Freitag, 21. Dezember 2012

Mac Demarco & Chris Cohen & Arlt, Paris, 02.12.12


Konzert: Mac Demarco & Chris Cohen & Arlt
Ort: Le Point Ephémère, Paris
Datum: 02.12.2012
Zuschauer: ausverkauft, also etwa 400



 
Fast schon wieder drei Wochen her, aber viel zu toll um unterschlagen zu werden! Die Konzerte von Arlt und den beiden Captured Track Artisten Chris Cohen und Mac Demarco müssen hier einfach noch erwähnt werden.

Es war ein Abend, der wirklich rundum gelungen war und drei ausgezeichnete Auftritte bot.



Die Franzosen Arlt hatten mit ihren schrägen, auf französisch gesungenen Avantgarde Folk Songs bestens in den Abend eingeleitet. Ich habe 2012 desöfteren von ihnen berichtet und geschwärmt, deshalb beschränke ich mich hier darauf, ihnen ein erneut gutes Konzert zu attestieren.



Dann schon Chris Cohen. Nicht der Sohn von Leonard, aber ähnlich talentiert. Sicherlich wird er nicht wie sein berühmter Namensvetter riesige Hallen füllen, aber um einer der am heißesten gehandelten Namen in Indiekreisen 2012 zu werden, reichte es dann aber doch. Dabei hat der bis dahin eher als Teamplayer fungierende Kerl ( ) sage und schreibe 10 Jahre gebraucht, um endlich sein erstes Soloalabum namens Overgrown Patch zu veröffentlichen. Nicht wenige sehen in dem Opus das Album des Jahres und auch ich bin nach anfänglichen Gähnattacken schwer angetan von diesem Longplayer. Es ist ein äußerst subtiles, unaufdringliches Machwerk, mit kleinen feinen Melodien, einer sonnendurchtränkten California Atmosphäre und einem Gesang, der mit seiner Sanftheit begeistert. Ein Grower vor dem Herrn im Übrigen, den ich aber vor dem Konzert noch nicht kannte.



Der Auftritt im Point Ephémère wusste dann ebenfalls zu gefallen, wenngleich Chris schon beim ersten Lied das Mikro von seiner Verankerung rutschte, was einer der Bandmitglieder von Mac Demarco geistesgegenwärtig dadurch löste, daß er das Ding 4 Minuten lang vor den Mund von Herrn Cohen hielt. Eine witzige Szene, die die Stimmung sofort etwas auflockerte.


Live tritt Chris Cohen zusammen mit drei Musikern auf. Er selbst sitzt am Schlagzeug und singt und diese Doppelaufgabe löste er dann ab Lied zwei mit festgezurrtem Miro auch bestens. 

Die zeitlosen Songs seines Albums gaben sich die Klinke in die Hand. Da hörte man noch einmal wunderbare Nummern wie Caller No. 99. Monad oder Optimistic High. Das war bester psychedelisch angehauchter 6o ies Pop, der so lässig und nonchalant rüberkam, daß es eine wahre Freude war. Wenn Retro immer so gut klingen würde, wäre die Welt eine schönerer Ort, wirklich war.




Die Band selbst schien ebenfalls Freude am Musizieren zu haben, agierte ansonsten aber eher diskret und zurückhaltend, was wiederum der gespielten Musik ziemlich perfekt entsprach.

45 Minuten- 50 Minuten ging das in etwa so, wir bekamen quasi das gesammte Album des in Vermont lebenden Amerikaners zu hören und hinterher fanden seine Tonträger reißenden Absatz, zu recht!



Dann aber Mac DeMarco und nun war Schluß mit der vornehmen Zurückhaltung. Jetzt wurde rücksichtslos und ständig gerülpst, die Nase hochgezogen und wild aufgespielt. De Marco teilt mit Cohen zwar das Label, hat mit ihm ansonsten aber nicht sehr viel gemein. Er gerierte sich als der typische Lausbub, mit einem breiten Grinsen (das seine Zahnlücke offenbarte), legeren Manieren, viel Durst nach Bier (er trank das fiese französische Kronenburg, das nach Affenpisse schmeckt) und frechen Sprüchen. Die Weiber im Publikum schienen auf ihn zu fliegen, obwohl er selbst schmunzelnd erzählte, daß er immer erfolglos in Amerika die kleinen Asiatinnen angraben würde.


Auch seine Bandkollegen waren unreife Chaoten, aber gerade das machte ihren Charme aus. Mit ihren von Pavement und anderen Slackerbands beeinflussten Songs räumten Demarco und seine Jungs auf der ganzen Linie ab. Das störte es die meisten Leute auch nicht, daß das Gitarrestimmen meistens ewig dauerte, daß der Spielfluss durch kleine Witzchen immer wieder gestört wurde und das Ganze wesentlich ungehobelter und unmelodischer als auf dem recht ruhigen Album klang,  von dem coole Songs wie Cooking Up Something Good, Ode To Viceroy oder My Kind Of Woman  performt wurden.




Der in Montreal lebende Kanadier sprach zwar kein französisch, wusste sich aber bestens verständlich zu machen. Als er gegen Ende in das Publikum sprang und sich auf Händen tragen ließ, flogen ihm die Herzen im Sturm zu. Das nutzte er, um mit Still Together zum Abschluß eine Schnulze hinterherzuschicken. Er gebärdete sich als Crooner mit schrägem Falsettgesang, dem nichts peinlich war.

Als die Kanadier fertig waren, setzte ein Run auf ihre CDs und Platten ein. Selten wurden an einem Abend bei einem Indie-Konzert so viele Tonträger abgesetzt wie hier. Captured Tracks, die auch DIIV in ihrem Katalog haben, scheinen im Moment also alles richtig zu machen.

Ein dufter Konzertabend, an den ich mich sicherlich auch 2013 noch gern erinner werde.







1 Kommentare :

E. hat gesagt…

demarco zündet aber auch! ich hoffiere ihn auch geraume zeit. toller bericht!

 

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