Konzert: Warpaint
Ort: Altes Opelwerk, Rüsselsheim (Phono Pop Festival)
Datum: 20.07.2012
Dauer: rund 80 min
Es ist kein Geheimnis, daß mir Warpaint seit zwei Jahren enorm ans Herz gewachsen ist. Die kalifornische Band hat mit ihrer EP Exquisite Corpse und dem nachfolgenden Album The Fool zwei Platten veröffentlicht, die zu meinen ganz großen Lieblingen der letzten zehn Jahre zählen. Gute Alben sind für uns aber kein ausreichender Maßstab, dieses Magazin heißt schließlich nicht Plattentagebuch (darunter würde ich auch eher ein Fliesenlegerforum erwarten). Nein, viel wichtiger ist, ob die Band den Zauber guter Studiomusik auch auf der Bühne erzeugen kann. Nur dann kann sie nachhaltig Eindruck erzeugen. Die erste Glasvegasplatte war anfangs spannend. Einmal live gesehen, bin ich vor dieser Band schreiend davongelaufen; es gibt unzählige Beispiele von Künstlern, die es live komplett versaut haben. Natürlich gibt es einige wenige Ausnahmen; Musiker, die ohne diesen Liveaspekt Allzeitlieblinge wurden: die Smiths und Joy Division mangels Gelegenheit (wobei Joy Division nicht dolle gewesen sein müssen) oder The Organ, die (noch) keine überragende Liveband waren. Ansonsten gilt: auf der Bühne nichts - Rest irgendwann egal!
Warpaint drohen immer mehr, irgendwann auch in meiner Kern-Lieblingsliste aufzutauchen. Im Gegensatz zu The Organ ist das amerikanische Quartett eine herausragende Liveband. Die Musikerinnen, machen dabei vor allem nicht den Fehler, den viele junge Gruppen gerne an den Tag legen, sie spielen nicht immer die gleichen Konzerte und schaffen es dadurch, immer wieder gleich spannend zu sein. Gleich spannend ist zwar auch irgendwie Routine, aber eine gute.
Das Phono Pop Festival (das sich in "wundervolles Phono Pop Festival" umbenennen sollte) hat auch bei der Bestimmung der Headliner alles richtig gemacht. Warpaint diesen Platz zu übertragen erfordert vordergründig Mut, den das Haldern-Festival im vergangenen Jahr leider nicht hatte und die Band ins kleine Spiegelzelt packte. Eigentlich ist es aber überhaupt nicht riskant, denn wer den gestrigen Auftritt erlebt hat, hat gemerkt, daß Warpaint alle Headlinerqualitäten haben.
Es ging zäh los. Lange nach dem angesetzten Starttermin quälten sich Band und Techniker noch mit technischen Problemen. Dabei wirkte Gitarristin Theresa (links) nach einer Weile ziemlich genervt. Sie trank weiter ihren Tee (naja; aber dazu später) und guckte grimmig. Als alles hergerichtet war, verließ die Band die Bühne nicht mehr, das erschien wohl albern, stellte sich vor und begann.
Eröffnungslied war wieder das neue Stück, das offenbar noch keinen Namen hat. Therese kniete dazu vor ihren Pedalen und sang hockend den wenigen (weitestgehend unverständlichen) Text. Ich glaube eigentlich nicht, daß es sich um ein neues Stück für ein Album handelt, ich vermute, daß hiermit ein Introsong für Konzerte geschaffen werden sollte, dem Stück fehlen die üblichen Merkmale, die Tempo- und Rhythmus-Brüche vor allem. Und es ist sehr kurz, also auch vollkommen untypisch. Das macht die Einleitung nicht schlechter, sie passt.
Bees folgte, und das ist eine andere Hausnummer. Damit begann dann der 80minütige düstere Gitarrenzauber. Warpaint sind Theresa Wayman und Emily Kokal an den Gitarren, Schlagzeugerin Stella Mozgawa und Bassistin Jenny Lee Lindberg. Daß sie aus LA stammen, sieht man nicht zuletzt am Kleidungsstil. Normalerweise ist Jenny Siegerin in der Kategorie unfassbarstes Styling. Ich habe die Bassistin schon mit Witwe-Bolte Schleife im Haar oder giftgrünem Schloßgespenstkleid erlebt. Heute war ihre Latzhose nicht weiter spektakulär. Therese mit Jeansjacke hatte offenbar Lust auf die 80er, Stella hinter dem Schlagzeug konnte ich wie üblich kaum erkennen, dafür war die rechts stehende (eher: aufgebaute) Emily umso toller angezogen! Sie trug einen bodenlangen weißen Rock, der wie ein Teil eines Brautkleids aussah. Darüber, wie man das macht, einen Parka, Kapuze über den Kopf und oben drüber einen Schal. Natürlich können sie sich das leisten, in jeder Beziehung. Aber ich müsste lügen, wenn nicht die Outfits einen Teil des Reizes ihrer Shows ausmachten.
