Freitag, 29. Februar 2008

Queens Of The Stone Age, Paris, 29.02.08

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Konzert: Queens Of The Stone Age

Ort: Le Zénith, Paris
Datum: 29.02.2008
Zuschauer: gut gefüllt


"This security guard is fired!" - "Yes, this one, can you put the lights on him?"


Wer schon desöfteren Josh Homme und seine Queens Of The Stone Age gesehen hat, kennt solche Sprüche bereits. Irgendwann im Laufe seiner Shows geht irgendjemand Josh auf die Nerven, er zeigt auf ihn, oder bittet die Lichttechniker Spots auf ihn zu richten. Dann beleidigt er die entsprechende Person und überzieht sie mit üblen Schimpfwörtern und schon hat er die Lacher auf seiner Seite. Man muß sich nur die Live-CD "Over The Years And Through The Woods" von 2005 anhören. Bei diesem Mitschnitt aus London wird ein armes Geschöpf gar als "Cock-Smoker" bezeichnet. "This guy with the white shirt is an asshole; yes this one, and now everybody here knows that you are a fucking Cock-Smoker". Und beim Furia Sound Festival 2007 in Cergy bei Paris wurde ein Kerl, der in einem Tigerkostüm rumlief, von Josh auf die Bühne zitiert und anschließend verunglimpft.

Heute also nun ein Typ von der Security, der den Homme'schen Sprüchen ausgeliefert war. Angeblich war er viel zu grob mit Leuten in den ersten Reihen umgesprungen. Konnte ich von meiner Position aus nicht sehen, insofern schwer zu beurteilen, ob Josh Recht hatte. Erfahren habe ich allerdings von meiner besser platzierten Frau, daß der Security-Gorilla tatsächlich ausgetauscht wurde. Wie ein schlechter Linienrichter beim Tennis, großartig!

Dies alles ereignete sich gegen Ende des Konzertes. Vorangegangen war folgendes:

Die drei Schotten von Biffy Clyro schmetterten ihre Hits vom letzten Album "Puzzle", allen voran "Living Is A Problem Because Everything Dies" und kaum eine Sau interessierte sich dafür. Das Publikum im Zénith schien kollektiv Valium-Tabletten eingeworfen zu haben, anders ist nicht zu erklären, daß eine Vorgruppe, die hundert Prozent zum Hauptact des Abends passt, komplett an den bereits recht zahlreich anwesenden Besuchern vorbeiging. Sänger Simon Neil wirbelte zwar wie gewohnt mit nacktem und tätowiertem Oberkörper umher und die Johnston Brüder an Schlagzeug und Bass gaben auch ihr Bestes, aber der Funke wollte einfach nicht überspringen. Da halfen auch hohe Dezibel-Zahlen und ein hochdynamischmer und explosiver Sound nichts, die Stimmung blieb mau. Kaum jemand war also auch für die Vorgruppe gekommen, was mich wieder in meiner These bestätigt, daß man in der Regel erst zur Hauptgruppe erscheinen sollte. Denn entweder ist die Vorband schlecht und man verliert wertvolle Lebenszeit, oder aber man mag sie sehr, aber kaum jemand interessiert sich dafür und man ärgert sich, daß der ihr gebührende Respekt und Applaus nicht gezollt wurde. Nun gut, Applaus bekamen Biffy Clyro am Ende schon, aber dafür, daß hier eine der besten Rockbands Englands auftrat, war das doch eher ernüchternd. Zu den gespielten Stücken gehörten übrigens neben "Living Is A Problem Because Everything Dies", "Now I'm Everyone", "Love Has A Diameter", "Get Fucked Stud" und "Glitter And Trauma".

Schon in der darauffolgenden Umbaupause wurde das Publikum lebhafter. Vom Band liefen da gerade kurios zusammengewürfelte Lieder wie "I Feel Love" von Jimmy Somerville (bzw. Bronski Beat), ein Ramones-Schunkler und "Born To Be Wild" von Steppenwolf. Auf den Harley-Davidson Klassiker fuhren die Leute mehr ab als zuvor auf Biffy. Dann wurde am Bühnenbild gewerkelt und zum Vorschein kamen Objekte, die zunächst aussahen, als handele es sich um in schwarze Tücher gewickelte Sandsäcke zum Boxen. Als die "Hüllen" entfernt wurden, erkannte man aber schnell die bereits von der letztjährigen Tournee bekannten Gothik- Ketten-Lüster, die darufhin in die Höhe gefahren wurden.

Eine gute Viertelstunde später konnte es dann losgehen. Als erster kam Gitarrist Troy Van Leeuwen aus der Kabine gekrochen und bezog vorne links Stellung. Dann tröpfelten auch die anderen Queens ein, darunter selbstverständlich auch Josh, der sich als letzter die Gitarre umschnallte.

Der Auftakt des Sets gestaltete sich überraschenderweise recht zahm und auch etwas zäh. Weder "Turning On The Screw", noch "Hanging Tree" (hier fehlte die rauchige Stimme von Marl Lanegan) konnten das Konzert so richtig in Fahrt bringen. Auch "River In The Road" nicht. Nachdem aber Josh die ersten Sätze an das Pariser Publikum gerichtet hatte und die üblichen Allgemeinplätze bezüglich der Schönheit der Stadt und der Frauen fallen ließ, kam bei "Misfit Love" zum ersten Mal Stimmung auf. Vorne, wo ich stand, wurde es ziemlich wild, allerdings nicht aggressiv und bösartig. Mit "Do It Again" konnte die Intensität sehr gut gehalten werden und es war klar, daß die Aufwärmphase längst vorbei war. Nun ging es zur Sache! Die Gitarren bretterten erbarmungslos, der Bass polterte, daß der Boden bebte und das Schlagzeug knallte satt und trocken. Eine der besten Phasen des Konzertes wurde eingeläutet, wo hintereinander der "Feel Good Hit Of The Summer", "Go With The Flow" und eines der besten Lieder vom letzten Album "Era Vulgaris", nämlich "3's & 7's" (genial das quitschende Gitarrenriff, das sich durch das ganze Lied zieht) abgefeuert wurden. Ab dem Titelstück des letzten Werkes wurde es dann jedoch etwas mäßiger, ein kleiner Hänger war zu verzeichnen. Allerdings muß lobend hervorgehoben werden, das Lieder wie "Suture Up Your Future", oder "In The Fade" auf den Festivals 2007 nicht gespielt wurden, was wiederum beweist, daß Queens Of The Stone Age ständig ihre Setlisten abwandeln und neugestalten. Leider keine Selbstverständlichkeit im Musik-Business!

