Donnerstag, 26. November 2009

Seeland, Kumisolo, Gablé, Paris, 25.11.09


Konzert: Seeland & Gablé & Kumisolo

Ort. Glaz'Art, Paris
Datum: 25.11.2009
Zuschauer: leider etwa nur zur Hälfte gefüllt
Konzertdauer: von 20 Uhr 30 bis über 24 Uhr hinaus!



Schon interessant: Heute war im Gegensatz zu gestern als Cymbals Eat Guitars und die Antlers im Nouveau Casino auftraten, niemand von der Blogothèque da, aber die Konzerte im Glaz'Art waren allemal spannender. Müssen es denn immer amerikanische Bands sein, damit sie von der hippen Bloggerszene verfolgt werden? Anscheinend schon.

Dabei waren die drei Jungs und das eine Mädel von Gablé aus Caen bzw. Paris wirklich einer der faszinierendsten und ungewöhnlichsten Acts, den ich seit langem gesehen habe. Welchen Stil sie pflegen? - Ihren ganz eigenen! Sie klangen nach keiner anderen Band, die ich bisher erlebt hatte. Auf absolut verblüffende Weise vermischen sie Lo-fi-Folk, Hip Hop und Indierock zu einem einzigartigen Cocktail, der einem die Sinne raubt. Man muss schon weit ausholen, um Bands zu zitieren, die zumindest gewisse Ähnlichkeiten mit Gablé haben. Tunng könnte man nennen, die Akron/Family, Why?, Animal Collective, Gustav, François Virot, oder auch Daniel Johnston, den sie verehren. Mit dieser losen Aufzählung kommt man aber nicht allzuweit, denn alles trägt die Duftnote von Gaelle, Thomas, Mathieu und Olivier, die sich königlich amüsierten und damit auch das Publikum ansteckten. Abgefahren wie einer der Burschen immer eine Gemüsekiste aus Holz vor sein Gesicht hielt, was im Publikum damit gekontert wurde, daß jemand den Deckel eines Katzenklos in die Höhe reckte!

Gablé boten ein Set voller stilistischer Brüche, überraschender Wendungen und Tempowechseln. Die Zuschauer wurden regelmäßig auf dem falschen Fuß erwischt und bedankten sich mit lautem Gejohle und Szenenapplaus. Coolste Lieder der Band, die zwei Alben auf ihrer Habenseite verbuchen kann (Guitars With A Cloud Of Milk 2008, I'm Ok, 2009) sind sicherlich Drunk Fox In London und das urkomische Walking ("I've been walking for hours"), aber das Tollste ist, daß bei ihnen jedes Stück anders klingt.

Was für ein kreativer Haufen, diese duchgeknallten Franzosen! Eine der interessantesten Neuentdeckungen des Jahres, keine Frage!

Vor Gablé waren allerdings schon zwei weitere Acts aufgetreten. Anabel's Poppy Day hatte ich leider verpasst, weil ich die falsche Metroverbindung genommen hatte und somit wertvolle Zeit verlor, aber von Seeland bekam ich jede Minute mit. Seeland stammen aus Birmingham, Großbritannien und klangen live für mich in erster Linie nach The Wedding Present. Die Grabesstime des blonden Sängers erinnerte aber auch an Ian Curtis. Von Anfang an war ich von dem klassischen, melodiösen Britpop angetan. Das machte richtig Laune. Dominierend waren Gitarren und polternde Bässe, so daß ich wirklich an Bands der Factory-Arä dachte. Seltsamerweise klingt das erste Album (das ich mir hinterher gekauft habe) aber ganz anders, als das, was ich und die anderen gestern im Glaz'Art zu hören bekamen. Es ist wesentlich elektronischer und poppiger und die Gitarren sind in den Hintergrund gedrängt worden. Schon seltsam, daß es zwischem der Musik aus der Konserve und dem Liveerleben oft so große Unterschiede gibt. Live fand ich Seeland hervorragend, das Album, das nach eigenen Angaben von den Beach Boys und den deutschen Elektropionieren Harmonia beeinflusst ist, begeistert mich aber bisher nicht sonderlich. Es ist mir eine Spur zu glatt und zu harmlos. Es fehlt genau der Biß, der im Glaz'Art gezeigt wurde und mich das gut dreißigmnütige Set in vollen Zügen genießen ließ. Aber nun gut, zumindest eine Konzertempfehlung kann ich für Seeland geben, das ist ja auch schon einmal etwas.

Auszug aus der Setlist Gablé, Glaz'Art, Paris:


- First Lady Of A President
- Chaos
- Walking
- Boring
- Chicken
- Lux Interior End
- Drunk Fox In London


Setlist Seeland, Glaz'Art, Paris:

01: 5 am
02: Captured
03: Turnaround
04: Crimson
05: Circles
06: Hang On Lucifer
07: Goodbye
08: Static Objects
09: Call The Incredible
10: Black Dot


Es war schon fast mitternacht als die süße Japanerin Kumisolo an den Start ging. Die Frau mit dem klassischen Pagenschnitt ist Teil der Pariser Girlgroup The Konki Duet, aber seit gut einem Jahr auch solo unterwegs. Kürzlich ist ihr erstes Album My Love For You Is A Cheap Pop Song erschienen und hat glänzende Kritiken eingefahren. Das renommierte Musikmagazin Rock & Folk schlägt Kumisolo gar als eine der Künstlerinnen des Jahres vor. Stilistisch ist das Ganze eindeutig zu verorten: POP! Zuckersüß, unschuldig, charmant, eine Spur kitschig, und sehr 80ies -lastig. Kumi verkörpert für mich eine typische Japanerin, sie ist fashion addict, trendy und liebt knallbunte Farben und pluckernde Elektro Beats. Zudem hat sie einen unwiderstehlichen Lolita-Charme, dem man sich kaum entziehen kann. Wenn sie auf französisch singt, dann schmunzeln alle Franzosen im Saal und würden sie am liebsten knuddeln! Irgendwie klingt sie auch ein bißchen nach Au Revoir Simone und das ist ja überhaupt nicht verkehrt. Dadurch, daß sie jetzt live immer einen Bassisten dabei hat, ist auch der Sound polternder und waviger geworden und wirkt weniger clean und geschmirgelt.

Am Tollsten ist es aber, wenn Kumisolo auf japanisch singt, dann denkt man unweigerlich an Deerhoof oder auch Pizzicato Five. Unf für Überaschungen ist sie immer gut, das Covern des Bob Dylan Klassikers Mr. Tambourine Man ist wohl der beste Beweis dafür. Insofern schade, daß ich das Konzert nicht mehr zu Ende sehen konnte. Ich musste mich sputen, um die letzte U-Bahn zu erwischen und verließ nach Coeur Fragile das Glaz'Art.

Setlist Kumisolo, Glaz'Art, Paris:

01: Intro

02: Etude Pour Kinoko
03. Cheap Pop Song
04. Confiance Absolue
05. Mr. Tambourine Man
06: Coeur Fragile
07: Nasty Boy
08: ...
09: I Know What Boys Like
10: Dance Music
11: Vodka


- Videoclip Kumisolo- Dance Music
- Kumisolo Mr. Tambourine Man live



 

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