Montag, 25. Oktober 2010

Locas In Love, Köln, 24.10.10


Konzert: Two Originals of... Locas In Love
Ort: Kölner Filmhaus
Datum: 24.10.2010
Zuschauer: gut 120 (knallvoll)
Dauer: 140 min


Locas In Love zu mögen hat den riesigen Vorteil, immer wieder besondere Konzerte zu erleben. Zuletzt hatte ich die Kölner Band bei ihrer Wintergala vor zwei Jahren gesehen. Zu Musik ihres Konzeptalbums Winter gab es damals im Alten Zollhaus Streicher und Weihnachtsgebäck. Heute hatten Locas in den Kinosaal des Kölner Filmhauses geladen. Die besondere Kulisse war allerdings noch nicht der größte Clou des Abends, die Band hatte das Konzert bzw. die kurze Tour unter das Motto "Two Originals Of.. Locas In Love" gestellt und angekündigt, ihre ersten beiden Alben komplett und in richtiger Reihenfolge durchzuspielen. Platten-Motto-Abende sind nicht neu, zwei Alben an einem Abend, quasi als Doppelkonzert mit Pause, habe ich allerdings noch nicht erlebt. "Two Originals..." - erklärte Sänger Björn Sonnenberg zu Beginn - war in den 70ern ein Vermarktungsinstrument der Plattenindustrie, mit dem zwei klassische Platten eines Künstlers noch einmal als Doppel-LP billig neu erschienen. Sie wollten das mit ihren beiden klassischen Alben What matters is the poem und Saurus live gleichtun. Daß What matters... und Saurus die bislang einzigen (regulären) Platten der Band sind, ist dabei ausdrücklich kein Schönheitsfehler des tollen Konzepts!

Aber damit hatte es sich noch nicht, denn zusätzlich zur besonderen Musik und zum
Saal war auch die zusätzliche Berieselung außergewöhnlich. Locas spielten vor der Leinwand des schönen Kinosaals auf der zu jedem der beiden Konzerte ein 60er-Jahre Sci-Fi Film lief. Im Filmhaus finden nämlich seit 2007 unter dem Motto Something Weird Cinema Vorführungen von trashigen aber großartigen Filmperlen statt. Aus dem sicherlich reichen Fundus der Reihe waren zwei besonders schöne Stücke als visuelle Unterstützung des Abends ausgesucht worden.

What matters is the poem machte den Anfang. Dazu lief hinten Planet der Vampire,
ein Knüller aus dem Jahr 1965, der .. nun, von einem Planeten mit Vampirwesen handelt. Eine unglückliche Raumschiffmannschaft in schwarzen Lederanzügen mit gelben Nähten und hochgestellten Kragen, die bei Außeneinsätzen passende Lederhauben trug, wurde von übernommenen Ex-Kollegen, Lichtgestalten und in Frischhaltefolie verpackten Zombies dezimiert, ohne daß der Film auf platte Effekte setzte...

Von What matters is the poem hatte ich bisher nicht viele Lieder live gesehen. Weil ich das Album wirklich sehr gerne mag und oft gehört habe, war dieser erste Teil für mich schon einmal genau richtig.

Björn erzählte immer mal wieder Entstehungsgeschichten der Stücke, das alles aber in sehr familiärer Art, als wären alle und nicht nur viele der Zuschauer Freunde (und Familie). Auch das mag ich bei Konzerten der Kölner so gerne, es ist alles so unverkrampft und unkompliziert. Naja, zumindest das meiste. Wer nämlich später
kam und die letzten freien Plätze auf zusätzlichen Bierbänken links im Saal einnehmen wollte, musste über die Bühne gehen. Und weil vorne die Effekt-Dingse lagen, wurde das ein Slalom um die Mikros - und, bei den Sehrspäten, um die Musiker.

Teil eins mit dem tollen Instrumental Lemmy caution, mit dem Geschrammel am Ende des letzten Stücks und mit dem kleinen Hidden track dauerte gut eine Stunde. Als die Locase damit fertig waren, kämpfte Astronaut Wess immer noch gegen die Weltraumvampire - vermutlich ohne Erfolg...

Selbst die zwanzigminütige Pause bot beste Unterhaltung, denn da lief die Programmvorschau der kommenden Something Weird Vorführungen. Wir heißen zwar nicht Kinotagebuch, ich möchte aber jedem die kommenden Mittwoche ans Herz legen, denn da laufen mit I drink your blood, I eat your skin und Blacula zwei Filme, deren Vorschau unglaubliche Knüller verspricht (hingehen!).

