Vor zwei Wochen war ich noch felsenfest davon überzeugt, das Musikjahr 2011 sei langweilig und gewöhnlich gewesen. Viele überragende neue Alben habe ich in den vergangenen Monaten nicht gehört. Meine liebsten Künstler 2011 waren Bands wie Lush, Galaxie 500 oder die Pale Saints (die ihre aktuellen Alben 1996, 1990 und 1994 veröffentlicht haben). Nachdem ich meine Konzertliste aber noch einmal gelesen habe, kann das Jahr doch nicht so verkehrt gewesen sein. Sicher 25 Konzerte hätten einen Platz in meiner Top 10 verdient. Mercury Rev in Barcelona war kitschig aber hervorragend, New Order, Austra oder Talking To Turtles gemeinsam mit Sir Simon und Kleinhenz kurz vor Weihnachten, sie alle hätten es verdient, berücksichtigt zu werden. Es war aber kein Platz mehr.
15: Pulp, Barcelona, 27.05.11
Pulp waren meine große Liebe, als der Britpop nach Deutschland kam. Sie blieben es bis heute. Dummerweise habe ich in den tristen 90er Jahren keine Lust verspürt, Konzerte zu sehen. Heute gehe ich in einer Novemberwoche zu mehr Shows als in diesem Jahrzehnt. Daher habe ich viele meiner damaligen Lieblinge nie sehen können, die mittlerweile aufgelösten bestraften meine Unlust schmerzlich (wieder Lush!), andere hatte ich in den letzten Jahren sehen können (James!). Fehlte Pulp. Als deren Comeback und ein erstes (offizielles) Konzert für Barcelona angekündigt wurde, gab es keine Chance, dem auszuweichen. Als der Zeitplan veröffentlicht wurde, bekam ich langsam Angst, ich könnte das Konzert wegen der bekloppten spanischen Zeiten nicht genießen - um 1.45 Uhr sollte es beginnen. Für jemanden, der das zahlreich angebotene Kokain nicht konsumiert, eine echte Probe nach einem langen Konzerttag. Ich blieb erstaunlich fit, genoß Rampensau Jarvis - genoß Pulp, trotz der Menschenmassen und des ruhigen Sets. 2012 vielleicht weiter oben...
14: Veronica Falls, Luxemburg, 10.11.11
Wenn der Sound besser und das Konzert ein wenig länger gewesen wäre, wären die jungen Engländer ein Top 3 Kandidat gewesen. Veronica Falls überzeugten aber auch so noch so sehr, daß sie in diese Liste gehören - (sie bestätigen damit, daß die besten Konzertwoche des Jahres die rund um den 11.11. ist). 2012 ganz sicher weiter oben...
13: Locas In Love, Köln, 02.10.11
Die Kölner Locas In Love haben 2011 das hervorragende und von der (Profi-) Kritik gefeierte Album Lemming veröffentlicht. Das ist aber hier nicht das Thema. Locas In Love zeichnet nämlich etwas anderes aus, was ihnen Spitzenplätze in meinen alljährlichen Konzertcharts gerantiert. Die Band besteht aus Musiknerds, die Konzerte offenbar zuerst aus Fansicht plant. 2010 habe ich Locas im Kino vor einer Leinwand mit Trashfilmen erlebt, sie spielten dort ihre ersten beiden (und damals einzigen) Alben in voller Länge. Vor Weihnachten gibt es Weihnachtsgalas*, die früh anfangen, damit man noch die Bahn zurück bekommt. In diesem Oktober boten Locas einen Abend mit einem wundervollen eigenen Konzert und einer lustigen Vorgruppe an. Der Knüller war allerdings, daß wir nach dem Support nach draußen gebeten wurden, wo der Rockaway Shanty Chor Punkklassiker in der Matrosenversion schmetterte. Eine großartige Überbrückung der Umbaupause, ausgedacht von einer Band, die sich überlegt, wie man Konzertabende besonders macht. Locas In Love müssen die Ideen ausgehen, um 2012 kein Kandidat für diese Liste zu sein...