Ab "Burn The Witch" ging es aber wieder zur Sache, die Gitarren heulten, Josh wechselte munter von der tiefen Stimmlage zum Falsett und Troy Von Leeuwen bot einige typische Rockstarposen. "Make It With Chu" wurde als Lied bezeichnet, daß in keiner anderen Stadt der Welt besser passen würde ("you can figure out why"), plätscherte aber ein wenig dahin, bevor "Little Sister" einschlug wie eine Bombe. Kein Wunder, denn kaum ein Titel im Repertoire der Band ist so kompakt und auf den Punkt gespielt wie dieser Smasher vom "Lullabies-Album" und auch das geile Gitarrensolo wirkte keinesfalls deplatziert. Das abschließende "Sick Sick Sick" kam auch gut rüber, macht aber auf mich immer ein wenig en Eindruck, als ginge man mit der Brechstange vor. QOTSA haben schon filigranere und komplexere Lieder geschrieben.

Zu jenem Zeitpunkt war circa eine gute Stunde brachialer Rock geboten worden, aber es fehlten noch ein paar Hits. Trotzdem ließen sich die Machos schon einmal feiern und klatschten ihrerseits dem Publikum Beifall.

"This song is for you", oder sowas in der Art, raunzte Monsieur Homme, nachdem er auf die Bühne zurückkommend ein paar französische Brocken wie z.B. "magnifique" vom Stapel gelassen hatte. Der dem Publikum gewidmete Titel war der heißersehnte Klassiker "No One Knows", für den allein es sich schon gelohnt hätte, zum Konzert zu gehen. Zwar kommen die Tempowechsel immer ein wenig mit Ansage und sind für mich nach dem 5. Queens Of The Stone Age - Gig nicht wirklich überraschend, die pure Wucht, die regelmäßig dahintersteckt, ist jedoch auch für einen abgestumpften Typen wie mich nach wie vor atemberaubend.

Den finalen Adrenalin-Kick hatten sich die harten Kerle dann selbstverständlich für den Schluß aufgehoben. Bei "A SongFor The Dead" wurde alles mobilisiert was Krach macht, es wurde gebrettert was das Zeug hält und mit den Tempowechseln erwischten sie diejenigen, die zum ersten Mal bei QOSTA dabei waren, auf dem falschen Fuß. Ich kannte das Zuckerbrot und Peitsche-Spiel aber schon vom Rock- A- Field - Festival in Luxemburg, wo ebenfalls "A Song For The Dead" ein beinhartes Konzert bendete.

Fazit: Ein grundsoliger und gut geölter Gig. Die meisten Gimmicks - sowohl in musikalischer als auch in sprüchetechnischer Hinsicht - waren aber nicht wirklich neu. Und der Typ von der Security ist beim nächsten Mal bestimmt wieder dabei. Josh Homme ist Amerikaner, der kennt die französischen Gewerkschaften nicht. So leicht kann mir hier niemanden feuern...

Setlist Queens Of The Stone Age, le Zénith, Paris:

01: Turning On The Screw
02: Hanging Tree
03: River In The Road
04: Misfit Love
05: Do It Again
06: Feel Good Hit Of The Summer
07: Go With The Flow
08: 3's & 7's
09: Era Vulgaris
10: In The Fade
11: Suture Up The Future
12: Burn The Witch
13: Make It With Chu
14: Little Sister
15: Tangled Up In Plaid
16: Sick, Sick, Sick

17: No One Knows
18: Avon *
19: Song For The Dead

Konzertdauer: ca. 85 Minuten

* Vielen Dank an unseren Leser!



Noch viel mehr Fotos von den Queens Of The Stone Age hier



Band Of Horses, 28.02.08

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Konzert: Band Of Horses

Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 28.02.2008
Zuschauer: seit langem ausverkauft



Den Jahreswechsel habe ich in Los Angeles verbracht. Schon im Januar ist es sehr angenehm dort, die Sonne lacht aus allen Ritzen, man kann in Santa Monica am Strand spazieren gehen (zum Bade
n ist es natürlich selbst dort zu kalt), oder sich in eines der Cafés an der Promenade setzen und den Straßenmusikern zuhören. Und die sind oft gar nicht mal schlecht. Einer dieser Typen mit Gitarre und Cowboyhut hatte es mir ziemlich angetan. Zwar bestand sein Repertoire meist aus Coversongs, aber mit welcher Inbrunst er "Like A Rolling Stone" von Bob Dylan schmetterte, ließ mich nicht kalt. "How does it feeeel, How does it feel, to be without home, like a complete unknown, like a Rolling Stone". Der Typ hatte schon etwas leicht pennerhaftes, der Alkohol hatte seine Gesichtszüge rötlich verfärbt, aber er legte so viel Herzblut in die gesungenen Texte, daß es eine Wonne war. Er hatte mein Herz erreicht und war im besten Sinne so, wie man sich einen Folkmusiker vorstellt: Authentisch.

Eigentlich hatte ich diesen Straßenmusikanten fast schon wieder vergessen, aber heute beim Konzert der Band Of Horses, mußte ich wieder an den Burschen denken. All diese bärtigen Kauze in Amerika scheinen wohl den Southern Rock mit der Muttermilch aufgesogen zu haben. Sie sind großgeworden mit Elvis, Creedence Clearwater Revival, The Band, den Allman Brothers, Bruce Springsteen etc.

Ben Bridwell, der Sänger mit der unglaublichen Stimme von der Band Of Horses, hat insofern sicherlich ähnliche Wurzeln wie die Folksänger der Strandpromenaden, oder der urigen Kneipen der USA. Und trotz des immer weiter steigenden Erfolges der Gruppe wirkt er trotzdem noch so wie "mein" Straßenmusiker aus L.A.: Authentisch und voller Herzblut. Jemand der seine Musik lebt, in ihr aufgeht, sich sprichwörtlich die Seele aus dem Laib schreit.


Auch der mützetragende Sänger der Vorgruppe Cave Singers legte sich stimmlich ins Zeug, auch sein Gesangesorgan war sehr eigen und die von der dreiköpfigen Band vorgetragenen Stücke erdig und voller Wärme. Ich kannte sie bloß nicht und insofern gab es nicht den in seiner Wichtigkeit nicht zu unterschätzenden Wiedererkennungseffekt. So richtig warm wurde ich deshalb erst beim letzten Stück, das schneller und packender als die vorangegangenen war. Trotzdem: Ich werde die Band, die mich irgendwie entfernt an die Two Gallants erinnerte, im Auge behalten. Uninteressant sind die folkig-bluesigen Kompositionen der Band nämlich auf keinen Fall.

Danach dann aber ein gespanntes Warten auf die Helden des Abends. Würde mich die Band Of Horses begeistern können? Sind sie vielleicht inzwischen schon zu bekannt geworden, zu abgehoben, zu weit von ihren Wurzeln entfernt?, fragte ich mich ein wenig bange.

Schon der erste Titel wischte meine Zweifel eindrucksvoll beiseite. Trotz des inzwischen ziemlich bombastischen Gitarrensounds - heute waren gleich drei davon + ein Bass im Einsatz - war hier eine Band am Start, die nach wie vor hundert Prozent hinter ihrer Musik steht. Sänger Ben Bridwell war zwar längenmäßig der kleinste Musiker des Sextetts, aber durch seinen ergreifenden Gesang und sein Gitarrenspiel stand er von Anfang an im Mittelpunkt des Interesses. Ich konnte meine Augen nicht von ihm lassen, obwohl er eigentlich alles andere als ein im konventionellen Sinne attraktiver Mensch ist. Mit seinem langem, wie angeklebt aussehenden Rauschebart, den hageren Gesichtszügen und den abgesägten Mxäusezähnchen, könnte man ihn glatt für einen Clochard halten. Träte er in der Pariser Metro auf, man würde ihm Kleingeld in den Hut werfen...

