Konzert: Caroline Keating
Ort: Grüner Salon, Berlin
Datum: 02.12.2012
Dauer: 70 min.
Zuschauer: ca. 40
Berlin am 2. Advent. Am Nachmittag hat es angefangen zu schneien. Mir war richtig kitschig zumute. Bevor ich aber zu Caroline Keating kam, gab es noch einem Abstecher auf den Weihnachtsmarkt des Michelberger Hotels. Dort sollte am Nachmittag ebenfalls Live-Musik erklingen. Es war dort proppenvoll - draußen als auch drinnen. Mit dem Dröhnen der Disco-Musik machte ich mich rechtzeitig zum Grünen Salon der Volksbühne auf. Viel zu selten wird heutzutage noch ein Raum Salon genannt. Das Wort alleine schon lädt förmlich zum Verweilen und die Seele baumeln lassen ein. Es hat etwas von Gemütlichkeit.
Von der Kanadierin Caroline Keating habe ich mir im Vorfeld optisch noch kein Bild gemacht. Ich kannte nur ihren aktuellen (und wohl einzigen) Tonträger, den ich die vergangenen Tagen dutzendfach hörte. Sie erinnerte mich stark an Regina Spektor, wenn sie auch nicht ganz so poppig klingt, worüber ich nicht wirklich traurig bin. Vielleicht habe ich mich deswegen kurzfristig gegen das Konzert von Regina Spektor entschieden. Mit ihrem neusten Machwerk konnte ich nur sehr wenig anfangen.
Der Grüne Salon ist an dem Abend mit bequemen Sesseln "bestuhlt". Zwischendrin stehen kleine Tischchen mit Kerzen. Hätte ich an diesem Abend eine romantische Verabredung gehabt, es hätte nicht besser kommen können. Auf der Bühne steht ein alter Bechstein Flügel, eine große Trommel sowie eine noch hängende Geige. Das Publikum würde ich zwischen 30-50 Jahren einschätzen.
Als Caroline Keating zur Bühne kommt, muss sie, wie alle Künstler im Grünen und Roten Salon, vorher durchs Publikum. Das sitzt ja gesittet im gediegenen Ambiente. Sie trägt an diesem Abend ein hochgeschlossenes kurzes schwarzes Samtkleid. Dazu noch ein paar silbern glitzernde Schühchen - sehr kleidsam. Sie setzt sich direkt an den Flügel und witzelt noch über ihre starke Konkurrenz an diesem Abend, die "very popular crime show" und beginnt dann noch alleine mit Silver Heart, dem Namensgeber ihres Tonträgers. Sie hat eine unheimlich ausdrucksstarke Stimme, die mir live sofort gefällt.
Zu Riots kommt Sebastian Chow auf die Bühne, mit dem sie einen kurzen Plausch auf französisch hält. Das Lied soll wohl von einem wunderbaren Studentenstreik handeln. Die hallende Geige fügt sich in das gekonnte Klavierspiel von Caroline Keating blendend ein. Es kommt immer wieder zu kurzen Blicken der Verständigung, die Stimmung zwischen den beiden Musikern scheint gelöst, aber sehr konzentriert. Zwischendurch erinnert mich das Aufbrausen der Geige an die Vier Jahreszeiten von Vivaldi. Richtig stimmungsvoll wird es dann mit dem mir bislang unbekannten Old Faithful - zum dahinfließen. Mit fließendem Übergang geht es dann über zu So Long. Es wird wohl an diesem Abend keinen dritten Musiker mehr geben, denn die Trommel wird von Sebastian Chow stimmungsvoll geschlagen und das im Wechsel zu seinem Geigenspiel, zupfend und streichend und immer mal wieder auf die große Trommel hauend, die den Raum mit einem tollen dumpfen Bass erfüllt. Caroline Keating weiß sehr zu schätzen, was sie an ihrem "Octopus" hat, wie sie ihn lieb nennt. Ein Abend voller Magie. Das Publikum ist gebannt und fasziniert. Niemand unterhält sich nebenher und die Telefone bleiben in den Taschen. Vielleicht blende ich das auch alles nur aus, denn ihre Musik verzaubert. Ihr Album ist deutlich poppiger produziert, nicht überproduziert, aber live gefallen mir ihre Musik und ihre Stimme noch besser. Mit Sebastian Chow hat sie wirklich einen Glücksgriff getan, wie uneitel und gefühlvoll er den Liedern sein Können schenkt.
