Am längsten erinnere ich mich nach Konzerten an die kleinen, besonderen Momente, an Pannen, liebevolle Fitzelchen Musik, die oft gar nicht sofort auffallen. Meine allerliebsten des Jahres waren diese (über die Links könnt ihr die Konzertberichte dazu nachlesen):
30: The Indelicates, Frankfurt - ich denke, ich hätte auch eine Liste mit den zwanzig schönsten Indelicates Konzertmomenten machen können, so viele herrliche Szenen habe ich im vergangenen Jahr mit der englischen Band erlebt. Ich versuche aber mich zu beschränken. Aber ganz ohne geht es natürlich nicht. In Frankfurt also verließen Keyboarderin Julia und Gitarrist Simon die Bühne vor den Zugaben und "versteckten sich" zwischen dem Publikum. Von da kommentierten sie das Konzert: "Get off! You are rubbish!"
29: The Futureheads, Luxor - beim Konzert der Nordengländer verpatzte der Roadie einen Gitarrenwechsel derart, daß er sich mit dem Gurt der alten Gitarre fesselte. Während die Band weiterspielte, bemühte er sich, sich aus dieser Fesselung zu befreien. Sänger Ross kommentierte es mit: "Cool guitar change by the way"
28: British Sea Power, Köln - ein schönes Konzert! Aber dann kam die letzte Zugabe und mit ihr die durchgeknalltesten Minuten des Jahres. Ein Engländer, der neben mir stand und gleich zu Beginn u.a. einen mitgebrachten Stoff-Pferdekopf auf die Bühne gestellt hatte, setzte sich eine Plastiktüte auf den Kopf und tanzte, die Band machte nicht weniger ungewöhnliche Dinge. Irre! Und irre unterhaltsam.
27: Ladytron, Köln - die Versuche, des armen Tourmanagers, den Soundleuten zu zeigen, daß es losgehen kann, waren urkomisch zu beobachten. Er hatte keine Taschenlampe dabei und war daher darauf angewiesen, sich anders Aufmerksamkeit zu verschaffen. Allerdings scheiterten all seine Versuche (und er war kreativ!)...
26: The Indelicates, Köln - kurz vor Ende der Zugabe Waiting for Pete Doherty to die fiel Julias Keyboard aus. Julia und Simon, die das Lied alleine gespielt hatten, sahen sich an und sangen ohne Instrument weiter - wundervoll!
25: The Kooks, KulturKirche in Köln - verschmitzt grinsend zeigt Sänger Luke nach dem Lied Do you wanna (make love to me) auf einige der jungen weiblichen Fans in der Kirche: "You, you, you, you...!"
24: Gravenhurst, Haldern-Festival - sehr verunsichert guckt Sänger Nick Talbot, als jemand im Publikum laut "Steven" brüllt. "Ich habe kein Lied mit dem Titel 'Steven'" antwortet er. Der Rufer, der den Namen des Sängers verwechselt hatte, wünschte sich dann ganz schnell Nichole, ein existierendes Lied des Bristolers. Puh! Der Wünscher war mein Kollege Oliver.
23: Kettcar, Köln - mein liebster Dialog während eines Konzerts (vor "Stockhausen, Bill Gates und ich"): Marcus Wiebusch hatte davon erzählt, daß seine Mutter ihn auf die Geschichte des Lieds angesprochen hatte (das spielt in einem Aufzug). Er antwortete auf ihr Erstaunen, daß er so was erlebt habe: "Mama, halt's Maul, ich denk' mir die Scheiße nur aus, Mann." - Frank. "Du kannst doch nicht zu Deiner Mutter 'halt's Maul' sagen" - "Du mußt das in einem größeren Zusammenhang sehen, Lars und ich kommen aus zerrütteten Verhältnissen"
22: Klee, Melt! Festival - einer der wenigen Lichtblicke des Festivals... Ein tolles Konzert und ein besonderes Highlight bei Zwei Herzen: der Zeltboden bebte dabei so stark, daß man zwangsläufig hüpfte! Wie in einem Wellenbad! Ein großartiges Lied mit einem besonderen Zusatzeffekt!
21: The Wombats, Luxemburg - die Engländer hatten die mit Abstand coolsten Fans! Fünf kleine Jungs (13 oder 14) mit ManU Trikots machten Stimmung wie Alte und klatschten die Band beim Einlauf in den Saal ab. Konzertbesucher des Jahres!
20: Morrissey, Lille - der Sänger mußte viel Nähe ertragen, viele Hände abklatschen, wischte sich danach jeweils die Hand an der Hose ab und sah wenig amused aus. Dann bestieg ein Fan die Bühne, umarmte den verdutzten Morrissey, der dies mit "Everybody deserves a hug." Pause. "Once a year."
19: Get Well Soon, Köln - Konstantin Groppers Ansage vor If this hat is missing I've gone hunting (mit der Zeile "Shoot, baby, shoot."): "So, ich möchte das nächste Lied Charlton Heston widmen, der sich ja in seiner Rente stark gemacht hat für so eine Art Bürgerinitiative. Das ist jetzt auch vorbei."
