Freitag, 4. Mai 2012

Locas In Love, Wiesbaden, 04.05.12



Konzert: Locas In Love
Ort: Schlachthof Wiesbaden (Räucherkammer)
Datum: 04.05.2012
Zuschauer: gut 80
Dauer: Locas In Love gut 85 min, Helmolt knapp 30 min


Daß man oft mitleidige Blicke erntet, wenn man von Locas In Love schwärmt, ist eine große Ungerechtigkeit. Die Kölner Band gehört zu den besten deutschsprachigen Indie-Gruppen, bekommt die zustehende Anerkennung aber in der Regel nur von Kritikern.

Locas In Love fangen Konzerte gerne früh an (damit man noch nach Hause kommt), was ich gut finde. Ich wäre allerdings nicht vor neun da gewesen, wenn ich nicht vorher noch kurz auf mein Ticket geguckt hätte und da 19 Uhr gestanden hätte. Ich war also acht da und bekam pünktlich den Start der Band Helmolt aus Münster (und Köln und Göttingen) mit. Helmolt supporten Locas In Love auf dieser kurzen Tour und existieren wohl erst seit wenigen Monaten (Januar hatte ich verstanden). Es lief daher auch noch nicht so richtig rund, beim ersten flotten Stück riß eine Saite der akustischen Gitarre von Sänger Malte. Er nahm sich für nächste Lied das Instrument von Sängerin Tina, die hing ihm aber unter dem Hals, weil der Gurt zu knapp war. Das stoppte den Fluß ein wenig, war aber charmant. Mit mehr Konzerten wird auch mehr (positive) Routine kommen - und vielleicht eine Ersatzgitarre.

Mit der Musik von Helmolt tue ich mich ein wenig schwer. Instrumentierung und Melodien sind herrlich, toller Indiepop mit Bratsche, akustischen Gitarren, Glockenspiel und Harmonium. Maltes Stimme passt aber nicht dazu. Oder sie passt, gefällt mir aber nicht. Bei den ruhigeren Liedern hört sich sein Gesang immer wieder nach Clueso an, dessen gewimmert gesungenen Vokale schrecklich sind, und offenbar mehr Einfluß auf andere deutsche Künstler haben, als ich mir wünschte. Wenn Malte laut singt, hatte ich plötzlich eine Wolfgang Niedecken Rockstimme im Ohr. Es ist hochgradig unfair, eine Band wegen einer Stimme zu bemängeln, weil die Lieder ansonsten ja toll waren. Am besten bildet ihr euch also hier selbst eine Meinung.

Locas In Love haben am Record Store Day ein "Zwischenalbum" namens Nein! veröffentlicht, auf dem sich u.a. Reste der Aufnahmen des letzten Studioalmuns befinden, die es nicht auf Lemming geschafft hatten. Weil Nein! Locas aber nicht als reguläres Album gilt, lag der musikalische Schwerpunkt auf Stücken von Lemming.

Live sind Locas In Love oft eine Spur noisiger als auf Platte, was mir außerordentlich gut gefällt. Sachen von Saurus beispielsweise war mittendrin herrlich krachig, Auto destruct mündete in einem Wahnsinns-Ausbruch. Wir propagieren hier ja immer, daß für Bands das gleiche wie für Fußballmannschaften gilt: entscheidend ist auf dem Platz. Was nutzen schöne Albumversionen, wenn das Lied live nichts taugt. Also ist ein Konzert ein echter Lackmustest für die Qualität von Musik. An den falschen Orten von Locas In Love fällt auf Lemming auf, weil es stilistisch ein wenig anders ist. Ich mag das Lied, ich mag aber andere lieber. Die Liveversion war allerdings ein riesiger Knüller. Sie war lang, sie war schmissig und sie hatte einen tollen Schlagzeugrhythmus. Überhaupt ist die (relativ) neue Schlagzeugerin Saskia v. Klitzing (Fehlfarben) eine echte Bereicherung. Wenn selbst mir als Instrumente-Laien da Unterschiede auffallen, bedeutet das schon etwas.

Auch Spoiler warning schien mir in einer anderen Version gespielt zu werden. Das Ende des Stücks war besonders toll. Von den Nein! Liedern beeindruckte mich Bushaltestelle am meisten. Das, aber auch die anderen, sind zurecht auf einem eigenen Album enthalten, auch wenn es nur eines dazwischen sein soll.

Es war wieder ein großartiges Locas In Love Konzert, wie jedes bisher. Wenn das doch bloß mehr Menschen wahrnehmen würden und die Band nicht gleich durch das Raster "Deutscher Indie = doof" laufen lassen würde. Das ist nämlich echt ärgerlich bei solchen Gruppen, die die Kritik feiert, die Indieöffentlichkeit aber wegen ihrer festen Spielregeln mißachtet. Irgendwann gilt deren Musik nicht nur bei einigen Musikjournalisten als cool. Und dann müssen die Bekehrten sich von mir anhören, daß ich das ja schon immer gesagt habe.

Setlist Locas In Love, Schlachthof, Wiesbaden:

01: Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug)
02: Geister
03: Sachen
04: Zum Beispiel ein Unfall
05: Una questa
06: Auto destruct
07: Ich habe mich schrecklich benommen
08: Saurus
09: Maschine
10: Monkey
11: Manifest
12: An den falschen Orten
13: Lemming (Es wird immer dasselbe sein)
14: Mabuse
15: Spoiler warning
16: To get things straight

17: Nein! (Z)
18: Bushaltestelle (Z)
19: Egal wie weit (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Locas In Love, Köln, 02.10.11
- Locas In Love, Köln, 24.10.10
- Locas In Love, Köln, 30.11.08
- Locas In Love, Frankfurt, 20.10.07
- Locas In Love, Köln, 19.08.07




4 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Lästereien über die Band?

Oliver Peel hat gesagt…

Clevere Texte, knackige Gitarren, packende Melodien, Locas in Love sind wirklich eine sensationell gute Band!

Gudrun hat gesagt…

Endlich einmal ausgeschlafen statt nach Wiesbaden gefahren. Aber mit Düren muss es klappen (weil dritter Versuch). Dann haben wir hoffentlich noch einen schönen Bericht über die Locas hier im Konzertbericht.

Felice Paul hat gesagt…

Wirklich tolle Band und ich wollte
mir sie heute in Leipzig angucken, leider bin ich aufgrund der tollen Talking To Turtles verhindert.

 

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