Sonntag, 31. Mai 2009

Scott Matthew (& Laura Barrett), Köln, 30.05.09

7 Kommentare

Konzert: Scott Matthew (& Laura Barrett)
Ort: KulturKirche Köln
Datum: 30.05.2009
Zuschauer: fast alle Sitzplätze besetzt
Dauer: Scott Matthew gut 90 min, Laura Barrett 35 min


Erst in den vergangenen Tagen hatte ich mich zum ersten Mal mit dem in Australien geborenen New Yorker Musiker Scott Matthew beschäftigt. Zuvor war mir der Musiker vor allem wegen des großen Hypes suspekt - und wegen seines Barts. Beim
Hören seines aktuellen Albums (mit dem oft zitierten Titel There Is An Ocean That Divides And With My Longing I Can Charge It With A Voltage Thats So Violent To Cross It Could Mean Death) wichen meine Zweifel aber schnell der üblichen Neugierde.

Der Beschluß in die KulturKirche zu fahren, war aber bereits vorher gefallen, denn auf Laura Barrett war ich sehr gespannt. Vor einiger Zeit wurde ich durch das wundervolle Robot ponies auf die Solokarriere der Kanadierin hingewiesen. Ich hatte Laura Barrett als Teil der Hidden Cameras vor einiger Zeit im Gloria gesehen. Damals spielte sie Keyboard.

In der KulturKirche sah allerdings nichts danach aus, daß Laura wirklich das Vorprogramm bestreiten sollte. Für vier Musiker war oben vor dem Altar "eingedeckt". Es stand zwar links ein Keyboard, aber auch das sah nicht aus, als wäre
es für eine Vorgruppe aufgebaut. Merkwürdig war nur ein Kasten, der an Scott Matthews Platz stand. Ich hatte die stille Hoffnung, daß er vielleicht eine Art modernes Grammophon sein könnte, um Laura noch irgendwie in dem Abend unterzubekommen, rechnete aber nicht mehr damit, bis Gemeindepfarrer Thomas Diederichs uns in seiner Kirche begrüßte und viel Spaß bei Scott Matthew und Laura Barrett wünschte.

Die Kanadierin erschien, ging zu dem Kasten und entnahm ihm einen kleinen Holzklotz, schloß ein Kabel an und spielte darauf. Das Holzteil entpuppte sich als Kalimba, der Kasten als Gefäß für eine ganze Sammlung dieser Daumenklaviere. Kalimbas klingen ein wenig wie Spieluhren und sehr viel wie
diese kleinen Kinderdingse, die Metallwalzen mit kleinen Erhöhungen haben und ein Lied spielen, wenn man den kleinen Arm dreht (den des Geräts natürlich!). Bedient werden die Instrumente wie ein Gameboy.

Laura begann mit einem Instrumentalstück, das bereits riesigen Applaus auslöste. Lachend und furchtbar sympathisch bedankte sie sich dafür. "Too kind, too kind. An der Art wie ich das Wort "out"
ausspreche, merkt ihr, daß ich aus Kanada komme. Ich bin froh hier zu sein, und ihr seht alle sehr gut aus. Vielleicht bekomme ich so am Ende standing ovations."

Allerhöchste Anerkennung hatten die Soundleute verdient! Daß die KulturKirche auch schrecklichen Klang erzeugen kann, haben wir schon mehrfach erlebt (Interpol, Asobi Seksu), ganz selten aber habe ich außerhalb eines klassischen Konzertsaals solch brillanten Ton erlebt! Nicht nur die Kalimba-Klänge, auch Lauras Gesang füllten die Kirche glasklar aus. Nach jedem Lied wurde der Applaus noch etwas lauter; während Laura eine neue Kalimba aus dem Kistchen nahm. Die Instrumente sind wohl immer auf eine Tonart gestimmt.

Mein Liebling des halbstündigen Sets war Robot ponies, das "Werbejingle" über ein Produkt, das es noch nicht gab, als sie dieses Stück schrieb. Mittlerweile kann man
für ein paar Tausend Dollar die niedlichen Tierchen kaufen.

Nach einer halben Stunde, sieben Liedern und vielen
sehr charmanten Ansagen ("das ist mein erster Auftritt dieser Tour, ihr bekommt oft noch 'super smiley' Versionen der Lieder"...) war der Auftritt eigentlich beendet. Aber irrer Beifall erforderte eine Zugabe. Und die sollte interaktiv sein. "Wer von euch hat eine existentielle Krise? Das Lied ist für dich!" Leider weiß ich nicht, wie das Stück hieß, es war nämlich sehr schön. Laura sang verschiedene Zuschauer an: "Ich versuche Augenkontakt herzustellen und sage euch, was ihr aus Eurem Leben machen sollt", um das mit einem Lachen und "Who am I?" zu quittieren. Niedlich!

Setlist Laura Barrett, KulturKirche Köln:

01: Stop giving your children standardized tests, part one
02: Wood between worlds
03: Senior & the Blob
04: Robot ponies
05: Ferryland
06: Consumption
07: Deception Island Optimists Club

08: ? (People are people are animals, too) (Z)

Weil Laura Barrett so wenig Platz und Material benötigt hatte, ging der Umbau auch erfrischend schnell über die Bühne (haha!). Es blieb gerade mal Zeit, an einer der
beiden Bars im Eingangsbereich der Kirche Getränke zu kaufen (Plastik-Kölschgläser sind sehr praktisch!), bevor Thomas Diederichs den Hauptact des Abends ankündigte.

