Konzert: My sister grenadine
Ort: Wohnzimmer im Europaviertel
Datum: 31. Oktober 2025
Dauer: 80 min
Zuschauer: 23
My Sister Grenadine waren neben Vince Kokot (mit Ukulele, Gitarre, Metronom, Kassettenrecorder, Blasharmonika) diesmal auch Andreas Neumann (Klarinette, Bass Klarinette, Xylophon, Keys, Objekte). Mit Rucksäcken, Taschen und einer Lastenkarre trafen sie am Nachmittag am Hauptbahnhof in Karlsruhe ein, all das Gepäck passte gerade in den Kombi. In unserem Wohnzimmer eingetroffen, wurde ausgepackt, sorgfältig Instrumente und Lautsprecher aufgebaut, Beleuchtung ausgerichtet, dann wieder etwas gedimmt, damit sie das Publikum besser sehen können. Dann ein letzter Soundcheck und Pause für die beiden Musiker.
Die ersten Gäste trafen ein, zwischendurch kamen Kinder an die Tür und wollten Süßes oder Saures, ein Schild an der Tür bat um Ruhe ab 20 Uhr, die Klingel wurde ausgeschaltet, jetzt ist Bühne frei für „My Sister Grenadine“. Man hätte eine Stecknadel fallen hören, so ruhig wurde es. Das Metronom schlägt, mit deutlicher Stimme hören wir von Vince „Sonne“... „Regen“...“Jahr“, die Worte aneinandergereiht, minimalistisch, im Hintergrund Geräusche aus dem Kassettenrecorder. Zunächst eine befremdliche, dann geheimnisvolle Atmosphäre, alle sind gespannt, was jetzt kommt. Jedes Stück ist anders, mal düster, mal melodiös, mal eindringlich, mal bedrohlich, die Spannung und Aufmerksamkeit bleiben und beherrschen den Raum.
Vince ist nicht nur Musiker, von ihm sind auch die Texte. Vieles in englischer Sprache, weil ihm das besser mit der Musik klingt, aber Sprechtexte auch in Deutsch. Nur „leuchtende Vögel“ ist keine eigene Lyrik. Sie verarbeiten damit ein Stück von Thomas Brasch und setzen die Worte in szenische Klänge. My Sister Grenadine entstand 2007 als akustisches Projekt von Vince Kokot. Nach Stationen unterschiedlicher Besetzungen stehen Vince und Andreas Neumann (Andy) seit 2023 als Duo auf der Bühne. Andy kann Klarinette und Bass Klarinette und ist außerdem der IT‘ler und Techniker. Er schließt die Augen, dreht an Knöpfen damit der Sound genau so ist wie er ihn will.
Plötzlich titscht ein Tischtennisball durch den Raum, danach ein anderes Objekt. Andy spielt mit scheinbar banalen Objekten und setzt sie auf den Punkt musikalisch ein. Mit wechselndem Einsatz ihrer Instrumente singen sie mal solo, mal zweistimmig, meist beide von vorne, dann geht mal Vince, mal Andy hinter das Publikum und singt und spielt von dort, um ein ganz anderes Hörerlebnis zu schaffen. Sie haben keinen Manager, aber ein imaginäres Management, das ihnen immer wieder mit Rat zur Seite steht. Sie sollen mehr „happy Musik“ spielen, dann trifft das mehr Publikum. Tatsächlich haben sie eine Kiste mit solchen eingängigeren Stücken komponiert, wie vom Management empfohlen. Damit gehen sie aber sehr bedacht um. Sie machen und sie spielen die Musik, die aus ihnen kommt, sie komponieren nicht nach Erfolgschancen. Kein Mainstream.
Doch aus dem Publikum ruft doch einer nach „happy musik“, und sie erfüllen diesen Wunsch. Das imaginäre Management hat auch empfohlen, die Stücke zu erklären und so dem Publikum die Story dahinter mitzugeben. Das machen sie auch und auch das kommt gut an. So erfahren wir, dass sie Hauskonzerte lieben, weil sie da in Hausschuhen auftreten können, in jedem Haus andere. Wir erfahren auch dass sie für Engagement und Einsatz gegen Rassismus stehen, wohlwissend dass es ein mühsamer Prozess ist und dass sie die Ergebnisse vielleicht gar nicht mehr erleben werden. Zum Schluss gibt es noch eine Zugabe und dann einen regen Austausch mit den Gästen, es ist ein gelungener Abend.
Setlist
Intro / poem
to a void
the journey
leuchtende Vögel (Text Thomas Brasch)
those icicles
fireworks
lee
pour les oiseaux
8:46
future flames
ballad of daylight saving
fixing a riddle
interlude / poem#ballad of joy
a trivial pursuit
emma
equinox / deutscher Herbst
shelter song (Zugabe)
