Konzert: Sophie Hunger
Ort: vor dem Hôtel de Ville (Rathaus), Paris, Festival Fnac live
Datum: 21.07.2013
Zuschauer: etwa 15.000
Konzertdauer: gescätzte 45-50 Minuten
Jedes Mal das Gleiche vor einem Sophie Hunger Konzert. Ich frage mich, warum ich ihre Musik und vor allem ihre Liveauftritte so mag. Ist das nicht zu jazzig, soulig, bluesig für mich? Ist das nicht zuviel Variété, Chanson, Mainstream?
Während und nach ihren Konzerten habe ich dann immer ganz andere Gedanken, die mir durch den Kopf schwirren. Wow, ist die Frau atemberaubend gut! Oder: "Mann, hat Sophie Hunger eine famose Band am Start!" Und auch: "wie kann eine so schüchtern wirkende Frau solch energiegeladene, hochemotionale Auftritte hinlegen?"
Auch heute, an diesem wahnsinnig heißen 21. Juli, dem Tag der Ankunft der letzten Tour de France Etappe (was für ein Chaos in der Stadt!) erging es mir ganz genauso. Wieder war ich total begeistert von der Ausstrahlung, der Klasse, der Professionalität, der unglaublichen Eleganz der Schweizerin. Sie spielt einfach in einer ganz hohen Liga, das wurde erneut deutlich.
Vor und nach ihr traten vor dem wunderbaren Hôtel de Ville bei diesem Gratisfestival "Fnac live" teils schreckliche französische Chansonsänger auf, aber das Set von Hunger und ihrer Band durfte man nicht versäumen. Da passte wieder alles zusammen. Der mal fragile, mal kraftvolle Gesang von Sophie. Das perfekte Zusammenspiel von Trompete/Posaune (wer war bloß dieser bärtige Musiker?), Cello, Piano, Gitarre und Schlagzeug. Die Songs, die mit einer enormen Wucht, aber auch einer verblüffenden Präzision dargeboten wurden. Die liebevolle Kommunikation mit dem Publikum, die freilich zeitbedingt etwas kürzer als sont üblich ausfallen musste. Selbst für die ansonsten immer so extensive Vorstellung aller Bandmitglieder blieb keine Zeit. Stattdessen wurden verstärkt die kraftstrotzenden Songs ausgepackt und bis auf das Noir Desir Cover Le Vent Nous Portera die Baladen in der Schweiz gelassen. Schon der Opener The Fallen hatte ordentlich Druck auf der Leitung, bevor mit 1983 sogar ein deutsches Lied zum Vortrage kam. Holy Hells und My Oh My vom neuen Album durften auch nicht fehlen, bevor dann im letzten Drittel alle Zügel gelockert wurden und die Band drauflos gallopierte. City Lights Forever war noch immer der funkelnde Indierocker, der mir früher schon immer prima gefallen hat, Like Like Like dann ein Lied zum Mitsingen ("Lalalalala, I'd like to see you"), bevor das Fischer Cover Speech über alle Maßen mitriss. Diese prickelnde, hochdynamische Hymne hat bei mir noch nie ihre Wirkung verfehlt und auch heute kostete ich wieder diesen Bildhübschsong bis zur letzten Sekunde aus. Das sind dann Momente, in denen man sich wünscht, der Titel würde nie verstummen.
Aber schrecklicherweise probte die Band danach schon den Abgang und auch Sophie sagte winkend: "bonne soirée", ein eigentlich untrügliches Zeichen für das Ende der Veranstaltung. Irgendwer muss ihr dann aber noch am Bühnenrand gesagt haben, daß doch noch ein wenig Zeit verbleibt, woraufhin sich die Blondine mit den roten Stöckelschuhen ihre Akustische griff, mit viel Schmiss in die Saiten haute, an ihnen riss und das reduzierte Hotel Belfort ganz alleine performte. Die Zuschauer waren sprachlos, ein Typ neben mir sagte: "die Frau ist ein Genie!" Muss wohl was dran sein, ansonsten könnte sie mich noch nicht in schöner Regelmäßigkeit so dermaßen wegblasen, oder?
01: The Fallen
02: 1983
03: Holy Hells
04: My Oh My
05: Le Vent Nous Portera (Noir Désir Cover)
06: City Lights
07: Like Like Like
08: Speech (Fischer Song)
09: Hotel Belfort
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1 Kommentare :
Lieber Oliver, mir geht es mit der Frau genauso - eigentlich schrammt sie in mehreren Punkten an meinem Beuteschema vorbei, aber live ist sie unfassbar gut! Schön, dass es in Paris mal wieder geklappt hat.
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