Der vor 12 Jahren aus Australien ausgewanderte Scott hatte drei Musiker dabei. Rechts neben dem Zottelbartträger spielte der Brite Sam Taylor Cello und Gitarre, auf der anderen Seite Bassist Eugene Lemcio und Keyboarderin Marisol Limon Martinez. Scott sah nicht bloß durch seinen Bart rasputinesque aus. Auch das schwarze, hemdähnliche Gewand mit den vielen breiten Silberketten ließ ihn russisch oder griechisch aussehen. Seine Frisur paßte dazu perfekt. Damit wäre er auch beim gerade stattfindenden Wave & Gothic Treffen ganz weit vorne. A propos: vorne hatte Scott längere Haare, an denen er dauernd rumspielte; hinten und an der Seite waren sie ausrasiert.

Das Konzert begann mit Dog vom aktuellen Album (das mit dem kompakten Namen), im Anschluß folgten mit einer Unterbrechung alle weiteren Titel der Platte
in gemischter Reihenfolge. "Scott Matthew präsentiert auf seiner Europatournee seine neue CD", war also durchaus wörtlich zu verstehen!

Wie schon im Vorprogramm war der Klang der Musik berauschend gut! Jede Nuance der Stimme des Sängers hörte man klar und deutlich, die Instrumente
dazu perfekt abgemischt! Es war ein echtes Vergnügen!

Die Referenz Anthony And The Johnsons ist zwar nicht originell, aber eben auch nicht von der Hand zu weisen. Die Melodien sind artverwandt, die Arrangements
ebenso. Auch Scotts Stimme hat etwas ähnlich Herzerweichendes wie die von Anthony, auch wenn der Gesang des englischen Amerikaners sicher deutlich besonderer ist.

Auch jenseits der Musik ähnelten sich die beiden Künstler auf der Bühne. Scott Matthew ist sicher viel nahbarer aber auch eine Ecke jenseits von allem Irdischen. Seine sehr sympathischen Ansagen klangen geschauspielert, obwohl sie spontan waren. Scotts Tonlage und Sprachmelodie, das häufige Lachen sind hochunterhaltsam. Ganz am Anfang zum Beispiel sprach er über die KulturKirche als Auftrittsort. "It's a little
bit... scary!" Er habe ein wenig Angst, weil seine Texte nicht immer kirchentauglich seien (Laura hatte die gleichen Bedenken; wie einschüchternd doch Kirchen auch im 21. Jhd. noch sind!). "We'll see what happens! He he!"

Den Titelsong der Platte wollte er mit einer kurzen Geschichte erklären. "In New York City Miss
Marisol Limon Martinez...", dann deutete er auf die Keyboarderin, und erwartungsgemäß brandete lauter Applaus auf. "... and I", worauf wieder laut geklatscht wurde, von Scott überhaupt nicht erwartet: "oh no! It wasn't meant to clap! He, he, he! Ich bin doch narzisstischer, als ich dachte!"

Leider fehlte mir bei There is an ocean that divides der Sprechpart von Marisol Limon Martinez, der auf der Albumversion einen gewissen
Kick ausmacht. Vielleicht habe ich den nur überhört? Eher unwahrscheinlich, weil man alles hörte.

Entgegen meiner Erwartungen spielte Scott auch mehrfach Gitarre. Ich hatte die überall verbreitete Geschichte natürlich auch gelesen, daß der Musiker seit einer Verletzung der Hand nur noch Ukulele spiele. Die Gitarrenparts haben im Studio Kevin Divine und das ehemalige Bandmitglied von Morrissey Spencer Cobrin eingespielt. Aber Scott spielte eben auch einige Male eine große Gitarre, ohne irgendwelche für meine Laienaugen feststellbaren Einschränkungen.

Mir gefielen For Dick, There is an ocean..., Every traveled road
und Ornament im regulären Teil des Konzerts am besten. Ornament kündigte der New Yorker übrigens mit seiner ganz speziellen Art an: "Vielen Dank, daß wir hier in dieser Kirche sein dürfen. Alle waren so nett zu uns! ... And now a song about taking drugs!"

Und dann gab es nach dem Schlußlied die standing ovations! Und natürlich waren Zugaben eingeplant. Die erste davon noch ein eigenes Lied - Abandoned vom ersten, selbstbetitelten Album. "Und jetzt spielen wir ein paar Coversongs."

Der erste davon war gleich ein Knüller! I won't share you, das letzte Lied vom letzten Smiths Studioalbum Strangeways, Here We Come war perfekt gewählt, denn es könnte ein Scott Matthews Stück sein, klang aber auch so sehr nach Morrissey. Toll!

Auch Cover zwei war ungewöhnlich (denke ich, es war mein erstes Scott Matthew Konzert):
Help me make it through the night von Kris Kristofferson. Im Anschluß an diesen Klassiker - und nach erneutem Verlassen der Bühne - spielte die Band ein drittes und letztes geliehenes Lied, Harvest moon von Neil Young.

Aber dann wollte Scott auch noch ein eigenes Lied spielen und den Abend damit abschließen. Wie schon vorher rief jemand Abandoned als Wunsch rein. Jemand anderes wolle aber lieber
Upside down. Der Sänger wollte das demokratisch entscheiden lassen, das Publikum nicht, es wollte beide. Nach großem Lachen entschied sich Scott, dem Wunsch nachzukommen.

Musikalisch war der Abend extrem wertvoll! Sowohl Scott Matthew als auch Laura Barrett beeindruckten mich durch ihre großes Talent und ihre tollen Lieder! Zurecht wurden beide lange gefeiert. Um den Abend genauso zu feiern, fehlte mir aber irgendetwas. Vielleicht kenne ich Scott Matthews Werke einfach zu wenig. Vielleicht ist aber trotz aller Güte auch das Künstliche, Abgehobene mir etwas zu weltfremd.

