Sonntag, 27. Mai 2012

Perfume Genius, Berlin, 22.05.12

Konzert: Perfume Genius (+Cate Le Bon)
Ort: Privat Club Berlin

Datum: 22.05.2012

Zuschauer: ausverkauft

Konzertdauer: Perfume Genius 40 Minuten; Cate Le Bon 30 Minuten



Bericht und Fotos von Markus aus Berlin


Ende Mai und tropische Temperaturen in Berlin. Mädchen in kurzen Blümchenkleider turnen durch Kreuzberg. Der Eingang zum Privatclub führt durch das Weltrestaurant Markthalle, das aufgrund der subtropischen Temperaturen leer ist. Das Geschmause - ich sag nur Beelitzer Spargel - findet heute draußen statt. In den Katakomben des Privatclubs fühlt es sich zunächst recht angenehm kühl an, zum Glück, ließ mich doch der Kartenabreißer wissen, dass einmal drin auch für den Rest des Abends drin bedeutet. Das kühle Glück halt nicht lang an. Der Laden füllt sich rasch, die Temperatur steigt und Sängerin Cate Le Bon steigt ihrerseits mit hochhackigen Retro-Style-Sandalen auf die Bühne und setzt sich auf ein Holzstühlchen. Sie intoniert traurige Lieder, von denen es zu Beginn scheint, dass diese ein paar zu hohe Töne für die Sängerin beinhalten. Dann gibt sie der Technik irgendwelche Anweisungen zur Nachregulierung. Überhaupt gibt sie sich Mühe, ein paar Worte Deutsch zu sprechen - und will uns weismachen, sie sei zwölf Jahre alt. Insgesamt ein sympathischer Auftakt. Begleitet wird sie dabei nur durch ihre E-Gitarre, die sie den Auftritt über auch nicht wechselt. Wirklich redselig ist sie nicht und so verlässt sie nach sehr ordentlichem Applaus die Bühne und verschwindet ins Nirgendwo. Nur ein Lied erinnerte mich an die von Christoph so schön beschriebene Peking-Oper. Der Rest war sehr gut anzuhören und passte zu der Stimmung des Publikums. Ich kann sie mir sehr gut bei Wohnzimmer-Konzerten vorstellen.

Mittlerweile kommt keine Maus mehr durch den Laden, auch nicht in in Richtung Tresen zum Biernachschub. Und die Temperatur steigt weiter. So wird jede Minute, die der Mainact auf sich warten lässt, zur Qual. Meine Begleitung und ich haben es dabei noch gut, denn wir sitzen auf einem Vorsprung der Bühne am rechten Rand des Raumes und so hält sich unser Kreislauf noch recht stabil. Auf einmal bahnt sich unter Applaus der Menge ein graziler junger Mann mit weit ausgeschnittenem grauem Shirt seinen Weg auf die Bühne, gefolgt von einem Typen, der wie die jüngere Ausgabe von Charlie Sheen aussieht, sowie ein markanter Mann mit Vollbart. Das wird wohl auch das letzte Mal sein, dass wir ihn zu Gesicht bekommen, denn er versteckt sich hinter Aufbauten auf der Bühne und spielt dort Schlagzeug und Gitarre. Die Band sieht schon jetzt erledigt aus. So ist die erste Bemerkung auch von Mike Hadreas auch irgendwas mit "hot". Er wirkt etwas nervös und fahrig in seinen Bewegungen, was seinem Gesang aber nicht anzumerken ist. No Tears wird stimmig mit starkem Schlagzeug vorgetragen. Auch er bittet die Technik um Nachbesserung. Er spricht kein Deutsch, aber gibt sich charmant. Das Publikum ist begeistert. Er hält nicht damit hinterm Berg, dass er es nicht fassen kann, dass der Laden gerammelt voll ist. Denn das hatte er zwei Jahre zuvor am selben Ort schon anders erlebt. Das Publikum fächert sich mit allem was ihnen zur Verfügung steht, Postkarten, Eintrittkarten etc. Wind ins Gesicht. Bei der Hitze wirkt es aber wie ein Föhn. Weiter geht es mit Lookout, Lookout von seinem 2010 eher unbeachtetem Debüt. Das kann man rückblickend gar nicht verstehen, denn es klingt ebenso schön, wie all seine neuen Lieder. Es wird mit vollem Gefühlseinsatz vorgetragen und klingt live noch berührender als in der Studioversion. Dark Parts, ein Lied in welchem über die Gewalt in seiner Familie gesungen wird, wird sensibel dem Publikum präsentiert. Apropos Publikum: Das ist an diesem Abend äußerst reizend. Das recht leise Konzert wird weder durch Unterhaltungen noch durch zu lautes Klappern mit Flaschen und Gläsern gestört. Alle hören bedächtig, ich würde sogar sagen andächtig zu und lassen sich an die Hand nehmen. Der Normal Song untermalt diese Stimmung. Es ist schön anzusehen, wie Mike Hadreas mit Akustikgitarre sitzt. Er wirkt so zerbrechlich, dass man ihn am liebsten in den Arm nehmen möchte. Vor Rührung kommen mir sogar leichte Tränen in die Augen. Take Me Home hilft mir wieder halbwegs über den Berg.


