Sonntag, 7. Juli 2013

Alin Coen Band, Karlsruhe, 04.07.13


Konzert: Alin Coen mit Support Florian Ostertag
Ort: Tollhaus in Karlsruhe im Rahmen des Zeltivals
Zuschauer: wohl 350-400
Datum: 04.07.2013
Dauer: 30 min + 105 min


Mein erster Besuch des Zeltivals 2013 fiel auf einen gloriosen Sommerabend. Nach trostlosen letzten Junitagen, die für den ganzen Sommer irgendwie keine gutes Vor-Gefühl aufkommen ließen, war im Freigelände des Tollhauses die Erleichterung darüber förmlich spürbar, dass nun doch noch ein paar schöne Tage kommen würden, an denen man das Angebot des Zeltivals in voller Schönheit genießen kann. Nämlich: draußen den Tag verabschieden (zur Not mit einem Powernap auf der Wiese) dann drinnen der Musik lauschen und anschließend das letzte Tageslicht erahnend noch einen Wein trinken und das Erlebte nachschwingen lassen. 

Auf diesen Abend mit der Alin Coen Band hatte ich mich schon länger sehr gefreut. 


Alin Coen mit Teilen der Band hatte ich im Rahmen der TVNoir Tour #6 im Jubez gesehen. Damals hatte ich schon festgestellt, dass dieses Energiebündel ganz zu Recht eine große Fangemeinde in Karlsruhe hat. Das würde unglaublich gut ins Tollhaus passen und ich könnte mich auch ein Stück weit tragen lassen von der Begeisterung. Eigentlich bin ich ja eher so ein Anhängerin der kleinen Form: am liebsten akustisch, leise und intim. Nur unter diesen Randbedingungen hatte ich mich auch an Alin Coen "rangetraut" (der Form der TVNoir-Kultur vertrauend). Aber nach dem Beschnuppern im Jubez war mir klar, das passt mit uns auch in laut und groß. 


Als dann sogar als Support für das Tollhaus ausgerechnet noch Florian Ostertag aufgeboten wurde, war eigentlich ein wunderbarer Abend vorprogrammiert. Auch ganz ohne Zutun von Petrus musste hier die Sonne aufgehen.
Für mich persönlich passte der Kosmos auch aus dem Grund, dass mich die erste TVNoir-Konzertrunde mit Florian Ostertag und Tex eigentlich auf den TVNoir-Konzert-Trip gebracht hatte und damit auf die Rille, auch Alin Coen dort eine Chance zu geben. 


Noch sehr vorsichtig tastend hatte ich damals extrem lange überlegt, ob sich eine Fahrt zu dem Konzert nach Freiburg lohnen würde. Bestimmt 2 Monate habe ich hin und her überlegt, geplant und wieder verworfen und mir dann ein Herz genommen. Das wurde damals so extrem honoriert, dass der Überraschungskonzertabend mit September Leaves und Tex wohl in meine persönlichen Annalen als eines der größten Konzerterlebnisse eingehen wird. Und den rundum überzeugenden Abend mit Florian Ostertag gab es dann ein halbes Jahr später auch noch im Jazzhaus. Seitdem mag ich seine Musik und sein bescheidenes, ein bisschen selbstironisches aber doch auch witziges Auftreten sehr. Bei Better version z.B. blitzte der Schalk sehr deutlich durch (wie das Foto beweist).


Auf der Bühne fand sich dann auch die Schreibmaschine für den Rhythmus in Home (vielleicht mein Lieblingslied, in jedem Fall ein echter Ohrwurm) und ein kleiner Schwarzweiß-Fernsehapparat mit einem VHS-Recorder, der dann in Love songs einen am Schlagzeug aufgezeichneten Florian zeigen durfte. Das Support-Set war mit seinen 30 Minuten wohl eher ein Appetithäppchen, aber ein sehr leckeres! Das Publikum - sicher zum großen Teil für Alin Coen gekommen - nahm aber den jungen Mann willig in den Arm und ließ sich begeistern. Als das letzte Lied angesagt wurde, ging  gar ein enttäuschtes Stöhnen durch die Reihen.

Der Umbau verlief fix und schon 15 min später war Alin Coen mit ihren zur Zeit vier Jungs von der Band auf der Bühne. Ein Mann am Piano, und je einer an Gitarre, Bass und Schlagzeug bildeten den musikalischen und optischen Ring um die Sängerin, die auch selbst oft zur Gitarre griff und bzw. zusätzliches Keyboard beisteuerte. Ich hatte besonderen Spaß daran, den Gitarristen Jan Frisch zu beobachten und sein häufig sehr virtuoses Wechselspiel mit Philipp Martin am Bass - die verstohlen stolzen Blicke, wenn Doppelläufe der beiden super klappten - und das fast stets lachende Gesicht des Schlagzeugers Fabian Stevens im Blick zu behalten. Das mit der Band im Namen ist schon ernst gemeint und live auch spürbar.


