Konzert: The National (celebrate Brooklyn)
Ort: Prospect Park Bandshell, Brooklyn, New York
Datum: 17.06.2014
Dauer: The National 110 min, Phosphorescent 40 min
Zuschauer: ausverkauft, vielleicht 5.000
„Es ist so großartig, wenn man zu seinem eigenen Gig mit dem Fahrrad kommen kann!“
Aaron Dessner ist glücklich, dass The National heute ihr erstes von drei Heimspielen in Brooklyn haben und wir sind glücklich, dass wir dabei sein können. Es ist heiß in New York an diesem Dienstag, gut 30 Grad und das bei bekannt hoher Luftfeuchtigkeit. Um unsere Kräfte zu schonen, waren auch wir im Rahmen unseres Touriprogramms mit dem Fahrrad unterwegs. Start in Manhattan über die Williamsburg Bridge, fancy Williamsburg mit seinen chassidischen Juden im südlichen Teil, DUMBO und über die Brooklyn Bridge zurück. Radfahren im Big Apple. Wer hätte gedacht, dass es tatsächlich so viele markierte Radwege hier gibt. Wer’s nachmachen will, dem sei Frank’s Bikeshop aller wärmstens empfohlen! Der Mann ist ein New Yorker Urgestein.
Aaron ist vielleicht wirklich mit dem Fahrrad da und meint auf Nachfrage von Sänger Matt Berninger, dass er für später auch mit der ausreichenden Beleuchtung ausgestattet sei. „I got even two!“
Der Prospect Park liegt mitten in Brooklyn, mit wunderschönem Baumbestand. Ein Naherholungsgebiet. Im Sommer werden hier jede Menge kostenlose Konzerte veranstaltet und um das zu finanzieren, wird für die eine oder andere Veranstaltung zwischendurch auch mal Eintritt verlangt, so auch für die drei Tage, die The National mit unterschiedlichen Vorbands hier in ihrer Bandhomebase Brooklyn spielt. Vermutlich werden es die letzten Konzerte in New York City im Rahmen der Trouble-Will-Find-Me-Tour sein.
Als wir in unseren luftigen Sommerkleidchen mit Sommerpicknick ausgestattet kurz nach 6 am Park ankommen, gibt es bereits eine riesiglange, höchst disziplinierte Schlange am Eingangsbereich, alt und jung, Kinderwagen, hip und weniger hip, eine typische The-National-Mischung. Der für die Konzerte abgesperrte Bereich ist eigentlich recht übersichtlich. Die geteerte, pefekt sichtgeeignet ansteigende Fläche vor der Bühne bis zum Mischturm fasst vielleicht 2000 Menschen. Wir laufen am seitlich offenen VIP-Zelt vorbei, in dem gerade gegessen wird. Teile von Band und Crew sitzen entspannt an den Tischen. Statt auf einer der umliegenden Rasenflächen unsere Picknickdecke auszubreiten, entscheiden wir uns für den Bereich direkt vor der Bühne. Das sollte später für entspanntes Stehen in der dritten Reihe reichen.
Pünktlich um 7 fängt Matthew Houck aka Phosphorescent an zu spielen. Mit ihm stehen 7 Musiker auf der Bühne, die zwischendurch noch von 3 Blechbläsern unterstützt werden. Houck hat sich dafür den Trompeter und den Posaunisten von The National ausgeliehen. Das Set ist nicht schlecht, überzeugt aber nicht wirklich. Die Musik klingt austauschbar, nach gutem alten Classic American Rock und leider geht Phosphorecents Stimme bei der vorhandenen Überinstrumentalisierung ziemlich unter. Manchmal wäre weniger vielleicht doch mehr. Wir hätten gut und gerne auf eines der beiden Keyboards verzichtet.
Nach kurzem Umbau betritt The National die Bühne. Die Videoleinwand ist im Vergleich zu den europäischen Konzerten etwas kleiner und besteht aus unterbrochenen Teilstücken. Der Wirkung tut es keinen Abbruch und der eigens für die Tour engagierte Videotechniker/-künstler macht auch an diesem Abend wieder einen grandiosen Job.
Gleich das dritte Lied wird eines der absoluten Highlights des Abends. Matt Berningers Hand weist in die Ferne. „Das nächste Lied ist gleich dahinten, hinter dem Park entstanden.“ „This goes to our neighbors!“ wirft Aaron Dessner ein. Es handelt sich um The Geese Of Beverly Road vom Durchbruchalbum Alligator. Die Straße liegt irgendwo ganz in der Nähe des Dessnerschen Hauses und der Song entstand wohl in einer ähnlich schönen Sommernacht. Mit den „Gänsen“ sind Autoalarmanlagen gemeint, die von irgendwelchen Kids in so einer Nacht ausgelöst wurden. Der Song könnte nicht besser zu diesem Abend inmitten von Brooklyn passen. Gänsehautmoment.
