Mittwoch, 4. Mai 2011

Le Prince Miiaou, Paris, 03.05.11


Konzert: Le Prince Miiaou

Ort: le Café de la Danse, Paris
Datum: 03.05.11
Zuschauer: viele, fast ausverkauft (etwa 450)
Konzertdauer: 65 Minuten




Concert epoustoufflant du Prince Miiaou au Café de la Danse. C'était intense, émouvant et très beau. Un set fragile et puissant en même temps. Un triomphe! Quel talent ce Prince Miiaou!!


Den Werdegang einer Musikerin von zartesten Anfängen bis hin zum Bespielen von größeren Indie-Locations mitzuverfolgen ist schon eine spannende Sache. Zumal im Falle der Französin Maud-Elisa Mandeau alias Le Prince Miiaou mit dem Füllen des renommierten Café de la Danse das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist.

Ich hatte Maud-Elisa im Jahre 2008 zufällig beim Konzert ihrer Freundin Marie-Flore kennengelernt. Ganz beiläufig erzählte sie mir, daß sie auch Musik mache und sich freuen würde, wenn ich ihren Songs auf My Space mal ein wenig Gehör schenken würde. "Aber nur, wenn du keine Zeit du verlieren hast", ergänzte sie bescheiden und übertrieben selbstkritisch. Natürlich hörte ich mir ihre Stücke an und war ganz begeistert von dem, was ich da so hörte. Wow, das klang so anders, so neuartig, so eigen! Ich schrieb ihr gleich euphorisch zurück und sagte, daß sie unbedingt auf eine Bühne gehöre. Sie wies mich diesbezüglich in die Schranken und sagte, daß sie nicht vor 2009 in Paris auftreten wolle. Sie habe schlimmes Lampenfieber und müsse damit erst einmal klar kommen. Ich ermunterte sie in der Folge immer wieder und erklärte ihr, daß ich an sie glaube, daß ich unglaubliches Potential bei ihr sehen würde.

Zum damaligen Zeitpunkt hatte sie bereits ein selbstverlegtes Album namens Nécessité Microscopiques (2007) auf den Markt gebracht und auch mir ein Exemplar vermacht. Die Presse begann sich langsam aber sicher für die Blondine zu interessieren, vor allem als ihr zweites Album Safety First 2009 erschien. Die Zeitschrift Les Inrockuptibles hatte früh Blut geleckt und puschte die junge Musikerin mit euphorischen Berichten. Dennoch wollte sich kein Label für Le Prince Miiaou engagieren und das zweite Album, das ebenfalls im Selbstversuch herausgebracht worden war, erfuhr keinen regulären Neu- Release. Mein persönliches Interesse an der Musik von Le Prince Miiaou wuchs im Laufe des Jahres aber immer stärker, denn am 28. März 2009 konnte man sie erstmalig auf einer Pariser Bühne in Aktion sehen. Ich war hin und weg. Man war dieses Konzert stark! Seitdem habe ich sie drei weitere Male live erlebt und ihre Fortschritte waren jeweils deutlich spürbar.

Im Jahre 2011 kam niemand mehr am Prince Miiaou vorbei. Es gab einen regelrechten Medienhype um die junge Musikerin, die inzwischen wieder bei ihren Eltern im ländlichen Ort Jonzac lebt, vielleicht um dort mehr Ruhe zu haben. Alle schrieben sie über diese eigenwillige Person, über ihren ungestümen Charakter, ihren Sturkopf, ihre Blödeleien, ihren Ehrgeiz. Sie sei eine Außenseiterin in der Schule gewesen, konnte man lesen und daß ihre Mutter immer ihre liebe Not und Mühe mit den Launen der Tochter hatte. Die Mitschüler hätten sie gehänselt, sie verspottet, weil sie flachbrüstig war. Der ideale Nährboden, um sich mittels der Musik Luft zu machen. Zorn, der postiv genutz wurde und verstörend -bizarre Songs zum Ergebnis hatte. Inzwischen hat sich auch ein Label gefunden und das dritte Album Fill The Blank With Your Own Emptiness erfuhr insgesamt sehr positive Kritiken.

