Konzert: Boy & The Echo Choir & Odonis Odonis & Chelsea Wolfe
Ort: Le Point Ephémère, Paris
Datum: 04.05.12
Zuschauer: vielleicht 180
Konzertdauer: Chelsea Wolfe etwa eine Stunde, die anderen kürzer
War ein richtig guter Konzertabend am Freitag in Paris. Alle drei Acts zeigten sehr ansprechende Auftritte und bewiesen,daß die internationale Indie-Szene nach wie vor frisch und abwechslungsreich ist. Aus drei Staaten waren sie gekommen, die Künstler die uns heute den Abend verschönerten.
Bei Boy & The Echo Choir aus Frankreich waren aber leider noch nicht sehr viele Leute da. Caroline und ihre Kollegin Rachel spielten hinreißend melancholischen Indie-Pop zum Steine erweichen. Mit der Kombination aus samtweichem Frauengesang, in moll gehalteten Pianoklängen und atmosphärischen Gitarren kann man mich ja grundsätzlich leicht schachmatt setzen und auch heute konnte ich mich kaum gegen die verführerische Schwermut dieses Cocktails erwehren.
40 Minuten lang wurde sanft gedreampoppt, sehnsüchtig ins Mikro gehaucht und butterzart Klavier gespielt. Performt wurden Lieder vom letzten Album And Night Arrives In One Gigantic Step und einem noch nicht erschienenen Neuling.
Auf den Studioversionen spielen verschiedene Musiker mit, da gibt es auch Schlagzeug, Harmonium, Akkordeon, Glockenspiel und viele andere schöne Dinge, aber hier und heute standen nur zwei Pianos, eine E-Gitarre und in einer spektakulären Szene eine singende Säge zur Verfügung. War aber nicht schlimm, denn auch die abgespeckte Variante wusste zu verzücken.
Highlights waren Last Days und das abschließende Take Me Home, bei dem eine ganz intensive Spannung aufgebaut wurde, die sich am End zumindest zum Teil entludt. Einen Moment konnte man da glatt an Soap & Skin denken, während mir ansonsten die depressiven Franzosen Cyan & Ben, oder natürlich auch Cat Power aus ihrer frühen Phase in den Sinn kamen.
Insgesamt ein wundervolles, sehr getragenes Konzert.
Setlist Boy & The Echo Choir, Le Point Ephémère, Paris:
01: A Distant Rambling
02: Why Can't We
03: It Might Be The Wrong Place
04: The Organs
05: Into The Light
06: Last Days
07: Fire
08: Take Me Home
Trotzdem gut, daß die Raubeine von Odonis Odonis aus Kanada danach einen Zahn zulegten. Die drei Wüteriche ließen von Anfang bis Ende die Füße auf dem Gaspedal und machten höllischen Lärm. Ihre Songs kamen punkrockig, kompakt und catchy rüber und erinnerten mich ein wenig an die Kultband Gun Club aber auch an Pavement. Ich hatte zuvor nie von ihnen gehört, war aber so angetan, daß ich mir fast ihr Album Hollandaze zugelegt hätte. Dies scheiterte letztlich nur an chronischem Geldmangel.
Geile Band, die muss ich unbeingt noch mal sehen!
Dann war endlich Chelsa Wolfe an der Reihe. Schon vor dem Konzert konnte man sie durch die Flure huschen sehen und sich über ihre extrem hohen Plateauschuhe wundern. Auf der Bühne wirkte die ohnehin nicht kleine Frau aus Los Angeles dann noch einmal deutlich größer und man glaubte, sie messe 2 Meter! Mit schwarz-weißer Kutte war sie aufgelaufen und hatte auch eine männliche Begleitband dabei, die sie druckvoll unterstützte.
Chelsea wirkte wie eine moderne Hexe oder auch wie ein blutrünstiger Vampir, richtig zu sehen bekam man sie aber kaum. Das Licht war bewußt gedämpft und so musste man immer auf die Pausen zwischen den pechschwarzen und tonnenschweren Songs warten, um ein Blick auf ihr heute unverhülltes Antlitz zu erhaschen. Ihre Haut war kreidebleich, die Augen blaßblau und die Haare strähnig und schwarz wie Asche. Am Ende hingen sie verschwitzt herunter, was Fotografen zu spannenden Fotos zu nutzen versuchten.
Während der Show versank Chelsea in einen tranceartigen Parallezustand und sang abwechselnd in zwei Mikros. Natürlich benutzte sie massenweise Halleffekte, klang aber dennoch enorm stark nach der frühen PJ Harvey. Als eine bloße Kopie erschien sie mir aber aber nicht, dafür war sie doch zu eigen.
Das Konzert war insgesamt nicht durchgängig packend. Nach gutem Beginn (mit Movie Screen, einem Hammer!) gab es im Mittelteil einen Hänger, bevor erfreulicherweise fantastisch abgeschlossen wurde. Da war die erzeugte Spannung wirklich enorm, die Stimmung dicht und sehr intensiv. In diesen letzten zehn Minuten war ich wirklich hypnotisiert, nachdem ich vorher immer mal wieder hin und her gewandert war. Ich glaube es war das immense Pale on Pale was das reguläre Set bendete. Über sieben Minuten lang wurde eine schwarze Messe gelesen, die das Blut in den Adern stocken ließ. Fast gruselig, was da ablief. Nichts für schwache Nerven und sicherlich unhörbar für Leute, die fröhlichen Sonnenschein-Pop bevorzugen.
PALE ON PALE by CHELSEA WOLFE
Die Zugabe Halfsleeper toppte alles. Ein todtrauriges, aber enorm faszinierendes Lied mit wundervollen geloopten Chören und einer unwiderstehlichen Friedhof-atmosphäre.
HALFSLEEPER by CHELSEA WOLFE
Setlist Chelsea Wolfe, Le Point Ephémère, Paris:
01: Movie Screen
02: Widow
03: Demons
04: Mer
05: Tracks
06: Moses
07: Reigns
08: Noorus
09: Feral Love
10: Ancest
11: Pale On Pale
12: Halfsleeeper
2 Kommentare :
coole kombi. wünschte ich auch öfter für münchen, dass man ein paar mehr acts zusammenpackt. die festivalidee funktioniert auch 'unter der woche'. chelsea wolfe steht auch fett in meiner zu erledigen liste.
Hallo, Oliver,
ich habe mir Odonis Odonis bereits am 26.04. im d:qliq in Luxembourg angesehen. Du hast leider keine Setlist für das Set in Paris gepostet, hier haben sie aber zumindest folgende Songs gespielt. (Ich vermute, die zwei unbekannten Songs waren neue Tracks von der nächsten CD, die schon in Vorbereitung ist.)
01 - Hollandaze
02 - Busted Lip
03 - Ledged Up
04 - Blood Feast
05 - New World
06 - Handle Bars
07 - Are We Friends
08 - ?
09 - ?
===================
10 - Fixed Things
Kommentar veröffentlichen