Konzert: First Aid Kit
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 14.02.2012
Zuschauer: wohl ausverkauft
Dauer: First Aid Kit 85 min, Lingby 35 min
Wie groß First Aid Kit mittlerweile geworden sind! Mit ihrem neuen Album The Lion's Roar haben die schwedischen Schwestern offenbar den kommerziellen Durchbruch geschafft und folgerichtig das Gebäude 9 ausverkauft. An gleicher Stelle hatte ich Klara und Johanna 2009 schon einmal gesehen. Dieser Abend ist mir vor allem deshalb in Erinnerung geblieben, weil die beiden Sängerinnen offensichtlich sehr schlecht gelaunt waren und eher genervt als unterhalten hatten. Zum ersten Mal hatte ich First Aid Kit mit großer Begeisterung im Sommer zuvor bei einem Wiesbadener Festival erlebt und mich an den herrlichen Harmonien der Folksongs der beiden erfreut. Eine wechselhafte Geschichte zwischen First Aid Kit und mir also.
Heute war die Laune der beiden mittlerweile 19 und 21 jährigen Schwestern ausgezeichnet. Sie machten Witze, waren souverän und charmant. Johanna, die sehr jung aussehende Keyboarderin, erzählte, beim ersten Gebäude 9-Konzert habe "First Aid Kid" auf dem Plakat gestanden. "We're not kids!"
Auch ihre Musik ist reifer geworden. Glichen die Stücke der ersten Platte doch sehr ihren (damaligen) Vorbildern Fleet Foxes, wirkt The lion's roar abwechslungsreicher. Live spielen First Aid Kit seit 2010 mit einem Schlagzeuger, was eine weitere Entfernung von den spärlich intrumentierten ersten Auftritten darstellt. Vielleicht hat der riesige weltweite Erfolg von Mumford & Sons dazu geführt, daß auch die Schwedinnen sich von den ganz trockenen Stücken, bei denen nur das Zusammenspiel ihrer Stimmen im Vordergrund standen, wegbewegt haben, wahrscheinlich übertreibe ich aber auch maßlos; jedenfalls stimmt das Ergebnis in vielerlei Hinsicht: die zweite Platte gefällt mir sehr gut und sie hilft, die mittelgroßen Clubs zu füllen.
Wir bekommen das hier zwar immer um die Ohren gehauen, wenn wir über die Outfits der Künstler schreiben, aber auch, wenn ich darauf Rücksicht nehmen wollte, geht das heute wirklich nicht. Klara (die ältere)* trug ein knöchellanges Kelly-Family-Kleid, aus einem schweren grünen, im Licht der Scheinwerfer changierenden Samtstoff. Modell Vorhänge in einer Ritterburg. Schwester Johanna trug auch etwas, das an eine Gardine erinnerte, einen bodenlangen roten Traum mit hunderten von Bügelfalten. Ich glaube, so etwas sieht man sonst nur in Fantasy-Filmen oder auf von 70er Jahre Grand Prix-Fernsehaufnahmen, herrlich!
Die beiden Stimmen stehen natürlich immer noch stark im Vordergrund. Dazu kommen Klaras Gitarre, Johannas Keyboard und das Schlagzeug. Die Autoharp, die Johanna spielt, kam nur bei einem Stück zum Einsatz, bei New year's eve von der neuen Platte. Von der stammte auch der Großteil des Programms. Bis auf I found a way spielten die Söderbergs alle Lieder von The lion's roar, sogar das iTunes Bonusstück Wolf, das ich nicht kannte.
Auch wenn viele der neuen Titel hervorragend sind (Emmylou! oder auch gerade dieses Wolf), waren die beiden besten Lieder des Abends ältere. Ghost town, die Mitsingnummer, am Bühnenrand unverstärkt gesungen, war zwar sicher Effekthascherei, aber eine sehr gute! Ich mag eigentlich solche Inszenierungen nicht besonders, das immer lauter und mutiger mitgesungene Stück hatte aber verflucht viel Reiz. Normalerweise stehe ich grundsätzlich neben den unmusikalischsten Leuten im Saal, heute hatte ich offenbar irgendetwas falsch gemacht, die Mitsänger in Hörweite konnten das nämlich ausgezeichnet.
Am besten gefiel mir aber Heavy storm vom ersten Album, weil es so herrlich schmissig war! Ich weiß wirklich nicht, ob ich das Lied vorher schon einmal wahrgenommen habe, heute war es aber vorzüglich!
First Aid Kit ist keine Band, die ich mir zigmal im Jahr ansehen werde. Dafür ist ihre Musik mir auf Dauer zu folkig und nicht aufregend genug. Aber heute war sehr gut und meine anfängliche Skepsis vollkommen umsonst!
