Montag, 28. Februar 2011

Konzertankündigung für Paris, 09.05.11: Wie würden sie entscheiden?

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Konzertankündigung für Paris
Datum: 09.05.11
Wie würden sie entscheiden?



So, hier mal wieder ein Beitrag aus unserer beliebten Reihe: Mehrere gute Konzerte gleichzeitig, wo muss ich hin?


Es ist wirklich verflixt! Am 9. Mai 2011 treten am gleichen Abend, allerdings in unterschiedlichen Locations, drei meiner Lieblingsmusiker auf. Eine solche Ballung hochklassiger Shows kennt man ja eigentlich nur von London, aber auch Paris macht im Mai auf hochdynamisch und so bleibt es nicht aus, daß Konzertsüchtige wie ich in der mißlichen (beschissenen) Lage sind, sich für ein und somit auch gegen zwei andere Konzerte zu entscheiden.

Was steht an?

Sufjan Stevens im Olympia:

Sein letztes elektronisches Album The Age of Dingenskirchen ist seltsam und ich hätte gerne eine Gebrauchsanleitung, wie man aus diesen Soundcollagen ein Meisterwerk heraushören will. Ob die Kritiker, die diese Platte mit Sternen überschüttet haben, das Ding wirlich oft bei sich laufen lassen? Sei's drum, denn uns auf dem Konzerttagebuch interessieren eh die Liveshows viel mehr als Musik aus der Konserve. Wie wird Sufjan das elektronische Gefrickel umsetzten können? Ist das ein Konzert, das man nicht verpassen darf? Karten sind ab heute früh (28. Februar) im Handel und werden sicherlich sehr schnell ausverkauft sein.

Alela Diane, La Cigale:

Na was darf man denn von der guten Alela (auf dem Foto rechts) erwarten? Achselhaare und Folksongs zum Wegschnarchen wie Lästerer behaupten, oder eine charmante Show gespickt mit (hoffentlich) vielen guten neuen Songs und alten Klassikern? Und wie lang sind ihre (Kopf)- Haare bis dahin gewachsen? Auch sehr wichtig, sind sie doch Indikator ihrer psychischen Vefassung. Ihre Mähne musste sie damals ganz kurz scheren lassen, weil ihr stressbedingt die Haare büschelweise ausgefallen sind. Hat mir ihr Vater persönlich erzählt. Tom Menig heißt der Kerl und er spielt auch in der Band seiner Tochter. Hach, das wird bestimmt schön werden!

Scout Niblett, Café de la Danse:

Scout ist eine meiner Lieblingsmusikerinnen. Frech wie Dreck, dabei aber immer spitzbübisch, liebenswürdig und launisch wie mein Kater, wenn er Hunger hat. Bei ihr muss man mit allem rechnen, mit einer genervten, dahingerotzten Show, oder einem engagierten mitreißenden Konzert, mit dem sie einen an die Wand nagelt. In der Frau schlummert ein Vulkan, aber gleichzeitig auch ein albernes Mädchen, das keineswegs aussieht wie 38. Ich würde sie mindestens 10 Jahre jünger schätzen, aber saftiger Rock hält halt eben frisch.

Also, wo muss ich denn jetzt hin??





Sonntag, 27. Februar 2011

Band Of Horses, Paris, 26.02.11

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Konzert: Band Of Horses

Ort: La Cigale, Paris
Datum: 26.02.2011

Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: satte 2 Stunden!


Wow, was für ein Knaller!!! Die Band Of Horses hat in Paris ein Hammerkonzert aufs Parkett gelegt, an daß sie sich selbst wahrscheinlich für immer erinnern wird.

Die Cigale, ein legendärer, sagenumwobener Ort, eine Location, die mir die unfassbarsten Konzerte beschert hat. Unvergessen die Show der kultigen Post Punk Band Gang Of Four vor über vier Jahren. Der in die Jahre gekommene Sänger Jon King verausgabte sich bis aufs Letzte, lag zwischen den Songs nach Atem ringend auf dem Boden und peitschte die Fans in den ersten Reihen regelrecht auf. Die totale Extase. Alela Diane (Foto rechts) rührte die Pariser im März 2008 mit ihrer festen Stimme, ihrem charmanten Lächeln und ihrer natürlichen Erscheinung zu Tränen und Beth Ditto und ihre Band Gossip rammten mich im November 2007 ungespitzt in den Boden. Was sich bei diesem Konzert abspielte war einfach unbeschreiblich, weibliche Fans die die Bühne stürmten, Beth herzten und küssten und eine bis in die Haarspitzen motivierte Frontlady, die sich die Seele aus dem Leib schrie. Denkwürdig auch der Auftritt der Pariser Sensationsband Syd Matters 2008, die mir die wundervollsten Gefühle bereiteten und ein atemberaubend schönes, intimes und bewegendes Konzert ablieferten.

Und nun heute die Band Of Horses. Grandios, gigantisch, orgasmisch, episch, einfach sagenhaft. S-A-G-E-N-haft! Ben Bridwell und seine Kumpels strotzten nur so vor Spielfreude, waren bestens aufgelegt, kommunzierten toll mit dem famos mitgehenden Publikum und hauten einen Hit nach dem anderen raus. Die Stimme von Ben: eine Weltsensation. Sie ging mir durch Mark und Bein. Die Gitarren: saftig, krachend, hochmelodisch. Das volle Brett. Das Schlagzeug: wuchtig und explosiv. Die Keyboardparts: melancholisch, hypnotisch, einschmeichelnd. Die Stimmung in der Cigale: kaum zu toppen. Der alte Theatersaal kochte, die Fans waren außer sich. Die überglückliche Band Of Horses bedankte sich tausendfach und aufrichtig gerührt für die sensationelle Untersützung und hinterher sah ich noch alle Bandmitglieder vor dem riesigen Tourbus. Der schnauzbärtige Bassist sprach von der besten Show ever, der dicke Keyboarder sagte zu amerikanischen Landsleuten, daß er so eine Stimmung noch nie erlebt habe, der baumlange ( 2 Meter??) und wahnsinnig nette Gitarrist Tyler Ramsey war ebenfalls total aus dem Häuschen. Und Oberhorse Ben Bridwell? Der ließ sich mit dem Duschen wahnsinnig viel Zeit und kam eine geschlagene Stunde später (!!) als seine Bandkollegen zum Bus gelatscht. Trotzdem hatten viele (vor allem weibliche) Fans geduldig und vor Kälte bibbernd auf ihn gewartet, worauf er wie folgt reagierte: Er hielt die Hände vor die Augen, rannte Richtung Straße (vielbefahren!) und legte sich flach auf den Boden, als wolle er sich unter ein Auto werfen. Ein paar Mädels schrien vor Entsetzen, aber schon kurze Zeit später stand Ben auf und ging breit grinsend zu seinen Fans, schrieb fleißig Autogramme, ließ sich Abknipsen, gab mir die Hand und unterhielt sich mit mir über die vorhergehenden Shows in Paris ("Maroquinerie was great"), um abzuschließen: "Today was the best show, it was really really special. A magical night, thanks to you guys. Thank you so much."