Wie auch schon in Mannheim braucht es ein paar Lieder bis der Sound wirklich stimmt und Matt Berninger ganz in seiner Trance angekommen ist. Die Weißweinflasche steht vor den Drums in einem dieser typischen US-Cooler und getrunken wird aus wenig stilvollen roten Plastikbechern oder später direkt aus der Flasche, die achtlos in hohem Bogen in die Kühlbox zurückgeworfen wird.
Einer der packendsten Momente ist Afraid of Everyone, der Song der die Ängste des damaligen Neuvaters spiegelt. Schon so oft live gehört, aber heute ergreift mich die Emotionalität des Berningerschen Vortrags mit voller Wucht.
Die gesetzten Songs der Tour werden auch heute durchgehend gespielt, wobei ja auch hier immer wieder kleine Änderungen vorgenommen werden. Insofern gibt es zwar keine großen Überraschungen, aber die Dichte und die Arrangements sind nach wie vor fantastisch. Unglaublich schön bleibt die in Luxemburg erstmalig gespielte Live-Fassung von Hard To Find. Wirklich toll auch der Einsatz des Geigenbogens an der E-Gitarre durch Bryce Dessner bei Slow Show. Überhaupt liefert Bryce einen immer showtauglicheren Einsatz mit seinen Gitarren ab. Nicht nur herrlich zu hören, sondern auch herrlich anzuschauen.
About Today ist auch so ein Gänsehautlied! „Hey are you awake. Yeah I’m right here. Well can I ask you about today.“ Für die Klavierbegleitung bitten die 5 einen alten Freund und Wegbegleiter auf die Bühne, dessen Namen wir leider nicht genau verstanden haben.
Kurz fragen wir uns, ob der Prospect Park mit seiner verschwitzten Menschenmenge und die viel strengeren amerikanischen Regeln wohl das Bad in der Menge zulassen. Als erste Zugabe spielt die Band Santa Clara von der Viginia-EP. Ein weiterer Gänsehautmoment. „It’s alright to see a ghost.“ Danach geht’s zu Mr. November ab durch die Zuschauerreihen. Auch eine offensichtliche Platzwunde an der Stirn nach der ersten Runde vermag einen Berninger nicht aufzuhalten. Bei Terrible Love - mit Phosphorescent als Gastgitarrist - ist die linke Seite dran und als ihm Aaron danach ein Handtuch reichen will und auf die Schläfe deutet, wischt er es brüsk zur Seite. This man is on fire und die Weißweinflaschen auch mal wieder leer.
Bei Vanderlyle wird nochmal deutlich, dass wir uns in einem englischsprachigen Land befinden. Wir hatten’s fast vergessen. Wunderschön.
Auf dem Weg nach draußen, zurück zur Subway machen wir noch am Merchstand Halt. Als Erinnerung an diesen herrlichen Sommerabend in New York ergattern wir die letzten beiden Siebdruckplakate, Specialedition for tonight! Es hat bestimmt immer noch 28 Grad.
Setlist The National, Prospect Park, Brooklyn, New York:
01: Don’t Swollow The Cap
02: I Should Life in Salt
03: Geese Of Beverly Road
04: Bloodbuzz Ohio
05: Demons
06: Sea Of Love
07: Hard To Find
08: Afraid Of Everyone
09: Conversation 16
10: Squalor Victoria
11: I Need My Girl
12: This Is The Last Time
13: Green Gloves
14: Abel
15: Slow Show
16: Pink Rabbits
17: England
18: Graceless
19: About Today
20: Fake Empire
21: Santa Clara (Z)
22: Mr. November(Z)
23: Terrible Love (Z)
24: Vanderlyle Cry Baby Geeks (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- The National, Köln, 11.06.14
- The National, Mannheim, 01.06.14
- The National, Paris, 18.11.13
- The National, Brüssel, 17.11.13
- The National, Esch-sur-Alzette, 06.11.13
- The National, Düsseldorf, 05.11.13
- The National, Zagreb, 02.07.13
- The National, Paris, 25.06.13
- The National, Camber Sands, 09.12.12
- The National, Barcelona, 27.05.11
- The National, Eindhoven, 18.02.11
- The National, Paris, 23.11.10
- The National, Neu-Isenburg, 18.11.10
- The National, Wien, 18.08.10
- The National, Haldern, 14.08.10
- The National, Latitude-Festival, 16.07.10
- The National, Paris, 07.05.10
- The National, Haldern, 09.08.08
- The National, Montreux, 16.07.08
- The National, Köln, 27.11.07
- The National, Paris, 14.11.07
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