12: Peggy Sue, Köln, 21.11.11
Peggy wer? Ich kannte die Supportband der Givers nicht - auch von der Hauptgruppe hatte ich nur ein Lied gehört, das ausreichte, einen weiteren Konzertabend in Köln zu verbringen. Peggy Sue überzeugten mich mit ihrem rohen, düsteren Sound, mit ihren sich verändernden Melodien so sehr, daß ich mir sehnlichst das nächste Konzert herbeiwünsche! Eine der großen Entdeckungen des Jahres 2011. 2012 hoffentlich auch in dieser Liste!
11: Peter Doherty, Köln, 13.04.11
2011 war er wieder ganz der alte! Peter Doherty vandalierte gemeinsam mit Kumpel August Diehl betrunken durch Regensburg, ließ Konzerte wegen drohender Polizeikontakte ausfallen und war zwangsläufig Dauergast der Bildtitelseite. Aber er war auch musikalisch in Höchstform! Sein Konzert im April in der Kölner Essigfabrik (mit August Diehl im Vorprogramm) war ein Knüller, musikalisch auf den Punkt, eine komplette Werksschau mit vielen Libertines Stücken (letzte Platte 2004). Besser kann Peter wohl nur sein, wenn Carl Barat mit ihm auf der Bühne steht, aber das ist auch nicht garantiert. Ich hoffe nicht, daß das das Konzert auf der Höhe seines Schaffens war. Ich will Peter gerne auch 2012 in dieser Liste sehen!
10: My Little Pony, Offenbach, 23.04.11
Die nächste Vorgruppe in meiner Liste. My Little Pony supporteten motzige und sichtbar lustlose Asobi Seksu im leeren Hafen 2 in Offenbach. Die Norweger sprühten dagegen vor Lust und begeisterten mich mit ihrem wundervollen Indiepop. Dazu habe ich selten eine so charmante Band erlebt, die trotz des bescheidenen Zuspruchs, begeistert schien und damit ordentlich ansteckte! My Little Pony hatten davon geschwärmt, wie geeignet das deutsche Aprilwetter für Tourneen nordischer Bands sei. April 12 -> Konzert -> Januar 13 -> Top 15 Liste, ok?
09: Owen Pallett, Köln, 23.06.11
Drei komplett verschiedene Shows meines Lieblings Owen Pallett habe ich 2011 gesehen: einmal alleine (wie gehabt) mit Geige, Keyboard und Loopgerät in Eindhoven. So mag ich seine Musik am liebsten. Dann mit großem Orchester in einer Kirche (auch wieder in Eindhoven); das war besonders, eindrucksvoll und fabelhaft! Die dritte Version gefällt mir vermutlich am wenigsten gut, sie ist allerdings die, die mich 2011 am meisten überzeugt hat. Dabei spielte Owen mit Band, wodurch der Charme des Loopens und live "Aufschichten" der Songs flöten geht. Künftig wird dies wohl die Version seiner Konzerte sein, was ich bedauerlich fände. In der Kölner Philharmonie mit ihrer aufregenden Akustik glänzte Owen Pallett aber (trotz Band) so sehr, daß mir der Abend lange in Erinnerung bleiben wird! Ob er 2012 in dieser Liste sein wird, bezweifele ich ein wenig, 2011 ist ein Platz unter den besten zehn hochverdient!
08: Lanterns On The Lake, Köln, 09.11.11
Was soll ich sagen: zweite Novemberwoche eben! Am Vorabend hatte ich im Studio 672 Pete and the Pirates gesehen, die wieder einmal atemberaubend gut gewesen sind. Die kommenden Tage konnten eigenlich nicht besser werden. Daß Veronica Falls zwei und Owen Pallett drei Tage später solche Knüller werden würden, hatte ich trotzdem geahnt, daß Lanterns On The Lake das beste Konzert der Woche, des Monats (und des zweiten Halbjahrs) hinlegen würden, nie im Leben! Die jungen Engländer - vor allem Sängerin Hazel Wilde - wirkten so schüchtern und verhuscht - und so klangen sie auch. Bis ihre Lieder am Ende in Postrockgewittern endeten. Eine wundervolle Kombination! Diese Band wird mir auch künftig sehr viel Spaß machen! Solche überraschend tollen Konzertabende werden auch hoffentlich 2012 zahlreich in der Liste auftauchen!