Wenn auch die Rollen schon klar so aufgeteilt sind, dass Alin Coen der eigentliche Hingucker ist mit ihrer Präsenz und ihrer Agilität auf der Bühne. Sicher hängt ihr das schon zum Hals raus, das ständig zu hören, aber ich komme nicht umhin, es hier einmal laut und deutlich zu sagen: als äußerlich so zierliche Person, so eine Energie auszustrahlen, das kann einen als Zuschauer in der ersten Reihe schon ganz schön umhauen!
 

Und als Fotographin um den Verstand bringen - so viele eigentlich wunderbare aber verwackelte Bilder... :) Aber als Konzertbesucher kommt man ja gerade um dieses Extra im Vergleich zur Tonkonserve zu genießen, das es hier überreichlich gab. Es ist schierig für mich, besondere Highlights des Sets zu benennen. Aber ohne Zweifel war Wolken, das sie Solo spielte, ein absoluter Gänsehautmoment.


Vielleicht lag es aber auch mit daran, dass dies das erste Lied war, das die Fans im Publikum schon gut kannten. Es gab förmlich ein aufseufzen "Ach ja, das!"  Bis dahin waren alles Stücke der noch brandneuen CD gewesen.  Wolken diente als Einstieg  für einen Block von Songs, die schon entweder aus TVNoir oder den vorhergehenden Platten gut bekannt waren. Von da an konnte sich das Publikum für eine Zeit absolut Text-sicher zeigen.


Schön und geerdet waren auch verschiedene Geschichten zu den Songs, wie ein zerbeultes Knie nach einem Unfall mit dem Boot oder das Schmieren eines Nutella-Brotes, das plötzlich nachdenklich werden lässt oder ein textliches Missverständnis, das natürlich prompt provozierte, dass ich auch genau den gleichen Verhörer hatte ...


Die neuen Lieder nach einmaliger Live-Begegnung einzuschätzen, fällt mir noch etwas schwer weil es ungerecht bleiben wird. Klare sofortige Aufmerker für mich an dem Abend waren ganz sicher  Disconnected und Fountain. Und Gäsehaut-pur-Momente bei The ones. Die letzten beiden Songs vor den Zugaben ließen fast eine Regenwald-Atmosphäre aufkommen - jedenfalls assoziierte ich da exotische Kulissen beim hören.



Andererseits wäre wohl mein Gefühl für den Abend viel weniger zufrieden und geglückt, wenn es nicht die "alten" Lieder gegeben hätte, wo sich ringsum alle Gesichter verzückt zeigten und die Stimmen mischten. Aber das ist wohl auch ganz in Ordnung so, denke ich.


Man sieht es an der Setlist, dem Publikum fiel es sehr schwer, nach dem etwa 90 minütigen regulären Set schon gut sein zu lassen. Es wurde geklatscht und gejohlt und schließlich eine ordentliche Verlängerung gewährt, für die die zugkräftigen Knallersongs aufgespart worden waren. Mein Ohrwurm für den Heimweg war dann Alles was ich hab. Ja, Alin Coen und ihre Jungs hatten an diesem Abend wohl tatsächlich alles was sie haben mit uns besehen und geteilt. Vielen Dank dafür und an das tolle Publikum im Tollhaus. Der wunderbare Abend wird noch länger in mir nachklingen.



Setlist Florian Ostertag
1) Always waiting
2) Babel
3) Better version
4) Home
5) Lovesongs
6) Simple man 

Setlist Alin Coen
1) All it takes
2) High expectations
3) As I am
4) A No is a No
5) Disconnected
6) Rifles
7) Wolken (solo) 
8) Kein Weg zurück
9) Same Boat
10) Hol mich ein 
11) Einer will immer mehr
12) Du drehst Dich
13) Fountain
14) The Ones
15) Reason 
16) Kites 

17) Wer bist Du? (Z) 
18) Hold (Z)
19) Alles was ich hab (Z)

20) Ich war hier (Z2)

Weitere Tourdaten Alin Coen:

12.07. MAGDEBURG, Volksbad Buckau Open Air
13.07. GERA, 360 Grad
24.07. WIEN, Theater am Spittelberg
25.07. WIEN, Theater am Spittelberg
26.07. KÄRNTEN, Acoustic Lakeside Festival
27.07. LUDWIGSBURG, Residenzschloss - Support für Philipp Poisel



Wunderbarer Mitschnitt aus dem Milla in München



(Danke MissMoreMusic)

Weitere Fotos:
 


Aus unserem Archiv:
Alin Coen Band, Karlsruhe (TVNoir #6) 19.09. 2012

 

1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Danke für diesen Bericht, die tollen Bilder und die Verlinkungen. "Kein Weg zurück", ich bekomme jedes Mal Gänsehaut. Und diese Aufnahme kannte ich noch nicht. Also, erneuter Dank für Deine aufwendige Bearbeitung!
Gruß, Sophie

 

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