Die Band ist großartig. Sie könnten ihn nicht besser begleiten. Nicht jedes Lied erkenne ich. Unter das Set haben sich wohl auch zwei bislang unveröffentlichte Stücke gemischt. Selbst in kurzen Pausen zwischen den Stücken bleiben die Anwesenden ruhig und alle wirken berauscht von den schönen Melodien und der so lieblichen Stimme. All Waters klingt himmlisch. Die getragene Atmosphäre des Liedes ergreift mich tief. Für Learning holt er Charlie Sheen zu sich ans Keyboard und anekdotet, dass "Charlie", als er ihn kennenlernte, ihm erzählte habe, dass er sich mehr für Metallica interessiere. Das Duett ist nicht nur toll anzusehen, sondern klingt phantastisch.Dann kommt endlich Hood. Bei der Hitze wundert es mich, dass sich nicht längst alle im Publikum entkleidet haben und so nackt dastehen, wie es im Video zu dem Lied so berührend gezeigt wird. Das Lied könnte noch zehn weitere Strophen haben und es würde mich immer noch nicht langweilen. Es gibt keinen Stilbruch, so reiht sich 17 auch schön ein. Eine tolle Ballade. Mit Sister Song endet erstmal sein Auftritt. Da es aber keinen Backstage-Ausgang neben der Bühne gibt, versteckt sich Mike Hadreas neckisch hinter dem roten Bühnenvorhang, hinter welcher sich nur eine Betonmauer verbirgt.


Die Zugabe ist mir unbekannt, ist aber ein gelungener Abschluss des Konzertes. Denn schon nach 40 Minuten ist alles vorbei und der triefendnasse Künstler verlässt unter großem Applaus den Club. Das Publikum schließt sich ihm rasendschnell an. So schnell habe ich noch nie erlebt, dass die Gäste einen Saal freiwillig räumen. Wir fühlen uns nach den zwei Stunden im Privat Club wie glückliche Fische in abgestandenem Wasser. Wir treffen Mike Hadreas draußen leicht abseits stehend wieder. Nachdem ich meine Lobpreisungen ihm gegenüber losgeworden bin, erfahre ich erleichtert, dass er schon im September wieder in Berlin auftreten wird. So intim wird es wohl nie wieder werden. Ein großartiger Künstler, ein phantastisches Publikum in einem der schönsten Veranstaltungsorte Berlins.







1 Kommentare :

Catweazle hat gesagt…

Danke für den schönen Bericht! Wir haben Cate le Bon und Perfume Genius vor ein paar Tagen in Köln gesehen, hier zwei meiner Videos:

http://www.youtube.com/watch?v=GM4Q9z6a33U&feature=relmfu

http://www.youtube.com/watch?v=MpIa91C7Nd4&feature=relmfu

P.S. Cate le Bon ist wirklich toll, mit Band noch besser ...

 

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