Bei ihrem letzten Berlin Konzert waren es gerade mal vier Zuhörer. Kaum zu glauben, dass es an diesem Abend nicht weitaus mehr den Weg in den Grünen Salon gefunden haben. Ich gebe nur selten Prognosen über den Verlauf einer Karriere ab, zu unwägbar ist es. Aber bei Caroline Keating bin ich mir sicher, dass sie noch ein deutlich größeres Publikum erreichen wird. Ich erinnere mich dabei gerne an das schöne Konzert von Marketa Irglova im Babylon Mitte.
Zu Nightlife wippe ich mit dem Kopf mit... und es geht gleich über zu Grow Old, baby we all grow old. Zuletzt lebte sie für einen Monat in Leipzig und das sie nun wieder Abschied nehmen muss, fällt ihr sehr schwer. Sie fühlte sich dort "natural high". Wie schön! Ich habe keine wirkliche Vorstellung vom Leben in Kanada, aber es ist schön zu hören, dass es umgekehrt den Durchreisenden in Deutschland besser und besser gefällt. Die stechende Geige bei One gefällt mir - auch das dramatisch, chaotische Klavierspiel, welches dann doch wieder seine Ordnung findet, erinnern mich an das Tanzen der Schneeflocken, die mit ein wenig Wind mächtig durcheinander gewirbelt werden, um sich dann bei Gatsby wieder zu finden. Eine so berührende und kurzweilige Musik! So viel natürlicher und mädchenhafter Charme! Sie hat immer so ein natürliches und freundliches Lächeln. Bei Montreal komme ich dann völlig ins Träumen. Zu Ghost stellt sie sich scherzend neben Sebastian Chow, der sie nur zupfend begleitet. Ihre Aufregung kann man nun nicht nur erahnen, sondern auch sehen. Mit der einen Hand klammert sie sich ans Mikrofon, während die andere Hand das Kabel knetet. Niemand mag es ihr verdenken, dass sie noch unsicher ihres Könnens ist. Die die ihr Zuhören konnten, sind sich da aber ganz sicher. Also Zugaben folgen dann noch das zuckersüße Pit Stop und das vielleicht durch youtube bekannteste Lied von ihr: Billy Joel.
Ich hatte nach dem Konzert so ein wohliges Gefühl. Ich wollte noch gar nicht wirklich gehen. Im Gegenteil - irgendwie hätte ich Lust gehabt noch mit den anderen Gästen zusammenzusitzen und bei einem Getränk und angenehmer Musik weiter zu plauschen. Es war in mir eine schöne Salonatmosphäre, die ich versuchte bis in meinem Salon daheim mitzunehmen. Vielen Dank, dass ich Dich auf Deiner Reise durch Deinen musikalischen Zauberwald begleiten durfte, Caroline Keating.
Setlist Caroline Keating, Grüner Salon, Berlin:
01: Siver Heart
02: Riots
03: Old Faithful
04: So Long
05: The Pier
06: Holiday
07: Lusty Dusty
08: Nightlife
09: Grow Old
10: One
11: Gatsby
12: Montreal
13: Ghosts
14: Pit-Stop (Z)
15: Billy Joel (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Caroline Keating, Darmstadt, 03.11.12
- Caroline Keating, Frankfurt, 25.09.12
- Caroline Keating, Paris, 16.03.10
- Caroline Keating, Köln, 30.01.09
Von der Kanadierin Caroline Keating habe ich mir im Vorfeld optisch noch kein Bild gemacht. Ich kannte nur ihren aktuellen (und wohl einzigen) Tonträger, den ich die vergangenen Tagen dutzendfach hörte. Sie erinnerte mich stark an Regina Spektor, wenn sie auch nicht ganz so poppig klingt, worüber ich nicht wirklich traurig bin. Vielleicht habe ich mich deswegen kurzfristig gegen das Konzert von Regina Spektor entschieden. Mit ihrem neusten Machwerk konnte ich nur sehr wenig anfangen.