18: Immaculate Machine, Frankfurt - die kanadische Band spielte gerade eines meiner liebsten Lieder, Broken Ship. Ich war eine klein wenig traurig, daß sie die englische und nicht die französische Version spielten. Und plötzlich machten sie es wie bei der kanadischen Nationalhymne, sie änderten die Sprache. Göttlich!
17: Blood Red Shoes und Babyshambles, Montreux - kurz vor dem Auftritt der Blood Red Shoes, in so einem Moment, als ich mich mal wieder fragte, ob Pete Doherty wohl erscheint, lief der stumm aber grinsend einmal von rechts nach links über die Bühne und wieder zurück. Huhu, ich bin da...
16: Los Campesinos!, Melt! Festival - Gareth malt bei der Zeile "and every sentence that I spoke began and ended in ellipsis" bei Knee deep at ATP die drei Pünktchen in den Himmel.
15: Travis, Essen - Flowers in the window in der Live-Version ist es alleine wert, zu einem Travis Konzert zu gehen. Bald ist wieder Gelegenheit...
14: Lisa Bouvier, Stockholm - das Konzert war schon schön! Die herrlichste Szene ereignete sich aber danach. Die Band wollte ihr Auto beladen, um in die kalte Nacht zu verschwinden, die Kälte hatte den Wagen aber komplett vereist. Also kam der Koch der frierenden Band zur Hilfe und enteiste den Band-Volvo mit einem Crème Brulée Bunsenbrenner.
13: The Indelicates, Köln - wahrscheinlich schwer, dieses wundervollen Augenblick wiederzugeben. Die Indelicates haben mir viele schöne Kleinode beschert. Mein Liebling war aber eine eher winzige Szene. Julia wollte das nächste Lied anstimmen - Vladimir. Simon war allerdings komplett in eine Tom Waits Imitation vertieft, und Julias Anfangskeyboardakkorde liefern immer wieder ins Leere. Als er sie dann unschuldig fragte, was als nächstes komme, spielte sie nur noch einmal die ersten Takte und sah ihn vorwurfsvoll an. Eine unglaublich niedliche Szene!
12: R.E.M., Loreley - mein erstes Konzert meiner alten Lieblinge war viel besser, als ich vorher gedacht hatte. Der schönste Part hatte aber nichts mit den Amerikanern zu tun. Das glücklichste Strahlen zeigte mein Gesicht, als Tour Gitarrist Scott McCoy Heinrich Heines Loreley sang. Oh, wie unglaublich schön!
11: Melt!-Festival - Ins Auto zu steigen und das Festival zu verlassen - einer der schönsten Momente des Konzertjahrs!
10: Sigur Rós, Köln - wie liebevoll das Detail, daß bei Sé Lest die dazugehörende Blasmusikgruppe einmal über die Bühne lief!
09: iLiKETRAiNS, Frankfurt - ich habe schon viele Arten von Setlisten gesehen. Aber noch keine, die auf ein Brötchen geschrieben war!
08: Coldplay, Köln - ein geplanter Effekt, aber ein durch und durch wundervoller! Bei Lovers in Japan regneten Hunderttausende bunte Papierschmetterlinge vom Dach der Kölnarena in den Innenraum. Jeder drehte sich um, reckte die Hände nach oben, um die flatternden Papierchen zu ergreifen. Es war so unwirklich, als wäre man mitten in einem Tim Burton Film. Wie unglaublich zauberhaft!
07: Los Campesinos!, Luxor I - LC! dichten live Lieder häufig um. Für das umgedichtete The international Tweexcore underground werden die Waliser immer meine Lieblingsband sein. Aus "Sarah Records never meant anything to me" wurde da "Lukas Podolski never meant anything to me".
06: Jens Lekman, Frankfurt - ich habe ja schon viel erlebt. Aber noch nie jemanden, der Luftglockenspiel gespielt hat. War das sensationell!
05: Chumbawamba, Köln - am Anfang fehlte Sängerin und Trompeterin Jude noch. Sie war noch zwischen Flughafen und Underground unterwegs. Kollege Boff Whalley dirigierte trotzdem ihre Einsätze - "Jude, trumpet!". Der charmanteste Augenblick des Konzerts und des Jahres!
04: Feist, Frankfurt - die live von Puppenspielern gemachten Animationen und visuellen Effekte waren das Schönste, was ich seit Ewigkeiten gesehen habe!
03: The Last Shadow Puppets, Brüssel - ein sehr betrunkener Miles Kane kommt nach einem grandiosen Konzert mit Co-Frontmann Alex Turner Arm in Arm zurück auf die Bühne. Miles reißt die Arme hoch, und feuert mit erhobener Faust sich und das Publikum an, immer lauter BRUSSELS, BRUSSELS schreiend! Sensationell!
02: Wolf Parade, Köln - Keyboarder Spencer bekommt während des Konzerts vom Tourmanager einen kleinen Snack serviert, einen Weckmann. Weil er zweifelt, ob man den essen kann ("you eat this?"), spielt er mit dem Hefemännlein Keyboard und läßt ihn über die Tasten tanzen - herrlich!
01: Los Campesinos!, Luxor II - Gareth und Aleks spielen eine ganz kurze Passage Synchronglockenspiel, nur ein paar Takte, aber das schönste Stück Musik und der wundervollste Konzertmoment meines Jahres!