konzertdauer: etwa eine Stunde


Privatkonzert von Peter Doherty in einem Schicki-Micki-Modeladen in der nobelsten Straße von Paris. Dank des unglaublichen Talentes von Rockerparis, sich in die exklusivsten Events hereinzuschmuggeln, haben wir es irgendwie geschafft, die bulligen Türsteher zu passieren...

Und hier gibt es das Ganze ausführlich:

Ein Abend, an dem ich auf der Suche nach musikalischer Unterhaltung wie ein einsamer Steppenwolf durch das bitterkalte Paris gelatscht bin. Zum Glück hatte ich mich vorher an einem heißen Tee erwärmt, den mir Uschi spendiert hatte. Genau wie ich, ist sie in der Stadt der Liebe gelandet und Teil der kleinen (oder großen?) deutschen Community in Paris. Als ich mich gegen 20 Uhr 15 von ihr verabschiedete, hatte ich noch keinen Plan, wo ich hingehen sollte. Die Session von Fanfarlo in den Studios des Privatsenders Canal + hatte ich verpasst, obwohl mich Leute freundlicherweise dazu eingeladen hatten. Mir war der Weg nach Saint Denis aber zu weit und irgendwie kann ich auf diese sterile Studioatmosphäre und den animateurhaften Moderator auch nicht so richtig. Also nix Canal + und Laufschritt (ich war spät dran) Richtung Bataclan, wo Hot Chip angesetzt waren. Natürlich wußte ich, daß dieses Konzert ausverkauft war und eine Akkreditierung hatte ich auch nicht beantragt, aber ich wollte doch mal gucken, was da so vor sich geht. Vielleicht gab es überschüssige Einladungen oder dergleichen? Aber ich war zu optimistisch, die Schlange vor dem Bataclan war riesig und selbst Schwarzhändler suchten Karten (natürlich, um sie später teurer wieder zu verkaufen). Bis zu 70 Euro wollten die Burschen für ein Kärtchen haben, ein schlechter Witz! Ich machte kehrt und ging ins nahegelegene Pop In. Aber da gab es heute dummerweise kein Konzert. Ein weiterer Schuß in den Ofen! Ich entschloß mich , brav wie ein Klosterschüler nach Hause zu fahren. Unterwegs in der Metro fiel mir dann aber wieder ein, daß Peter Doherty ein exklusives Konzert für die Pariser Fashion Week in einer Nobelboutique in der Protzstraße Avenue Montaigne geben würde. Eine Einladung hatte ich natürlich keine. Was habe ich schon mit den eitlen Modefuzzis am Hut? Trotzdem musste ich da jetzt hin, meine Neugierde war einfach zu groß! Ich latschte an den ganzen feinen Läden vorbei, die sich hier wie Perlen auf einer Kette reihen. Chanel, Dior, Louis Vuiton, Armani, teurer Kram, den kein Mensch braucht, der sich aber auch in Krisenzeiten weiterhin gut verkauft. Von weitem sah ich schon die bulligen Einlasser vor der Boutique Jacob, wo das Konzert stattfinden sollte. Wie verhalten? Bluffen und sagen, daß man eine Einladung hätte, in der Hoffnung, daß die Typen die Liste nicht kontrollieren? Da dachte ich plötzlich an Angelo Misterioso von Rockerparis. Der kommt in diese beknackten Exklusivsachen immer irgendwie rein. Der weiß einfach. wie er sich zu verhalten hat und zieht das dann auch kaltschnäuzig durch. Ich rief ihn an. Witzigerweise war er gerade auf dem Weg zu der doofen Boutique. Er sei in fünf Minuten da. Zusammen mit Madame Mime erschien er dann auch wirklich kurze Zeit später. Draußen war es saukalt, also war jetzt kein Zaudern mehr erlaubt. Angelo ging vor. Er sagte uns, daß er den Typen am Eingang vorgauckeln würde, wir seien Musikjournalisten und von Peter Doherty persönlich bestellt worden. Der erste Teil stimmte ja auch irgendwie, der zweite war leicht geflunkert. Angelo war in Hochform, er sagte sein Sätzchen auf und der Einlasser glaubte ihm aufs Wort.! "Gehören die zwei anderen Personen da auch zu ihnen? fragte er den Rockerparis und wir nickten alle drei. Und schwups, waren wir nach dem Passieren eines Ganges drin! Bis zum Geht-nicht-mehr aufgebrezelte Weibsbilder soffen Champagner und versuchten mit ihren doofen Iphones Fotos von Peter zu schießen, der gerade Can't Stand Me Now spielte. Keine Frage, das Publikum war sauätzend! Arrogant, versnobt und wichtigtuerisch. Mir graute es. Aber ich versuchte mich auf das Konzert zu konzentrieren und ein paar nette Fotos zu machen. Peter sah leider sehr müde und fertig aus. Er war blass und hohlwangig und seine Haare viel zu lang und ausgefranst. Dennoch spielte er mit Dampf und Inbrunst und spulte routiniert sein Porgramm ab. Ansagen an das Publikum gab es so gut wie gar keine. Ihm war sicherlich klar, daß hier die allerwenigsten seine Lieder kannten und entsprechend egal waren ihm auch die Leute. Viele Lieder spielte er ohne Pause hintereinander weg, vielleicht um schneller mit dem Set durch zu sein. Aber er gab sich Mühe, bewegte sich viel, greinte wie gewohnt und schrammelte mit viel Power auf seiner Akustikgitarre. Ich fand das sehr professionnel. Als kühl und berechnend konnte man das Ganze trotzdem nicht bezeichnen. Pete machte seinen Job und er machte ihn gut. Die Setlist ließ nicht viele Wünsche offen, da gab es wie immer Klassiker von den Libertines, mit meinen Lieblingen What A Waster und Don't Lok Back Into The Sun und die Kracher von den Babyshambles wie Albion, Back From The Dead und natürlich Fuck Forever. Die ersten drei Songs mit den Stücken vom Soloalbum Waste/Graceland hatten wir verpasst. Seine beiden französischen Ballettänzerinnen tanzten zu den meisten Songs und brachten etwas Farbe ins Spiel. Sehr nette Mädels im Übrigen, wie ich hinterher feststellen konnte, als ich die Gelegenheit hatte, mit ihnen ein wenig zu plaudern. Ich traf sie nicht zum ersten Mal außerhalb der Bühne, aber zu einer Unterhaltung war es vorher noch nie gekommen. Schön, daß sie auf dem Teppich geblieben sind, obwohl sie mit einem echten Rockstar wie Pete durch die Welt ziehen. Der hatte seine Arbeit nach etwa einer Stunde mit What Katie Did erledigt und verschwand mitsamt seiner obligatorischen Union Jack Flagge schweißgebadet in unbekannte Richtung. Das gestylte Publikum fing nun an, richtig Shampus zu saufen, das Zeug war ja auch umsonst. Ein paar der aufgetakelten Damen hatten hinterher mächtig einen im Tee. Aber man kann sie verstehen. Wie sonst kann man eine solch wichtigtuerische Gesellschaft ertragen? Ich persönlich lehnte den Champagner ab und naschte auch nicht von den gereichten Häppchen. Ich wollte das Konzert sehen und das hatte ich geschafft. Um mehr ging es mir nicht. Bis bald Pete!