Morgen geht es zurück nach Amerika, Paris war die letzte Station der Europa-Tour. Für diese Show hatten sie die allerletzten Kräfte mobilisiert.

Setlist Band Of Horses, La Cigale, Paris:

01: Bats
02: Ode To LRC
03: Islands On The Coast
04: NW Apt.
05: Blue Beard
06: Compliments
07: Factory
08: Cigarettes, Wedding Bands
09: Marry Song
10: Part One
11: The General Specific
12: Mirage Rock
13: Dilly
14: Older (written and sung by Ryan Monroe)
15: No One's Gonna Love You
16: Is There A Ghost?
17: The Great Salt Lake
18: Monsters
19: Am I A Good Man? (Them Two Cover)

20: Evening Kitchen (written and sung by Ben Bridwell & Tyler Ramsey)
21: Infinite Arms
22: The Funeral

Photos: Archivbilder. Aktuelle Pics in Kürze, dann auch ein längerer Bericht.

Band Of Horses, Köln, 15.02.11
Band Of Horses, Paris, 30.08.10
Band Of Horses, Paris, 27.08.10
Band Of Horses, Paris, 08.04.10
Band Of Horses, Paris, 28.02.08

Band Of Horses, yeah baby!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!




Samstag, 26. Februar 2011

Allo Darlin' & Please Don't Blame Mexico & La Féline & The Airborne Toxic Event, Paris, 25.02.11

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Konzert: Allo Darlin' & Please Don't Blame Mexico & La Féline & The Airborne Toxic Event

Ort: la Flèche d'or, Paris

Datum: 25.02.11

Zuschauer: mittlerer Andrang, etwa 250

Konzertdauer: pro Band rund 40 Minuten



Ich habe vor diesem Konzert darüber nachgedacht, wie Musiker und auch das Konzertpublikum mit emotionalen Tages- Schwankungen umgehen.


Wie ist das eigentlich, wenn eine Band fröhliche, stimmungsvolle Musik macht, am Tage des Konzertes aber hundemüde und eher niedergeschlagen ist? Geht man dann trotzdem raus, setzt ein breites Grinsen auf und tut so, als könne man die ganze Welt umarmen? Oder spult man das Programm ein wenig lustlos runter und hofft, daß die Leute das nicht so merken?

Und ist es nicht leichter, traurige und langsame Musik zu schreiben, so daß man sich nicht verstellen muss, wenn man schlapp und ausgebrannt ist?

Ähnliche Fragen für die Konzertgänger. Was wenn man eigentlich Bock auf saftigen, lauten Rock hat, genau an dem Tag an dem man ein niedliches softes Twee Pop Konzert gebucht hat? Stellt man sich dann vor die Bühne und sagt: "oh guck mal wie putzig und charmant?!" Oder denkt man innerlich: " Metallica (auf dem Foto) oder Slayer, das wär's jetzt?

Auf den heutigen 25. Februar 2011 bezogen. Ich hatte eigentlich Bock auf laute, fies jaulennde Gitarren und hörte auf dem Weg zur Location in der Metro Queens Of The Stone Age und Foo Fighters auf meinen Kopfhörern. Verzweifelt suchte ich nach Slayer, aber die hatte ich komischerweise nicht auf meinem I-pod. Angel Of Death wäre so geil gekommen. Zu dumm nur, das heute vor allem mit Please Don't Blame Mexico und Allo Darlin' eher Süßwarenpop als Metal auf dem Programm stand.

La Féline - Mystery Train from marthetmartin on Vimeo.



Aber los ging es erst einmal mit der Französin Agnès Gayraud aka La Féline. Ein großgewachsenes brünettes Mädel mit E-Gitarre und schöner Stimme. Sophie Marceau mit Jane Birkin Kehlchen. So in etwa. Ich hatte sie vor ein paar Monaten schon einmal im Trois Baudets gesehen und war nicht 100 % überzeugt von ihr. Heute aber gefiel sie mir ausgezeichnet. Zusammen mit zwei männlichen Bandmitgliedern am Synthesizer und am Schlagzeug zelebrierte sie sinnlichen, melancholischen und melodieverliebten Gitarrenpop, abwechselnd auf englisch und französisch vorgetragen (und zwar oft innerhalb des gleichen Liedes!). Es war zum mit der Zunge schnalzen! Ihr Songmaterial war variabel und entsprach ziemlich genau ihrer stilistischen Selbsteinschätzung auf Myspace: Folk Rock, New Wave, Pop. Von allem etwas. Blondie, Blonde Redhead, Calexico, François Breut, Stereolab, Metric, verschiedenste Einflüsse vermengten sich und ergaben eine prickelnde Mischung, die mit viel Authenzität dargeboten wurde. La Féline hat zwei EPs auf ihrer Habenseite, Wolf & Wheel ist davon der letzte Output.



10 Minuten später machten sich die Australier/Engländer Allo Darlin' bereit. Deren australische Sängerin schien vom Touren müde und kauerte eine ganze Weile auf der Bühne, bevor es losging. Sie hatte sich ihrer Schuhe entledigt und performte auf weißen Strümpfchen, die Löcher hatten und den Blick auf einen rotlackierten Zehennagel freigaben.

Ein Wirbelwind mit Ukulele, diese Elizabeth, die heute aber zu kämpfen hatte. Der Tourbus der Band war kürzlich zu Schrott gegangen und die Sorgen um das finanzielle Heil, schienen ihr zuzusetzen. Dennoch- und das ist ihr sehr hoch anzurechnen-, gab sie ihr Allerletztes, hopste auf den Zehenspitzen, wirbelte hin und her und gab so dem Publikum was es erwartete: Entertainment, gute Laune, Stimmung. Und hier sind wir beim oben angerissenen Thema. Wie fühlt es sich für eine fröhliche Musik machende Band an, wenn man eigentlich totmüde und down ist und lieber Bock hat, zu schlafen? Bestimmt nicht so gut, aber da muss man in der Showbranche durch.