07: Erland and the Carnival, Köln, 27.04.11
Kaum jemand spielt aktuell mitreißendere Konzerte als Erland and the Carnival. Auf Platte erschließt sich die Genialität der so alt klingenden Band nicht jedem - und nicht immer. Live sind die Briten allerdings eine Wucht! Und was für eine! 2010 hatte ich Erland... (in der zweiten Novemberwoche) gesehen und war hin und weg. 2011 folgten zwei Konzerte, im Herbst im Gebäude 9 und im April im Blue Shell. Der erste Auftritt war nicht besser, weil er "kleiner" war, das wäre albern. Er war einen Tick besser, weil mit Hannah Peel vorher und währenddessen noch der besondere Charme-Akzent vorhanden war. Erland and the Carnival werden auch 2012 für Furore sorgen, sie treten bei deutschen Festivals (mit Geschmack) auf, beim Maifeld Derby und beim OBS, also vermutlich auch kommenden Januar wieder hier.
06: Tu Fawning, Duisburg, 08.03.11
Im Leben wäre ich nicht darauf gekommen, wie gut ein Konzert von Tu Fawning aus Portland sein könnte. Ich hätte eher damit gerechnet, ein gutes aber auch extrem anstrengendes Konzert zu sehen. Anstrengend? Unsinn! Es war faszinierend, es war die größte Sammlung eingesetzter Musikinstrumente seit Ewigkeiten und es war verflucht kurzweilig! Damals im März war ich schon sicher, daß sie hier reingehörten: "Tu Fawning - bisher das beste Konzert des Jahres!" Was sollte verhindern, daß sie es 2012 auch in die Bestenliste schafften?
05: Zoey Van Goey, Köln, 08.04.11
Kuchen, Dinos und Roboter! Zur weiteren Begründung seien dies und dies genannt. 2012 heißer Anwärter auf Platz 1 (so sie denn erreichbare Konzerte spielen)!
04: The Thermals, Frankfurt, 15.04.11
Auch die Thermals habe ich 2011 dreimal gesehen, das Konzert in Frankfurt war das beste (unter hervorragenden). Das Trio aus Portland ist eine Hitmaschine, die live ganz besonders rund läuft. Auch wenn ich sie 20 mal im Jahr sähe, wäre keines der Konzerte langweilig, das können sie einfach nicht. Auf ihrer Clubtour im Frühjahr hatten die Amerikaner mit den Coathangers noch eine herrliche Vorgruppe im Gepäck. Als kleine Dreingabe quasi. Aber spätestens beim ersten 150 Sekundenlied der Thermals waren die lange vergessen. Was die Thermals machen müssen, um auch im kommenden Jahr auf der Liste zu sein? Ein Konzert spielen. Was sonst?
Bleiben noch drei...
03: Dean Wareham spielte Galaxie 500, Barcelona, 28.05.11
Eine Lieblingsband, unzählige** wundervolle Melodien, eine warme Sommernacht, die Dünen und das Mittelmeer gleich hinter der Bühne. Es war das perfekte Konzert! An mein erstes (und da noch echtes) Galaxie 500 Konzert erinnere ich mich nicht mehr richtig. Das Trio Dean Wareham, Naomi Yang und Damon Krukowski hatte ich auf der Loreley gesehen. Und so wie dort die Schiffahrer der Legende nach von einer blonden Holden in den Bann (und dann in den Rhein) gezogen wurden, war es um mich auch geschehen. Ich war wegen der Bostonians zum Bizarre Festival gefahren, verliebte mich aber dann da nachhaltig in ihre Musik, von der ich damals noch nicht wußte, wie stilprägend sie einmal sein würde. Die meisten meiner Freunde mochten das damals nicht. Mehr als 20 Jahre später, an diesem Barcelona-Abend, war es wieder ein Strudel-Gefühl, erstaunlicherweise ganz ohne Nostalgie oder schlimmer Melancholie. Denn die Musik von Dean Wareham ist - ganz unabhängig davon, daß Shoegaze gerade wieder in ist - vollkommen zeitlos. Jede Wette, daß Deans Konzerte auch in 15 Jahren in meiner Bestenliste oben auftauchen werden (nicht drauf eingehen! Könnt ihr nicht gewinnen!).