Der Grüne Salon ist an dem Abend mit bequemen Sesseln "bestuhlt". Zwischendrin stehen kleine Tischchen mit Kerzen. Hätte ich an diesem Abend eine romantische Verabredung gehabt, es hätte nicht besser kommen können. Auf der Bühne steht ein alter Bechstein Flügel, eine große Trommel sowie eine noch hängende Geige. Das Publikum würde ich zwischen 30-50 Jahren einschätzen.
Als Caroline Keating zur Bühne kommt, muss sie, wie alle Künstler im Grünen und Roten Salon, vorher durchs Publikum. Das sitzt ja gesittet im gediegenen Ambiente. Sie trägt an diesem Abend ein hochgeschlossenes kurzes schwarzes Samtkleid. Dazu noch ein paar silbern glitzernde Schühchen - sehr kleidsam. Sie setzt sich direkt an den Flügel und witzelt noch über ihre starke Konkurrenz an diesem Abend, die "very popular crime show" und beginnt dann noch alleine mit Silver Heart, dem Namensgeber ihres Tonträgers. Sie hat eine unheimlich ausdrucksstarke Stimme, die mir live sofort gefällt.
Zu Riots kommt Sebastian Chow auf die Bühne, mit dem sie einen kurzen Plausch auf französisch hält. Das Lied soll wohl von einem wunderbaren Studentenstreik handeln. Die hallende Geige fügt sich in das gekonnte Klavierspiel von Caroline Keating blendend ein. Es kommt immer wieder zu kurzen Blicken der Verständigung, die Stimmung zwischen den beiden Musikern scheint gelöst, aber sehr konzentriert. Zwischendurch erinnert mich das Aufbrausen der Geige an die Vier Jahreszeiten von Vivaldi. Richtig stimmungsvoll wird es dann mit dem mir bislang unbekannten Old Faithful - zum dahinfließen. Mit fließendem Übergang geht es dann über zu So Long. Es wird wohl an diesem Abend keinen dritten Musiker mehr geben, denn die Trommel wird von Sebastian Chow stimmungsvoll geschlagen und das im Wechsel zu seinem Geigenspiel, zupfend und streichend und immer mal wieder auf die große Trommel hauend, die den Raum mit einem tollen dumpfen Bass erfüllt. Caroline Keating weiß sehr zu schätzen, was sie an ihrem "Octopus" hat, wie sie ihn lieb nennt. Ein Abend voller Magie. Das Publikum ist gebannt und fasziniert. Niemand unterhält sich nebenher und die Telefone bleiben in den Taschen. Vielleicht blende ich das auch alles nur aus, denn ihre Musik verzaubert. Ihr Album ist deutlich poppiger produziert, nicht überproduziert, aber live gefallen mir ihre Musik und ihre Stimme noch besser. Mit Sebastian Chow hat sie wirklich einen Glücksgriff getan, wie uneitel und gefühlvoll er den Liedern sein Können schenkt.
Bei ihrem letzten Berlin Konzert waren es gerade mal vier Zuhörer. Kaum zu glauben, dass es an diesem Abend nicht weitaus mehr den Weg in den Grünen Salon gefunden haben. Ich gebe nur selten Prognosen über den Verlauf einer Karriere ab, zu unwägbar ist es. Aber bei Caroline Keating bin ich mir sicher, dass sie noch ein deutlich größeres Publikum erreichen wird. Ich erinnere mich dabei gerne an das schöne Konzert von Marketa Irglova im Babylon Mitte.