Allo Darlin' schaften es jedenfalls trotz der Nöte um ihr Transportmittel, den Gästen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und ein paar Leute zum Tanzen zu bringen. Im Set gab es sogar zwei nagelneue Lieder, (Europe, You're Still Young) die mir auf Anhieb gut ins Ohr gingen und den Kurs des letzten Albums fortsetzten. 60 ies Pop mit jeder Menge Charme, Romantik und Catchyness. Eine Weile gab ich mich Tagträumen hin, bekam ob der frischen Musik Frühlingsgefühle und stellte mir vor, wie ich, 18 jährig, mich mit einem hübschen Mädchen treffe, auf einer blühenden Wiese halt mache und wir uns zärtlich küssen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich ihre kleinen festen Brüste streicheln, so daß sich bei ihr die Knospen aufrichten, ehe ich jäh in die Realität zurückgeholt wurde: fast vierzigjärig, fett geworden und längst verheiratet (zumindest immerhin mit einer tollen Frau, ich glückspilziger Bastard!). You're Still Young sangen indess Allo Darlin' auf der Bühne, aber ich hatte Probleme, das in meinem Falle zu glauben...

Setlist Allo Darlin', La Flèche d'or, Paris:
01: If Loneliness Was Art
02: The Polaroid Song
03: Silver
04: Europe
05: Kiss Your Lips
06: Dreaming
07: Still Young
08: SP Say
09: Drummer


Die Jungs von (Please) Don't Blame Mexico, die nun auf dem Programm standen, haben allerdings die Jugend noch auf ihrer Seite, wenngleich auch sie keine Küken mehr sind. Mitte bis Ende zwanzig dürften Maxime Chamoux und seine Begleitband (Thomas Pirot-Schlagzeug, Raphael Ankierman- Bass) alt sein und Maxime hat in den letzten Jahren auch bei anderen Projekten viel Erfahrung gesammelt. Der Pianist und Sänger gehört zu den bei Cityslang gesignten Toyfight, ist aber auch Klavierspieler und Backgroundsänger der hinreißenden Mina Tindle. Und so ähnlich klingen dann auch (Please) Don't Blame Mexico. Hier wie dort frischer, unschuldiger und melodienverliebter Pianopop der berauschenden Sorte mit dem Hauch French Touch, der die Sache so liebenswürdig macht. Die englischen Texte werden natürlich auch bei PDBM nicht wie bei Shakespeare ausgesprochen, sondern mit dem typisch fanzösischen Akzent versehen. Das hat Witz, das hat Pfiff und so ist es auch kein Wunder, daß das gerade erschienene Debütalbum Concorde sehr gute Kritiken (Magic, Voxpop) eingefahren hat. Ein paar (wenn man's genau nimmt eigentlich ziemlich viele) der darauf enthaltenen Tracks kennt man als Fan schon von früheren EPs (Carolina Now 2009, Michel Foucault 2007), aber es wäre auch zu schade gewesen, stimmungsvolle Kracher wie Durango, Bribing Lonesome Drivers oder The Behinders außen vor zu lassen, zumal die EPs in winziger Stückzahl erschienen waren.

Schade bloß, daß trotz einiger guter Songs der Funken nicht so richtig überspringen wollte. Das Gute-Laune-Paket fand in mir heute nicht den richtigen Empfänger, mir fehlte der Dampf, die Spielfreude, die ich bei Toyfight so zu lieben gelernt hatte. Gegen Ende des Sets wurde es dann aber stimmungsvoller, denn kein Geringerer als Olivier Marguerit (der Gitarrist der famosen Syd Matters) spielte Trompete und es gab sogar noch einen Geiger, der die Sache zusätzlich aufpeppte. So wußte dann auch der letzte Titel The Protocol so richtig zu überzeugen und sorgte dafür, daß mein Interesse an (Please) Don't Blame Mexico intakt bleibt, zumal das Album ohnehin uneingeschränkt empfehlenswert ist. Demnächst spielen sie als Support der Shout Out Louds, schau' mer mal, ob ich da dabei sein werde...

(Please) Don't Blame Mexico | A Take Away Show | Part 1 from La Blogotheque on Vimeo.



Setlist (Please) Don't Blame Mexico, La Flèche d'or, Paris:

01: Safari
02: Behinders
03: Weekend
04: Michel Focault
05: Pointillism
06: Elephant Man
07: Distant Trees
08: 1991
09: Durango
10: Panorama
11: The Protocol

The Airborne Toxic Event aus den USA standen als letzte Band auf dem Zettel. Etliche Zuschauer hatten sich schon auf den Heimweg gemacht und so spielte die kommerziell sicherlich erfolgreichste Band des Abends vor den wenigsten Leuten.

Die Amis waren schon seit Anfang Februar in Europa, waren auch durch Deutschland getourt (u.a. Köln/Luxor, Frankfurt/Das Bett) und hatten in Paris in verschiedenen Locations (International, La Machine du Moulin Rouge, La Flèche d'or) drei Konzerte gegeben, bei denen ich aber nicht dabei war.

Mein erster Eindruck: positiv. Die Band spielte tight und druckvoll auf und ich erfreute mich an dem Geigenspiel der einzigen Dame und der whiskeygetränkten Reibeisenstimme des Muskel-Shirt tragenden Sängers. The Airborne Toxic Event vermittelten den Bums, den ich zuvor vermisst hatte.

Dann aber drehte sich das Blatt. Die Attitüde des Sängers (eine Kreuzung aus Bruce Springsteen und Robbie Wilimas) ging mir zunehmend auf die Nerven.
Er machte auf dicke Hose und obercool und auch die anderen Musiker posten affektiert was das Zeug hielt. Nun fiel mir auch auf, wie bombastisch und hymnisch die Songs waren. Bombast, Pathos, Stadionrock, alles Dinge die ich nicht leiden kann. TATE wirkten wie der Missing link zwischen den Kings Of Leon (würg!) und den Killers (noch viel mehr würg!!). Ihre Show fiel ineinander wie ein Soufflé. Vielleicht hatte ich mich zu sehr von dem unglaublich knackigen Po der Keyboarderin blenden lassen, denn als ich die Seiten wechselte und nicht mehr ihr Hinterteil direkt vor meine Augen sah, merkte ich, das im Sound der Band viel heiße Luft drin war.