Heute am 3. Mai 2011 also nun der große Tag. Die neuen Songs und die älteren Stücke mussten live verteidigt werden. Im Café de la Danse, einer Location, in der die besten Indiemusiker überhaupt gespielt haben. Bill Callahan, Bright Eyes, Low, Laura Veirs, Campbell & Lanegan, sie und noch viele andere mehr hatten hier in der Vergangenheit bereits geglänzt.

Um 21 Uhr ging es los, nachdem eine französische Vorgruppe namens Elephant in den Abend eingeführt hatte. Das Café de la Danse war gerammelt voll. Es wimmelte nur so vor Fotografen und akkreditierten Videofilmern. Die Großen der Bloggerszene waren vollständig versammelt. Rod von Le Hiboo, Renaud und Mickey von Le Cargo, Robert Gil von Photosconcerts.com, keiner wollte sich das Spektakel entgehen lassen.

Und die Zuschauer (unter ihnen Troy von Balthazar!) wurden nicht enttäuscht, im Gegenteil. Das Konzert hielt nicht nur, was es im Vorfeld versprach, nein, es toppte noch die kühnsten Erwartungen. Maud-Elisa und ihre männliche Begleitband an Cello, Gitarre und Schlagzeug spielten aus einem Guß und ließen förmlich Funken sprühen. Perfekt ihr Zusammenspiel, hochkonzentriert und dennoch leidenschaftlich ihr Vortrag.

Begonnen wurde mit einem der wenigen französischen Stücke im Repertoire, J'ai deux Yeux. Wobei auch diser Titel nicht zu 100 Prozent auf französisch gesungen wurde, da es einen englischsprachigen Refrain gab. Eine perkussive, melodiöse Nummer, bei der Maud-Elisa zu Beginn ein wenig mittrommelte, bevor sie sich auf ihren Gesang und ihr Gitarrenspiel konzentrierte. Und ihr Gesang hat es wirklich in sich. Sie verfügt über eine äußerst sinnliche, sehnsuchtsvolle Hauchstimme à la Cat Power, die in den explosiven Passagen allerdings wütend, trotzig und furios werden kann. Dieser Wechsel vom Gefühligen hin zum Wilden, Ungestümen, das ist es, was die Französin so faszinierend macht. Die Leute im Café de la Danse, die Maud-Elisa noch nie zuvor live gesehen hatte, staunten Bauklötze, ergötzten sich an der urwüchsigen Energie des schmalen, zierlichen Persönchens, an ihrer Authentizität und Leidenschaft, mit der sie ihre Musik lebte. Und diejenigen, die sie schon öfter gesehen hatten, stellten zufrieden fest, daß auch ihre Gitarrenkünste stabiler und sicherer gworden sind. Maud-Elisa hat nie einen Hehl daraus gemacht, daß sie auf diesem Felde Autodidaktin ist und sich noch verbessern kann.

Bestens geschultert wurde sie durch ihre glänzend aufspielende Band. Vor allem ihr Cellist verdiente sich Bestnoten. Umgemein beeindruckend, wie er sein Instrument auf vielfältigste Weise bearbeitete und zum Schwingen brachte. Er zupfte, strich und zwirbelte auf dem hölzernen Ding herum, daß es eine helle Freude war. Sein Cellospiel trug Maud-Elisas Stimme wie auf Engelsflügeln, steuerte eine melancholische, besinnliche Note bei und bereicherte das Ganze ungemein. So entstand eine ganz eigenwillige Mischung aus Kammerpop, Indierock, Postrock und Chanson, die Le Prince Miiaou so originell macht. Im Grunde genommen ist Le Prince Miiaou mit niemandem vergleichbar, das ist wirklich Maud-Elisas ganz eigene Schöpfung. Sie hat sich alles selbst beigebracht, einfach zu Hause bei sich drauflosgespielt, (teilweise wirre) Texte geschrieben und sogar eigene Amateurvideos gedreht. Beispielsweise zu ihrem Song Football Team, den man auf dem zweiten Album Safety First finden kann. Das Stück brachte sie heute abend an fünfter Stelle und es war eines der großen Highlights des Sets. Wie immer setzte sie sich hierzu eine Skibrille verkehrt rum auf, stülpte einen roten Vorhang über ihre schmalen Schultern und hüpfte rum wie eine Wilde. Inhaltlich geht es darum, daß sie sauer darauf ist, daß die Jungs sie nicht beim Fußball mitspielen lassen wollen, weil sie so dürre Beinchen hat und ein Mädchen ist. "They don't want me in their football team" heißt es im Refrain, den sie mit voller Inbrunst sang. Das Stück verfügt über eine formidablen Gitarrenpart und postrockige Elemente und gefiel dem Publikum so gut, daß ein Typ begeistert ausrief: "c'est mieux que le foot", das ist viel besser als Fußball! Recht hatte er, Football Team war wirklich der volle Hammer!