Setlist First Aid Kit, Gebäude 9, Köln:
01: This old routine
02: Hard believer
03: Emmylou
04: Blue
05: In the hearts of men
06: Heavy storm
07: New year's eve
08: Ghost town
09: To a poet
10: Wolf
11: When I grow up (Fever Ray Cover)
12: Dance to another tune
13: I met up with the king
14: The lion's roar
15: Our own pretty ways (Z)
16: King of the world (Z)
17: Waltz for Richard (Z)
Eröffnet für First Aid Kit hatten Lingby aus Köln. Den Namen der Band hatte ich schon oft aufgeschnappt, ich hatte sie aber nie gesehen und kannte auch ihre Musik nicht. Lingby spielten nur in abgespeckter Version mit Judith Heß am Keyboard (und der Trompete) und Willi Dück an der Gitarre. Sicher fehlte den Songs in dieser Version einiges, mir gefielen Lingby aber trotzdem hervorragend. Ihre Lieder sind wundervolle Popstücke, die eine leicht verschrobene Note haben, was mir sehr gefällt!
Die Ansagen der beiden waren ähnlich. Willi und Judith waren urkomisch und sehr unterhaltsam, aber erst auf den zweiten Blick. Das war toll und hat enormen Spaß gemacht! Lingby will ich dringend wiedersehen! Ein kleines Beispiel: Willi kündigte ein neues Stück an, das von seinen Eltern handele, die irgendwann bei Nacht und Nebel aus "Kirgistan ausgezogen" seien, nachdem sie die Kuh und andere Hebseligkeiten verkauft hätten.
Setlist Lingby, Gebäude 9, Köln:
01: Count the stars
02: Here and now, again
03: Empty still
04: Marathon
05: 1000
06: Bye bye Kirgistan
07: I worked for the light
Links:
- aus unserem Archiv:
- First Aid Kit, Barcelona, 26.05.10
- First Aid Kit, Paris, 07.04.10
- First Aid Kit, Köln, 01.12.09
- First Aid Kit, Wiesbaden, 30.08.09
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 14.02.2012
Zuschauer: wohl ausverkauft
Dauer: First Aid Kit 85 min, Lingby 35 min
Wie groß First Aid Kit mittlerweile geworden sind! Mit ihrem neuen Album The Lion's Roar haben die schwedischen Schwestern offenbar den kommerziellen Durchbruch geschafft und folgerichtig das Gebäude 9 ausverkauft. An gleicher Stelle hatte ich Klara und Johanna 2009 schon einmal gesehen. Dieser Abend ist mir vor allem deshalb in Erinnerung geblieben, weil die beiden Sängerinnen offensichtlich sehr schlecht gelaunt waren und eher genervt als unterhalten hatten. Zum ersten Mal hatte ich First Aid Kit mit großer Begeisterung im Sommer zuvor bei einem Wiesbadener Festival erlebt und mich an den herrlichen Harmonien der Folksongs der beiden erfreut. Eine wechselhafte Geschichte zwischen First Aid Kit und mir also.
Heute war die Laune der beiden mittlerweile 19 und 21 jährigen Schwestern ausgezeichnet. Sie machten Witze, waren souverän und charmant. Johanna, die sehr jung aussehende Keyboarderin, erzählte, beim ersten Gebäude 9-Konzert habe "First Aid Kid" auf dem Plakat gestanden. "We're not kids!"
Auch ihre Musik ist reifer geworden. Glichen die Stücke der ersten Platte doch sehr ihren (damaligen) Vorbildern Fleet Foxes, wirkt The lion's roar abwechslungsreicher. Live spielen First Aid Kit seit 2010 mit einem Schlagzeuger, was eine weitere Entfernung von den spärlich intrumentierten ersten Auftritten darstellt. Vielleicht hat der riesige weltweite Erfolg von Mumford & Sons dazu geführt, daß auch die Schwedinnen sich von den ganz trockenen Stücken, bei denen nur das Zusammenspiel ihrer Stimmen im Vordergrund standen, wegbewegt haben, wahrscheinlich übertreibe ich aber auch maßlos; jedenfalls stimmt das Ergebnis in vielerlei Hinsicht: die zweite Platte gefällt mir sehr gut und sie hilft, die mittelgroßen Clubs zu füllen.
Wir bekommen das hier zwar immer um die Ohren gehauen, wenn wir über die Outfits der Künstler schreiben, aber auch, wenn ich darauf Rücksicht nehmen wollte, geht das heute wirklich nicht. Klara (die ältere)* trug ein knöchellanges Kelly-Family-Kleid, aus einem schweren grünen, im Licht der Scheinwerfer changierenden Samtstoff. Modell Vorhänge in einer Ritterburg. Schwester Johanna trug auch etwas, das an eine Gardine erinnerte, einen bodenlangen roten Traum mit hunderten von Bügelfalten. Ich glaube, so etwas sieht man sonst nur in Fantasy-Filmen oder auf von 70er Jahre Grand Prix-Fernsehaufnahmen, herrlich!