Daumen also eher runter. Wobei sie definitiv nicht so glatt und banal wie die Killers sind und der Sänger wirklich eine interessante Stimme hat (zumindest live, bei MySpace klingt sie viel weniger rau). Eine Band die man sich geben kann, aber nicht muss.

Setlist The Airborne Toxic Event, La Flèche d'or, Paris, 25/02/11:

01: All I Ever Wanted
02: Wishing Well
03: Numb
04: All For A Woman
05: It Doesn't Mean A Thing
06: The Kids Are Ready To Die
07: Wednesday
08: Sometime Around Mignight
09: All At Once

10: Missy




Donnerstag, 24. Februar 2011

PJ Harvey, Paris, 24.02.11

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Konzert: PJ Harvey

Ort: L'Olympia, Paris
Datum: 24.02.2011
Zuschauer: ausverkauft (2.500)
Konzertdauer: 90 Minuten


"Wos willst'n do besser moch'n, do konnst nix sogen."

So oder so ähnlich reagiert der bayrische Sternekoch Alfred Schuhbeck, wenn er bei "Lanz kocht" ein Gericht eines Kollegen kostet und 100 % zufrieden ist. Auf PJ Harvey im Olympia bezogen: was soll es da noch auszusetzen geben, wie will man das toppen, was die Engländerin heute abgeliefert hat? Nur Erbsenzähler fanden noch ein Haar in der Suppe, bemängelten die kühle Atmosphäre und die nichtextistente Kommunikation mit dem Publikum.

Allzu gerne würde ich in schön formulierten Sätzen meine Eindrücke wiedergeben, da ich aber mit meiner Arbeit, mit meiner Bloggerei, mit den Konzertgängen, den Fotos, den Vorbereitungen für die Oliver Peel Sessions und meiner neuen (unbezahlten ) Tätigkeit als Konzertbooker mehr als ausgelastet bin, hier nur Stichworte.

Erkenntnisse, Beobachtungen, Fakten zum Konzert von PJ Harvey im Pariser Olympia:

- "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben", steht schon in der Bibel (die 10 Gebote). Polly Jean ist die Göttin und deshalb braucht es keine zweite neben ihr, also keine Vorgruppe.

- Das Konzert wurde auf 20 Uhr 30 angesetzt und beginnt pünktlich auf die Minute. Das nenne ich Professionalität. Man könnte das natürlich auch mangelnde Spontaneität nennen, aber wir wollten ja keine Erbsen zählen, oder?

- Polly Jean trägt ein schlichtes schwarzes (manchmal bräunlich schimmerndes) Kleid mit einer Ledercorsage und auf dem Kopf einen schwarzen Federkranz. Sie ist dürr, aber elegant. Wie immer.

- Was sie trinkt? Stilles Wasser! Zwei oder drei Gläser im Laufe des Abends.

- Sex, Drugs and Rock'n Roll sind out oder wie? Nö, aber es muss ja nicht jeder soviel saufen wie die Typen von Deer Tick, der Sänger von The Soundtrack Of Our Lives oder Matt Berninger von The National.

- Die ersten vier bis fünf Lieder bestreitet PJ auf der Autoharp (wie heißt das auf deutsch? ich weiß es wirklich nicht). Ein göttliches Instrument (mit einer Rosenintarsie, die Rose steht sicherlich für England), das manchmal wie eine Harfe, manchmal wie eine Gitarre klingt, je nachdem wie man es einsetzt.

- Ihre Stimme ist sensationell. Durchgängig. Mal kindlich naiv, mal trotzig frech, mal ätherisch verhallt, immer aber auf höchstem Niveau.

- Das Publikum ist erstaunlich ruhig und unbeweglich. Durchgängig. Laut wird es nur, wenn nach den Songs tosender Applaus aufbrandet. Alle hören fast christlich zu. Nun ja, das Album wurde schließlich in einer Kirche in Dorset aufgenommen, das passt ja dann irgendwie.

- Ab und zu gibt es" PJ. we love you Rufe" und Ähnliches. Die Künstlerin reagiert nie darauf.

- Ohnehin sagt PJ Harvey 75 Minuten lang kein einziges Sterbenswörtchen zwischen den Liedern. Sie ist hochkonzentriert und lässt sich durch nichts ablenken.

- Als PJ Harvey und ihre dreiköpfige Begleitband zu den Zugaben zurückkommen, spricht sie die einzigen Silben des Abends: "Thank you very much, merci beaucoup." Das ist alles.

- Dafür lässt die Engländerin ihre Songs sprechen. Sie strahlen Eleganz, Würde, innere Kraft, Anmut, Weltklugheit, Beobachtungsgabe und atemberaubende Schönheit aus.

- Nichts wird forciert, weder die Stimme noch die feinen Arrangements. Alles wirkt lässig aus dem Ärmel geschüttelt. Allein wie PJ Gitarre spielt, so locker leicht, schwungvoll. Wie Tennis-Mozart Roger Federer Tennis zelebriert, so performt Harvey ihre Musik. Souverän und meisterhaft. Das nenne ich Klasse!

- John Parish agiert auch wahnsinnig lässig. Eine coole Sau, der Typ. Wie nonchalant der Gitarre spielt und dabei die schönsten Melodien aus seinem Instrument kitzelt, Donnerwetter!

- Die singenden Männer, John Parish und Mick Harvey machen ihren Job auch in dieser Hinsicht gut. Ihre tiefen Stimmen harmonieren wunderbar mit dem hohen Organ von PJ und die Typen singen sich auch nie in den Vordergrund, überlassen gentlemenlike immer der Chefin die Show.

- Soll ich euch was verraten? Ich habe das neue Album Let England Shake noch kein einziges Mal zuvor gehört, aber die Lieder gefallen mir in der Liveversion auf Anhieb ganz ausgezeichnet. Catchy und kein bißchen sperrig, aber trotzdem keineswegs flach oder auf Mainstream-Banalität gebürstet. Wahnsinn, wie PJ diesen Spagat hinbekommt, das können nicht viele. Massentauglich werden, aber dabei nicht von dem künstlerischem Anspruch abrücken.

- Ab Lied 5 greift PJ zum ersten Mal in die Saiten ihres weißen E-Gitarre, (Gibson oder Gretch?) die farblich super zu dem schwarzen Kleid passt. Viel wichtiger als diese modischen Aspekte sind aber die produzierten Riffs und die Harvey an der Gitarre ist einfach brillant und cool.

- Später spielt sie übrigens noch auf einer braunen E-Gitarre und einer beigefarbenen (gelben?) Akustikklampfe. Technische Fehler kann nich nicht heraushören, der Vortrag ist für meine Ohren perfekt.

