Montag, 15. September 2008

The Futureheads, Köln, 14.09.08


Konzert: The Futureheads (& Timid Tiger)

Ort: Luxor, Köln
Datum: 14.09.2008
Zuschauer: knapp 100
Dauer: The Futureheads ca. 65 min, Timid Tiger ca. 30 min


Wir haben uns hier schon häufig über die Ungerechtigkeit der Musikbranche aufgeregt, daüber, daß Bands, die den großen Erfolg verdient hätten, um jede Platte kämpfen müssen, während die Mikas oder Anastacias dieser Welt mit jedem noch so schlechten Lied im Radio hoch- und runtergedudelt werden. Ginge es gerechter zu, wären die Futureheads Superstars, die große Hallen füllten. In dieser Pfui-Bah-Welt reicht es leider an einem Sonntagabend nur für ein paar Handvoll Zuschauer, obwohl sich eigentlich rumgesprochen haben sollte, wie exzellent die Livequalitäten der Nordengländer sind.

Auch das Rahmenprogramm war top. Mit Timid Tiger hatten die Veranstalter eine aufregende Vorgruppe verpflichtet. Leider, leider wurde das aber eben nicht richtig honoriert. Immerhin sah es dann mit Beginn des Programms nicht mehr ganz kläglich aus, wie das eine Viertelstunde vor dem Start noch zu befürchten war.

Timid Tiger hatte ich noch nie gesehen, wohl aber ihren Sänger Keshav PuruShotham, der als John Goldtrain schon das Vorprogramm des wundervollen Los Campesinos! Konzerts ("Lukas Podolski never meant anything to me") im Frühjahr im Luxor bestritten hatte. Damals hatte mir die Musik des Supports gut gefallen, die Outfits waren allerdings ein wenig ungewöhnlich.

Jetzt trugen die Timid Tiger Mitglieder dunkle Kleidung, die mit rotem und grünem
Klebeband dekoriert war - ach, und Stirnbänder mit Federn.

Obwohl ich das Album der Kölner Band besitze, kannte ich nicht viele Lieder, das machte aber auch überhaupt nichts, denn die Musik ist quasi selbsterklärend. Timid Tiger spielen tollen Indie-Pop, abwechslungsreiche Stücke, eines klang zum Beispiel nach einem Hauch Ska, und verbreiten alleine so schon richtig viel gute Laune. Aber dabei muß es ja nicht bleiben...

Irgendwann zogen sich nämlich Keyboarder Evgeni und der Bassist (glaube ich)
Affenmasken auf, während Schlagzeuger Cristobal zum Hasen wurde. Keshav war zusätzlich zum Stirnband schon mit reichlich Glitzerzeugs im Gesicht und einem Prince-Sybol-Symbol ausgestattet, das ganze sah also herrlich bunt aus. Keshav verschwand irgendwann kurz und tauchte in neuem Outfit auf, in dem, daß er schon als John Goldtrain getragen hatte. Es wurde also noch eine Spur exzentrischer. Im Gegensatz zu anderen, bei denen die Konzentration auf das Drumherum die Musik leiden läßt, litt hier die Qualität nicht die Spur unter den Modefragen, es war richtig gut und hörenswert! Cartoon Pop nennen Timid Tiger ihren Stil. Seit ihrem Auftritt weiß ich ganz genau, was sie damit meinen!

Setlist Timid Tiger, Luxor, Köln:

01: Electric Island
02: Combat songs
03: Pretty saphire cat
04: On sunday
05: Let the city save us
06: Loveboat
07: House of love
08: My girl's a rascal
09: Miss Murray
10: Rabbit on fire

Es war kurz nach neun, bis alle Tiermasken, alles Konfetti, das Keshav verteilt hatte, und alle Tutanchamun-Büsten von der Bühne entfernt waren und die Hauptgruppe auftreten konnte. Als Headliner hatte ich die Futureheads noch nicht gesehen, nur zweimal im Rahmen Visions Spring Tour im - richtig - Frühling. In Köln hatte ich da die Engländer zum Headliner gemacht, weil ich nur ihretwegen da war und vor den Rifles den Abend wieder beendet hatte. Aber das zählt ja nicht richtig.