Setlist Scott Matthew, KulturKirche Köln:

01: Dog
02: Community
03: For Dick
04: Every traveled road
05: Wolverine
06: Thistle
07: Little bird
08: There is an ocean that divides
09: German
10: White horse
11: Ornament
12: Friends and foes

13: Abandoned (Z)
14: I won't share you (The Smiths Cover) (Z)
15: Help me make it through the night (Kris Kristofferson Cover) (Z)

16: Harvest moon (Neil Young Cover) (Z)
17: In the end (Z)
18: Upside down (Z)

Links:

- Scott Matthew beim letzten Haldern-Festival
- mehr Fotos aus der KulturKirche



Samstag, 30. Mai 2009

Malajube, Frankfurt, 29.05.09

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Konzert: Malajube
Ort: Sinkkasten, Frankfurt
Datum: 29.05.2009
Zuschauer: nicht furchtbar viele; 100 vielleicht
Dauer: 72 min


Frankfurt ist als Indie-Konzertstadt ziemlich komisch. Weil es für mich gut zu erreichen ist, informiere ich mich regelmäßig, welche Bands im Rhein-Main-Gebiet
auftreten. Und dabei habe ich in den vergangenen Jahren allerlei sehenswerte, meist aber auch mächtig skurrile Clubs kennengelernt. Entweder haben die sonderbare Namen (Das Bett, Clubkeller) oder sehen nach allem, nur nicht nach Musikkneipen aus (Cooky's). Aber das, was der Sinkkasten bot, stellte alles andere ganz locker in den Schatten!

Der Laden liegt in unmittelbarer Nähe der Zeil, der großen Frankfurter Einkaufsstraße, die auch nach Geschäftsschluß noch sehr belebt war (und uns beim Flucht-vor-der-Vorgruppe-Spaziergang fast eine ordentliche Prügelei geboten hätte). Praktisch für nicht-Frankfurter schien trotz dieser Innenstadtlage das direkt gegenüber liegende Parkhaus einer dahin dümpelnden Kaufhauskette zu sein. Vor der Schranke fanden wir aber heraus, daß es um 21.30 h schließt... der Laden ist nicht systemrelevant.

Der Club selbst ist köstlich. Geschnitten ist der Raum wie eine dieser Junggesellenabschieds-Kneipen mit mehreren Theken, vielen Säulen, Sitzgelegenheiten und einer mit Stahlgittern geschützen DJ-Kabine. Die Tanzfläche vor der Bühne hat einen Boden aus Metallplatten und ist umsäumt von Kinostühlen! Wie in einer südhessischen Dorfdisko! Die Vorstellung, auf diesen Sitzen eines der kommenden Programmhighlights zu sehen (THE 80's & more – Disco Party, THE 80's & 90's PART I – Disco oder die 8ZIGER DISCO Party...), ist irgendwie reizvoll...

Der Landdisko-Charme wurde dadurch verstärkt. daß enorm viele sehr jung aussehende Leute mit dazugehörenden Eltern durch den Laden liefen - Angehörige oder Freunde einer der beiden (!) Vorgruppen, ähh Special Guests (laut Ankündigungsflugblatt der Frankfurter Sparkasse 1822 - ich hatte erwähnt, daß es skurril war?). Beim Versuch, Bier und Cola zu bestellen, wurde ich von der einen Theke an die andere geschickt (die erste hatte nur eine andere Biersorte) und fragte den dortigen Barkeeper, wann es anfangen würde. Es erschien plötzlich eine besonders gute Idee zu sein, den Vorgruppen aus dem Weg zu gehen! Er schickte mich "zum Mischer" (oder zum "Micha", in Hessen weiß man das nicht so genau), der wie alle sehr nett war, leider aber auch nicht endgültig weiterhelfen konnte ("eigentlich sollten die schon lange spielen, oder meinst du die Franzosen, äh Kanadier, die nachher noch kommen?"). Nach der ersten der Taunusgruppen (The Seven Lost Cities Of Gold (gleich Abendessen)) setzten sich andere Eltern in die erste Reihe und zückten die Kameras. Als dann ein "Ausdrucks""tänzer" die zweite Band (The Mystic Onehand) durch einen Rudolf-Steiner-Gedächtnis-Tanz einleitete und begleitete, entschieden wir uns für eine zweite Flucht und malten uns aus, daß Malajube anschließend vermutlich vor leerem Saal spielen würden.

Schlechtes Timing ließ uns dann zu früh wieder im Saal sein. "Danke, daß ihr alle unseretwegen* gekommen seid! Sollen wir zum Abschluß noch was jammen?" Hilfe!

Endlich durften um halb elf Malajube ihre Instrumente aufbauen. Bei einer unserer Fluchten vorher waren wir der Band fast in die Füße gelaufen, als sie neben ihrem
Tourbus Footbag spielten (diese Mischung aus Fußball und Kleinkunst mit kleinen mit Sand gefüllten Bällen). Auch auf der Bühne schienen die vier viel Spaß zu haben, schon beim Aufbau lachten sie viel. Als sie schließlich um kurz vor elf anfingen, fielen mir zwei Sachen auf, die vollkommen ungewöhnlich waren: Sänger Julien Mineau hatte nichts auf dem Kopf, keine Kappe, kein Stirnband, keine Kaputze, und er sprach viel und war zu verstehen!