- Der Sound ist klar und gut ausbalanciert. Nicht sehr laut eigentlich, aber dafür keine Spur breiig. Aufgrund der nicht sehr hohen Lautstärke klingt das Ganze allerdings nicht nach einem wilden Rockkonzert.

- Aber PJ muss ja in ihrem Alter (41) nicht mehr die wilde Rockröhre raushängen lassen.

- Sie ist natürlich trotzdem nach wie vor 100 mal rauer und unpolierter als es die Killers oder Muse je waren.

- Es ist schon erstaunlich, wie umfassend das Repertoire der Engländerin ist und wie viele stilistische Seiten sie abdeckt. Sie klingt ein wenig nach vielen anderen großartigen Künstlern, ohne sie auch nur im Geringsten zu kopieren. Sie vereint die allerbesten Musiker und Bands der letzten 30 Jahre in einer einzigen Person. Joanna Newsom, Cat Power, Feist, Björk, Patti Smith, Sonic Youth, Pixies, Kate Bush, Cocteau Twins, Nirvana, Sleater-Kinney, Hole, Throwing Muses, Nick Cave, Scout Niblett, Tori Amos, Siouxsie and The Banshees, Kristin Hersh, Beth Gibbons, Mazzy Star etc.

- Mal ein paar Worte zu ihrer Begleitband. Die spielt sehr diskret, aber punktgenau. Das Schlagzeug ist nicht sehr powervoll, sondern dezent und hintergründig. Der Drummer trägt einen französischen Namen, ich weiß aber nicht mehr genau wie er hieß.

- Mick Harvey spielt Keyboard und Gitarre und singt auch ein Lied (The Colour Of The Earth) in führender Rolle. Der weißhaarige Typ ist nicht mit Polly Jean verwandt oder verschwägert. Er war früher bei Nick Cave und den Bad Seeds.

- Die Männer in der Band gucken alle ein wenig grimmig, aber die wollen nur spielen (wie der Pitbull der Nachbarin).

- Die Lichtshow ist ebenfalls vornehm zurückhaltend. Es gibt keine großen Effekte, schon gar keine Laser (Hilfe!), sondern nur ziemlich häufig Nebel, der aber im hinteren Bühnenteil nach oben schwebt, ohne Polly Jean zu verhüllen. Man kann ihr Gesicht also meistens sehr gut sehen. Manchmal bleibt aber alles ziemlich düster und man sieht nur die Umrisse der schwarzgekleideten Künstlerin, was fast ein wenig gruselig ist.

- wenn man bösartig wäre, könnte man sagen, PJ sähe heute aus wie eine Vogelscheuche oder wie eine Hexe.

- Ich mag Hexen.

- Vogelscheuchen sind mir egal.

- Aber was sind eigentlich die besten Songs des 90 minütigen Sets?

- Puh, nicht leicht, es gibt nämlich keinerlei Aussetzer oder Rohrkrepierer.

- Die ersten zwei Lieder sind auf jeden Fall schon mal herausragend, die Stimme so herrlich, das Harfenspiel so anmutig, die Melodien so feinperlend.

- In der Presse liest man, daß es Harvey diesmal besonders auf die (politischen) Texte ankam. Kein Wunder, wenn man sich mit seiner Heimat und ernsten Themen wie Kriegen (z. B. dem in Afghanistan) auseinandersetzt. Gelobt wird aber wie feinfühlig und wenig anklagend sich Harvey textlich äußert. Sie beobachtet, beschreibt, versucht zu verstehen und hat sicherlich auch nicht die allein gültige Antwort auf alles. Im Song England singt sie aber" you leave a taste, a bitter one"

Was ich besonders schön finde: PJ Harvey sagte in einem Interview, sie sei Optimistin und glaube an die Kraft der Hoffnung, an die Fähigkeit der Menschen sich zu ändern, sich widrigen Umständen bewußt zu werden und Verantwortung zu übernehmen. So was liest man selten. Eine kluge Frau.

- Im letzten Drittel kommen etliche Granaten. Down By The Water (das vom Publikum mitgesungen wird), On Battleship Hill, Written on The Forehead, Big Exit (von ihrem vermeintlich besten Album Stories From The City, Stories From The Sea).

- Die Zugaben sind deutlich rockiger und grungiger als das vorher gehörte. Meet Ze Monsta vom 1995 er Output To Bring You My Love zeigt eine angriffslustige Polly. Angeline kennt man als Opener von Is This Desire? und Silence zeigt die sanfte, gefühlige PJ vom Piano geprägten Vorgänger-Album White Chalk.

- Danach ist Schluß, PJ lächelt nett Richtung Publikum, man verneigt sich und zischt ab.

- Das Publikum klatscht eine viertel Stunde lang rum wie gestört, bekommt aber keine weitere Zugabe geboten. In den Jubel mischen sich Buhrufe, aber das ist nur Spaß. So sind die Franzosen halt eben.

- Ein gutes Publikum im Übrigen. Leise und fachkundig, respektvoll und bunt gemischt. Die Gay-Gemeinde (die ich mag und moralisch unterstütze) ist präsent. Seit Tegan & Sara habe ich nicht mehr so viele lesbische Pärchen gesehen.


- Unter dem Strich: fabelhaft! Polly Jean, die Queen of England. Bejubelt von den Franzosen. Yeah, baby!!!

- PJ Harvey hat bei diesem unbekannten John Peel mal ein paar Peel Sessions gespielt. Wann kommt sie zu Oliver Peel? Mein Wohnzimmer steht ihr offen.

Setlist PJ Harvey, Olympia, Paris, 24.02.11:*

01: Let England Shake
02: The Words That Maketh Murder
03: All & Everyone
04: The Guns Called Me Again
05: Written On The Forehead
06: In The Dark Places
07: The Devil
08: The River
09: The Sky Lit Up
10: The Glorious Land
11: The Last Living Rose
12: England
13: Bitter Branches
14: Down By The Water
15: C'mon Billy
16: Hanging In The Wire
17: On Battleship Hill
18: Big Exit
19: The Colour Of The Earth

20: Met Ze Monsta
21: Angeline
22: Silence

* es ist haargenau die gleiche wie kürzlich im Admiralspalast zu Berlin. Schade.