Der Beleuchter konnte gar nicht schnell genug die Lampen ausknipsen, so unspektakulär schnell kam dann die Band auf die Bühne. Dramaturgie war aber auch vollkommen unnötig, denn gleich mit Walking backwards vom aktuellen Album (was
man so aktuell nennt) war deutlich, wie das Konzert werden würde: flott, laut, schnell, energiereich und vor allem wahnsinnig gut. Die Musik der Band aus Sunderland zeichnet sich vor allem durch drei Stilelemente aus: schnelle Gitarren, kurze, abgehackte Riffs und an einen Kanon erinnernden Gesangsparts. Einer meiner Lieblinge der Band folgte gleich im Anschluß, Decent days and nights vom Debütalbum. Ein riesiger Hit! Wie schon vor einem halben Jahr in Köln spielten die vier Nordost-Engländer fast nur Lieder der ersten und dritten Platte und ignorierten das Mittelalbum bis auf Skip to the end total. Auch ich empfinde mittlerweile das zweite Album als schwächer als die beiden anderen. Es enthält aber auch einige sehr gute Songs, die ich zu gerne einmal live sehen würde.

Meine Lieblinge von This is not the world sind Radio heart und vor allem das überragende Think tonight, weiterhin eines der besten Lieder des Jahres. Aber auch der Rest des Sets war überragend. Die beiden Gitarristen Barry und Ross verbeiten so unglaublich viel Spaß beim Spielen, feixen sich ununterbrochen an, machten Späße
über Liam Gallagher, ach, welch nette Band! Und dazu der wundervolle nordenglische Akzent!

Meine Lieblingsszene des Abends war eine kleine Panne: Während
Worry about it later ging irgendwas an Barrys Gitarre kaputt. Der aufmerksame Helfer rannte umgehend auf die Bühne und tauschte das Gerät aus - führte das Kabel für die neue Gitarre allerdings noch durch den Gurt der alten. Er fesselte sich also quasi. Um das zu lösen, musste er mühevoll den Gurt der alten Gitarre losmachen, während die Band und Barry munter weiterspielten. "Cool guitar change by the way", urteilte Ross in der nächsten Pause.

Nach Beginning of the twist spielten die Futureheads ausschließlich Lieder ihrer ersten Platte. Und wer die Platte kennt, weiß, daß Hounds of love, Carnival kids und Man Ray ein sagenhaftes Konzertende sind!

Noch schöner waren dann allerdings die Zugaben! Zunächst ein echter Knüller,
nämlich Le garage, das sie nach eigener Aussage sehr lange nicht gespielt hätten, und anschließend das ebenso tolle He knows (beide auch vom Debüt).

Welch guter Sonntagabend! Und vielleicht wird die Welt bis zum nächsten Futureheads Konzert ja gerechter und gibt der Band etwas mehr von der Anerkennung, die sie verdient, schließlich sind die Jungs aus Sunderland eine der besten britischen Bands unserer Zeit. Und verflucht sympathisch!

Setlist The Futureheads, Luxor, Köln:

01: Walking backwards
02: Decent days and nights
03: Robot
04: Radio heart
05: The city is here for you to use
06: Worry about it later
07: This is not the world
08: Work is never done
09: Think tonight
10: Hard to bear
11: Skip to the end
12: The beginning of the twist
13: Hounds of love
14: Carnival kids
15: Man Ray

16: Le garage (Z)
17: He knows (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- The Futureheads, Wiesbaden, 05.04.08
- The Futureheads, Köln, 02.04.08

- mehr Fotos dieses fabelhaften Konzertabends



1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Jetzt verstehe ich was du meinst...ich konnte gar nicht wissen, was für ein Outfit Keshav vor LC! trug, weil ich da nach 4 1/2 Sekunden zum Fußball gucken in den Vorraum geflüchtet bin.
Gestern fand ich die Verkleidungen allerdings heiß :) Den Tierkostüm-Teil noch mehr als den Indianer-Teil :)

 

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