02: Sufjan Stevens, Barcelona, 26.05.11
Und noch einmal Barcelona, wieder Primavera Festival. Zunächst muß ich moch outen: ich bin kein großer Sufjan Stevens Fan. In den letzten Jahren habe ich sein Werk kaum bzw. gar nicht mehr verfolgt. Warum mich sein Konzert im Auditori vor den Toren des Primavera Festivals trotzdem mehr begeistert hat als Dean Wareham, die Thermals, Anna Ternheim, die Indelicates, Belle & Sebastian, Pulp oder andere Lieblinge? Weil der Auftritt das geschafft hat, für das ET und andere Reißer früher im Kino gesorgt haben: ich saß mit aufgerissenen Augen und (wahrscheinlich) offenen Mund gut zwei Stunden da und staunte Bauklötze. Selbst wenn die Musik Quatsch gewesen wäre, wäre ich begeistert gewesen, auch wenn ich Showelemente bei Konzerten eigentlich verachte. Aber die Musik war eben nicht belanglos, sie war grandios! In einer Welt, in der es keine Geschmacklosigkeiten gäbe, wären Musicals (die es dann ja eigentlich nicht mehr geben dürfte) genau so. Neonfarben im Gesicht? Ein Sänger im Rakentenkostüm mit Discohalbkugel auf dem Bauch? Hüpfende Tänzerinnen mit Gymnastikbändern? Affenmasken? Engelsflügel? Alles scheußlich, oder? Nein, alles ganz und gar wundervoll! Zumindest, wenn Sufjan Stevens das darbietet. Sufjan Stevens wird im nächsten Jahr unter keinen Umständen auf der Liste auftauchen. Ich wäre saudoof, mir die Eindrücke durch ein weiteres Konzert zu verwässern.
Aber dann waren da noch vier Frauen aus LA.
01: Warpaint, Barcelona, 28.05.11
Warpaint haben etwas geschafft, was ich nicht für möglich gehalten hatte. Die Amerikanerinnen haben sich mit ihrem düsteren, minimalen Sound in meiner Gunst auf eine Stufe mit meinen unbestrittenen Lieblingen The Organ (letztes Album 2002) gespielt. Schon 2010 begeisterten die vier Frauen mich live nachhaltig. Im abgelaufenen Jahr bestätigten sie das nicht nur, sie wurden noch besser. Dieser erste Platz ist ausnahmsweise eine gemeinsame Auszeichnung für die drei herausragenden Konzerte in der Kölner Kulturkirche, im Halderner Spiegelzelt (und ich verstehe immer noch nicht, warum sie da gespielt haben und nicht auf dem Reitplatz) und am sehr frühen Abend im sommerlichen Barcelona. Nach jedem Konzert war ich mir in der anschließenden Euphorie sicher, das Konzert des Jahre gesehen zu haben. Barcelona ist nicht aus Angeberei auf Platz eins, mir ist eher unangenehm, daß die drei ersten Plätze alle von dort stammen. Aber es ließ sich eben nicht verhindern. Warpaint auf dem Primavera waren deshalb noch einmal eine Prise besser, weil sie bei traumhaften äußeren, aber zugleich widrigsten Festival Umständen überragend gut waren. Sommerwetter, Traumstadt, Blick aufs Meer sind toll, nachmittags als erste Band vor riesigem, erwartungsfrohen Publikum auf einem Festival zu spielen, auf dem abends noch Pulp, The National, Belle & Sebastian oder wer auch immer spielen sollte, kann nur schiefgehen. Es ging nicht schief, ganz im Gegenteil. Als wäre nichts einfacher als das, knallten Warpaint ihre fabelhaften Stücke gegen das Mittelmeer. Das geht nicht besser. Trotzdem werden sie bestimmt auch in der nächsten Liste gegen Ende auftauchen, egal wie.