Weiter ging es mit Saurus von 2007. Auch hier bot die Setlist keine Überraschungen, mir damit aber auch den Luxus eines Abends, ohne alles mitschreiben zu müssen. Konzert zwei funktionierte wie der Poem-Teil, Björn erzählte ein wenig, erzählte uns Nicht-Eingeweihten, wie solch ein Album entsteht, wie nach langen Tagen im Studio abends immer wieder der Wunsch da ist, alles gerade wieder zu löschen und wie viel Spaß das alles trotzdem mache.

Saurus wurde bildlich von einem der zahlreichen japanischen Frankensteins-Monster Filme untermalt. Destroy all monsters handelt (das musste ich nachlesen) von einer fiesen Alien-Attacke auf die Erde, bei der die eigentlich beruhigten Monster
(Godzilla, der Riesenschmetterling, das süße Saurierbaby, die Spinne, die Schlange...), die auf einer Monsterinsel leben, die wichtigste Städte der Welt angreifen. Kluge Wissenschaftler (und kluge, attraktive Wissenschaftlerinnen) fliegen mit ihrem Raumschiff quer durch Japan, retten die Monster und lassen die das fiese Monster der Aliens besiegen. Toll! (Wirklich).

Besonders gut gefiel mir dabei, daß beide Filme natürlich Reaktionen des Publikums
auslösten. Es wurde dauernd gelacht, mal über die Modellbau-Panzer, die von den Monstern zertreten wurden, mal über die sexy Weltraum-Leder Szenen. Die Band versuchte im Laufe des Abends, immer mehr von der Kunst hinter ihr mitzubekommen. Bassistin Stefanie Schrank spielte am Ende immer häufiger mit dem Rücken zum Saal, kein Wunder, denn die Entscheidung zwischen Godzilla und King Ghidorah war packend!

Daß zweieinhalb Stunden so kurzweilig sein können, spricht eigentlich genug für diesen Abend, der damit guten Gewissens nach den beiden Alben hätte enden können.

Locas In Love kamen aber noch einmal zurück und kündigten drei Zugaben an: "Wir spielen zwei Cover und ein neues Lied." Da ich gehofft (aber nicht erwartet) hatte, daß
etwas vom dritten Album kommen würde, freute mich diese Ankündigung besonders. Allerdings waren die beiden Cover schon solche Knüller, daß das neue (und sehr gute!) Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint dann sogar Zu-Zugabe war. Zunächst sang Stefanie These days von Nico (bzw. ursprünglich von Jackson Browne) und interpretierte das Stück so unglaublich fabelhaft, daß es sofort auf Platte gebrannt gehört. Es folgte etwas eigentlich schrecklich Fieses, Ace of spades von Motörhead (musste ich ergooglen, ist natürlich nicht in meiner Musiksammlung vorhanden). Aber auch dieser Kram (Leute, die in Lederklamotten komisch rumzucken, waren ja irgendwie Motto des Abends) war in der Locas-Umsetzung unfassbar gut (vielleicht dann die B-Seite von These days?).

Die Two Originals Of... Tour ist damit leider beendet. Wer aber Spaß an einem ähnlich
besonderen Abend hat (vermutlich aber ohne Monster), dem sei die nächste Wintergala am 12.12.10 ans Herz gelegt, denn da spielen Locas In Love im Filmhaus u.a. ihre Winterlieder und lassen sich von Klaus Kinski in Leichen pflastern seinen Weg berieseln.

Setlist Two Originals of... Locas In Love, Kölner Filmhaus:

Teil 1: What matters is the poem
01: In my life
02: Immer in mir
03: Rette unsere Seele
04: Moe Tucker
05: Besser als schlechter
06: Der einzige Song
07: Lemmy caution
08: Wartezimmer
09: Shiver
10: (Verspätetes Lied für) Laura
11: Lügen, stehlen, das Gesetz brechen
12: Our hearts and the real world
13: Hidden track

Teil 2: Saurus
14: Sachen
15: Zum Beispiel ein Unfall
16: Comandante
17: Monkey
18: Honeymoon is over (if you want)
19: Saurus
20: To get things straight
21: Mabuse
22: High pain drifter
23: (How I wrote) I get lonesome
24: Egal wie weit
25: Rosa Mond

26: These days (Nico Cover) (Z)
27: Ace of spades (Motörhead Cover) (Z)
28: Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint (neu) (Z)

Links:

- Locas in Love, Köln, 30.11.08
- Locas In Love, Frankfurt, 20.10.07
- Locas In Love, Köln, 19.08.07

- andere Stimmen: die intro über Locas In Love im Filmhaus




3 Kommentare :

Frank hat gesagt…

"Es is alles wirklich so schlimm wie es scheint"

Songtitel des Jahres!

Christoph W. hat gesagt…

Das klingt ganz hervorragend und macht mich ein wenig neidisch...

Christoph hat gesagt…

Ja, das war es!

Ein irres These Days Cover ist auch auf der hervorragenden Platte von Christiane Rösinger!

 

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