Aus unserem Archiv:

PJ Harvey, Paris, 16.11.07

Kumisolo & Anything Maria, Paris, 23.02.11

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Konzert: Kumisolo & Anything Maria
Ort: L'International, Paris
Datum: 23.02.11

Zuschauer: gut besuchte Veranstaltung 150-200

Konzertdauer: pro Künstlerin rund vierzig Minuten, Anything Maria etwas länger



Das Wetter ist mir eigentlich meistens ziemlich egal. Heute aber habe ich dauernd bange aus dem Fenster geschaut und konsterniert festgestellt, daß es den ganzen Tag lang regnen würde. Wetter um zu Hause im Warmen zu bleiben. Genau das war aber ganz und gar nicht in meinem Sinne, denn heute habe ich zusammen mit meinen beiden französischen Kumpels Vincent und Camille den insgesamt 5. Konzertabend in der Reihe Mon Petit Club im International organisiert und da wollte ich natürlich, daß möglichst viele Leute ausgehen und ins International strömen.

Letztlich war die Zuschauerresonanz aber doch wieder gut, wenngleich nicht ganz der Andrang unserer ersten drei Abende herrschte. Und in Frankreich sagt man "les absents ont toujours tort", die Abwesenden sind immer im Unrecht. Stimmte natürlich auch heute wieder, denn die seit acht Jahren in Paris lebende Japanerin Kumi aka Kumisolo und die aus dem südfranzösischen Marseille stammende Sophie Gonthier aka Anything Maria (Foto oben) boten tolle und abwechslunsgreiche Konzerte.

Beim Auftritt der zuckersüßen Kumisolo fühlte man sich ein wenig wie in einer Karakokebar in Tokio. Die Asiatin spielte ihre unschuldigen und hochcharmanten Elektropopsongs und tanzte dazu herzallerliebst. Niedlichkeitsfaktor: 10! Sie sang auf englisch, japanisch und französisch ("je t'aime je t'aime, est-ce que tu m'aimes aussi?") und zauberte den Gästen ein Dauergrinsen aufs Gesicht.

Danach kam die temperamentvolle Anything Maria und zog eine astreine Bühnenshow ab. Die Blondine hatte weiße Kriegsbemalung im Gesicht aufgetragen und trug ein schlichtes weißes Paillettenkleid im Stile von Emily Haines. Ihre Beine waren schön und absolut makellos und ihre Stimme fest und druchdringend. Die androgyne Sängerin, die früher ein paar Jahre in Berlin gelebt hatte und sehr gut deutsch spricht, variierte ihre Songs. Ein Teil war elektronisch und wabernd wie bei Peaches oder LCD Soundsytem, der andere Teil gitarrenlastig und an Rock-Sängerinnen wie PJ Harvey oder Scout Niblett erinnernd. Eine kühle Schönheit, in der ein Vulkan lodert. Wie ein männermordendes Vamp raste sie in einer Szene durch die Menge und stachelte einen Typen neben mir dermaßen auf, daß er mich dauernd fragte, ob ich ihr Manager sei, ihre Telefonnummer habe und ob sie noch zu haben sei. Nervtötend!



Insgesamt aber: ein toller Abend, der von einem DJ namens Koko beschlossen wurde. Das ein oder andere Bier floß durstige Kehlen hinunter, mir wurden dauernd Schnäpse angedreht und am Ende war ich fast ein wenig blau. Es war so spät geworden, daß ich ein Taxi nehmen musste.

Unser nächster Konzertabend aus der Reihe Mon Petit Club ist auch schon gebucht. Am 23. März kommen Laetitia Sadier (Stereolab/Monade) yeah, baby!!!! und We/Are Animal. Schaut vorbei, ist gratis und macht Spaß!

à la prochaine!

Achtung: Kumisolo spielt am heutigen 24. Februar im Festsaal in Berlin Kreuzberg zusammen mit anderen französischen Elektropoppern. Das Ganze nennt sich French Electric Underground und klingt nach einem tollen Abend. Hier gibt es alle Infos und die Links zu den Tickethändlern. Und es gibt dazu natürlich auch ein Event bei Facebook, klick!




Anmerkung: die beiden schönen Fotos von Anything Maria stammen von lamusiquedenosvies. Merci! Archiv- Foto Kumisolo by Oliver Peel

Aus unserem Archiv:

Kumisolo, Paris, 24.11.09
Kumisolo, Paris, 25.03.08


Anything MARIA - "Ecstatic pessimist" by Anything MARIA



Mittwoch, 23. Februar 2011

Owen Pallett, Paris, 22.02.11

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Konzert: Owen Pallett (Karaokake & Buke and Gass & Gaspar Claus)

Ort: Le Café de la Danse, Paris
Datum: 22.02.2011
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: etwa 65 Minuten


Musikindustrie in der Krise? Zumindest die Konzertveranstalter können sich diese Woche in Paris mitnichten beklagen:

21.02.2011: Razorlight, La Flèche d'or: ausverkauft; Timber Timbre, La Maroquinerie: ausverkauft; Esben & The Witch: fast ausverkauft; Keren Ann, Canal +: ausverkauft
22.02.2011: Owen Pallet, Café de la Danse: ausverkauft; Razorlight, La Fléche d'or: ausverkauft; Skunk Anansie, Olympia: ausverkauft
23.02.2011: Joan As A Police Woman, La Flèche d'or: ausverkauft
24.02.2011: PJ Harvey, Olympia: ausverkauft
25.02.2011: PJ Harvey, Olympia: ausverkauft
26.02.2011: Band Of Horses, La Cigale: ausverkauft

Da fragt man sich, wie das Ganze in Boomzeiten aussehen soll. Müssen wir die Karten dann 1 Jahr im Voraus reservieren?

Dass Shows von Owen Pallett ausverkauft sind, wundert mich allerdings nicht im Geringsten. Der kanadische Geiger ist zweifelsohne ein großes Talent, vielleicht sogar ein Wunderkind.

Bevor die zahlreichen Zuschauer allerdings in den Genuß der Violin- und Loopkünste des Blondschopfs kamen, musste zunächst noch eine ziemlich schräge Vorgruppe erduldet werden. Buke and Gass ein gemischtes Duo aus Brooklyn spielte schrammeligsten Lofi-Punk, der ins Vorprogramm von Scout Niblett oder Hole gepasst hätte, aber hier nicht hingehörte. Warum man den beiden über eine Stunde Spielzeit eingräumt hat, blieb mir und vielen anderen ein Rätsel. Zumal Buke and Gass bereits die zweite Vorgruppe waren, denn ganz am Anfang hatten die tollen Elektropopper Karaokake (die französische Antwort auf Au Revoir Simone und Ladytron) aus Paris gespielt (ausführlichere Reviews siehe unser Archiv). Und damit nicht genug, während der Umbaupause vor dem Konzert von Owen durfte sogar der französische Cellist Gaspar Claus (Foto) noch fiedeln was das Zeug hält. Ich hatte den talentierten Burschen bereits einmal bei einer Home Show erlebt und weiß auch, daß er schon mehrfach von Vincent Moon (auf dem Foto hinten links mit dem weißen Hemd) gefilmt wurde.



