Montag, 24. Februar 2014

Warpaint, Köln, 23.02.14


Konzert: Warpaint
Ort: Live Music Hall, Köln
Datum: 23.02.2014
Dauer: Warpaint knapp 85 min, All We Are 35 min
Zuschauer: etwa 1.200 (vermutlich ausverkauft) 



Das zweite Konzert der kalifornischen Band Warpaint in Köln sollte ursprünglich im vergangenen November im schönen Gloria stattfinden, wurde dann aber ins neue Jahr und schlimmer in die Live Music Hall verlegt. Der spätere Termin war dabei im Nachhinein ein Segen, weil ich eine Weile brauchte, um die neuen Stücke, die Warpaint teilweise bereits seit dem Spätsommer live spielt, richtig zu mögen. Anfangs waren mir dabei zu viele Keyboards und zu wenige Gitarren involviert. Und die Vorstellung, Warpaint-Stücke ganz ohne Gitarren zu mögen, erschien mir vollkommen abwegig.


Als im Januar das neue Album Warpaint erschien, brauchte ich eine Gewöhnungsphase. Es dauerte zwei, drei Hördurchgänge, bis ich die Platte als durchgängig fabelhaft erkannte. Seitdem höre ich kaum etwas anderes und muß mich schon zweingen, auch anderen Lieblingen wieder etwas Zeit zu widmen. Also ein guter neuer Termin. Zumal ich die Absage im November als Ausrede für eine Fahrt zum schönen Crossing Border Festival in Den Haag zwei Wochen später nutzte.

Die Live Music Hall kann ich leider aber nicht schönreden.

Wir waren früh da, die neuen Kölner Anfangszeiten gelten auch in der Halle in
Ehrenfeld. Also begann der Support All We Are aus Liverpool pünktlich um acht. All We Are sind Absolventen des Liverpool Institute for Performing Arts und bestehen aus dem Brasilianer Luis Santos (Gitarre), der norwegischen Bassistin Guro Gikling und dem Schlagzeuger Rich O'Flynn, den ich wegen seines Akzents für einen Schotten hielt, der aber aus Irland stammt. Ähnlich gemischt wie die Herkunft der Musiker waren ihre Lieder, wobei der rote Faden (wie mein Nachbar treffend feststellte) die gemeinsame Vorliebe der Eltern der drei für die Bee Gees zu sein schien. Mir gefielen das erste und das letzte Lied von All We Are sehr gut, dazwischen war es mir zu - ich weiß es gar nicht genau, es fesselte mich aber nicht recht. Da ich keine Setlist kenne, weiß ich leider auch nicht, wie die tollen Stücke hießen, vermutlich begegnen wir uns aber irgendwann wieder.


Um kurz nach neun kamen Warpaint zum Introstück ihres neuen Albums (namens Intro) auf die Bühne, zu den ersten Takten, in die die Musikerinnen dann einstiegen. Intro geht über in Keep it healthy und bildet auf Platte gemeinsam mit dem dann folgenden Love is to die eine sagenhaft homogen klingende Einheit und einen der besten Einstiege in ein Album seit langer Zeit (vielleicht seit den ersten paar Basstönen von The Organs Grab that gun, dem besten Schallplattenbeginn aller Zeiten*). Live folgte leider Hi auf Keep it healthy. Leider nicht, weil das Lied nichts tauge, leider, weil damit diese wundervolle Dreierkombination aufgebrochen war. Bis ich die zu hören bekomme, muß ich dann wohl bis zu "Warpaint performs Warpaint" in zehn Jahren beim Primavera Festival warten.