Reden musste er allerdings auch, denn es galt, Lücken zu überbrücken. Das Schlagzeug seines Bruders Francis wanderte nämlich. Erst fiel das Mikro der
Bassdrum von dem offenbar viel zu kleinen Podest, dann eines der anderen. Francis war vollkommen genervt, während der emsige Roadie runterfallende Teile auffing. Julien und Keyboarder Thomas (im lilafarbenen und aktuellen T-Shirt) redeten währenddessen in ihren herrlichen Singsang-Tonlagen mit uns. "Now I can play the Popeye Song for you!" - Thomas: "Popeye, why not?" - "You know Popeye? We love Popeye in Canada!"

Das Schlagzeugproblem löste sich nicht. Bei 333, einem der großen Hits der aktuellen Platte, fehlte in großen Teilen die Bassdrum, bei anderen Stücken spielte Francis merkbar zurückhaltend. Aber all das änderte nichts daran, daß Malajube so gut waren, wie ich sie noch nicht erlebt habe (es war mein sechstes Konzert, alle anderen waren schon ausgezeichnet).

Genau wie Francis hatte auch Bassist Mathieu nicht den einfachsten Auftritt seiner Karriere. Der Bewegungsdrang des großen Musikers wurde durch eine an der Decke hängende Box massiv eingeschränkt. Immer wenn er nach links (von sich aus) gehen wollte, war da dieser Lautsprecher. Am Ende schob er ihn verächtlich aus dem Weg,
aber seiner Laune schien das nicht zu schaden. Denn auch Mathieu lachte dauernd ins Publikum - vollkommen neu bei dieser tollen Band, sie menschelten richtig! Was so eine fehlende Kopfbedeckung alles bewirken kann.

Nicht nur der Gesamteindruck (oder auf Deppendeutsch "das ganze Paket") überragte, auch musikalisch waren Malajube perfekt. Vielleicht liegt das aber auch daran, daß mir die neuen Lieder mittlerweile wahnsinnig gut gefallen. Die Stücke der ersten beiden Platten sind ohnehin großartig, so bestand der Abend für mich nur aus Hits. Ich könnte jetzt auch nicht mehr sagen, was mein Liebling war, vor ein paar Wochen wären das sicher Stücke vom zweiten Album gewesen, heute nehmen sie sich nichts mehr.

Einer der alten Favoriten, Montréal
-40°C, schien mir verändert, mit mehr Keyboards. Richtig anders war aber dann die eigentlich sehr kurze Zugabe Le robot sexy vom ersten Album. And die anderthalb Minuten Lied schloß sich nämlich eine sicher fünfminütige Instrumentalverlängerung an, nicht schlecht!

Ich hätte nie gedacht, daß aus dem Abend noch etwas werden könnte, zu absurd war der Beginn. Aber es wurde! Die Band aus Québec ("we come from far away!") wird erstaunlicherweise immer besser! Wie schade, daß die Tour jetzt wieder vorbei ist, denn ich warte noch auf den Popeye Song! Julien klimperte (auch neu!) zwar beim ersten Verlassen der Bühne eine Melodie auf Thomas' Keyboards, ich bin aber nicht sicher, ob er es war; die Popeye Remake-Serie habe ich nie gesehen.

Es tut mir leid, das
vor allem denen sagen zu müssen, die die Band wegen des ausgefallenen Münster-Konzerts nicht sehen konnten, aber das war eine der Gruppen, die man 2009 erleben musste!

Setlist Malajube, Sinkkasten, Frankfurt:

01: Ursuline
02: Porté disparu
03: Casablanca
04: Casse-cou
05: 333
06: Fille à plumes
07: Etienne d'août
08: Collemboles
09: Pâte filo
10: Montréal -40°C
11:
La maladie
12:
Le crabe
13: Christobald
14: Keyboardvariationen

15: Luna (Z)
16: La monogamie (Z)
17: Le robot sexy (incl. "Frankfurt Jam") (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Malajube, Köln, 13.05.09
- Malajube, Berlin, 20.09.07
- Malajube, Köln, 11.09.07
- Malajube, Frankfurt, 06.08.07
- Malajube, Haldern, 04.08.07
- Malajube, Paris, 10.05.07
- Malajube, Paris, 21.03.07
- mehr Fotos aus dem Sikkasten!

Die aktuellen Tourtermine von Malajube:

30.05.09 Jubez, Karlsruhe
31.05.09 Paradiso, Amsterdam
(Quelle: myspace-Seite der Band)


* Das "unseretwegen" hat er nur gedacht, nicht ausgesprochen - aber es stimmte ja auch




Donnerstag, 28. Mai 2009

Bat For Lashes, Paris, 27.05.09

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Konzert: Bat For Lashes

Ort: Le Bataclan, Paris
Datum: 27.05.2009
Zuschauer: ausverkauft (1300)
Konzertdauer: 70-75 Minuten



Schon nach ein paar Stücken des Konzertes von Bat For Lashes frage ich mich, wo die Magie von damals geblieben ist. Ich erinnere mich etwas wehmütig an ein Konzert von Natascha Khan in der Maroquinerie. Im März 2006 war das und sie spielte im Vorprogramm der Schotten My Latest Novel. Es waren kaum Leute da, aber die wenigen, die früh erschienen waren, hatten ein Schimmern in den Augen und waren ganz angetan von der Schönheit, der Feenhaftigkeit und der Anmut des intimen Vortrages der attraktiven Brünetten und ihrer Mitmusikerinnen.

