Freitag, 20. Mai 2011

Explosions In The Sky, Paris, 20.05.11


Konzert: Explosions In The Sky

Ort: Le Bataclan, Paris
Datum: 20.05.2011
Zuschauer: ausverkauft (aber irgendwie gar nicht übermäßig voll)
Konzertdauer: 80 Minuten


"David Booooooowiiiiiiiiiieeeeeeeee!"

Diesen Reinruf eines französischen Konzertzuschauers gab es schon eine Weile nicht mehr. Dabei gehört er zum Standardrepertoire alberner Witzbolde, genau wie die Forderung :" à poil!" (ausziehen!) oder "Rock 'n Roll!".

Die spinnen die Gallier, müssen sich die Texaner von Explosions In The Sky gedacht haben, zumal der Reinruf ausgerechnet in einem ruhigen Moment erfolgte, wo Konzentration und Stille von Nöten war. Aber dadurch ließen sich die amerikanischen Postrocker nicht aus dem Konzept bringen. Motiviert bis in die Haarspitzen bauten sie sukzessive ihre monumentalen Gitarrenwände auf und ließen ihre Instrumente - ganz ihrem Bandnamen entsprechend - explodieren bis die Schwarte krachte! Ein Orkan fegte in diesen Momenten über die Köpfe der meist männlichen Besucher hinweg und die harten Burschen auf der Bühne untermalten die Dramatik durch wilde, headbangende Gesten und das Hochreißen ihrer "Waffen". Bei dem kurzgeschorenen blonden Typen in der Mitte hatte man gar den Eindruck, er würde seiner weit unten hängenden Gitarre von oben gewaltig die Fresse polieren. Explosions In The Sky entwickelten live genau jenen Bums und jene Dynamik, die man bei den faulen Säcken von Mogwai schmerzlich vermisst. Texas 3 Schottland 0, so in etwa würde das Ergenbnis zwischen den beiden Vertetern der jaulenden Gitarren in punkto Performance ausfallen.

Aber nicht nur der körperliche Einsatz war tadellos, sondern auch die Präzison und Wucht, mit der die Heißsporne die epischen Instrumentalstücke ihrer Platten live interpretierten.

Dabei hatte ich anfänglich schon ein wenig Sorge, daß den Zuschauern erneut ein Noise-Konzert vorenthalten und stattdessen eine laue Ambientshow vorgesetzt würde. Ich vermisste zunächst ganz einfach die Lautstärke. Machen wir uns mal nix vor, bei einer Show ohne Gesang müssen die Instrumente wenigstens so höllisch laut sein, daß man das Gefühl hat, die Ohren seien von einem geistesgestörten Blauwal vergewaltigt worden. Wenn man nicht mit dem Tinnitus seines Lebens die Halle verläßt, ist irgend etwas schiefgelaufen. Diesbezüglich wurden meine Bedürfnisse wenigstens halbwegs befriedigt. Zwar hätte ich es gerne noch 100 Dezibel lauter gehabt, aber auch so piepsen meine Laucherchen beim Tippen dieser Zeilen zumindest ein wenig.

Aber Explosions in The Sky können glücklicherweise nicht nur brachial, sondern auch schön. Und melodisch. Verblüffend wie sie es schafften, mehrere Gitarren gleichzeitig zum Perlen zu bringen und atemberaubende Klanglandschaften zu errichten. Euphorisiert und regelrecht bekifft von diesen elektrischen Ohrorgasmen schrien ein paar Typen rum wie am Spieß. Immer wenn es dramatisch und ekstatisch wurde (also am Ende der Endlosstücke) stießen sie ihre befreienden Jubelschreie aus. Die Mädchen im Publikum waren da wesentlich zurückhaltender. Ihre Art, den epischen Bombastsound zu genießen, war es eher, mit geschlossenen Augen dazustehen und sich berieseln zu lassen.



So ging das Ganze fast 80 kurzweilige Minuten lang, in denen Stücke des neuen Outputs Take Care, Take Care, Take Care aber auch Einiges vom Vorgänger All Of A Sudden I Miss Everyone und zudem jeweils zwei Songs von The Earth Is Not A Cold Dead Place und Those Who Tell The Truth Shall Die, Those Who Tell The Truth Shall Live Forever (2001) zum Klingen gebracht wurden. Eine Zugabe wurde den Zuschauern jedoch enttäuschenderweise vorenthalten. Ohne noch einmal zurückzukommen, verabschiedeten sich die Amis winkenderweise vom Publikum und ließen ihre Texas-Fahne, aber keine Setlist zurück. Dennoch hat sie ein Zuschauer bei setlist. fm zusammengeschustert bekommen:

Setlist Explosiosn In The Sky, Bataclan, Paris (Quelle: setlist.fm)

01: Yasmin The Light
02: Last Known Surroundings
03: Catastrophe And The Cure
04: The Only Moment We Were Alone
05: Postcard From 1952
06: The Birth And Death Of The Day
07: Your Hand In Mine
08: Let Me Back In
09: The Moon Is Down

Konzerttermine Explosions In The Sky, Mai 2011 (ohne Gewähr):

22.05.2011: Fritzclub, Berlin
23.05.2011: Essigfabrik, Köln
24.05.2011: Ancienne Belgique, Brüssel
25.05.2011: Primavera Sound Festival, Barcelona
25.05.2011: Paradiso, Amsterdam

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* mehr unter dem Tag/Label Postrock



1 Kommentare :

markus hat gesagt…

Explosions In The Sky geben grundsätzlich keine Zugaben bei ihren Konzerten. Das hat mich zugegebenenmaßen bei meinem ersten EITS-Konzert auch irritiert. Wenn man es aber vorher weiss, ist es meiner Meinung nach OK. Dann kann man sich in aller Ruhe auf das Set konzentrieren und ist nachher nicht enttäuscht. Die besoffenen Zwischenrufer ("énergumènes") sind offenbar eine französische "Spezialität". An denen hatte ich, insbesondere bei anderen Postrock-Acts wie Mogwai, schon mehrfach meine zweifelhafte Freude.

 

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