* deren diesjährige ich wegen einer Grippe verpassen musste
** wenn man nur bis zehn zählen kann. Es waren elf.
15: Pulp, Barcelona, 27.05.11
Pulp waren meine große Liebe, als der Britpop nach Deutschland kam. Sie blieben es bis heute. Dummerweise habe ich in den tristen 90er Jahren keine Lust verspürt, Konzerte zu sehen. Heute gehe ich in einer Novemberwoche zu mehr Shows als in diesem Jahrzehnt. Daher habe ich viele meiner damaligen Lieblinge nie sehen können, die mittlerweile aufgelösten bestraften meine Unlust schmerzlich (wieder Lush!), andere hatte ich in den letzten Jahren sehen können (James!). Fehlte Pulp. Als deren Comeback und ein erstes (offizielles) Konzert für Barcelona angekündigt wurde, gab es keine Chance, dem auszuweichen. Als der Zeitplan veröffentlicht wurde, bekam ich langsam Angst, ich könnte das Konzert wegen der bekloppten spanischen Zeiten nicht genießen - um 1.45 Uhr sollte es beginnen. Für jemanden, der das zahlreich angebotene Kokain nicht konsumiert, eine echte Probe nach einem langen Konzerttag. Ich blieb erstaunlich fit, genoß Rampensau Jarvis - genoß Pulp, trotz der Menschenmassen und des ruhigen Sets. 2012 vielleicht weiter oben...
14: Veronica Falls, Luxemburg, 10.11.11
Wenn der Sound besser und das Konzert ein wenig länger gewesen wäre, wären die jungen Engländer ein Top 3 Kandidat gewesen. Veronica Falls überzeugten aber auch so noch so sehr, daß sie in diese Liste gehören - (sie bestätigen damit, daß die besten Konzertwoche des Jahres die rund um den 11.11. ist). 2012 ganz sicher weiter oben...
13: Locas In Love, Köln, 02.10.11
Die Kölner Locas In Love haben 2011 das hervorragende und von der (Profi-) Kritik gefeierte Album Lemming veröffentlicht. Das ist aber hier nicht das Thema. Locas In Love zeichnet nämlich etwas anderes aus, was ihnen Spitzenplätze in meinen alljährlichen Konzertcharts gerantiert. Die Band besteht aus Musiknerds, die Konzerte offenbar zuerst aus Fansicht plant. 2010 habe ich Locas im Kino vor einer Leinwand mit Trashfilmen erlebt, sie spielten dort ihre ersten beiden (und damals einzigen) Alben in voller Länge. Vor Weihnachten gibt es Weihnachtsgalas*, die früh anfangen, damit man noch die Bahn zurück bekommt. In diesem Oktober boten Locas einen Abend mit einem wundervollen eigenen Konzert und einer lustigen Vorgruppe an. Der Knüller war allerdings, daß wir nach dem Support nach draußen gebeten wurden, wo der Rockaway Shanty Chor Punkklassiker in der Matrosenversion schmetterte. Eine großartige Überbrückung der Umbaupause, ausgedacht von einer Band, die sich überlegt, wie man Konzertabende besonders macht. Locas In Love müssen die Ideen ausgehen, um 2012 kein Kandidat für diese Liste zu sein...
12: Peggy Sue, Köln, 21.11.11
Peggy wer? Ich kannte die Supportband der Givers nicht - auch von der Hauptgruppe hatte ich nur ein Lied gehört, das ausreichte, einen weiteren Konzertabend in Köln zu verbringen. Peggy Sue überzeugten mich mit ihrem rohen, düsteren Sound, mit ihren sich verändernden Melodien so sehr, daß ich mir sehnlichst das nächste Konzert herbeiwünsche! Eine der großen Entdeckungen des Jahres 2011. 2012 hoffentlich auch in dieser Liste!
11: Peter Doherty, Köln, 13.04.11
2011 war er wieder ganz der alte! Peter Doherty vandalierte gemeinsam mit Kumpel August Diehl betrunken durch Regensburg, ließ Konzerte wegen drohender Polizeikontakte ausfallen und war zwangsläufig Dauergast der Bildtitelseite. Aber er war auch musikalisch in Höchstform! Sein Konzert im April in der Kölner Essigfabrik (mit August Diehl im Vorprogramm) war ein Knüller, musikalisch auf den Punkt, eine komplette Werksschau mit vielen Libertines Stücken (letzte Platte 2004). Besser kann Peter wohl nur sein, wenn Carl Barat mit ihm auf der Bühne steht, aber das ist auch nicht garantiert. Ich hoffe nicht, daß das das Konzert auf der Höhe seines Schaffens war. Ich will Peter gerne auch 2012 in dieser Liste sehen!
