Freitag, 7. Dezember 2012

Fredda + Francoiz Breut, Berlin, 3.12.12


Konzert: Fredda + Francoiz Breut
Datum: 3.12.12
Ort: Crystal Club, Berlin
Zuhörer: geschätzt über 100



Nur wenige Tage zuvor, enttäuschte mich das Konzert von Nouvelle Vague sehr. Ich konnte nur sehr wenig mit dieser Art Show anfangen. Zwar mag ich deren Coversongs sehr gerne, aber in der Live-Darbietung wirkte es auf mich nur abstoßend.
So machte ich mir an diesem Abend weitaus größere Hoffnung auf einen gelungenen Abend französischer Musik. Eingeladen hat das Le Pop-Label und so nannte sich der Abend auch Le Pop on Tour.
Als ich ankam, war der Crystal Club schon gut gefüllt. Sicherlich über 100 Jünger des Frenchpop haben sich dort eingefunden. Für einen Montag Abend und dazu noch recht weit abgelegen von typischen Szeneorten, ein guter Erfolg. Das Publikum war so zwischen 30-50 Jahre alt - und wohl kaum jemand war dort einfach nur zufällig reingestolpert, wie es einem oft in Kreuzberger Indieschuppen vorkommt. Angekündigt waren neben Francoiz Breut auch Fredda. Ich muss gestehen, dass ich die Tage zuvor meist die aktuelle Platte von Fredda hörte und Francoiz Breut nicht mein Favorit des Abends war.



Als die Fredda dann auf die Bühne kam,  wurde sie begleitet von ihrem Gitarristen Jerome Castel. Für mich war der Gitarrist der Prototyp des französischen Liedermachers. Er erinnerte mich an den Jean Reno vor 15 Jahren und hatte zugleich auch etwas von Jarvis Cocker (wenn auch er kein Franzose ist). Während er es sich cool auf einem Barhocker bequem machte, saß Fredda auf einem Stuhl und fing sogleich an. Was ich an ihrer Platte so mag, bestätigte sich auch live - eine tolle Stimme, welche instrumental schön arrangiert ist. Als zweiter Lied wird gleich mein Lieblingslied Morin Heights gespielt. Bezaubernd. Andächtig wird ihr gelauscht. Richtig süß ist ihr "Vielen Danke" nach jedem Lied. Es ging mir mein Herz auf. Das verspielte L´Ancolie gefällt mir ebenso sehr. Es sind diese schönen leichten Melodien gepaart mit ihrer reifen Stimme, die das Zuhören so herrlich machen. Ab Fleur dennui singt nun auch ihr Gitarrist immer mal wieder mit. Nicht unbedingt seine größte Stärke, aber atmosphärisch durchaus passend. Zwischendurch darf auch das Publikum das fehlende Schlagzeug ersetzen. Das gelingt erstaunlich gut: Mit Banjoklängen und Klatschen Les Rose Des Filles. Gespenstische Klänge dann zu Constant, die mich ein wenig aus meinem Traum herausreißen, mir vorzustellen, ich sei in einer dieser typischen französischen Bars und sitze an einem Tisch mit dickwandigen Gläsern voller Rotwein. Rugir Noel wirkt ein wenig mehr gehetzt als ich es erwartet hätte. Da gefiel mir die besinnlichere Albumversion besser. Nach Calvavera ist dann leider auch schon Schluss. Für mich ein gelungenes Konzert auch wenn ich zwischendurch den Eindruck hatte, dass Fredda an diesem Abend abgespannt war. Das würde mich aber nicht davon abhalten erneut zu einem ihrer Konzerte zu gehen. Ihr Publikum hat sie sich an diesem Abend mit Sicherheit erspielt.

Im Gegensatz zu Fredda, hat Francoiz Breut eine komplette Band mitgebracht, die sich alle auf der kleinen Bühne tummeln. Sie trägt ein schickes kurzes Kleid. Beginnen tut sie mit dem Opener des aktuellen Albums: BXL Bleuette. Ein schöner Einstieg in den seichten Franco-Pop. Schön, dass sie auch noch Lust hat ihre "alten" Lieder zu spielen. Es folgt nämlich mit La femme sans historie (mit schönem Gitarrensolo) ein Lied ihres Debutalbums von 1997. Die 15 Jahre hört man dem Lied aber gar nicht an. Ihre Musik ist zeitlos schöner (melancholischer) Pop. Ihre Band gefällt mir. Sie schafft es mit ihrer Musik den Balanceakt zwischen Melancholie und Euphorie ohne dabei beliebig zu werden. Ich liebe diesen Klang ihres Retro-Mikrofons bei Marie-Lise. Das hat mir auch schon bei Laura Gibson so gut gefallen. 

Hätte Francoiz Breut jetzt auch noch einen Bläser in der Band...träumen wird man ja dürfen. Ich mag ihren lässigen Charme. Ich mag diese Momente, wie jenen, als der Gitarrist bei Le don d´ubiquite die Melodica nimmt und dem Lied noch mehr Tiefe verleiht. Das war schon bei Jack White eines meiner Highlights des Konzerts. Und dann dieser Beginn von Werewolf. Sie stellt sich ins Publikum und die Zuschauer werden zu den Bäumen im tiefen und dunklen Wald. Sehr aufwühlendes Lied. Nach ein paar rockigeren Liedern, lassen uns die Werwölfe an diesem Abend aber nicht in Ruhe. Sie tauchen bei Overall wieder auf. Ein rührendes Duett mit dem Gitarristen, bei dem sich der Schlagzeuger von der Bühne zurückzog. Und anders als bei Fredda, hat der Gitarrist sogar eine gute Stimme. Überhaupt gibt es bei dieser Band nichts zu kritisieren, was es sich lohnen würde aufzuschreiben. Und dann wieder ein Ausflug ins Publikum und ein Liebes-Duett mit dem Gitarristen. Damit aber der Schmalz nicht allzu arg trieft, wird direkt ohne Unterbrechung zum locker, flockigen Ultimo übergeleitet. Es reicht dann eine Sekunde und ich weiß direkt, dass Michka Soka mit Tonsamples ihres Sohnes folgt. Gehört jetzt nicht unbedingt zu meinen Lieblingstiteln des Abends, aber trotzdem recht unterhaltsam. Richtig getanzt wird im Publikum auch nicht. Kein Wunder, es ist Montag Abend - was Francoiz Breut ebenfalls anmerkt. Mit einem Ah Ah Ah bei La Chirurgie des Sentiments und einem "Vielen Dankeschön" verlässt die Band erstmal die Bühne und klar gibt es eine Zugabe, welche als old, sad songs angekündigt werden. Und mit Le Nord macht sie dieser Ankündigung alle Ehre, ist aber nicht ganz so ausufernd, wie auf ihrer Platte. Einen schönen Abschluss des Abends findet Francoiz Breut mit Cabinet de Curiosites. Vielleicht das passende Motto des Abends. Zur Zeit hat es die französische Musikszene in Berlin nicht sehr leicht Fuß zu fassen. Künstler, die in Paris Stars sind, spielen in Berlin in kleinen Läden vor exklusivem Publikum. Umso dankbarer bin ich, dass ich an diesem Abend die Gelegenheit hatte mich berauschen zu lassen.

Links:
Francoiz Breut
Fredda


 

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