Aber zum Glück kommt es nicht nur auf die äußere Erscheinung an! Für mich war der gute Ben nämlich heute der strahlendste Stern am Musik-Himmel. Wenn er sein spitzes Mündchen öffnete, floß süßester Nektar und sein greinender, überaus lauter und eindringlicher Gesang war ein Frontalangriff auf meine Sinnesorgane. Ich war von den Socken und völlig begeistert und dies von Beginn an. Wie gebannt beobachtete ich, wie Ben beim Singen seinen Kopf nach hinten warf, die Backen wie ein Walroß schüttelte und alles in die Waagschale warf, was er zu bieten hatte. Er schien in einem hypnotischen Zustand zu sein, alles um sich herum zu vergessen. Wahnsinn! Der erste Titel (bezeichnenderweise "The First Song") war verklungen, das ganze Publikum noch überwältigt von dem die letzte Ritze der Maroquinerie ausfüllenden Gesang und was passiert? "Can I have more vocals, please?" Wie bitte? More vocals? Wollte Ben etwa die nicht vorhandenen Glasscheiben im Stile eines Oskar Matzerath zum Bersten bringen? Oder seine Bierflasche platzen lassen?

Die Techniker folgten dem Befehl und weiter ging es mit "noch mehr vocals". "I could Sleep, I could sleep, I Could Sleep, I Could Sleep, when I lived alone, is there a ghost in my house?, die ersten Zeilen des Hits "Is There A Ghost" wurden angestimmt, bevor kurze Zeit später zum ersten Mal die Pferde so richtig gallopieren durften. Mir wurde klar, woher die Gruppe ihren Namen hatte. Wenn die Gitarre losdonnern und das Schlagzeug schneller und schneller trommelt, hat man wirklich das Gefühl, als würden Wildpferde lospreschen und ihre Freiheit genießen. Bilder wie in einem Film liefen vor meinem geistigen Auge ab, ich sah weite, majestätische Landschaften, Berge, weite Steppen...

Oder auch große Salzseen. Passte ja auch zu "Great Salt Lake", daß nun an der Reihe war und ebenfalls begeisterte, vor allem mit seinem tollen Refrain und den hochmelodischen Gitarren. Ein stürmisches "Islands On The Coast" folgte, bevor mich bereits die ersten melancholischen Klänge von "No One's Gonna Love You" auf Wolke sieben katapultierten. "But No One Is Ever Gonna Love You More Than I Do", ich glaubte Ben aufs Wort. Traumhaft! Ein gutes Lied jagte das nächste (u.a. "Wicked Gil, "Islands On The Coast"), Höhepunkte herauszuheben war insofern nicht leicht. Vielleicht "Wicked Gil, dieses Glanzstück des ersten, sehr guten, Albums? Könnte man nennen, vorzugswürdiger erscheint mir aber "Cigarettes, Wedding Bands" ein lospreschendes, mitreißendes Stück, das auch die Shins nicht besser hinbekommen hätten, "ladida-Passagen" inklusive. Danach gab's eine Cover-Version von Creedence Clearwater Revival, die ich nicht kannte (Southern Rock, davon sprach ich doch am Anfang!), bevor eine junge Frau mit einer bunt-lackierten Harfe auf die Bühne kam. Das Teil sah mit seiner verschiedenen knalligen Tönen aus, wie ein getunter Manta, aber es kamen schönere Töne heraus. Aber bei welchem Stück gibt es eine Harfe? - Das Publikum sollte es bald wissen, denn es ertönte der Hit vom ersten Album, "The Funeral". Spätestens als die lauten Gitarren einsetzten, hörte man von der Harfe nicht mehr viel, aber der Effekt war trotzdem da. Das junge Fräulein blieb auch noch zur ersten Zugabe (der schönen Ballade "Monsters"), zu der Ben sich auf ein Stühlchen gesetzt hatte und an diesem komischen Waschbrett spielte, was die Contry-Musiker immer benutzen. Danach dann noch "Weed Party", das mich immer ein wenig an die New Pornographers erinnert und zwei weitere Zugaben und ein fulminantes Konzert hatte nach satten 80 Minuten seinen Abschluß gefunden. Ben reckte den Arm in den Himmel, jubelte wie ein Fußballer, der gerade einen Elfer im gegnerischen Tor versenkt hat und verschwand mit seinen fünf Kumpels (von denen der eine, der beleibte Keyboarder, auch einen wunderbar gesungenen Titel beigesteuert hatte) unter riesigem Applaus.

Spitzenmäßig!!!

Setlist Band Of Horses, La Maroquinerie, Paris:

01: The First Song (The Snow Song)
02: Is There A Ghost
03: The Great Salt Lake
04: Islands On The Coast
05: No One's Gonna Love You
06: Wicked Gil
07: Ode To LRC
08: 13 Days (J.J. Cale Cover)
09: Older
10: Marry Song
11: Cigarettes, Wedding Bands
12: Effigy (Creedence Clearwater Revival Cover)
13: Funeral

14: Monsters
15: Weed Party
16: The General Specific
17: Act Together (Ron Wood Cover)

Die vorzüglichen Bilder stammen von Robert Gil.
Seine Webseite sollte man sich unbedingt ansehen. Merci, Robert!

Ausgewählte Konzerttermine der Band Of Horses:

29. Februar 2008: Köln
01. März 2008: Amsterdam (Paradiso)
02. März 2008: Hamburg (Knust)
4-8. März 2008: Skandinavien
10. März 2008: Berlin (Columbia)
11. März 2008: Frankfurt (Mousonturm)
13: März 2008: Zürich (Abart)
14. März 2008: Lausanne (Romandie)
15. März 2008: Brüssel (Botanique)



Donnerstag, 28. Februar 2008

Los Campesinos!, Köln, 27.02.08

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Konzert: Los Campesinos!
Ort: Luxor, Köln
Datum: 27.02.2008
Zuschauer: halbvolles Luxor


Es konnte ja nur eine Enttäuschung werden... Seit Sommer stürze ich mich auf jeden Fitzel Musik, der von Los Campesinos! auf EPs, Singles oder im Netz (BBC Wales!) auftaucht, versuche die Band bei jeder Gelegenheit live zu sehen, wobei die Gelegenheiten knapp sind, denn LC! hatten innerhalb von sechs Monaten zwei Konzerte, die ich sehen wollte, abgesagt - in Berlin und in Stockholm, eine Quote, die selbst die Babyshambles und The Enemy nicht hinbekommen haben. Auslöser für meine Euphorie war ein sagenhafter Auftritt in einem knallvollen, riesig großen Festivalzelt beim Wireless Festival im Londoner Hydepark. Oliver hatte mir damals gesagt, daß wir uns die ansehen sollten, er habe von Los Campesinos! gelesen, die könnten etwas für uns sein. Das Zelt, in dem anschließend die Good Shoes, The Twang und die Rakes auftraten, war eine einzige Party während des kurzen aber extrem knackigen Auftritts der Band aus Cardiff. Obwohl ich keines der Lieder kannte, war ich sofort hin und weg, spätestens "You! Me! Dancing!" mit all seinen Glöckchen, Rasseln und Geigen bescherte mir eine neue Lieblingsgruppe.

