Konzert: Tift Merritt
Ort: Le Silencio
Datum: 03.07.2013
Zuschauer:etwa 40-50
Konzertdauer: 45 Minuten
Silencio hat ja der Wortbedeutung nach etwas mit Ruhe zu tun, aber an jenem 3. Juli in der Pariser Edeldisco von David Lynch war der Name leider nicht Programm. Versnobte Yuppies spielten sich im Nachbarraum zu Alleinunterhaltern auf, gaben mit ihrem Geld und ihren Statusymbolen an wie in der alten TV-Werbung ("Mein Haus, mein Auto, meine Frau (mein Boot?)") und nervten damit über alle Maßen. Schlimm.
Derweil passten etwa 40 Mitbürgerinnen und Mitbürger im eigentlichen Konzertsaal gut auf und verhielten sich vorbildlich. Ich saß natürlich bei den Guten und versuchte mich so gut wie möglich auf den Solovortag der amerikanischen Countrysängerin Tift Merritt zu konzentieren. Die zierliche Dame hat zwar eine bisweilen kraftvolle Stimme, aber gegen das laute Geplappere des Gesindels aus dem Nebenraum kam sie manchmal nur schwerlich an. Zudem musste sie in einer Phase ganz unplugged spielen, weil ihr Kabel defekt war.
Dennoch genoss ich das Konzert. In meinem Meditationskurs habe ich gelernt, alles Störende aus dem Umfeld auszublenden und mich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und das waren der Gesang und die Texte der Tift Merritt. Fast vierzig Jahre hat die sexy Country Lady jetzt auf dem Buckel, etliche gute Alben hat sie veröffentlicht, aber der große Mainstream Erfolg blieb bisher aus. Da fragt man sich schon manchmal, ob man (bzw. Frau) aussehen muss wie Dolly Parton, um als Songwriterin wahrgenommen zu werden. Und besser als eine Taylor Swift ist Tift Merritt ja ohnenhin, das müssen wir nicht diskutieren.
Das Songmaterial von Tift war jedenfalls vorzüglich. Sie spielte herzerwärmende Akustikstücke wie Still Not Home ("regular life don't suit me at all, yeah I gonna get going, I'm still not home"), Travelling Alone, aber auch ein gelungenes Tom Waits Cover (Train Song) und einen Titel, den sie zusammen mit der klassischen Pianistin Simone Dinnerstein aufgenommen hatte.
Für mich da schönste Stück des Abends, das auf den Namen Colors hörte. Ganz feines Gitarrenspiel unterlegte die wundervolle Stimme von Tift Merritt. "What will i know tomorrow, that I don't know today?", fragte die Chanteuse textlich und kniete sich wie auch bei allen anderen Songs mit dem ganzen Körper rein. Bei ihr ist der Vortrag nie ein stoisches an der Gitarre zupfen, sondern eine rhythmische Bewegung, bei der die Knie immer schön gebeugt werden.
In den Pausen zwischen den Stücken erfreute sie die Zuschauer auch mit ihren guten Französichkenntsnissen (sie hatte einmal eine Weile in Paris gelebt), den Kommentaren zu dem Blues-Musiker Robert Johnson und ihren spaßigen Anmerkungen zu ihren Landsleuten in North Carolina. Zwar lebe sie in New York, aber die Wurzeln könne sie nie verleugnen, ließ sie wissen.
Das recht kurze Konzert (etwa 45 Minuten) wurde mit einem Highlight als Zugabe beendet. Feeling Of Beauty klang so herrlich dezent und filigran, so zart und zurückgenommen, daß es eine helle Freude war. Zufälligerweise war es zu diesem Zeitpunkt auch im Nebenraum ungewöhnlich leise, so daß meiner Gänsehaut wirklich nichts mehr im Wege stand.
Großartig, diese Tift Merritt, von dem Silencio (in dem Fotografieren streng verboten ist) kann man das leider nicht so sagen.
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