Zu Nightlife wippe ich mit dem Kopf mit... und es geht gleich über zu Grow Old, baby we all grow old. Zuletzt lebte sie für einen Monat in Leipzig und das sie nun wieder Abschied nehmen muss, fällt ihr sehr schwer. Sie fühlte sich dort "natural high". Wie schön! Ich habe keine wirkliche Vorstellung vom Leben in Kanada, aber es ist schön zu hören, dass es umgekehrt den Durchreisenden in Deutschland besser und besser gefällt. Die stechende Geige bei One gefällt mir - auch das dramatisch, chaotische Klavierspiel, welches dann doch wieder seine Ordnung findet, erinnern mich an das Tanzen der Schneeflocken, die mit ein wenig Wind mächtig durcheinander gewirbelt werden, um sich dann bei Gatsby wieder zu finden. Eine so berührende und kurzweilige Musik! So viel natürlicher und mädchenhafter Charme! Sie hat immer so ein natürliches und freundliches Lächeln. Bei Montreal komme ich dann völlig ins Träumen. Zu Ghost stellt sie sich scherzend neben Sebastian Chow, der sie nur zupfend begleitet. Ihre Aufregung kann man nun nicht nur erahnen, sondern auch sehen. Mit der einen Hand klammert sie sich ans Mikrofon, während die andere Hand das Kabel knetet. Niemand mag es ihr verdenken, dass sie noch unsicher ihres Könnens ist. Die die ihr Zuhören konnten, sind sich da aber ganz sicher. Also Zugaben folgen dann noch das zuckersüße Pit Stop und das vielleicht durch youtube bekannteste Lied von ihr: Billy Joel.
Ich hatte nach dem Konzert so ein wohliges Gefühl. Ich wollte noch gar nicht wirklich gehen. Im Gegenteil - irgendwie hätte ich Lust gehabt noch mit den anderen Gästen zusammenzusitzen und bei einem Getränk und angenehmer Musik weiter zu plauschen. Es war in mir eine schöne Salonatmosphäre, die ich versuchte bis in meinem Salon daheim mitzunehmen. Vielen Dank, dass ich Dich auf Deiner Reise durch Deinen musikalischen Zauberwald begleiten durfte, Caroline Keating.
Setlist Caroline Keating, Grüner Salon, Berlin:
01: Siver Heart
02: Riots
03: Old Faithful
04: So Long
05: The Pier
06: Holiday
07: Lusty Dusty
08: Nightlife
09: Grow Old
10: One
11: Gatsby
12: Montreal
13: Ghosts
14: Pit-Stop (Z)
15: Billy Joel (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Caroline Keating, Darmstadt, 03.11.12
- Caroline Keating, Frankfurt, 25.09.12
- Caroline Keating, Paris, 16.03.10
- Caroline Keating, Köln, 30.01.09
2 Kommentare :
Ich bin ganz begeistert, dass es noch jemanden mit einem "Konzerttagebuch" gibt. Meines ist noch sehr neu (zwei Einträge) und durch eben diese Dame entstanden. Das Konzert in Hannover - obwohl es schon das dritte war, welches ich von ihr besuchte - hatte mich einfach nicht mehr losgelassen und ich wollte es zu Papier bringen. Vielleicht schaust du mal vorbei - ich würde mich freuen:
www.herzklangbar.blogspot.com
Im Detail konnte ich mich nicht mehr an die einzelnen Songs erinnern, aber ich finde es toll wie die unterschiedlichen Stimmungen während der Lieder wiedergegeben hast.
Übrigens war es der 1. Advent, aber vielleicht hat dich Caroline mit ihrer warmen Stimme und den Klavierspiel, das nach tanzenden Schnellflocken klingt (eine wunderschöne Metapher!) noch mehr in weihnachtliche Stimmung versetzt :)
Danke für das Feedback und ich habe gleich auch Deinen Bericht gelesen! Danke!
Ich wünsche weiterhin viel Spaß beim Schreiben. Gute Hinweise für interessante Konzerte wirst Du auch hier immer wieder finden. Würde mich freuen, wenn Du auch regelmässig wiederkommst. Beste Grüße Markus
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