Im November konnten wir die nicht aus Wales stammenden Waliser dann in voller Länge in Brüssel sehen und dabei einige der neuen Lieder erstmals hören. Mittlerweile ist das Album "Hold on now, youngster" erschienen und die Band auch endlich in Köln zu sehen. "Hold on..." klang bei den ersten Malen etwas fremdlich. Ursache dafür war sicher erst einmal der neue Mix des vorher im Netz veröffentlichten "Death to Los Campesinos!", der nicht an das Original rankommt. Einige der neuen Lieder klangen anfangs nach sehr viel Geschreie, das Album damit insgesamt schlechter als die meisterliche EP "Sticking fingers into sockets." Aber nach und nach gewinnt "Hold on..." in meinen Ohren immer mehr. Lieder wie "Drop it doe eyes", "Broken heartbeats..." oder "Knee deep at ATP" sind fabelhaft und gerade aktuelle Lieblinge!

Ich hatte also eine nicht zu knappe Erwartungshaltung...

Das Luxor (Raider heißt jetzt Twixx) ist im Februar umgebaut worden. Es gibt neue Tapeten, neue loungige grüne Lampen an den Wänden, alles sieht aufgehübscht aus. An Bühne, Tanzfläche und Schlauchform (wie auch) des alten Prime Clubs hat sich nichts geändert. Auf dem Fernseher im Eingangsbereich lief noch DFB Pokal, als sich der Club langsam füllte. Ich hatte ganz ehrlich befürchtet, daß es ein Zuschauer-Desaster geben könnte, daß LC! vor 20 Leuten spielen könnten. Gitarrist Neil Campesinos! hatte mir zwar vorher in einem kurzen Interview (folgt!) gesagt, sie spielten lieber in Clubs als auf Festivals, auch gerne vor einer Handvoll Leuten, aber es wäre mir ganz schrecklich peinlich gewesen, wenn in einer der größten deutschen Städte niemand gekommen wäre. Trotz Nada Surf am gleichen Abend in
Köln und trotz der nicht-Mainstream-Musik der Waliser füllte es sich aber recht gut. Puh!

Tja, und dann begann die Vorgruppe. So richtig kann ich dazu nichts schreiben, meine Meinungsbildung stockt ganz gewaltig. John Goldtrain heißt der Sänger (oder die Band?), der schon auf seiner myspace-Seite exzentrisch aussieht. John trug eine rotglänzende Glitzerjacke, die aus Geschenkpapierfolie gemacht zu sein schien. An der Jackenrückseite waren Engelsflügel befestigt, an einem Stirnband dazu passende Federn und eine Stoffrose.
Durch drei schwarze Linien unter jedem Auge bekam das Outfit noch etwas mehr Drama, Baby. Die neben ihm stehende Sängerin hatte zwar keine Flügel, dafür aber auch den Augenschmuck, während der Kontrabass-Spieler auf der anderen Seite einen Tom Sawyer-Strohhut trug. Komplettiert wurde diese illustre Truppe durch einen zweiten Gitarristen, einen Schlagzeuger und Wolke-Keyboarder Benedikt Filleböck.

Die Musik war ganz anders als die Outfits, nämlich gar nicht verkehrt, schöne Poplieder mit harmonischer Instrumentierung. Songs for the radio. So ohne Bild eben. Leider fehlte nur etwas, das ich im Soundcheck gehört hatte, nämlich eine kurze Passage "Reality" aus "La Boom"...

Gegen zehn dann endlich Los Campesinos! (das Ausrufezeichen ist wichtig, das unterscheidet sie nämlich von einer mexikanischen Gruppe gleichen Namens, die man letztes Jahr bei amazon, iTunes, lastfm und google regelmäßig vorgesetzt bekam, wenn man nach LC! suchte - das erinnerte fatal an die The Twangs).

Auf der Bühne waren all die tollen Instrumente aufgebaut, die die Musik der Waliser so aufregend machen, Glockenspiel, viele Keyboards, Harriets Geige, Glöckchen, Rasseln und recihlich Mikros. Erstes Lied war "
Broken heartbeats sound like breakbeats", das auf Platte mit von allen gebrülltem Anzählen beginnt. Hier begannen sie auf Deutsch. Und mit dem eingeschrieenen "Eins, zwei, drei, vier" startete eine herrliche Party!

Gareth, Aleks (nicht Alex, liebe Visions), Ellen, Ollie, Neil, Tom und Harriet Campesinos! haben ganz offensichtlich riesigen Spaß bei dem, was sie da tun, also genau so, wie man es bei ihrer Musik vermutet. Und den hatten wir als Publikum auch. Sänger Gareth versuchte, uns auf Deutsch zu begrüßen. Seine
Deutschkenntnisse beschränkten sich jedoch seiner Aussage nach auf "ich möchte ein Eis essen" und taugten nicht für Smalltalk. In Antwerpen einen Tag zuvor sei ihnen ein richtiges Sprachdesaster passiert. Gitarrist Tom, dessen Mutter Französischlehrerin sei, hätte die Konzertgänger auf Französisch begrüßt. Sie dachten, das sei in Belgien bei einer 50:50 Chance die richtige Wahl. Das flämische Publikum nicht...

Mit uns gab es keine Probleme. Wir waren nett und begeisterbar. Ein sehr geschickt aufgebautes Set, das ältere, bekanntere Hits und neue Titel abwechselte und sich dabei die ganz großen Abräumer für den Schluß aufsparte. "Broken heartbeats" ging
ohne Pause in "Please don't tell me to do the math(s)" über, bei dem das ganze Luxor schon mitbrüllte "Don't read Jane Eyre!"*

Konzerte von Los Campesinos! laufen so ab: Rechts stehen die beiden Gitarren (Tom & Neil) und Harriet, die Keyboarderin und Violinistin (die mit Blümchenrüschenbluse und
Perlenkette toll aussah). Links stehen sich Gareth und Aleks mit ihren Keyboards und dem Glockenspiel gegenüber. Beide tragen auch die Hauptgesanges-Parts. Hinter ihnen dann Bassistin Ellen, die grundsätzlich den coolsten Eindruck macht. Aber auch sie hatte sich besonders herausgeputzt. In Brüssel trug sie noch ein Bright Eyes T-Shirt zu Jeans, in Köln ein schwarzes Kleidchen und einige Ketten (eine konzerttauglichere Version von Nicole Kidmans Oscar-Outfit - aber ich schweife ab). Am Schlagzeug sitzt schließlich Ollie, dem es immer zu warm bei Konzerten ist, er spielt nämlich mit nacktem Oberkörper (und Militär-Hose). Während der Rest seine Instrumente spielt, tauschen Aleks und Gareth ihre Plätze und ihre Aufgaben. Meine Lieblingsszene war die, als Gareth der rothaarigen Aleks den Glockenspielschlegel reichte und sie rübergriff und bei ihm spielte, während er sich vorbeugte, um auf ihrem Keyboard zu klimpern.