Seitdem ist viel Zeit ins Land gegangen. Die damaligen Headliner My Latest Novel haben ein neues Album auf den Markt gebracht, spielen aber weiterhin in kleinen Indieclubs vor recht wenigen Zuschauern. Natascha Kahn alias Bat For Lashes ist aber ein richtiger kleiner Star geworden. Sie tritt inzwischen im mittelgroßen Bataclan auf, der immerhin 1300 Besuchern Platz bietet. Heute ist die Location komplett ausverkauft! Die Zuschauer, unter ihnen die formidable französische Sängerin Barbara Carlotti und der farbige Musiker Spleen, sehen und hören allerdings ein Konzert, das Probleme hat, in die Gänge zu kommen. Ob es an der unerträglichen Hitze liegt (erstaunlich eigentlich, denn die Außentemperaturen sind heute recht kühl!), oder daran, daß der Sound von Bat For Lashes deutlich diskolastiger, elektronischer und kühler geworden ist? Ich persönlich habe zumindest Probleme, irgendetwas zu empfinden, obwohl die tolle Hauchstimme von Natascha Khan immer noch so schön wie früher ist. Mindestens die erste halbe Stunde geht komplett an mir vorbei. Ein erhöhter Puls? Ergriffenheit? Berührtheit? Fehlanzeige! Natascha setzt sich wie gewohnt gekonnt in Szene, aber der Sound ist dermaßen perfekt, keimfrei und glattgeschmirgelt, daß man sich fragt, ob man Zeuge eines Playbackauftritts wird. 80er Jahre Diskomucke, die kaum Gefühlsregungen zulässt. Die Stimmung im Bataclan kann man auch nur als mittelmäßig bezeichnen, vor allem, weil dieser Saal normalerweise sehr dankbar ist und relativ leicht in einen Hexenkessel zu verwandeln ist. Das Publikum scheint die alten Lieder vom ersten Album Fur And Gold viel besser zu kennen als die Neuheiten von Two Suns. Immer wenn ein altes Stück angestimmt wird, geht ein kurzer Aufschrei durch die Menge. Aber selbst die "Oldies" kommen im neuen, diskolastigen Gewande daher, mit Folk hat das Ganze so gut wie gar nichts mehr zu tun. Bei Horse and I nimmt eine Blondine neben Natashas Piano Platz und performt mit ihr zusammen den Song Horse And I. Daniel wird zunächst in einer reduzierten Version zusammen mit einem männlichen Pianisten dargeboten. Trotz dieser Rochaden bleibt das Ganze irgendwie fad und wenig pricklend. Erst im letzten Viertel des Konzertes komme ich besser rein und fange an, ein paar Songs zu genießen. Peace Of Mind, beispielsweise, daß die Khan an der Gitarre vorträgt*, verbuche ich als recht gelungen und Tahiti hat zumindest ansatzweise etwas von der Magie der frühen Tage. Der bisher größte Hit der Künstlerin, What's A Girl To Do lädt dann zum Tanzen ein, verpuft aber gegen Ende ein wenig. Pearl's Dream beendet nach lediglich 50 Minuten das reguläre Set, bevor es einen ausführlichen Zugabenteil gibt, der zumindest teilweise versöhnt. Die ersten drei Stücke (besonders Prescilla) sind wesentlich intimer und berührender als das Vorangegangene, bei Two Planets wird aber wieder die recht kitischige Diskokeule geschwungen. Dancelastig auch der allerletzte Song. Der Hit Daniel wird zum zweiten Mal am heutigen Abend angestimmt, diesmal aber mit wesentlich mehr Dampf und Getöse und das Publikum nimmt die Nummer auch dankbar und mit viel Applaus auf.

Unter dem Strich verbuche ich ein passables, aber keinswegs hervorragendes Konzert. Auch meinen Freunden und Bekannten, die wie ich Bat For Lashes bereits fünfmal gesehen haben, stößt der neue glattpolierte Dancesound eher unangenehm auf. Gilles vom tollen Blog Rock'n' Roll Motherf *** s bringt es auf den Punkt: "Das ist nicht mehr die gleiche Künstlerin wie vorher!"

Setlist Bat For Lashes, Le Bataclan, Paris:

01: Intro
02: Glass
03: Sleep Alone
04: Horse And I
05: Daniel
06: Travelling Woman
07: Siren Song
08: The Wizard
09: Sarah
10: Peace Of Mind
11: Tahiti
12: What's A Girl To Do
13: Pearl's Dream

14: Prescilla
15: Good Love
16: Moon And Moon
17: Two Planets

18: Daniel

Mehr Fotos von Bat For Lashes hier

* ansonsten spielt Charlotte Heatherley (ex Ash Mitglied) Gitarre.



Mittwoch, 27. Mai 2009

The Pains Of Being Pure At Heart, Paris, 26.05.09

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Konzert: The Pains Of Being Pure At Heart & Maison Neuve

Ort: Le Batofar, Paris
Datum: 26.05.2009
Zuschauer: 300-350
Konzertdauer: Maison Neuve: 50 Minuten, The Pains Of Being Pure At Heart 41 Minuten



Konzerte auf dem an der Seine gelegenen Hausboot (une péniche auf französisch) Batofar sind eine tolle Sache. Blickt man durch die Bullaugen hinaus, sieht man den glitzernden Fluß. Wenn das nicht romantisch ist! Das Problem ist bloß, das auf dem Batofar seit Jahren nichts mehr los war, weil es vielfältige Probleme gab. Um so erfreuter war ich, als ich hörte, daß man die gehypten The Pains Of Being Pure At Heart an diesem kultigen Ort spielen lassen würde. Der Vorverkauf lief entsprechend rege und viele Pariser Indiemusikfans fieberten dem Event entgegen.