Ich habe die neue Platte mittlerweile so intus, daß die neuen Stücke zwischen alten Lieblingen keinerlei Bruch erzeugen. Das gilt auch umgekehrt. Also können Warpaint bei der Auswahl der Songs bei mir nichts falsch machen. Natürlich habe ich Lieblinge und auch Lieder, die nicht ganz so große Lieblinge wie die anderen sind (ok, da fällt mir eigentlich am ehesten Biggy ein), es ist mir aber reichlich egal. Warpaint sind für mich immer mehr eine Sound- als eine Liedband geworden, ws ich erklären muß, weil es ein wirrer Gedanke ist. Ich denke, ich hätte mittlerweile genauso großen Spaß an einem Konzert der vier Amerikanerinnen, wenn sie ein einziges Stück in Konzertlänge spielten. Elephants, die letzte Zugabe, ist eines dies Lieder, die die Band live immer wieder variiert und irre lang spielt. Schlagzeugerin Stella hatte mir in einem Interview einmal bestätigt, daß diese Improvisationen (bzw. Experimente) wichtiger Bestandteil ihrer Konzerte seien. Sie wollten nicht zweimal gleich klingen. Und auch wenn ich Elephants schon mehrfach verlängert gehört hatte (andere Stücke auch), war die heutige Version wieder anders lang (und zog sich über gut zehn Minuten). Irgendwann nach dem ersten Applaus gab es nur noch einige leise Gitarrenklänge, die nach Ausplätschern klangen, dann nahm das Lied wieder Fahrt auf, es war eine grandiose Variation des Stücks!

Auch einige andere Titel bekamen (wie das Autodeppen wohl nennten) ein Facelifting. Love is to die hatte einen anderen Mittelteil, Undertow hatte einen neuen Beat und mündete in einem irren Krach, während bei meinem Immernochliebling Billie Holiday die Mitte, bevor der Refrain letztmals einsetzt, komplett anders war. Ob der andere Bass bei Undertow und alles bei Billie Holiday allerdings komplett so geplant waren, kann ich nicht beurteilen. Dafür stand ich zu weit hinten. Bassistin Jenny Lee Lindberg war krank. Die Band hatte vor ein paar Tagen bei Facebook Fotos mit Mundschutz gepostet, Jenny hatte eine Grippe. Bei Billie Holiday verließ sie wohl aufgelöst die Bühne, kam dann aber wieder und verbrachte den Rest des Konzerts sitzend. Die Bassistin (in die nicht nur Swim Deep verliebt ist - "wishing Jenny Lee Lindberg was my girlfriend") quälte sich durch. Ihrem Zustand fiel aber mindestens ein Lied auf der Setlist zum Opfer. Drive von der neuen Platte sollte noch gespielt werden, wurde aber gestrichen. Auch war die Disco/very Version als letztes Stück sehr kurz. Ich hatte schon nicht mehr mit Zugaben gerechnet.


Daß Bees und Elephants dann eine Konzertverlängerung von gut fast 20 Minuten bedeutete, kann man der Band mit Grippe in den Knochen nicht hoch genug anrechnen. Es war viellicht nicht mein bestes Warpaint-Konzert (die Auswahl ist ja mittlerweile auch groß, es war mein zehntes). Aber es war wieder anders als die vorherigen. Und selbst die Live Music Hall hat es mir nicht verleiden können. 


Bei meinem ersten Warpaint Konzert 2010 (bei dem sie eine von zwei Vorgruppe waren und leider lange vor unserer Ankunft angefangen hatten) war ich bereits sicher, eine künftige Lieblingsband gesehen zu haben. Das wird Warpaint noch eine ganze Weile bleiben.

Setlist Warpaint, Live Music Hall, Köln:

01: Intro
02: Keep it healthy
03: Hi
04: Composure
05: Love is to die
06: Biggy
07: Feeling alright
08: Billie Holiday
09: Undertow
10: No way out
11: Disco/very

12: Bees (Z)
13: Elephants (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Interview mit Warpaint, Haldern, 13.08.11
- Warpaint, Den Haag, 16.11.13
- Warpaint, Larmer Tree Gardens, 31.08.13
- Warpaint, Rüsselsheim, 20.07.12
- Warpaint, Rüsselsheim, 20.07.12
- Warpaint, Prag, 10.07.12
- Warpaint, Lüttich, 05.07.12
- Warpaint, Haldern, 13.08.11
- Warpaint, Köln, 28.06.11
- Warpaint, Amsterdam, 19.06.11
- Warpaint, Barcelona, 28.05.11
- Warpaint, Frankfurt, 11.11.10
- Warpaint, Paris, 06.11.10
- Warpaint, Brüssel, 16.05.10


* auch zukünftig.



