Montag, 4. Februar 2008

The Second Band & Lisa Bouvier, Stockholm, 02.02.08


Konzert: The Second Band & Lisa Bouvier
Ort: Restaurang Sjöhästen, Stockholm
Datum: 02.02.2008
Zuschauer: vielleicht 150 (sehr voll)


Eigentlich sollte hier jetzt ein Bericht eines Los Campesinos! Konzerts im Fritz's Corner in Stockholm stehen. Die Band aus Cardiff hatte ihren Auftritt vor ein paar Wochen absagen müssen, weil zu wenige Karten verkauft worden waren. Glücklicherweise hatten wir noch keine Tickets erworben, weil es die nur an der Abendkasse geben sollte, mußten uns also nicht mit komplizierten Rückgaben beschäftigen.

Nach Stockholm zu fahren erschien während des Karnevals Wochenendes trotzdem eine blendende Idee zu sein, schließlich ist die Stadt sicherlich eine der schönsten Europas. Und
natürlich eine der musikalischen Hauptstädte...

Ersatz für Los Campesinos! war schnell gefunden, zwei bei Lastfm extrem gut klingende Indie-Pop Bands aus Schweden sollten im Rahmen des Club King Kong in einem Lokal namens
Restaurang Sjöhästen auftreten. Konkret war das Konzert die Album-Release-Party der Gruppe mit dem schönen Namen The Second Band. Vorgruppe sollte Lisa Bouvier aus Lund sein. Um es vorweg zu nehmen: Ersatz ist großer Blödsinn, beide, The Second Band und Lisa Bouvier waren so viel mehr als bloßer Los Campesinos! Lückenfüller...

Das
Restaurang Sjöhästen war ein richtiges ausgewachsenes Restaurant mit vielen kleinen Tischen, an denen Leute zu Abend aßen, als wir reinkamen, nachdem wir unsere etwa fünf Euro Eintritt bezahlt hatten. In der hinteren Ecke des Ladens, gleich neben der Tür zur Küche befand sich eine kleine Bühne, auf deren Boden ein großer Persertepich lag und auf der schon Schlagzeug, Keyboard und mehrere Mikros aufgebaut waren. Es passierte aber erst einmal nichts, die Bands saßen nämlich noch an Tischen und unterhielten sich.

Erst um viertel nach elf betrat eine Frau die Bühne und nahm eine der Gitarren (vorher hatte es einige Fehlalarme gegeben, denn immer wenn jemand vom Musikertisch Getränke holte - und dafür bezahlte - mußte er über die Bühne gehen, weil es mittlerweile knackig voll geworden war. Ich hatte bis dahin eifrig gerätselt, welcher Musiker wohl zu welcher der Bands gehören). Jedenfalls war ich durch die einzelne Sängerin sehr verunsichert, denn eine Singer/Songwriterin hatte ich nicht erwartet. Das, was die ein schwarz-weiß geschlängeltes Kleid tragende Musikerin vortrug, war aber genau so etwas; ein wunderschönes Lied gar nicht weit von Anna Ternheim entfernt.

Allerdings hüpften dann plötzlich, als das Eröffnungslied zu Ende zu sein schien, einige andere (jedoch von mir trotz guter Sicht kaum bemerkt) auf die Bühne,
vollkommen ohne Vorwarnung krachten ein Schlagzeug und ein paar andere Instrumente los. Wow, was für ein spektakulärer Auftakt!

Die anderen Musiker waren eine zweite Sängerin, ein Bassist (den ich vorher für den Tourmanager gehalten hatte), ein Gitarrist, ein Keyboarder und der Schlagzeuger. Das war dann ganz plötzlich natürlich kein ruhiger Singer/Songwriter-Pop sondern kräftiger, fröhlicher Indiepop, bei dem dauernd überall etwas passierte. So, als kämen Architecture in Helsinki aus Schweden und hätten die Fähigkeit, runde, schöne Poplieder zu schreiben. Insofern passte der nicht-Ersatz also auch zu den ursprünglich geplanten Los Campesinos!, zumindest
ähnelten sich die Energie, der mehrstimmige Gesang, der Spaß auf der Bühne - der auch kräftig in den Liedern drinsteckte - und die Melodica...

Kurz und gut, Lisa Bouvier waren ein riesengroßer Knaller! Da es bisher wohl leider erst eine Veröffentlichung gibt - die EP "Princess of Aggravation" (die enthaltenen Lieder kann man zur Zeit bei myspace downloaden) - und die Band auch wohl noch nicht furchtbar viel mehr hat, war der Auftritt nach 20 Minuten leider schon beendet. Die myspace-Lieder klingen wirklich gut, live war es allerdings noch eine ordentliche Portion aufregender!
Diese 20 Minuten hätten eine Fahrt nach Stockholm vollkommen gerechtfertigt!

Setlist Lisa Bouvier Stockholm (vielen Dank an Lisa!):

01: My heart to myself
02: Andrew
03: Guiding light
04: I can't make someone love me with a song (but I can try)
05: Chambermaid
06: Belgium tomoroow (or today)
07: Capital City


Aber es war ja noch nicht vorbei.

Lisa Bouvier
bewegten sich nach draußen, um die Instrumente in ihren vor dem Club parkenden Volvo zu packen. Weil es aber (zumindest für uns Südeuropäer) eine knackig kalte Nacht war, war der Wagen so zugefroren, daß sich die Türen nicht öffnen ließen. Also wurde Hilfe benötigt, einer der Köche kam mit dem Crème Brûlée Bunsenbrenner und brannte das Schloß frei.