Aber es gab so viele Lieblingsszenen, verflucht...

Zum Beispiel bei "
The international Tweexcore underground": Denn den Text der Single hatte Gareth (für mich zunächst unbemerkt) umgedichtet. Aus "Sarah Records never meant anything to me" wurde ganz ernsthaft "Lukas Podolski never meant anything to me"... Ich liebe Euch!

Nach "
We are all accelerated readers" unterbrach Tom Gareth bei dessen nächster Ansage. Er habe nämlich ein Lied auf Deutsch geschrieben, das er gerne vortragen wollte. Das Lied funktionierte so: Tom sang "Hallo, wie heißt Du? Ich heiße Thomas", reichte das Mikro an den nächsten weiter - so stellteich die ganze Band vor. Unglaublich niedlich!

Irgendwann fragte Gareth, ob wir das Ergebnis des Bayern-Spiels wüßten. Das Luxor sei der zweitbeste Club, den er kenne. Hinten eine Bühne und vorne Fernseher mit Fußball seien schließlich ein Traum. Der FC Köln spiele ja nicht so toll, was er dann aber schnell wieder korrigierte. Von Köln hätten
sie leider nicht viel gesehen. Neil und er hätten zwar den Dom ansehen wollen, dabei aber ein wenig Pech gehabt. Sie hätten sich an der Park-Richtung des Tourbusses orientiert und wären dann gut zwei Kilometer in eben diese Richtung gegangen - die Luxemburger Straße entlang raus aus der Stadt. Eine nette Frau, die viel besser English gesprochen habe als sie beide, habe sie dann über den Fehler aufgeklärt, mit dem Ergebnis, daß sie bei McDonald's gelandet wären und nichts von Köln gesehen hätten. Eigentlich ein schöner Grund, bald wieder zu kommen, oder?

"You! Me! Dancing!" begann ungewohnt. Gareth sang (oder sprach) irgendetwas
Gecovertes in den Intropart rein, leider habe ich das nicht erkannt. Glücklicherweise bietet sich Samstag die Möglichkeit, da noch einmal näher zuzuhören, denn da spielen die Waliser bei Rock im Saal in Haldern (juchuuu!).

Wer einen fabelhaften Konzertabend mit einer unglaublich sympathischen und charmanten Band erleben will, sollte sich die jungen Briten keinesfalls entgehen lassen! In den nächsten Tagen spielen die sieben einige Termine in Deutschland und Frankreich:

28.02.08 Lido, Berlin
29.02.08 Atomic Café, München
01.03.08 Rock im Saal, Rees-Haldern
04.03.08 Nouveau Casino, Paris

Nach etwa einer Stunde und dem Abschluß mit
"We throw parties you throw knives" und "Sweet dreams, sweet cheeks" folgte der Hidden Track des Albums "2007, the year punk broke (my heart)" als Zugabe. Ein wunderbarer Abend! Eine Band, die man lieben muß, weil sie so furchtbar nett (im guten Sinne) wirkt und wahnsinnig viel Spaß hat. Egal, ob man die Musik mag oder nicht. Aber ich mag sie, das macht so Abende doppelt schön. Mindestens. Und alles andere als eine Enttäuschung!

Setlist Los Campesinos! Luxor, Köln:

01: Broken heartbeats sound like breakbeats
02: Don't tell me to do the math(s)
03: Death to Los Campesinos!
04: This is how you spell, "Hahaha, we destroyed the hopes and dreams of a generation of faux-romantics"
05: Drop it doe eyes
06: The international Tweexcore underground
07: Knee deep at ATP
08: My years in lists
09: Frontwards
10: We are all accelerated readers
11: ... and we exhale and roll our eyes in unison
12: You! Me! Dancing!
13: We throw parties you throw knives
14: Sweet dreams, sweet cheeks

15: 2007, the year punk broke (my heart) (Z)

Links:

- Los Campesinos! beim Wireless Festival in London 2007
- Live in Brüssel 2007
- Und live in Paris im November 2007
- Mehr Fotos




* Don't panic!:
bitte hier lesen!

Das gesamte Interview mit Ollie und Neil Campesinos! findet ihr hier!



Islands, Paris, 27.02.08

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Konzert: Islands

Ort: Le Point Éphémère, Paris (Point FMR)
Datum: 27.02.2008
Zuschauer: gut gefüllt



Tic Tacs, diese kleinen Kügelchen, die den Atem verbessern, habe ich seit langer Zeit nicht mehr genommen. Irgendwie hatte ich diese Dinger verdrängt. Gestern aber war ich im Kino (seit Ewigkeiten mal wieder) und zwar in dem reizenden Film "Juno" und der Losertyp, der beim Dauerlauf immer Letzter war, am Ende aber doch die süße Juno abkriegt, hat die kleinen Pastillen gleich tonnenweise in sich reingeschüttet. Da dachte ich mir heute: Probier's doch auch mal wider mit Tic Tac, vielleicht fliegen dann auch die schnuckeligen Mädchen auf Dich! Allerdings habe ich die in der Geschmacksrichtung Minze genommen, Orange (die der Kerl im Film mampft) fand' ich schon als Kind immer ein bißchen eklig und außerdem bekommt man davon eine bunte Zunge


Mit geschätzten fünf Kügelchen auf einmal im Mund, kam ich dann etwas abgehetzt im Point FMR an. Ein toller Schuppen, ein altes Fabrikgebäude, daß idyllisch am Canal St. Martin liegt. Zwar sind die Typen, die an diesem Kanal so rumlungern -gerade gegen Abend- nicht unbedingt die vertrauenserweckendsten Menschen von Paris (ganz in der Nähe wurde ich nämlich einmal vor dem MacDonalds fast von einer Jugendbande abgezogen; die Typen sahen meinen Burger und wollten den oder wahlweise Geld haben), aber drinnen sind die Bobos, sprich die Typen, die Bildung haben und sich gerne als Künstler geben, unter sich.

Als ich den Saal mit seinen typischen Stahlkonstruktionen betrat, spielten gerade noch die entzückenden jungen Pariser von Revolver, die ich schon von der Maroquinerie her kannte. Auch heute wieder brachten sie lieblichste Chorgesänge im Stile der Beatles, oder der Zombies und hätten durchaus auch gut den Soundtrack zu "Juno" mitgestalten können. Auch Streicher (Violincello) waren mit dabei und wenn einige musikliebende Pariser nicht aus Prinzip Vorurteile gegen französische Bands hätten (insofern verhält es sich hier ähnlich wie in Deutschland), wären sie noch mit deutlich größerem Applaus verabschiedet worden. Pop de chambre - Kammerpop nennen sie ihren Stil selbst und dies trifft es ziemlich gut; ihre wundervolle Musik, in der es auch prima "Lalala-Passagen gibt, sollte jeder Mensch mit Geschmack kennnen-und liebenlernen.