8 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Vorband 350 Minuten - beeindruckend! :-P

dab hat gesagt…

"wishing Jenny Lee Lindberg was my girlfriend" - ist meines Wissens nach nicht von Summer Camp sondern von Swim Deep (Song "King City")

Christoph hat gesagt…

Ja, natürlich! Ich verwechsele die immer. Danke!

Shore hat gesagt…

Verstehe das gebashe gegen die Live Music Hall nicht. In Köln gibt es wenige Hallen, die so gut klingen und in denen man fast immer einen guten Sound bekommt.
Und Biggy ist fast mein Lieblingssong auf der neuen Platte^^

Nelle hat gesagt…

Das war dann jetzt die dritte Bandverwechslung binnen 24 Stunden, oO. ;-)

Den Sound der LMH find ich auch seit jeher gut. Das war's dann aber weitestgehend. Zum Glück war es kein Samstagskonzert, bei dem die Band abgewürgt und das Publikum rausgejagt wird, damit danach noch die tolle Paaarty stattfinden kann.

Anonym hat gesagt…

Ich war zuvor noch nie in der Live Music Hall gewesen, hatte aber mitbekommen, dass sich viele Konzertgänger immer mal wieder über den vermeintlich schlechten Sound dort aufregen und habe das zunächst als Übertreibung abgetan... Nun bin ich schlauer: Den Sound fand ich tatsächlich auch sehr enttäuschend! Vielleicht stand ich in der geschätzt zehnten Reihe auch zu weit vorne, man weiß es nicht. Sicher ist jedenfalls, dass ich diese Konzertlokalität in Zukunft meiden werde. Im Nachhinein ist es für jemanden, der sich die Karte damals für den Termin Anfang November im Gloria geholt hat, natürlich ernüchternd. Die Masse an Leuten, der dürftige Klang und dann auch noch unglücklicherweise die Angeschlagenheit der Bassistin ließen nicht nur Emily Kokal an das wunderschöne Sommerkonzert in der Kulturkirche vor fast drei Jahren zurücksehnen...

Anonym hat gesagt…

Ich stand eigentlich optimal genau in der Mitte, nicht zu weit vorne oder hinten, aber selbst dort war der Sound enttäuschend. Wie auch eigentlich ca. die ersten 2/3 des Auftritts enttäuschend waren, während dessen die Band seltsam befangen schien, besonders bei den neuen Songs. Denen fehlte es Sonntag abend an Flow, an Überraschungen, Variationen. Wie gut Warpaint wirklich sein können, erschloss sich mir eigentlich erst im letzten Drittel.

Anonym hat gesagt…

So war auch mein Eindruck, All we are waren richtig richtig gut und Warpaint hat recht lange gebraucht um auf ein ähnliches Level zu kommen. Die erste Hälfte war echt eher seltsam, viele böse Blicke Richtung Mann am Pult rechts auf der Bühne, offenbar massig Probleme mit Lautstärken (Monitor Sound? Im Publikum fand ich es jetzt nicht so schlimm)... das wirkte ziemlich zickig irgendwie speziell von Jenny. Aber die hatte ja einen guten Grund für Verstimmungen.

Nachher fand ich es super, und auch Emily hat gegen Ende des Abends ihre Stimme nochmal richtig ausgepackt und großartig gesungen.

Ich glaub es wurde bei All we Are mehr getanzt als bei Warpaint, gefühlt würde ich auch sagen die haben den Groove einfach besser ausgepackt als die vier Mädels nachher. War vielleicht nicht der beste Auftritt. Ich fands dennoch gut und würde mir das jederzeit wieder geben. Emily ist ja echt sehr cool... "one at a tiiiime" lach...

 

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