An einem recht kühlen Dienstagabend war der große Tag gekommen und ich begab mich mit der U-Bahn zum Ort des Geschehens. Da ich schon lange nicht mehr in der Gegend war, hatte ich zunächst kleinere Orientierungsprobleme. Nachdem ich aus der extrem weitläufigen U-Bahnstation Bibliothèque François Mitterand auf die Straße getreten war, wußte ich nicht auf Anhieb, wie man zum Ufer gelangt. Auch mehrere Passanten konnten mir nicht helfen. Erst die Händler vor der Tür wußten wo es langgeht und zeigten energisch auf eien Steintreppe, die man zu erklimmen hatte, bevor man die Straße entlang Richtung Quai François Mauriac trabt. Die Gegend dort ist für Pariser Verhältnisse unglaublich modern, es gibt mehrere Glastempel, die in den letzten 20 Jahren hochgezogen wurden sowie amerikanisch anmutende Bars und Cafés, wie man sie vom Potsdamer Platz oder Sony Center in Berlin her kennt. Markante Sehenswürdigkeit des Quartiers ist die neue Bibliothèque nationale de France, mit der sich François Mitterand zu Ende seiner Amtszeit ein Denkmal setzen ließ. Die in den Himmel ragenden L-förmigen Türme bilden ein aufgeschlagenes Buch nach und trohnen über der Seine. A propos Seine: Die hatte ich inzwischen erreicht und von der Straße aus konnte ich schon das kaminrot angemalte Boot Batofar erkennen. Das Wetter war sonnig, aber nach den Unwettern und Regengüssen von gestern recht kühl. Die Quecksilbersäule dürfte innerhalb eines Tages um mindestens 12 ° gefallen sein. Gut so, denn im Inneren des sehr gut gefüllten Batofar herrschten erträgliche Temperaturen. Auf der Bühne tat sich noch nichts, aber man fühlte, daß es gleich losgehen sollte.

Maison Neuve aus Frankreich kamen aus ihren Kabinen geschlichen und stellten sich erst einmal vor: "Wir sind weder The Pains Of Being Pure At Heart noch Blank Dogs. Blank Dogs mussten kurzfristig abgsagen, wir sind für sie eingesprungen. Danke an die Summery Agency für die Einladung!"

Wer sind Maison Neuve nun schon wieder, mag man sich fragen?
Nun, es handelt sich um eine vierköpfige Band aus Frankreich mit dem bärtigen Gitarristen und Sänger Guillaume an der Spitze. Einer ihrer größten Fans ist djenvert, ein talentierter Fotograf und Journalist, der für die gut gemachte Seite Popnews arbeitet und so begeistert ist, daß er ihnen sogar eine eigene Flickr Gruppe gewidmet hat. "Die Jungs von Maison Neuve" verdanken mir alles, hat er mir gegenüber eimal erklärt und ich bin sicher, daß er diesen Spruch mit einem Augenzwinkern meinte. Denn seien wir mal ehrlich: Hat eine Musikseite wie Popnews oder auch unsere Konzerttagebuch wirklich einen so großen Einfluß, daß sie in der Lage ist, Bands zu puschen? Ich bin da skeptisch und denke, daß Blogs und Webzines nur Multipliaktoren für Indiebands sind, mehr nicht. Spielen müssen sie schließlich selber und wenn sie gut sind, werden sie ohnehin ihren Weg gehen.

Aber in der Sache gebe ich djenvert, der immer einen sehr guten Riecher hat, auf jeden Fall Recht, Maison Neuve sind wirklich richtig gut! Sie haben 2006 eine Split LP mit der Fanzösin Lispector auf den Markt gebracht und Ende letzten Jahres mit der Ep Victor, Victor nachgelegt, für die es gute Kritiken gab. Veröffentlicht wurden die Machwerke auf dem kleinen feinen Label Sauvage Records, die uns bereits die tollen Please Don't Blame Mexico , The Limes und Mina Tindle bescherten (ihre Single erscheint am 13 Juni). Von der EP Victor, Victor stammte dann auch der Titeltrack Victor, der sich in den letzten Monaten zu einem richtigen kleinen Indiehit in Pariser Szenekreisen entwickelt hat. Ein einprägsamer Refrain und Dingeldengel- Gitarren machen den Charme dieser Lofi - Produktion aus, die an Bands wie New Order, Interpol, oder die Young Marble Giants erinnert. Auch live zog Victor schon ganz gut und man sah ein paar Leutchen energisch mit dem Köpfchen hin- und herwackeln. Noch besser als Victor ist aber wohl The Wrong Class, das an englische Bands vom Label Postcard Recors (Orange Juice, Go Betweens, Aztec Camera) ) oder auch The Smith und Belle and Sebastian erinnert. Eine Perle des französischen Indiepops mit angelsächsischen Wurzeln, die mich wohl noch eine ganze Weile beschallen wird. Aber Maison Neuve schreiben nicht nur englische Songs. Ab und zu gibt es nämlich auch einmal etwas auf französich. Au Large De La Ville z.B., das auf Kultfiguren des französischen Chansons wie Serge Gainsbourg oder Françoise Hardy wurzelt und mir auf Anhieb gefiel, genau wie das ander französische Lied, das gegen Ende kam.

Insgesamt boten die Franzosen um den hocheleganten Sänger und Gitarristen ein sehr ansprechendes und abwechslungsreiches Set, in dem man auch das vom amerikanischen Indierock der 90 er infizierte Under Skies Of Fire genießen durfte.

Maison Neuve gehören von nun an zu meinen französischen Lieblingsbands!