Als Revolver die Bühne verlassen hatten, traf ich eine nette Französin, die ich beim Festival des Inrocks kennengelernt hatte. Mit frischem Atem konnte ich der Süßen dann die landestypischen Begrüßungsküßchen geben und gemeinsam mit ihrem Begleiter warteten wir auf die Islands. Ich konnte damit punkten, die Islands schon einmal In Haldern (2006) gesehen zu haben. Das Haldern-Pop Festival kann halt eben immer mit interessanten Gruppen aufwarten!

Dann ging das Licht aus und die sechs Musiker legten los. Zunächst verhalten, später aber deutlich schneller und phasenweise auch rockiger. Im Grunde genommen wurde pausenlos Tempo und Rhythmus gewechselt. Auch die Musikstile änderten sich von Stück zu Stück. Mal kamen sie postpunkig, dann wieder postrockig (ein wenig wie A Silver Mt.Zion), ein anderes Mal indierockig (wie Pavement), oder schließlich powerpoppig (wie die New Pornographers) daher. Aufgrund der zwei Geigen, die von flinken asiatischen Fingern gespielt wurden, drängte sich einem aber natürlich in erster Linie der Arcade Fire-Vergleich auf (obwohl die Hidden Cameras stilistisch näher dran wären), die Islands aber als bloße Klone ihrer berühmten kanadischen Landsleute zu bezeichnen, wäre grob unfair. Sie sind vielmehr eine Mischung aus unzähligen guten Indie-Bands (man könnte jetzt auch noch Of Montreal, Clap Your Hands Say Yeah, Final Fantasy, Voxtrot, Spoon und viele andere nennen) und das Ergebnis ist erstaunlich eigenständig. Sie haben im Grunde von allen nordamerikanischen Gruppen irgend etwas. Und das kam beim Publikum ziemlich gut an. Zwar gab es wenige wirklich tanzende Menschen (von Crowdsurfing ganz zu schweigen), aber die Gesichter der Besucher schienen durch die Bank weg heiter und angeregt. Auch die Band fühlte sich sichtbar wohl, Ex-Unicorn Sänger Nick Diamond merkte gleich mehrfach positiv an, daß er ganz begeistert von der "audience" sei:" You make me trippy!".

Ein interessanter Kerl, dieser Nick, ausgestattet mit einer ganz außergewöhnlichen Stimme, die zwischen Conor Oberscher - Verzweiflung und Win Butlerscher - Angriffslust hin-und herschwankte. Manchmal ging sie aber auch Richtung Falsett und dann passte auch der oft gebrachte Of Montreal-Vergleich. Den Tonwechsel kriegte er fast fließend hin, das war schon verblüffend. Auch der Rest der Band wußte zu überraschen. Das gab es die bereits erwähnten hyperaktiven asiatischen Brüder an den Geigen (bzw. in einem Falle auch am Keyboard), einen cool wirkenden farbigen Bassisten, einen euphorischen Drummer und einen hochgewachsenen Gitarristen, der nicht nur durch seine Ansagen auf französisch positiv auffiel, sondern auch durch seinen Instrumentenwechsel von Gitarre zu Saxofon.

Was die gespielten Titel anbelangt, gab es eine Mischung aus bekannten Stücken von dem Vorgängeralbum "Return To The Sea" und neuen, mir logischerweise noch unbekannten Stücken, von dem im Laufe des Jahres erscheinenden Nachfolger. Einer der Neulinge wurde gleich am Anfang gespielt, "The Arm", das man sich auch bei MySpace anhören kann. Bis zur ersten Pause wurde eine gute Stunde musiziert, bevor das Sextett zurückkam und eine Cover-Version von Sinead O'Connor zum Besten gab, "Red Football" ("I'm not no animal in the zoo"). Kannte ich nicht, dafür aber das sehnlich erwartete "Swans", der erfrischende über 9 minütige Opener des letzten Albums, der die bisher größten Begeisterungsstürme auslöste. Danch schien wirklich Feierabend zu sein, aber das angetane Publikum kam abschließend noch in den Genuß des launemachenden "Rough Gem".

Fazit der zwei letzten Tage:

Ich sollte a) mal wieder öfter ins Kino gehen
b) regelmäßig Tic Tac konsumieren
c) häufiger in das von mir zu unrecht vernachlässigte Point FMR pilgern

Setlist Islands, Point FMR, Paris:

01: Vertigo
02: The Arm
03: Creeper
04: Pieces
05: Where There Is A Will There Is A Whalebone
06: Quitter
07: Rushes
08: Abominable Snow
09: Swim
10: Don't Call Me Whitney, Bobby

11: Red Football (Sinead O'Connor Cover)
12: Swans

13: Rough Gem




Montag, 25. Februar 2008

MGMT, Paris, 25.02.08

2 Kommentare

Konzert: MGMT

Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 25.02.2008
Zuschauer: wahrscheinlich ausverkauft



"Casse toi, pauv' con!" - Hau ab, Du armer Depp.


Auf der französischen Landwirtschaftsmesse "Salon de l'agriculture" in Paris flogen dieses Jahr verbal die Fetzen. Was war passiert? Ein Messebesucher hatte Präsident Nicolas Sarkozy angepöbelt, während der Staatsmann pflichtgemäß Hände schüttelte. "Fass mich nicht an, Du beschmutzt mich!", hatte der unhöfliche Gast dem Frischvermählten entgegengeraunt und dieser ließ sich provozieren und antwortete prompt mit dem eingangs zitierten Satz. Benimmt sich so ein Präsident?, fragen sich jetzt einige Franzosen und vor allem die Gegner Sarkozy's schlachten die obendrein auf Video festgehaltene Story genüßlich aus.

Bloß, war das wirklich eine solch schlimme Entgleisung? - Ich persönlich denke nein. Natürlich gebietet ein hohes politisches Amt auch ein würdevolles Auftreten, aber, mein Gott, Politiker sind auch nur Menschen! Auch sie haben keinen Bock darauf, ohne Grund von der Seite angemacht zu werden und reagieren auf Pöbeleien wie fast jeder entsprechend gereizt (auch Kurt Beck soll ja kürzlich in Bayern auf Beleidungen eines Besoffenen mit "Du dummer, alter Mann" reagiert haben, das zieht sich also durch alle Parteien). Das Hochamüsante an dem Verhalten von Sarkozy war überdies, daß er nachdem er die aggressiven Worten gesprochen hatte, liebenswürdig, ja fast gütig dreinblickte, so als hätte er seiner Carla gerade "Isch liebe Diiisch" ins Ohr gehaucht...