Glücklicherweise einen sehr kleinen, sonst wäre ich vielleicht Florence & the Machine Fan. Denn musikalisch war der Auftritt, auch wenn der Klang nicht immer ideal war, phänomenal gut! Die Bässe waren manchmal zu dumpf, vielleicht war das aber auch meinem Platz geschuldet.
Nach Bees und dem wunderbaren Stars von der EP folgte Beetles, das am Anfang in einer mir neuen Version gespielt wurde. Beetles ist eines der Lieder, das so schön beispielhaft für Warpaint ist. Es enthält Gesang von Theresa und Emily und hat viele, sehr viele Brüche. Beetles (auch von der EP) ist auch eines der Stücke, das Warpaint gerne in einem minutenlangen Postrock-Gejamme aufgehen lassen. Heute setzten sie dieses Stilinstrument an anderer Stelle ein.
Nach Beetles gab es eine schöne Szene. Jemand im Publikum wünschte Krimson (EP), Emily tat ihm den Gefallen: "the next song is called Krimson!", gespielt wurde aber Composure! Krimson gehört leider als einziges EP-Stücke nicht zum Programm. Leider, weil es seit ein, zwei Wochen mein Warpaint-Liebling ist (das ist eine Art Wanderpokal).
Composure. Undertow und Majesty, alle von The Fool, folgten und verstärkten diese perfekte Grundstimmung des Auftritts. Diese Musik passte so fabelhaft zwischen die alten Gemäuer der Opelfabrik. Sie passte zwar auch schon perfekt ans Meer (Primavera), in eine Kirche (KulturKirche), "beim Opel" war das Erlebnis aber noch einmal anders, konsequenter vielleicht.
Stilistisch gab es danach einen Bruch (den ich mir erhofft hatte). Billie Holiday, das ruhige, akustische Lied, das Warpaint nicht immer spielen, vor allem auf Festivals nicht, war lange Zeit mein Liebling. Als ich gesehen hatte, daß die Band für mehr als eine Stunde angesetzt war, hatte ich gehofft, daß es gespielt würde.
Elephants bildete den Abschluß. Elephants XL, passend zu Rüsselsheim (Tschuldigung). XL, weil das Stück in dem erwähnten minutenlangen Gitarrengeschrammel aufging und gut zehn Minuten lang war. Daß diese Improvisationen nicht nerven, ist eine Faszinationen dieser Band.
Die Solo-Babyversion von Emily als erste Zugabe kannte ich schon. Dabei baut sie einen kurzen Auszug aus Patti Smith' Because the night ein. Ich denke, daß dies dem gemeinsamen Festival in Lüttich von ein paar Wochen geschuldet ist. Da die Version toll ist, spielen sie sie aber auch weiterhin.
Burgundy mit voller Band machte Abschluß. Ich bin nicht objektiv, ich glaube aber, daß es ein herausragendes Konzert war, obwohl der Klang nicht immer perfekt war. Und weil Warpaint nicht langweilig werden, freue ich mich aufs nächste Mal.
Theresas Stimmung erschien auch sehr viel besser zu sein. Ob das am Konzert lag, an den vielen begeisterten, gebannt zuhörenden Leuten auf der anderen Seite der Gitter? Oder vielleicht an der Teetasse? Die reichte sie nämlich irgendwann Jenny, die einen Schluck nahm und anerkennend nickte.