Setlist Maison Neuve, Le Batofar, Paris:

01: You Are My Prophet
02: I Read You Count
03: Victor
04: The Wrong Classssss
05: Au Large De La Ville
06: In The Branches Live No Sorrows
07: Love Favella
08: Under Skies Of Fires
09: Touched In The Heart
10: Colores Parle Le Soir
11. Lizzy




In der Umbaupause liefen dann etliche Klassiker alter Helden des Britpop, New Wave und Shoegaze. Wir bekamen etwas von Morrissey zu hören, desweiteren einen Song von James (nicht Sit Down), I Wanna Be Adored von den Stone Roses und When You Sleep von My Bloody Valentine. Und damit war kurioserweise auch schon das Konzert von The Pains Of Being Heart zusammengefasst! Sie klangen haargenauso wie diese ganzen kultigen Bands.

The Pains Of Being Pure At Heart machen Musik, die Fans dieser obengenannten stilprägenden Gruppen auf Anhieb gefällt, die aber leider recht belanglos und harmlos ist und dem Sound ihrer Idole nichts Neues hinzufügt. Die Stimme des schüchternen Sängers Kip klingt nach Bernard "New Order" Sumner, oder auch nach Morrissey, aber vom Charisma der Künstler aus Manchester hat er leider nicht viel abbekommen. Sein lieblicher Gesang wird von der brünetten Keyboarderin Peggy süßlich begleitet und über das Ganze wird beständig ein noisiger Gitarrensound gelegt. Alles altbekannt. Und im Grunde genommen klang jedes Lied des extrem kurzen Sets (41 Minuten!) gleich. Mein Tip: Konzerte von Morrissey, My Bloody Valentine, Ian "Stones Roses" Brown, oder James besuchen. Die spielen alle noch und haben mehr Biss als ihre jungen Nachahmer!

Setlist The Pains Of Being Pure At Heart, Batofar, Paris:

01: Doing All The Things That Would'nt Make Your Parents Proud
02: This Love Is Fucking Right
03: Young Adult Friction
04: Come Saturday
05: The Tenure Itch
06: Stay Alive
07: 103
08: Everything With You
09: Pains Of Being Pure At Heart

10: Hey Paul (Z)
11: Gentle Sons
(Z)

Pour nos lecteurs français:

Les concerts sur la péniche Batofar sont très chouettes. Mais malheureusement il n'y en avait pas beaucoup récemment. Ma joie était d'autant plus grande qu'on y a placé les trés hype New Yorkais "The Pains Of Being Pure At Heart" sur ce bâteau mythique. En plus il y avait une très bonne première partie. Au début les Blank Dogs étaient prévus mais après leur annulation le groupe français Maison Neuve a eu l'honneur d'inaugurer la soirée. Très remarqués récemment avec leur Ep 7 titres "Victor, Victor", qui a connu des bonnes critiques dans Technickart, les Inrocks et Magic, le quatuor autour du très elégant guitariste/chanteur Guillaume a brillé avec un set mêlant avec aisance des styles comme le pop lofi, le post punk, le shoegaze et le rock indé US. Le tout chanté dans un anglais très correct, à part deux morceaux interprété dans la langue de Molière. Ils ont donné l'impression de beaucoup s'amuser et ont été très bien acceuillis par un public curieux et appreciateur. Leur concert était très varié (avec même un saxophone et deux batteurs à la fin) et bien maîtrisé. Je qualifierai volontiers le tube "Victor " et "The Wrong Class ""(ce chant à la Morrissey, super!) comme meilleurs morceaux. Un groupe plein d'espoir malgré leur son sombre et melancholique. Maison Neuve, c'est la classe!

Pendant la pause, les spectateurs ont eu le plaisir d'entendre des titres classiques d'artistes cultes comme Morrissey, James, Stone Roses (" I wanna be adored) et My Bloody Valentine (Whenn I Sleep). Et en fait cela resumait bien le concert des The Pains Of Being Pure At Heart. Un chant innocent rappelant Morrissey ou New Order selon les goûts, une voix féminine douce en arrière-plan, des guitares melancholiques et noisy et des morceaux à la fois accrocheurs et entêtants. Ça plait forcément aux gens qui ont grandi avec les Smiths, New Order et My Bloody Velentine mais cela n'apporte malheureusement pas grand chose de nouveau et est assez proches des recettes classiques. Mais bon, le public du Batofar a apprécié quand même et applaudi les chansons, certes imparables comme "Young Adult Friction" ou "Come Saturday." Je préfère quant à moi les originaux, surtout si l'on considère que Morrissey et les My Bloody Valentine sont encore actifs et je me régale plus avec les très bons "Crystal Stilts" qui sont plus aggressifs et ont un son plus garage.
Dans l'ensemble une soirée très réussie, grâce à la bonne organisation des filles de la Summery Agency.

- Fotos von Maison Neuve hier
- Fotos von The Pains Of Being Pure At Heart hier



Dienstag, 26. Mai 2009

Bowerbirds, The Mae Shi, Abe Vigoda, Paris, 25.05.09

3 Kommentare

Konzert: Bowerbirds & The Mae Shi & Abe Vigoda

Ort: Le Point Éphémère
Datum: 25.05.2009
Zuschauer: nur mittelmäßig besuchte Veranstaltung
Konzertdauer: pro Band ca. 35-40 Minuten



Macht es wirklich Spaß bei gefühlten 58 ° Celsius ein Konzert zu besuchen? Wenn man mal ehrlich ist: Nur sehr bedingt und dies ganz unabhängig von der Band, die gerade spielt!

Ich fühlte mich ein wenig, als würde ich einen Saunagang einlegen, als ich den Glutkasten namens Point FMR betrat. Eine Luft zum Schneiden empfing mich und das nicht allzu zahlreich versammelte Publikum schaute recht träge und ermattet Richtung Bühne. Kaum jemand regte sich, kein Wunder, Bewegung erzeugt schließlich Wärme und davon gab es mehr als genug. An einem Tag, an dem die Temperaturen die 30 ° Marke überschritten, war nicht nur beim Tennisturnier in Roland Garros jede Menge Vielfalt geboten. Musikfans hatten die Qual der Wahl zwischen Konzerten von Art Brut (Nouveau Casino), Scott Matthew (L'Europén), Kasabian, (Trabendo), Phoenix (Cigale) und Phosphorescent (mit Clinic im Café de la Danse). Vor allem weil im Point FMR aber die wunderbaren Bowerbirds angesetzt waren, entschied ich mich für dieses Konzert.