Es herrscht also gerade ein erhitztes Klima in Paris, Menschen beleidigen sich gegenseitig, insgesamt also eher unschön und wenig friedlich. Was tut man also, um Liebe und menschliche Wärme in sein Herzchen zu lassen? - Richtig, man geht auf ein friedvolles, ja gar peaciges Konzert. Die Amerikaner MGMT boten sich hierfür geradezu vorzüglich an. Tahiti Boy And The Palmtree Family als Vorgruppe hatte wunderbar übergeleitet, denn die Band, des kleingewachsenen Sängers und Pianisten (in der auch der Schlagzeuger von Hopper und The Rodeo agiert), spielte am Ende ihres abwechslungsreichen Sets ein Stück namens Brooklyn. Und genau daher kommen auch die fünf Typen von MGMT.

"Nous sommes très heureux d'être ici ce soir" -wir sind sehr froh hier zu sein, stellen sich die leicht kauzigen, im Moment stark gehypten , Typen artig vor. Das war also schon einmal eine erfreulich friedliche Ansage und auch die Musik war etwas für (Neo)- Hippies. Der Hauptsänger hatte ein zart rosafarbenes Tuch in den Haaren, mit dem er seine Lockenpracht etwas bändigte, der zweite Sänger und Gitarrist rötlich-blonde Haare und der dritte Mann an einem Saiteninstrument (Bass) ein unglaublich psychedelisch wirkendes, überwiegend lilafarbenes Jimi-Hendrix T-Shirt an (ein wahnsinnig häßliches Teil!).

Alles war also angerichtet für einen stimmungsvollen Konzert-Abend und der wurde es dann auch. Schon der Beginn mit "Weekend Wars" war spektakulär, vor allem in gesanglicher Hinsicht, da wurde nämlich mit leicht schräger Falsett-Stimme lieblichst gesungen, bevor das Tempo angezogen wurde und auch eine markante Orgel einsetzte. Das Ganze wirkte irgendwie esoterisch, stark Seventies angehaucht, aber auch neuartig und spannend. Zwar werden in der Fachpresse oft Parallelen zu den Psycho-Poppern Of Montreal und kitschigen Kultbands wie Queen oder den Sparks gezogen, aber die Newcomer bieten wirklich jede Menge Eigenes. Und mit dem Flaming Lips - Produzenten Dave Friedmann haben sie wirklich einen Spitzen-Mann an den Reglern für ihr erstes Album "Oracular Spectacular" gehabt. Der Opener dieses Werkes und auch Titeltrack der ersten EP "Time To Pretend" kam dann gleich an zweiter Stelle. Zunächst hörte man eine sehr einprägsame Keyboard-Melodie (die an verschiedenen Stellen wiederkehrt) und dann wieder diesen abwechselnd lieblich-hohen Gesang. Getragen von einer zarten Melancholie hatte dieser Song fast hypnotische Wirkung. Ein Auftakt nach Maß!

Auch in der Folge war das Set mit klanglichen Überraschnungen vollgepackt. "The Handshake" beispielsweise begann soft und gesanglich irgendwie sehr nach Supertramp klingend (ou-whouh-Passagen inklusive), bevor das Stück gegen Ende in ein psychedelisches 70 er Jahre Heavy-Metal Stück abdriftete. Cool! Und durchgängig abwechslungsreich! "Pieces Of What" wiederum hatte fast etwas von Oasis und anderen Britpop-Bands der Neunziger. Ansonsten war oft spaciger Glam- Prog-Rock Trumpf, immer wieder dominiert von der mal schnell polternden, mal esoterischen Orgel und dem hohen Gesang (eigentlich sind der Sänger und der Orgelspieler die Band MGMT, live treten sie jedoch inzwischen zu fünft auf), aber auch von zwischenzeitlich eingestreuten längeren Gitarrensoli, die lange Zeit bei Hörern und Musikkritikern verpönt waren.

So ging das Ganze dann kunterbunt und abgefahren (die seltsamen Keyboardgeräusche!) gut eine dreiviertel Stunde lang, bevor die komischen Typen für eine Weile verschwanden. Natürlich forderte das sichtlich angetane Publikum mehr und bekam prompt auch noch zwei Titel geboten. Witzigerweise hatte der Drummer inzwischen obenrum etwas angezogen und spielte anstelle des trommelnden Sängers Gitarre. Und er hatte nicht irgendetwas übergestreift, sondern interessanterweise ein T-Shirt von...Joy Division! Nicht, daß sich das musikalisch jetzt nach Ian Curtis und Konsorten angehört hätte, nein, nein, keineswegs! Eher nach einem kuriosen Elektro-Trash, vor allem dann als die zweite Zugabe "Kids" ertönte. Die beiden Bandgründer (also Sänger und Keyboarder) tanzten am Ende Arm in Arm und im Falle des Keyboarders immer noch mit nacktem Oberkörper ausgelassen wie Schüler auf der Abi-Fete. Ein köstlicher und friedvoller Anblick!

In der Maroquinerie hat man sich halt eben gern, da geht es nicht zu wie auf dieser Landwirtschaftsmesse...


Setlist MGMT, La Maroquinerie, Paris:

01: Weekend Wars
02: Time To Pretend
03: The Handshake
04: Future Reflections
05: 4th Dimensional Transition
06: Pieces Of What
07: Electric Feel
08: Metanoia
09: Of Moons, Birds and Monsters

10: The Youth
11: Kids

Konzertdauer: eine knappe Stunde

Noch mehr Bilder von MGMT, sprich Männern mit Locken und nacktem Operkörper (prüde Menschen bitte fernbleiben!)

Konzerttermine von MGMT (Auswahl):

6. März 2008: Amsterdam (Paradiso)
7. März 2008: Berlin (Lido)





Jens Lekman, Frankfurt, 24.02.08

11 Kommentare

Konzert: Jens Lekman

Ort: Mousonturm, Frankfurt
Datum: 24.02.2008
Zuschauer: gut 3/4 voll


Frankfurt ist eine Stadt, die mich früher nie gereizt hat; weder Einkaufen noch Weggehen sind da verlockender als in Köln, von Stadionbesuchen ganz zu schweigen. Allerdings wurde mir gestern auf der Fahrt an den Main klar, daß ich in Frankfurt noch nie ein schlechtes Konzert gesehen habe. Es waren zwar insgesamt noch nicht furchtbar viele, die dann aber alle sehr gut. Auch gefallen mir alle Clubs und Säle, die ich kenne, ausgezeichnet, das niedliche Cooky's, das lustige Bett oder der für Konzerte perfekte Mousonturm. So war ich auch nicht furchtbar traurig, daß ich Jens Lekman nicht wie ursprünglich geplant in Köln sehen konnte, sondern nach Frankfurt ausweichen mußte, da am kommenden Samstag Rock im Saal mit Los Campesinos!, den Kilians und Kula Shaker in Haldern stattfindet und das wegen der Waliser bei mir gesetzt ist.