Die beiden Stimmen stehen natürlich immer noch stark im Vordergrund. Dazu kommen Klaras Gitarre, Johannas Keyboard und das Schlagzeug. Die Autoharp, die Johanna spielt, kam nur bei einem Stück zum Einsatz, bei New year's eve von der neuen Platte. Von der stammte auch der Großteil des Programms. Bis auf I found a way spielten die Söderbergs alle Lieder von The lion's roar, sogar das iTunes Bonusstück Wolf, das ich nicht kannte.
Auch wenn viele der neuen Titel hervorragend sind (Emmylou! oder auch gerade dieses Wolf), waren die beiden besten Lieder des Abends ältere. Ghost town, die Mitsingnummer, am Bühnenrand unverstärkt gesungen, war zwar sicher Effekthascherei, aber eine sehr gute! Ich mag eigentlich solche Inszenierungen nicht besonders, das immer lauter und mutiger mitgesungene Stück hatte aber verflucht viel Reiz. Normalerweise stehe ich grundsätzlich neben den unmusikalischsten Leuten im Saal, heute hatte ich offenbar irgendetwas falsch gemacht, die Mitsänger in Hörweite konnten das nämlich ausgezeichnet.
Am besten gefiel mir aber Heavy storm vom ersten Album, weil es so herrlich schmissig war! Ich weiß wirklich nicht, ob ich das Lied vorher schon einmal wahrgenommen habe, heute war es aber vorzüglich!
First Aid Kit ist keine Band, die ich mir zigmal im Jahr ansehen werde. Dafür ist ihre Musik mir auf Dauer zu folkig und nicht aufregend genug. Aber heute war sehr gut und meine anfängliche Skepsis vollkommen umsonst!
Setlist First Aid Kit, Gebäude 9, Köln:
01: This old routine
02: Hard believer
03: Emmylou
04: Blue
05: In the hearts of men
06: Heavy storm
07: New year's eve
08: Ghost town
09: To a poet
10: Wolf
11: When I grow up (Fever Ray Cover)
12: Dance to another tune
13: I met up with the king
14: The lion's roar
15: Our own pretty ways (Z)
16: King of the world (Z)
17: Waltz for Richard (Z)
Eröffnet für First Aid Kit hatten Lingby aus Köln. Den Namen der Band hatte ich schon oft aufgeschnappt, ich hatte sie aber nie gesehen und kannte auch ihre Musik nicht. Lingby spielten nur in abgespeckter Version mit Judith Heß am Keyboard (und der Trompete) und Willi Dück an der Gitarre. Sicher fehlte den Songs in dieser Version einiges, mir gefielen Lingby aber trotzdem hervorragend. Ihre Lieder sind wundervolle Popstücke, die eine leicht verschrobene Note haben, was mir sehr gefällt!
Die Ansagen der beiden waren ähnlich. Willi und Judith waren urkomisch und sehr unterhaltsam, aber erst auf den zweiten Blick. Das war toll und hat enormen Spaß gemacht! Lingby will ich dringend wiedersehen! Ein kleines Beispiel: Willi kündigte ein neues Stück an, das von seinen Eltern handele, die irgendwann bei Nacht und Nebel aus "Kirgistan ausgezogen" seien, nachdem sie die Kuh und andere Hebseligkeiten verkauft hätten.
Setlist Lingby, Gebäude 9, Köln:
01: Count the stars
02: Here and now, again
03: Empty still
04: Marathon
05: 1000
06: Bye bye Kirgistan
07: I worked for the light
Links:
- aus unserem Archiv:
- First Aid Kit, Barcelona, 26.05.10
- First Aid Kit, Paris, 07.04.10
- First Aid Kit, Köln, 01.12.09
- First Aid Kit, Wiesbaden, 30.08.09
4 Kommentare :
"Wie groß ihr geworden seid", das sagen bestimmta auch immer die Tanten von Johanna und Klara, wenn sie sie sehen :)
Und zu Johanna sagen sie "Iss mal mehr"
Ich war ja im ersten Moment wegen der sparsamen Instrumentierung enttäuscht. Die neue Platte finde ich gerade musikalisch wesentlich spannender als die erste und hatte schon auf mehr "americana-typischen" Sound gehofft. Aber die beiden Schwestern waren stimmlich und gesanglich großartig, da fehlte nichts mehr. Sehr charmanter Auftritt! Und die Klamotten waren doch toll...
schön zu sehen, wie die beiden sich entwickeln. hier mal ein positiver trend. in irgendeiner weise gelingt es ihnen, sich der totalen vereinnahmung zu erwehren. das neue album ist zudem ein deutlicher schritt nach vorn (wenngleich mir ein wenig zu rund).
danke für den feinen bericht!
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