Um 22 Uhr dann aber endlich Herr Pallett. Ganz alleine mit Schirmmütze, Violine, Keyboard und seinen Pedalen erschienen, brillierte der Sympath* mit der engelsgleichen Stimme und den verblüffenden Zupfkünststückchen von Anfang an. Er hielt das hohe Niveau durchgängig (abgesehen von zwei verpatzten Loops, menschlich) und lediglich im Mittelteil wurde es ein klein wenig zäh und anstrengend (was bestimmt auch meiner chronischen Müdigkeit geschuldet war), bevor er dann nach gut einer Stunde zu einem furiosen Finale einsetzte und die Intensität seines Geigenspiels noch einmal erhöhte. Himalaja hohe Gipfel wurden erklommen, Owen ging ins Hohlkreuz, lief mit seiner Violine auf und ab und gab noch mal alles. Die Zuschauer schnalzten mit der Zunge und stürmischer Applaus brandete auf. Eine Zugabe, dann war das hochfeine Konzert auch schon beendet. Fragt mich bitte nicht nach einzelnen Songs, ich kenne mich da bei Owen Pallett viel weniger gut aus als mein Kollege Christoph, der zu recht von dem Geiger in den höchsten Tönen schwärmt.



Stellt sich natürlich die Frage, warum Owen so spät gespielt hat (normal ist hier 21 Uhr für die Hauptgruppe). War er etwa verpätet in der Location angekommen, gab es Probleme mit den Transportmitteln, oder was war der Grund warum mit Buke und Gass eine nicht vorgesehene zweite Vorgruppe auf die unschuldigen Zuschauer gehetzt wurde, die genauso lange (!) spielen durfte, wie der Headliner?? Fragen über Fragen...

Die hohe Musikalität von Owen Pallett ist allerdings unfraglich. Ich sehe und höre ihn wieder gerne!



* Sympath auch deshalb, weil er im Gegensatz zu seinem spröden und introvertierten Widersacher Andrew Bird oft und spontan lächelt, auf angenehm bescheidene Weise mit dem Publikum kommuniziert (" Oh, ihr werdet euch sicherlich fragen, wie ihr auf die seltsame Idee kamt, für einen Typen wie mich 20 Euro auszugeben") und sich nicht zu ernst nimmt. In der witzigsten Szene des Abends griff er sich spontan eine Pulle Weißwein (einen Chardonnay, wie mir Weinkenner soufflierten) und trank ungeniert aus der Flasche. Haha!

Anmerkung: die beiden Fotos stammen von Christoph und entstanden in Eindhoven. Meine kommen in Kürze.

Setlist Owen Pallett, Café de la Danse, Paris:

01: A Man With No Ankles
02: Scandal At The Parkade
03: This Is The Dream Of Win & Régine
04: Arctic Circle
05: Midnight Directives
06: Keep The Dog Quite
07: Lewis Takes Action
08: E Is For Estranged
09: What Do You Think Will Happen Now?
10: Took You Two 2 Years To Win My Heart
11: This Lamb Sells Condos
12: Many Lives - 49 MP
13: Honour The Dead, or Else
14: Odessa (Caribou)
15: Lewis Takes Off His Shirt

16: The CN Tower Belongs To The Dead

Aus unserem Archiv:

- Owen Pallett, Eindhoven, 18.02.11
- Owen Pallett, Paris, 01.06.10
- Owen Pallett, Barcelona, 28.05.10
- Owen Pallett, Frankfurt, 15.03.10
- Owen Pallett, Haldern, 14.08.09
- Karaocake, Paris, 09.12.10
- Karaocake, Paris, 06.09.10





Razorlight, 22.02.11

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Konzert: Razorlight

Ort: La Flèche d'or, Paris

Datum: 22.02.2011

Zuschauer: ausverkauft (500)

Konzertdauer: 90 Minuten


Johnny Borrell (Archivfoto) gilt als Großmaul und wird deshalb von einigen Leuten, auch in den Medien, gehasst. Ich stellte aber immer wieder fest, daß er das gewisse Etwas hat und habe stets gute Shows von ihm und seiner Band Razorlight geboten bekommen. Außerdem fand ich es schon als junger Mensch unterhaltsam, wenn Leute große Töne gespuckt haben. Muhamed Ali, der sagt, er sei der Größte und er werde seinen nächsten Gegner zermalmen, oder Tony Schuhmacher, der als Antwort auf die Frage nach einem Tipp für das Ergebnis der deutschen Fußballmannschaft fast immer trocken antwortete: "wir gewinnen 3:0", waren so was von erfrischend. Viel besser als die Zauderer und Tiefstapler, die immer vorsichtig gesagt haben: "mein nächster Gegner ist sehr stark, ich darf ihn nicht unterschätzen, blablabla"...

Und so ist es kein Wunder, daß Großmaul Johnny sämtliche Bandmitglieder mit denen ich ihn immer live erlebt hatte, rausgeschmissen und ausgetauscht hat. Razorlight ist Johnny Borrell, die anderen halten die Gitarre und den Bass und ansonsten den Mund. Punkt.

Um es kurz zu machen: ich war bei den beiden ausverkauften Shows von Razorlight in der Fléche dor nicht dabei, denn es gab für mich andere Konzerte, die mir wichtiger waren. Mein Freund Rockerparis war aber vor Ort und stellte mit Freude fest, daß die Band viel (blues)-rockiger und heavier geworden ist ("lots of heavy guitars for the new Razorlight"), die alten Fans womöglich aber geschockt gewesen seien. Nun zumindest kann man ihnen mangelnden Einsatz nicht vorwerfen, die Show am 21. Februar dauerte 1 Stunde 50 Minuten, die vom 22.02.11 90 Minuten mit einer Setlist von 28 Songs, darunter das Jonathan Richman Cover Pablo Picasso.

Vorgruppe am 22. : Thos Henley! Eine kleine Sensation, der junge Engländer war 2009 noch völlig unbekannt, bis er bei mir eine Oliver Peel Session spielte und nun darf er zum dritten Mal in einer 500 Mann Location auftreten. Sein erstes richtiges Album (nach einer schönen Ep auf Vinyl) kommt dieses Jahr!