Gesehen hatte ich Jens Lekman vorher noch nicht, weil ich seine Platten aber sehr schätze (trotz des - Zitat Oliver - hohen Zuckergehalts), wollte ich ihn nicht noch einmal verpassen. Zunächst aber eröffnete eine für mich unbekannte Vorgruppe den Abend: Kim Ki O aus Istanbul. Kim Ki O sind zwei junge Frauen, die Synthesizer und Keyboard (Ekin Sanac) und
Bass (Berna Gol) spielen. Zwischen den beiden stand ein mit Tisch mit Decke, auf dem sich unter anderem ein knallroter Kassettenrekorder mit Bandfähnchen befand. Die Musikerinnen wirkten ziemlich schüchtern, ihre Musik auch. Mich erinnerte das an Mates of State oder Au revoir Simone, mit weniger Gesang. Die elektronischen Melodien waren nämlich nur selten mit viel Sangesparts unterlegt. Anfangs waren auch beide Stimmen extrem leise, später wurden sie lauter, das wichtigste Element bei der Musik der Türkinnen sind sie aber sicher nicht. Mir hat das, was sie gespielt haben, sehr gefallen, wenn es auf Dauer auch ein wenig vom Reiz einbüßte (sie spielten immerhin 50 Minuten).

Schüchtern waren auch die Ansagen von Ekin und Berna. Bei einem Stück entschuldigten sie sich, daß wir den Text nicht verstehen würden, das Lied sei auf Türkisch. In der Türkei verstünde den aber auch niemand. Aber trotz aller Schüchternheit merkte man den beiden an, wie verzückt sie waren, Jens Lekman zu begleiten. Auf ihrem myspace-Blog schreiben sie: "This is more than a dream, this cannot be happening.." Doch, konnte es. Und gut war es.


Es wurde aber natürlich noch viel besser...

Jens Lekman kam nämlich schon einmal mit einer ausgewachsenen Band auf die
Bühne. Er hatte nicht nur eine Schlagzeugerin, einen Bassistin und einen Notebook-, Drumcomputer- und Effekt-Mann dabei, rechts auf der Bühne bauten sich auch eine Cellistin und eine Violinistin auf. Mir fehlte zu meinem Glück eigentlich nur ein Glockenspiel - doch auch da sollte ich noch auf meine Kosten kommen.

Die Streicherinnen gehören vermutlich nicht zum Standardensemble, sie trugen nämlich schon einmal nicht
die offiziellen Band-Schuhe. Jens und die anderen drei hatten weiße Lackschuhe an. Um den Hals hatten alle (auch die Streicherinnen) Schlüssel an einem dünnen Bändchen (nein, nicht an solch einem albernen breiten Schlüsselband mit Bier- oder Handywerbung!). Die Schlüssel stammten wohl alle von Schränken oder Möbelschlössern, gehörten sicher nicht zu Zimmern oder Autos und haben mir ihr Geheimnis nicht offenbart.

Das Konzert fing an mit "
I'm leaving you because I don't love you" vom aktuellen Album "Night falls over Kortedala". Live ist der Klang der Lieder des Schweden etwas weniger popig, verliert aber nichts an seinem Charme. Sicher ist manches nicht ganz weit entfernt von Belle & Sebastian, aber vergleichen sollte man das wirklich nicht, das täte beiden unrecht. Jens Lekman ist ein grandioser schwedischer Künstler, der wundervollen Indiepop macht und, wie ich jetzt weiß, fabelhafte Konzerte spielt.

Die ersten beiden Lieder gingen ineinander über und das zweite ("
The opposite of Hallelujah") endete mit einem Luftglockenspiel-Solo von Jens. Köstlich!

"Have I ever been to Frankfurt?" "No? That's what I thought." Er sei in den letzten Jahren durch so viele kleine deutsche Städte getourt, daß er nicht sicher sei, ob er
schon mal am Main gewesen wäre. An Frankfurt hätte er sich aber vermutlich erinnert. Das war eine viel größere Ansage als "Frankfurt, seid Ihr gut drauf? Das ist die tollste Stadt für ein Konzert!" und hat Jens Lekman sicher keine Sympathien gekostet.

Und wenn schon, spätestens mit seinem Auftritt hätte er die spielend wieder erobert. Das Set bestand vor allem aus Liedern der letzten beiden Alben. Obwohl die meisten Stücke von "Night falls..." stammten, spielte die Band auch fünf Songs vom Vorgänger "Oh you're so silent,
Jens" und nur eines (natürlich: "You are the light") von "When I said I wanted to be your dog" von 2004. Komplettiert wurde das Programm durch "A little lost" von einer Arthur Russel Tribut-EP und dem wohl unveröffentlichten "New directions" (falls es so heißt).

Neben der wundervollen Musik war das Drumherum so schön! Bei einem Lied tanzten plötzlich alle Musiker auf der Bühne, auch die beiden Kim Ki O Frauen kamen dafür zurück (weit hatten sie es aber nicht, denn sie standen die ganze Zeit am Bühnenrand und tanzten das Konzert durch!), mal pfiff Jens, dann erzähle er trocken die herrliche Geschichte zu "A postcard to Nina", von einem irre langen Bustrip nach Berlin, um da ihre Eltern kennenzulernen, und von einem begeisterten Vater, der ihn ergoogelt hatte und fragte, ob es ihm etwas ausmache, wenn er Jens' CD auflege. Nach 50 Minuten bildete "Shirin" (über seine Frisörin, die er einmal im Monat besucht, das Lied spielte Jens schon solo) den Abschluß des regulären Sets. Keine Minute später stand er aber wieder da und gab die ersten beiden Zugaben. Nach "
Friday night at the drive-in Bingo" ("the silliest song I've ever written but it has a tear in it's eye, you'll probably notice") war die Pause dann schon länger. Das Fußstampfen habe ihn zurückkommen lassen, woher wir bloß wüßten, daß er dem nicht widerstehen könne. Die beiden folgenden Lieder ("A little lost" und "Sky phenomenon" spielte der Schwede wieder solo und begleitete sich mit einem komischen Instrument, einer Art Elektrozither oder Elektroglockenspiel (das war es beides nicht, man spielt es eher wie ein Klavier, es hat auch keine durchgängigen Saiten sondern kleine Metalltasten).

Weil auch danach noch niemand gehen wollte (obwohl es für einen Sonntag reichlich spät geworden war), kam Jens Lekman noch einmal und spielte "
Pocketful of money". Um zu verdeutlichen, daß danach Schluß sei und er seine Stimme schonen müsse, riß er sich dabei schon ein Stück Klebeband zurecht, mit dem er anschließend seinen Mund verklebte...

Ganz großartig, gar keine Frage! Auch wer Jens Lekmans Platten zu süß (um im Bild zu bleiben) findet, sollte ein Konzert auf alle Fälle genießen!

Setlist Jens Lekman Mousonturm, Frankfurt:

01: I'm leaving you because I don't love you
02: The opposite of Hallelujah
03: Black cab
04: It was a strange time in my life
05: Your arms around me
06: New directions
07: You are the light
08: A postcard to Nina
09: Maple leaves
10: Sipping on the sweet nectar
11: Shirin

12: A sweet summer's night on Hammer Hill (Z)
13: Friday night at the drive-in Bingo (Z)

14: A little lost (Arthur Russell Cover) (Z)
15: Sky phenomenon (Z)

16: Pocketful of money (Z)

Links:

- mehr Fotos vom Konzert in Frankfurt


 

Konzerttagebuch © 2010

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