Montag, 6. Februar 2012

Wild Flag, Köln, 05.02.12


Konzert: Wild Flag
Ort: Gebäude 9, Köln

Datum: 05.02.2012
Zuschauer: vielleicht 200 (halbvoller Saal)
Dauer: Wild Flag 65 min, ahuizotl 35 min


Supersonntag in den USA, zur Zeit spielen New York Giants und New England Patriots um den 46. Superbowl, die - wie man dort sagt - Weltmeisterschaft im Football. Neben anderen uns fremden Feiertagen (Presidents' Day, Thanksgiving, Labour Day) sicher der wichtigste Festtag der Amerikaner.

Meinen Supersonntag hatte ich mir so vorgestellt, daß erst der FC in Kaiserslautern gewinnen würde, ich dann ein hervorragendes Wild Flag Konzert sehen könnte, um anschließend den vierten Superbowl Sieg meines NFL Lieblingsteams zu sehen, das ich seit Anfang der 90er Jahre unterstütze. Bisher läuft es besser als erwartet: Köln-Sieg, die Patriots führen zur Halbzeit und Wild Flag erfüllten meine hohen Erwartungen locker.

"Super" ist eines der Attribute, das man im Zusammenhang mit der amerikanischen Band auch häufig hört, Wild Flag sind nämlich eine Supergroup bestehend aus Musikerinnen, die vorher in anderen Gruppen aktiv waren; Carrie Brownstein (Sleater-Kinney), Janet Weiss (Sleater-Kinney, Quasi, Stephen Malkmus & the Licks), Mary Timony (Helium) und Rebecca Cole (The Minders). Und im Gegensatz zu Madonna, die gerade über die Halbzeitbühne in Indianapolis hoppst, verdienen alle vier Wild Flags das Prädikat super durchaus!

Nach einer kurzweiligen Kölner Supportband, deren Namen ich leider nicht verstanden habe* (zweites Lied war das beste), begann um fünf nach zehn der Wild Flag Teil des Abends. Die Band besteht seit 2010 und hat im vergangenen Herbst ihr gleichnamiges Debütalbum veröffentlicht, mit dem sie heute das erste von drei Konzerten in Deutschland spielten.

Wild Flag spielt in einer ungewöhnlichen Formation, mit zwei Gitarren, Keyboard und Schlagzeug. Während Drummerin Janet und Keyboarderin Rebecca
eher unauffällig agieren, sind die beiden Gitarristinnen echte Rampensäue. Bei Bands, die ich weniger mag, böte sich mir viel Platz für Lästereien über Rockstargesten. Die Gruppe hier mag ich aber, und die Windmühl-Bewegungen von Carrie, das Hochreißen der Gitarre von Mary, die wilden Karatekicks der beiden... all das war wundervoller Teil eines großartigen Konzerts!

(Ich werde jetzt etwas unkonzentrierter; das Spiel geht weiter.)

Die Band aus Portland und Wahington DC hat noch nicht schrecklich viel Material. Neben der Platte haben die Amerikanerinnen nur eine Single (mit Albumtiteln) veröffentlicht. Schon das zweite Lied war mir allerdings neu,
Winter pair, gesungen von Carrie. Zumindest am Anfang wechselten sich beide Gitarristinnen mit dem Gesang von Lied zu Lied ab, später lockerten sie dies.

Nach Winter pair folgten einige Stücke vom Album, bevor zwei weitere mir unbekannte Lieder gespielt wurden (deren Titel ich nicht kenne). Das erste der beiden, von Carrie gesungen, war insofern bemerkenswert, weil es eine Art Ballade war, das ruhigste Lied des Abends. Aber auch wenn die Musik da verhaltender war, die Gitarristinnen waren es nicht: Mary und Carrie legten eine sagenhafte Show hin, die trotz all des Gefuchteles mit Armen, Beinen oder Instrumenten keinen Moment aufgesetzt wirkte. Die Kombination aus rotzigem, oft punkigen aber immer melodiösen Indierock und zwei derartig charismatischen Frontfrauen habe ich so noch nicht erlebt. Selbst in der einen anstrengenderen Phase, dem irre langen Racehorse, war das Konzert extrem kurzweilig, weil hier besonders Portlandia-Schauspielerin Carrie noch einmal richtig aufdrehte. Am Ende des Stücks hatte die Sängerin ihr Instrument auf dem Boden gepresst, als wäre es ein Gewehr und im Bühnenboden Maulwürfe, die sie jage. So auf die Gitarre gelehnt, spielte Carrie minutenlang weiter!

Ich hatte erst vor ein paar Wochen von der Existenz dieser recht neuen Band erfahren, mir umgehend ihre Platte gekauft und mich seitdem in riesige Vorfreude auf den heutigen Abend gesteigert. Keine gute Voraussetzung eigentlich. Aber es ist Supersonntag! Und so war das Konzert!

Setlist Wild Flag, Gebäude 9, Köln:

01: Electric band
02: Winter pair
03: Black tiles
04: Short version
05: Nothing
06: Glass tambourine
07: Future crimes
08: Something came over me
09: Boom
10: (neu)
11: (neu)
12: Racehorse
13: Romance

14: I see no evil (Television Cover) (Z)
15: Do you wanna dance (Bobby Freeman Cover) (Z)

Links:

- Wild Flag, Paris, 04.02.12 (folgt)
- mehr Fotos vom Kölner Konzert


* ahuizotl, danke, Ralf!





6 Kommentare :

Guido hat gesagt…

Ich war mir ja sicher etwas zu verpassen, nur warum haben sie gerade in Köln einen lokalen Support, wo sie ansonsten doch auch immer interessante Vorbands dabei haben (auf der jetzigen Europatour z.B. Peggy Sue)

Christoph hat gesagt…

Als ich das mit Peggy Sue gelesen habe, habe ich mich auch sehr geärgert.

Mapambulo hat gesagt…

Kleiner Klugscheißerbeitrag aus München: "Do You Wanna Dance" stammt ursprünglich von Bobby Freeman, auch wenn die Ramones hier sicher besser ins Bild passen. Ansonsten: Mas d'accord, ein wirklich umwerfendes Konzert. Vom Superbowl hab ich allerdings keine Ahnung ... ;-)

Christoph hat gesagt…

Danke! Ein völlig berechtigter Einwurf.

Das klang aber so toll nach den Ramones, das ich sofort die im Sinn hatte. One, two, three, four.

Ralf hat gesagt…

Sehr schöner Bericht! Die Vorband hieß übrigens ahuizotl.

Christoph hat gesagt…

Danke!

 

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