Setlist Warpaint, Phono Pop Festival, Rüsselsheim:
01: Intro (neu)
02: Bees
03: Stars
04: Beetles
05: Composure
06: Undertow
07: Majesty
08: Billie Holiday
09: Elephants (lang)
10: Baby (mit Because the night Cover) (Emily solo) (Z)
11: Burgundy (Z)
Links:
- aus unserem Warpaint-Archiv:
- Warpaint, Prag, 10.07.12
- Warpaint, Lüttich, 05.07.12
- Warpaint, Haldern, 13.08.11
- Warpaint, Köln, 28.06.11
- Warpaint, Amsterdam, 19.06.11
- Warpaint, Barcelona, 28.05.11
- Warpaint, Frankfurt, 11.11.10
- Warpaint, Paris, 06.11.10
- Warpaint, Brüssel, 16.05.10
- Interview mit Warpaint
Ort: Altes Opelwerk, Rüsselsheim (Phono Pop Festival)
Datum: 20.07.2012
Dauer: rund 80 min
Es ist kein Geheimnis, daß mir Warpaint seit zwei Jahren enorm ans Herz gewachsen ist. Die kalifornische Band hat mit ihrer EP Exquisite Corpse und dem nachfolgenden Album The Fool zwei Platten veröffentlicht, die zu meinen ganz großen Lieblingen der letzten zehn Jahre zählen. Gute Alben sind für uns aber kein ausreichender Maßstab, dieses Magazin heißt schließlich nicht Plattentagebuch (darunter würde ich auch eher ein Fliesenlegerforum erwarten). Nein, viel wichtiger ist, ob die Band den Zauber guter Studiomusik auch auf der Bühne erzeugen kann. Nur dann kann sie nachhaltig Eindruck erzeugen. Die erste Glasvegasplatte war anfangs spannend. Einmal live gesehen, bin ich vor dieser Band schreiend davongelaufen; es gibt unzählige Beispiele von Künstlern, die es live komplett versaut haben. Natürlich gibt es einige wenige Ausnahmen; Musiker, die ohne diesen Liveaspekt Allzeitlieblinge wurden: die Smiths und Joy Division mangels Gelegenheit (wobei Joy Division nicht dolle gewesen sein müssen) oder The Organ, die (noch) keine überragende Liveband waren. Ansonsten gilt: auf der Bühne nichts - Rest irgendwann egal!
Warpaint drohen immer mehr, irgendwann auch in meiner Kern-Lieblingsliste aufzutauchen. Im Gegensatz zu The Organ ist das amerikanische Quartett eine herausragende Liveband. Die Musikerinnen, machen dabei vor allem nicht den Fehler, den viele junge Gruppen gerne an den Tag legen, sie spielen nicht immer die gleichen Konzerte und schaffen es dadurch, immer wieder gleich spannend zu sein. Gleich spannend ist zwar auch irgendwie Routine, aber eine gute.
Das Phono Pop Festival (das sich in "wundervolles Phono Pop Festival" umbenennen sollte) hat auch bei der Bestimmung der Headliner alles richtig gemacht. Warpaint diesen Platz zu übertragen erfordert vordergründig Mut, den das Haldern-Festival im vergangenen Jahr leider nicht hatte und die Band ins kleine Spiegelzelt packte. Eigentlich ist es aber überhaupt nicht riskant, denn wer den gestrigen Auftritt erlebt hat, hat gemerkt, daß Warpaint alle Headlinerqualitäten haben.
Es ging zäh los. Lange nach dem angesetzten Starttermin quälten sich Band und Techniker noch mit technischen Problemen. Dabei wirkte Gitarristin Theresa (links) nach einer Weile ziemlich genervt. Sie trank weiter ihren Tee (naja; aber dazu später) und guckte grimmig. Als alles hergerichtet war, verließ die Band die Bühne nicht mehr, das erschien wohl albern, stellte sich vor und begann.
Eröffnungslied war wieder das neue Stück, das offenbar noch keinen Namen hat. Therese kniete dazu vor ihren Pedalen und sang hockend den wenigen (weitestgehend unverständlichen) Text. Ich glaube eigentlich nicht, daß es sich um ein neues Stück für ein Album handelt, ich vermute, daß hiermit ein Introsong für Konzerte geschaffen werden sollte, dem Stück fehlen die üblichen Merkmale, die Tempo- und Rhythmus-Brüche vor allem. Und es ist sehr kurz, also auch vollkommen untypisch. Das macht die Einleitung nicht schlechter, sie passt.
Bees folgte, und das ist eine andere Hausnummer. Damit begann dann der 80minütige düstere Gitarrenzauber. Warpaint sind Theresa Wayman und Emily Kokal an den Gitarren, Schlagzeugerin Stella Mozgawa und Bassistin Jenny Lee Lindberg. Daß sie aus LA stammen, sieht man nicht zuletzt am Kleidungsstil. Normalerweise ist Jenny Siegerin in der Kategorie unfassbarstes Styling. Ich habe die Bassistin schon mit Witwe-Bolte Schleife im Haar oder giftgrünem Schloßgespenstkleid erlebt. Heute war ihre Latzhose nicht weiter spektakulär. Therese mit Jeansjacke hatte offenbar Lust auf die 80er, Stella hinter dem Schlagzeug konnte ich wie üblich kaum erkennen, dafür war die rechts stehende (eher: aufgebaute) Emily umso toller angezogen! Sie trug einen bodenlangen weißen Rock, der wie ein Teil eines Brautkleids aussah. Darüber, wie man das macht, einen Parka, Kapuze über den Kopf und oben drüber einen Schal. Natürlich können sie sich das leisten, in jeder Beziehung. Aber ich müsste lügen, wenn nicht die Outfits einen Teil des Reizes ihrer Shows ausmachten.
