Donnerstag, 4. Juli 2013

Chelsea Light Moving, Frankfurt


Konzert: Chelsea Light Moving
Ort: Zoom, Frankfurt
Datum: 03.07.2013
Zuschauer: 158*
Dauer: Chelsea Light Moving knapp 75 min, Metabolismus feat. Jooklo Duo 35 min





Meine aktuellen Versuche, Sonic Youth scheibchenweise live zu sehen, enden in skurrilen Abenden. Vor ein paar Wochen trat Kim Gordon mit ihrer neuen Band Body/Head auf dem Museum Ludwig Dach in Köln auf und verließ nach einen Lied und einem "thank you" die Bühne.

Ihr Ex-Partner Thurston Moore spielte mit seiner neuen Band Chelsea Light Moving zwar eine ganze Menge Lieder, der Abend war aber nicht weniger ungewöhnlich.

"Hello, we are Black Flag from Hermosa Beach, California" - "it's good to be back here!" Nicht weiter bemerkenswert eigentlich. Thurston blieb aber bei der Nummer. Jede seiner Ansagen hatte mit Black Flag zu tun. Lip kündigte er als Stück ihrer alten Platte Slip it in an, er nuschelte irgendetwas über Henry Rollins, über eine 7", die bei New Alliance erscheine, widmete einen Song den Kumpels in Long Beach und stellte seine Bandkollegen mit den Namen der Black Flag Leute vor. Aber sie spielten ihre eigenen Songs...


Vor Chelsea Light Moving war es noch eine Spur irrer. Metabolismus feat. Jooklo Duo (Thurstons Band T-Shirt half später, den richtigen Namen zu identifizieren) waren sieben Musiker der Bands Jooklo Duo (Virginia Genta & David Vanzan) und Metabolismus (u.a. Chelsea Light Moving Bassistin Samara Lubelski), die sich auf eine hoffnungslos vollgestopfte Bühne stellten und irgendwelche Instrumente griffen und munter Geräusche machten. In den ersten fünf Minuten des einen Lieds, das gespielt (bzw. erzeugt) wurde, spielte jeder sein eigenes Klangsüppchen, eine durchgängige Melodie war nicht erkennbar. Erst in einer späteren Phase ließ Virginias Saxophonspiel erahnen, daß hier eine Komposition zugrunde lag. Die Frau mit Sonnenbrille spielte eine ganze Menge anderer Instrumente. Am besten gefiel mir die Schlagenbeschwörer-Flöte,** die sie in ein Megaphon blies und das was auch immer Dings, das wie ein Mini-Modell-Kettenkarrussel aussah und beim Drehen pfiff.


Hätte ich geahnt, was auf mich zukommt und hätte ich ein klein wenig mehr Geltungsdrang, hätte ich eines meiner gesammelten Instrumente mitgebracht und mich auch auf die Bühne gestellt. Der ein oder andere von Metabolismus wirkte, als sei er zufällig dazu gestoßen. Das tollste Instrument dieser Truppe war eine Art 60er Jahre Plastik-Barhocker mit Haube, in dem Elektronikkrams versteckt war. Der eindrucksvolle Mann, der den Barhocker bediente, hielt seine Hände über die Elektrobauteile. Ich vermute, es handelte sich um eine Art Theremin, es gab jedenfalls immer wieder Theremin-Geräusche (also dieses Fiepsen aus der Star Trek Titelmelodie).


Oboe, zwei Saxophone, Violine, Mini-Klavier, Schlagzeug, alle handelsüblichen und -unüblichen Rasseln, Glöckchen, Becken und alles scheinbar planlos gespielt. Free Jazz der losgelöstesten Sorte vermutlich. Das war unterhaltsamer als es sich anhört und für mich nicht anstrengend - was aber auch daran lag, daß immer ein Ende in Sicht war und es so wahnsinnig viel zu sehen gab. Musikfreunde, die sich anschließend Platten gekauft haben, haben meinen allerhöchsten Respekt - ebenso wie diejenigen, die die vielen Instrumente hinterher in den Tourbus packen mussten. Aber Chelsea Light Moving ist ja nach einer Umzugsfirma benannt, da kann man diese Fähigkeit eigentlich erwarten.


Bei der Hauptgruppe war der logistische Aufwand weitaus geringer: zwei Gitarren, ein Bass und ein Schlagzeug, dazu ein Gesangsmikro und am Ende Samaras Geige reichten, um die Stücke des Debütalbums wiederzugeben. 

Die ersten Stücke (die Thurston sehr mitschreibefreundlich ansagte) stammten
alle vom Album. Nach No go und vor Groovy and Linda gab es eine instrumentale Zwischensequenz. Danach folgte ein mir unbekanntes Lied, das nicht vom Album stammt (es kam häufig "hey" drin vor, das reichte aber nicht zur Identifizierung). Aber da die gespielten Stücke recht homogen waren (und die beiden stilistisch etwas abweichenden Titel Mohawk und Communist eyes nicht gespielt wurden, war Lied acht auch sicher ein eigenes Stück (und kein Black Flag Cover beispielweise).

Das neue The ecstasy und der Brecher Alighted beendeten das spärlich besuchte Konzert zunächst.


Mit "we are a soft rock band" kamen die vier Musiker zurück und fühlten sich offenbar der Vorgruppe verpflichtet und improvisierten jetzt mehr. Das erste kurze Instrumentalstück klappte noch gut. Samara spielte dabei Geige, die sich gegen die beiden Gitarren aber kaum durchsetzen konnte. Beim zweiten Zugaben-Lied stieß sich Thurston erst den Kopf am Mikro, brach dann nach ein, zwei Minuten ab und erklärte Samara, die immer noch gegeigt hatte, habe nicht wissen können, daß sie Bass spielen sollte. "We were playing a song that we never written before," was auch immer das heißen mag. Sie spielten das Stück noch einmal, jetzt mit Bass. "What do you like better? Bass or violin?"***


Nach einer dritten textlosen Zugabe kam ein ganz kurzes Stück - vier Takte vielleicht, das mit "that's it" endete und wiederholt wurde. "It's called 'that's it'!" That's  it war aber in Wahrheit der verpatzte Beginn von Staring statues, der letzten Zugabe.


Mein zweites Sonic-Youth-Teilkonzert war sehr unterhaltsam und musikalisch so, wie man es erwarten konnte. Ich konnte mit dem Abend deutlich mehr anfangen als mit Body/Head. Den besten der Abende der kleinen inoffiziellen Konzertreihe habe ich aber verpasst. Klarer Sieger war offenbar Lee Ranaldo kurz vor dem Konzert von Kim Gordon, wie man hier nachlesen kann. Da ich Lee im Gebäude 9 gesehen habe, glaube ich das blind!

Setlist Chelsea Light Moving, Zoom, Frankfurt:

01: Sleeping where I fall
02: Frank O'Hara hit
03: Lip
04: Sunday stage
05: Empires of time
06: No go
07: Groovy and Linda
08: ?
09: The ecstasy
10: Alighted

11: Instr. (Z)
12: Instr. (Z)
13: Instr. (Z)
14: Staring statues (Z)


* danke, Andreas!
** sicher schrecklich politisch inkorrekt!
*** eines der Lieder war Peach Pecan - ich weiß aber nicht welches



1 Kommentare :

Frank hat gesagt…

Hi Christoph,
ich glaub' dein Fragezeichen in der Setlist war "William S. Burroughs". Zumindest haben sie das auch gespielt. Es war das, was mich wegen der ooohhhs an die Kaiser Chiefs erinnert hat.

 

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