Auszug aus der Setlist Peter Doherty, Jacob, 14, avenue montaigne, Paris:

- Last Of The English Roses

- Arcady
- Broken Love Song
- Can't Stand Me Now (Libertines)
- What A Waster (Libertines)
- Music When The Lights Go Out (Libertines)
- Beg, Steal Or Borrow (Babyshambles)
- Don't Look Back Into The Sun (Libertines)
- Albion (Babyshambles)
- Delivery (Babyshambles)
- Back From The Dead (Babyshambles)
- Fuck Forever (Babyshambles)
- What Katie Did (Libertines)

Links:

-
Thanks a million to Rockerparis for the great videos
- Mehr Fotos von dieser Veranstaltung. Klick!
- English Review with great pictures and Videos @ Rockerparis







3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Hey, really enjoyed your writig style. I am friends with Mathilde Mime and play in The Budda Cakes. Maybe next time we play in Paris you wanna come round and write for the blog? By the way, I am 50% German, that's why I could understand it.

Gon von Zola
www.thebuddacakes.co.uk

Unknown hat gesagt…

eh ben, soirée chargée pour vous 3! Danke fuer den Event-Report!

Oliver Peel hat gesagt…

Hey, thank you. Yes I can write about The Budda Cakes, of course.

@ Meg: Du warst also doch bei Fanfarlo. Sicherlich eine gute Wahl.

 

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