Sensationell dann auch No Compassion Available. Ein bizarrer, verstörender, hochdramatischer Song, der von französischem Sprechgesang bestimmt ist, langsam beginnt und sich im Verlaufe wahnwitzig steigert und verdichtet. Am Ende herrscht die völlige Extase, explodiert die gesamte Spannung die vorher aufgebaut wurde, pfeift Maud-Elisa wie ein Schiedsrichter mit einer Trillerpfeife rum, während sich ihr Cellist in einen regelrechten Rausch fiedelt. Erzählt wird die höchst seltsame Geschichte (eine Art Anleitung zum Nachmachen), wie eine junge Frau ihren Körper mit Wasser füllt, von den Beinen anfangend bis hin zum Kopf. Der Mund bleibt hierbei geschlossen, so daß die Frau am Ende in Ohnmacht fällt und als sie wieder aufwacht, ist sie völlig leer. Fast gruselig, aber wahnsinnig emotional und absolut packend. Ich zitterte am ganzen Körper, nachdem die letzten Noten verklungen waren!



Auch die Schlußphase äußerst mitreißend. Zu Turn Me Off blies Maud-Elisa in eine kleine Flöte. Die Passage wurde aufgenommen und später wieder reingesampelt, so daß ein afro-angehauchter Stimmungssong entstand, der vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Bei We Both Wait dominierten dann knarzige, indierockige Gitarren und ein explosives Schlagzeug. Die Band verließ im Anschluß unter donnerndem Applaus die Bühne.

Ein paar Minuten später kam Maud-Elisa alleine zurück und wagte sich an klassisches französisches Liedgut von Francoise Hardy ran. Sie erklärte zur Einleitung, daß sie ja nun das offizielle Konzert gemeistert habe und nun bei den Zugaben ohne Druck aufspielen könne. Zunächst war ich skeptisch, ob das Lied Tous Les Garçons Et Les Filles nicht eine Nummer zu groß für die junge Musiker sei, wurde dann aber eines Besseren belehrt Der Chanson begann klassisch und relativ originalgetreu, verwandelte sich gegen Ende dann aber in einen postrockigen Schocker der besonderen Art. Würde mich interessieren, was Françoise dazu sagen würde, wenn man ihr diese fulminante Version vorspielen würde! Sensationell!

Obendraufgepackt wurde noch Frénésie Horizontale vom ersten Album, ebenfalls ein Abräumer vor dem Herrn, der das Publikum staunend und völlig perplex zurückließ. Minutenlang wurde der Wahnsinnsauftritt gefeiert und hinterher war man sich einig darüber, daß man hier ein Riesentalent gesehen hatte, das definitiv das Potential hat, zumindest ein nationaler Star zu werden. Das Olympia ist drin, darauf kann man locker wetten!

Wow!!!!!!!!!!!!!!

Setlist Le Prince Miiaou, Le Café de la Danse, Paris:

01: J'ai Deux Yeux
02: Be Silent
03: I Don't Know My Name
04: I Love Nobody
05: Football Team
06: Hollow Hero
07: No Compassion Available
08: Fill The Blank With Your Own Emptiness, Part 2
09: Turn Me Off
10: We Both Wait

11: Tous Les Garçons Et Les Filles (Francois Hardy)
12: Frénésies Horizontales

Aus unserem Archiv:

Le Prince Miiaou, Paris, 10.03.10
Le Prince Miiaou, Paris, 30.01.10
Le Prince Miiaou, Paris, 03.10.09
Le Prince Miiaou, Paris, 28.03.09




1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

So euphorische Berichte sind mir die liebsten :-)

Merci, Oliver!

Uschi A. aus P.

 

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