Ich erwartete die Band aus North Carolina als letzte des Abends, sprich als Headliner, so wie es in Konzertankündigungen ausgewiesen war. Stattdessen aber wurden sie als Erste auf die Bühne gejagt! Warum bloß? Völlig verdattert brauchte ich in etwa eine viertel Stunde um überhaupt zu schnallen, daß die Herrschaften im Rampenlicht bereits die Bowerbirds waren. Ich glaubte ein Nebenprojekt von Sänger Phil Moore zu begutachten, denn nur ihn erkannte ich. Die junge Frau mit den türkisfarbenen Leuchtstrumpfhosen und der stilechten 80 er Jahre Punk/New Wave Frisur (vorne kurz, hinten lang ausgefranst) am Keyboard sagte mir zunächst nichts. Erst als sie sich das Akkordeon umschnallte, stellte ich fest, daß es sich um Beth Tacular handeln musste. Sie war optisch völlig verändert und spielte auch nicht sitzenderweise Schlagzeug wie noch 2008 in der Flèche d'or. Geiger Mark Paulson war auch nicht mehr dabei, stattdessen gab es eine recht kräftigen waldschratigen Burschen am Bass. An den Drums agierte (vermutlich, allerdings nicht sicher) Matt Damron. Man muß es so deutlich sagen: In dieser Besetzung war das Ganze eine ziemliche Enttäuschung. Es fehlten viele Elemente, die den Sound von den Bowerbirds charakterisierten und ihn so besonders machten. Die klackernden Percussions vermisste ich ebenso schmerzlich wie die gefühlvolle Fiedel und den Liedern fehlte irgendwie der echte Schwung. Von den neuen Titeln des demnächst erscheinenden Albums Upper Air blieb auf Anhieb gar nichts hängen. Das mag an der unerträglichen Hitze gelegen haben, die so ziemlich alle Sinne betäubte, möglicherweise aber auch daran, daß die Neuheiten noch nicht so flutschen wie das alte Material. Mit Our Talon vom formidablen Album Hymns For A Dark Horse kam nämlich gegen Ende zum ersten Mal so etwas ähnliches wie Stimmung auf. Und beim abschließenden Dark Horse glänzte Beth Tacular auch endlich mit ihrer wunderschönen Stimme. Dennoch: Ein überragendes Konzert klingt anders...

Im Anschluß ging es wesentlich hektischer, lauter und hibbeliger weiter. Die Heißsporne von Abe Vigoda, einer jungen, aufstrebenden Band aus Los Angeles war am Start. Eigentlich müssten sie aus Kalifornien ja heiße Temperaturen gewöhnt sein, aber jeder zweite Satz von ihnen war: "It's so hot in here". Die vier Burschen schwitzten aus allen Poren und wenn sie rumwirbelten tropfte der Schweiß auf den Boden. Dennoch nahmen sie niemals den Fuß vom Gaspedal und sprinteten 40 Minuten lang durch manisch-depressive Lieder (besonders hervozuheben All Night And Day), die irgendwo zwischen Ra Ra Riot, den Born Ruffians, Vampire Weekend, Dirty Projectors, Animal Collective und den Dodos einzordnen waren. Ihre stakkatischen Rhythmen, die sehr tanzbar und infektiös waren, machten richtiggehend Laune und gefielen mir auf Anhieb. Eine ziemlich durchgeknallte Indieband, von der man zumindest 2009 sicherlich noch hören und lesen wird.

Von The Mae Shi, ebenfalls aus Los Angeles stammend, haben sicherlich schon einige Musikfans gelesen. Selbst der britische NME lobte schon mehrfach ihre energiegeladenen Liveshows. Schwung und Energie hatten sie dann in der Tat zu bieten, aber ihre hektische und genresprengende Musik (eine Mischung aus AC/DC, Mars Volta, den Flaming Lips und neuen Acts wie z.B. Dananananaykroyd) war nicht wirklich etwas für mich. Zu viel Geschrei, zu viel Spektakel, zu wenige "richtige" Lieder, so mein Eindruck. Einen Großteil des Sets verbrachten die Musiker im Publikum, auf der Bühne hielt es sie meistens nicht sehr lange. Größter Gag war das Aufspannen eines riesigen Tuchs (einer Fahne?) über den Köpfen der verdutzten Zuschauer. Man fühlte sich eine Weile wie unter einem Zelt und konnte dergestalt das Geschrei des wilden Sängers aus nächster Nähe mitverfolgen. Circa. 40 Minuten lang zappelten sich die Raubeine durch ein noisiges Set, bevor sie sich unter Applaus von ihren Anhängern verabschiedeten.

Ich persönlich war froh nun an die frische Luft zu kommen. Am Canal S. Martin, der gleich vor der Tür des Point FMR fließt, war es wesentlich erträglicher als Im Inneren des kultigen Konzertraumes und auch die Bowerbirds und die anderen Bands tummelten sich hier noch eine ganze Weile. Etwas später setzten dann die Unwetter ein, die die Hitze über der Stadt wegspülten.

Mehr Fotos von den Bowerbirds hier
Mehr Fotos von Abe Vigoda hier
Mehr Fotos von The Mae Shi hier



 

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