Setlist Razorlight, viele Fotos, Video und ein Bericht auf englisch bei Rockerparis, klick!

Aus unserem Archiv:

Razorlight, Paris, 30.11.08
Razorlight, Paris, 06.10.08
Razorlight, Paris, 15.09.07
Razorlight, Köln, 05.09.07
Razorlight, Paris, 21.06.07
Razorlight, Heidelberg, 09.02.07
Razorlight, Paris, 01.02.07
Razorlight, Köln, 09.11.06




The Pains Of Being Pure At Heart, Köln, 22.02.11

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Konzert: The Pains Of Being Pure At Heart
Ort: MTC, Köln
Datum: 22.02.2011
Zuschauer: fast ausverkauft
Dauer: 75 min


Als die Pains Of Being Pure At Heart im vergangenen Herbst in Deutschland waren, hatte ich keine rechte Lust, sie anzusehen. Im Sommer zuvor hatte ich ein wenig die Lust auf die jungen Amerikaner mit den tollen Melodien verloren; der Auftritt beim Latitude Festival hatte mich nicht furchtbar überzeugt, sie klangen da viel weniger aufregend als bei ihrem ersten Kölner Konzert 2009.

In den letzten Wochen überkam mich aber wieder eine unbändige Lust auf ihre Musik, vor allem die aktuelle Single Heart in your heartbeat hat es mir extrem angetan - welch ein riesiger Hit!

Lange Rede, kurzer Sinn: ich mußte natürlich hin!

Die Voraussetzungen für ein Neuverlieben waren denkbar schlecht. Ich mag das MTC nicht, bei meinem letzten Konzert dort stank es unerträglich nach Bahnhofstoilette oder -unterführung, und der Boden klebte dazu passend. Wenn es voll ist, sieht man ab Reihe zwei nichts mehr, egal wie groß man ist. Es gibt wirklich angenehmere Clubs in Köln. Und es wurde voll, das zeigte sich, als die Band um kurz vor halb zehn vom Essen zurückkam und durch den Saal ins Backstage-Kämmerchen ging. Da ahnte ich noch nicht, daß unter den ersten 13 Stücken neun neue sein würden, fast alle vom im März erscheinenden zweiten Album. Auch keine guten Voraussetzungen eigentlich.

Aber es kam natürlich alles anders, warum würde ich das sonst auch erwähnen. Es stank nicht nach Kloake und es klebte nicht. Am wichtigsten war allerdings, daß die neuen Songs fast ausnahmslos große Hits sind, selbst die B-Seite einer der neuen Singles überzeugte mich. Es gibt nichts auszusetzen, so sehr ich auch suche; das Konzert war hervorragend, und ich werde demnächst nicht mehr rumzicken und TPOBPAH sehen, wenn sie nach Köln kommen. Was bald wieder sein wird, da bin ich sehr sicher.

Erstaunlich war das Konzept schon, und bei unsympathischen Bands hätte ich die Heransgehensweise als hochgradig arrogant empfunden, das Konzert zumindest vor den Zugaben fast ausschließlich mit neuen, unbekannten Lieder zu bestreiten. Aber da keinerlei Qualitätsunterschied zwischen den alten und den kommenden Ohrwürmern festzustellen war, genoß ich vielmehr, daß ein Pains... Konzert plötzlich doppelt so lang ist wie vor zwei Jahren. Es ist auch müßig, einzelne der neuen Titel herauszuheben, weil sie wirklich alle fabelhaft waren, nur Girl of 1.000 dreams fiel ein wenig ab, es ist eher ein Lückenfüller. Da anschließend aber beginnend mit Heart in your heartbreak nur noch Hits folgten, ist dies gut und gerne verzeihbar.

Warum mich das heutige Konzert im Vergleich zum Festivalauftritt im Sommer so begeistert hat, verstand ich auch sehr schnell, es war die unterschiedliche Lautstärke.
Die Pains Of Being Pure At Heart sind keine Band, die leise und akustisch spielen sollte, das macht wirklich bei dieser Art Musik keinerlei Sinn. Daher war es wundervoll, auch wenn mir meine Ohren etwas anderes erzählen, daß der Soundmann hemmungslos aufgedreht und damit den fabelhaften Melodien freie Hand gelassen hat. Die Musik der Amerikaner lebt davon, nicht seziert zu werden, ob schiefe Töne dazwischen sind. Laute Gitarren und dazwischen leiser, lieblicher Gesang, das klingt toll, und genauso wünsche ich mir ihre Konzerte. Die Thermals werden auch nie unplugged im Konzerthaus Dortmund spielen und sind besser, je lauter sie sein dürfen.

Weil auch nach drei Zugaben (A teenager in love, Everything with you und The pains
of being pure at heart - also drei riesigen Hits) keiner genug hatte (insbesondere nicht die Hüpfer in der ersten Reihe), kam Sänger Kip noch einmal alleine auf die Bühne und stimmte Contender an. Das war sicher sehr schön, ging aber fast schon zu sehr in die unplugged Richtung (obwohl die Gitarre eingestöpselt war). Mir war lieber, daß auch die restliche Band danach zurückkam und noch einmal Krach machte.

Daß die Pains Of Being Pure At Heart in ihrem jungen Alter schon viele Nachahmer-Bands erschaffen hat, spricht für sie. Heute haben sie bewiesen, daß sie zurecht stilprägend für viele andere sind. Daß Keyboarderin Peggy ein T-Shirt der hervorragenden Beach Fossils trug, war in diesem Zusammenhang sympathisch und souverän.

Setlist The Pains Of Being Pure At Heart, MTC, Köln:

01: Belong (neu)
02: I wanna go all the way (neu)
03: This love is fucking right
04: The body (neu)
05: Heaven's gonna happen now (neu)
06: My terrible friend (neu)
07: Stay alive
08: Girl of 1.000 dreams (neu)
09: Heart in your heartbreak (neu)
10: Come saturday
11: Young adult friction
12: Too tough (neu)
13: Strange (neu)

14: A teenager in love (Z)
15: Everything with you (Z)
16: The pains of being pure at heart (Z)

17: Contender (Kip solo) (Z)
18: Say no to love (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- The Pains Of Being Pure At Heart, Latitude-Festival, 18.07.10
- The Pains Of Being Pure At Heart, Köln, 04.06.09
- The Pains Of Being Pure At Heart, Paris, 26.05.09





 

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