Freitag, 27. Mai 2011

Suicide, Barcelona, 26.05.11


Konzert: Suicide
Ort: Primavera Sound Festival, Barcelona
Datum: 26.05.2011
Zuschauer: erstaunlich viele
Dauer: knapp 60 min


Das Programm des ersten Festivaltages war für mich eigentlich klar. P.I.L. und Interpol waren gesetzt, den Rest würde mit mir nicht so wichtigen Acts aufgefüllt. Im Vorfeld hatte mich die parallele Ansetzung von Interpol, Caribou und Suicide zwar geärgert, ich hatte aber nie ernsthaft gedacht, Interpol zu streichen. Kurz vor Beginn dann aber doch die Änderung: Interpol ist öfter, Suicide sieht man vielleicht nie wieder.

Mein Wissen über die New Yorker Urpunks war vage. Alan Vega, den Sänger, kenne ich seit Jahren, weil eines meiner Lieblingslieder aus der ersten Indiephase Jukebox Baby war. Ich hatte jahrelang versucht, eine spezielle Version dieses Stücks aufzutreiben und dabei vieles von Alan Vega zusammengekauft. Mit Suicide hatte ich aber nichts am Hut.

Gegründet wurde die Band von vierzig Jahren von Alan Vega und Martin Rev(erby). Die beiden sind der Legende nach die erste Band, die ihre Musik als "Punk" bezeichnete. Als 1977 ihr erstes Album, das originellerweise Suicide heißt, war das Duo mitten in der aufstrebenden New Yorker Punkszene. Von Bands wie den
Ramones unterschieden sich Suicide vor allem in der Instrumentierung, sie waren nämlich gleichzeitig Pioniere des Elektropunk. Anfangs spielte Martin Rev noch Orgel, heute ist es ein Keyboard, am rohen, elektronischen Sound hat sich wenig geändert.

Als die beiden auf die riesige Bühne kamen, dachte ich erst, Claude-Oliver Rudolph vor mir zu haben. Alan Vega könnte der Vater des Schauspielers sein, er glich ihm sehr. Der Sänger trug eine Flammen-Wollmütze, stellte sich hinter einen Notenständer und sagte irgendwas, was mit Achtfach-Echo zurückhallte. Die beiden begannen dann ihr Set streng nach Tracklist des Albums.

Auf dem Primavera hatten ja einige Bands eines ihrer Alben gespielt, angekündigt als "xy performs irgendwas." Bei Suicides Debüt hieß es nur "Suicide performs first LP." Ich hatte erst vermutet, "Suicide performs Suicide" sei den Veranstaltern zu heikel gewesen, weil trotz des sprachlichen Fehlers vielleicht jemand auf dumme Gedanken
gekommen wäre. Dann lernte ich aber, daß auch das zweite Album Suicide heißt und die Bezeichnungsprobleme daher rührten.

Suicide spielte sich also durch ihr Album, was dann so aussah, daß Alan Vega ins Hallmikro kläffte und schrie, während Martin Rev zunächst immer (die einfachen) Keyboardparts klimperte, um am Ende der Lieder nur mit beiden Fäusten auf die Tasten zu hauen!

Wer behaupt, daß das Konzert ein Vergnügen war, lügt! Es war anstrengend und sperrig. Sich dem eine Stunde auszusetzen, kostete manchmal Überwindung. Aber es war trotzdem sehenswert, da gibt es keinen Widerspruch! P.I.L. soll auf dem Primavera schlimm gewesen sein, Suicide waren irgendwie aufregend. Und erstaunlicherweise würde der Großteil der Leute, die noch nie von ihnen gehört haben, glauben, wenn man behaupten würde, daß das der neueste Schrei (haha!) der New Yorker Postmath-Szene wäre. Denn wie so viele andere klingen Suicide verdammt zeitlos.

Setlist Suicide, Primavera Festival, Barcelona:

01: Ghost Rider
02: Rocket U.S.A.
03: Cheree
04: Johnny
05: Girl
06: Frankie Teardrop
07: Che

08: Dream baby dream (Z)



3 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Du hast Interpol ausfallen lassen?! Das ist doch die einzige interessante Band beim Primavera!

Julius hat gesagt…

Christoph und ich haben Arbeitsteilung praktiziert, ich war bei Interpol, Bericht folgt.

Oliver Peel hat gesagt…

Da bin ich auf deinen Bericht gespannt, Julius. Habe heute Leute in Paris getroffen, die auch auf dem Primavera waren. Die einen sagten, Interpol seien mies gewesen, die anderen sprachen von einem hervorragenden Konzert...

 

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