Drinnen baute da die zweite Band des Tages (der Wortwitz war unvermeidlich, 'tschuldigung) bereits ihre Instrumente auf. "Bereits" ist nicht ganz zutreffend, es war Mitternacht, als die Gruppe aus Örebro und Stockholm dann auf die Bühne stieg. Auch von The Second Band kannte ich nur wenig, nämlich die Fetzen, die man bei
lastfm hören konnte. Aber auch die Stockholmer begeisterten mich sofort. Mir blieb kaum Zeit, mich über den Wolfgang Petry der Band (den Bassisten, der neben schönen Haaren auch eine lustige Wollkutte trug) zu freuen, denn die Musik war von Beginn an aufregend.

Wie beschreibe ich den Stil? Mir kamen einige Schweden in den Sinn, an die das ein oder andere erinnerte, ich täte The Second Band aber unrecht, sie nur mit anderen zu vergleichen. Maches klang wie Pelle Carlberg in fröhlich oder wie die Shout Out Louds ohne Glöckchen. Wohl die
auffallendsten Elemente waren großzügige "la la la" und "oh oh oh" Zeilen und eine oft und deutlich eingesetzte Trompete. Die Trompete spielte der Keyboarder der Band, wobei es umgekehrt richtiger wäre, da die in fast jedem Lied vorkam. Ein gutes Beispiel dafür ist "The urgency of now" von der ersten echten Platte der Gruppe, deren Veröffentlichung eben gefeiert wurde.

Neben der Trompete ist die Instrumentierung eher konservativ, zumindest an diesem
Abend. Zwei Gitarren (eine spielt der Sänger Hampus), Schlagzeug und Bass. Auf der CD "The definite form" singen auch webliche Stimmen mit, auf den beiden EPs, die ich hinterher kaufen konnte, spielt eine der Frauen auch Geige. Da die Second Band nach Aussagen auf ihrer Website gerade einige Ab- und Zugänge zu verzeichnen hatte, scheint da einiges im Fluß zu sein. Aber zusätzlich Frauenstimmen hin oder her, das was sie da spielten, war herrlich! Das Restaurang war begeistert, da brauchte es gar nicht die vielen Anfeuerungsgesten des Bassisten, die aber trotzdem toll waren! Musikalisch - darüber waren wir uns im Anschluß einig - war (für uns) Lisa Bouvier aufregender, das ist allerdings furchbar schwer zu sagen, denn beide waren großartig! The Second Band erzeugte wahnsinnig gute Partystimmung. Zwar sind auf den Platten auch viele melancholische Stücke, im Sjöhästen standen aber die fröhlichen Songs im Vordergrund.

Leider kann ich mit keinen Setlisten dienen (doch, kann ich dank der Bands jetzt schon!). Die Second Band spielte acht Lieder, darunter einige von ihren neuen Platte, etwa "The future", "The flood" als vorletztes Stück, "The urgency of now". Leider war auch hier nach 40 Minuten (inclusive einer Zugabe) Ende. Ich kann mir aber nur schwerlich vorstellen, daß diese beiden unglaublich talentierten Bands niemals in Deutschland auftreten werden, vielmehr würden mich die Haldern-Organisatoren nicht überraschen, wenn z.B. da Lisa Bouvier und The Second Band irgendwann spielten.

Setlist The Second Band Stockholm:

01: The killer comeback line
02: The future
03: The wedding speech
04: The urgency of now
05: Wild is the wind
06: She's exactly what I don't need but she's everything I've ever wanted.
07: The flood

08: Bellystings & Sunshowers (Z)


Anmerkung: Beide Gruppen hätte ich auch früher schon für mich entdecken können, wenn ich mir auf Eikes unfassbar kompetenten Blog die Tips besser gemerkt hätte. Hier könnt Ihr schon einmal mehr von den Bands lesen, von denen wir hier vielleicht zukünftig begeistert berichten werden.

Links:
- mehr Fotos
- ein sehr sehr lesenswerter anderer Bericht (von Christina)



9 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Christoph hatte Spaß, das freut mich! Allein schon der Name der Location Restaurant Sjö-irgendwas, super!

E. hat gesagt…

kommt hier nicht ein bericht von christina?
eine bombenkombi, die dort in schweden wirkte! bin neidisch!

Christoph hat gesagt…

Kommt, kommt! Ichc war heute etwas derangiert, bin daher lahm!

Anonym hat gesagt…

ganz großer blogsport !!!
und mein persönlicher Lieblingsbericht, da hat der Christoph aber die Nase knapp vor Oliver, der trotz großer Namen und Clubhopping als "the second blogger" (Wortwitz continues) in meiner Gunst steht ;-)
nichts für ungut

der unwürdige undertaper

habe gleich das Gerücht im Haldernforum gestreut

Oliver Peel hat gesagt…

Kein Problem, das mit dem "second blogger", Undertaper.

Wenn Christoph's Berichte begeistern, freue ich mich mit!

Also Glückwunsch, Christoph, zu gelungenem Wochenende und der amüsanten Schilderung der Ereignisse.

Anonym hat gesagt…

@ e.: Von mir gibt es natürlich auch einen euphorischen Bericht, nämlich hier.

Anonym hat gesagt…

P.S.: Kommentar auf der Second Band Seite: "We will come and play for you. Send us an e-mail!"

...na wenn das so einfach geht: wer stellt sein Wohnzimmer zur Verfügung?

Christoph hat gesagt…

Daran habe ich auch gedacht, als ich das gelesen habe!

Vielleicht sollten wir die mal anmailen. :-)

Anonym hat gesagt…

Hallo Christoph!
Sehr schöner Bericht. Liest sich wie geschnitten Brot. Scheint ein gutes Wochenende gewesen zu sein im hohen Norden.

 

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