Glücklicherweise einen sehr kleinen, sonst wäre ich vielleicht Florence & the Machine Fan. Denn musikalisch war der Auftritt, auch wenn der Klang nicht immer ideal war, phänomenal gut! Die Bässe waren manchmal zu dumpf, vielleicht war das aber auch meinem Platz geschuldet.
Nach Bees und dem wunderbaren Stars von der EP folgte Beetles, das am Anfang in einer mir neuen Version gespielt wurde. Beetles ist eines der Lieder, das so schön beispielhaft für Warpaint ist. Es enthält Gesang von Theresa und Emily und hat viele, sehr viele Brüche. Beetles (auch von der EP) ist auch eines der Stücke, das Warpaint gerne in einem minutenlangen Postrock-Gejamme aufgehen lassen. Heute setzten sie dieses Stilinstrument an anderer Stelle ein.
Nach Beetles gab es eine schöne Szene. Jemand im Publikum wünschte Krimson (EP), Emily tat ihm den Gefallen: "the next song is called Krimson!", gespielt wurde aber Composure! Krimson gehört leider als einziges EP-Stücke nicht zum Programm. Leider, weil es seit ein, zwei Wochen mein Warpaint-Liebling ist (das ist eine Art Wanderpokal).
Composure. Undertow und Majesty, alle von The Fool, folgten und verstärkten diese perfekte Grundstimmung des Auftritts. Diese Musik passte so fabelhaft zwischen die alten Gemäuer der Opelfabrik. Sie passte zwar auch schon perfekt ans Meer (Primavera), in eine Kirche (KulturKirche), "beim Opel" war das Erlebnis aber noch einmal anders, konsequenter vielleicht.
Stilistisch gab es danach einen Bruch (den ich mir erhofft hatte). Billie Holiday, das ruhige, akustische Lied, das Warpaint nicht immer spielen, vor allem auf Festivals nicht, war lange Zeit mein Liebling. Als ich gesehen hatte, daß die Band für mehr als eine Stunde angesetzt war, hatte ich gehofft, daß es gespielt würde.
Elephants bildete den Abschluß. Elephants XL, passend zu Rüsselsheim (Tschuldigung). XL, weil das Stück in dem erwähnten minutenlangen Gitarrengeschrammel aufging und gut zehn Minuten lang war. Daß diese Improvisationen nicht nerven, ist eine Faszinationen dieser Band.
Die Solo-Babyversion von Emily als erste Zugabe kannte ich schon. Dabei baut sie einen kurzen Auszug aus Patti Smith' Because the night ein. Ich denke, daß dies dem gemeinsamen Festival in Lüttich von ein paar Wochen geschuldet ist. Da die Version toll ist, spielen sie sie aber auch weiterhin.
Burgundy mit voller Band machte Abschluß. Ich bin nicht objektiv, ich glaube aber, daß es ein herausragendes Konzert war, obwohl der Klang nicht immer perfekt war. Und weil Warpaint nicht langweilig werden, freue ich mich aufs nächste Mal.
Theresas Stimmung erschien auch sehr viel besser zu sein. Ob das am Konzert lag, an den vielen begeisterten, gebannt zuhörenden Leuten auf der anderen Seite der Gitter? Oder vielleicht an der Teetasse? Die reichte sie nämlich irgendwann Jenny, die einen Schluck nahm und anerkennend nickte.
Setlist Warpaint, Phono Pop Festival, Rüsselsheim:
01: Intro (neu)
02: Bees
03: Stars
04: Beetles
05: Composure
06: Undertow
07: Majesty
08: Billie Holiday
09: Elephants (lang)
10: Baby (mit Because the night Cover) (Emily solo) (Z)
11: Burgundy (Z)
Links:
- aus unserem Warpaint-Archiv:
- Warpaint, Prag, 10.07.12
- Warpaint, Lüttich, 05.07.12
- Warpaint, Haldern, 13.08.11
- Warpaint, Köln, 28.06.11
- Warpaint, Amsterdam, 19.06.11
- Warpaint, Barcelona, 28.05.11
- Warpaint, Frankfurt, 11.11.10
- Warpaint, Paris, 06.11.10
- Warpaint, Brüssel, 16.05.10
- Interview mit Warpaint
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