10: My Little Pony, Offenbach, 23.04.11
Die nächste Vorgruppe in meiner Liste. My Little Pony supporteten motzige und sichtbar lustlose Asobi Seksu im leeren Hafen 2 in Offenbach. Die Norweger sprühten dagegen vor Lust und begeisterten mich mit ihrem wundervollen Indiepop. Dazu habe ich selten eine so charmante Band erlebt, die trotz des bescheidenen Zuspruchs, begeistert schien und damit ordentlich ansteckte! My Little Pony hatten davon geschwärmt, wie geeignet das deutsche Aprilwetter für Tourneen nordischer Bands sei. April 12 -> Konzert -> Januar 13 -> Top 15 Liste, ok?
09: Owen Pallett, Köln, 23.06.11
Drei komplett verschiedene Shows meines Lieblings Owen Pallett habe ich 2011 gesehen: einmal alleine (wie gehabt) mit Geige, Keyboard und Loopgerät in Eindhoven. So mag ich seine Musik am liebsten. Dann mit großem Orchester in einer Kirche (auch wieder in Eindhoven); das war besonders, eindrucksvoll und fabelhaft! Die dritte Version gefällt mir vermutlich am wenigsten gut, sie ist allerdings die, die mich 2011 am meisten überzeugt hat. Dabei spielte Owen mit Band, wodurch der Charme des Loopens und live "Aufschichten" der Songs flöten geht. Künftig wird dies wohl die Version seiner Konzerte sein, was ich bedauerlich fände. In der Kölner Philharmonie mit ihrer aufregenden Akustik glänzte Owen Pallett aber (trotz Band) so sehr, daß mir der Abend lange in Erinnerung bleiben wird! Ob er 2012 in dieser Liste sein wird, bezweifele ich ein wenig, 2011 ist ein Platz unter den besten zehn hochverdient!
08: Lanterns On The Lake, Köln, 09.11.11
Was soll ich sagen: zweite Novemberwoche eben! Am Vorabend hatte ich im Studio 672 Pete and the Pirates gesehen, die wieder einmal atemberaubend gut gewesen sind. Die kommenden Tage konnten eigenlich nicht besser werden. Daß Veronica Falls zwei und Owen Pallett drei Tage später solche Knüller werden würden, hatte ich trotzdem geahnt, daß Lanterns On The Lake das beste Konzert der Woche, des Monats (und des zweiten Halbjahrs) hinlegen würden, nie im Leben! Die jungen Engländer - vor allem Sängerin Hazel Wilde - wirkten so schüchtern und verhuscht - und so klangen sie auch. Bis ihre Lieder am Ende in Postrockgewittern endeten. Eine wundervolle Kombination! Diese Band wird mir auch künftig sehr viel Spaß machen! Solche überraschend tollen Konzertabende werden auch hoffentlich 2012 zahlreich in der Liste auftauchen!
07: Erland and the Carnival, Köln, 27.04.11
Kaum jemand spielt aktuell mitreißendere Konzerte als Erland and the Carnival. Auf Platte erschließt sich die Genialität der so alt klingenden Band nicht jedem - und nicht immer. Live sind die Briten allerdings eine Wucht! Und was für eine! 2010 hatte ich Erland... (in der zweiten Novemberwoche) gesehen und war hin und weg. 2011 folgten zwei Konzerte, im Herbst im Gebäude 9 und im April im Blue Shell. Der erste Auftritt war nicht besser, weil er "kleiner" war, das wäre albern. Er war einen Tick besser, weil mit Hannah Peel vorher und währenddessen noch der besondere Charme-Akzent vorhanden war. Erland and the Carnival werden auch 2012 für Furore sorgen, sie treten bei deutschen Festivals (mit Geschmack) auf, beim Maifeld Derby und beim OBS, also vermutlich auch kommenden Januar wieder hier.
06: Tu Fawning, Duisburg, 08.03.11
Im Leben wäre ich nicht darauf gekommen, wie gut ein Konzert von Tu Fawning aus Portland sein könnte. Ich hätte eher damit gerechnet, ein gutes aber auch extrem anstrengendes Konzert zu sehen. Anstrengend? Unsinn! Es war faszinierend, es war die größte Sammlung eingesetzter Musikinstrumente seit Ewigkeiten und es war verflucht kurzweilig! Damals im März war ich schon sicher, daß sie hier reingehörten: "Tu Fawning - bisher das beste Konzert des Jahres!" Was sollte verhindern, daß sie es 2012 auch in die Bestenliste schafften?
05: Zoey Van Goey, Köln, 08.04.11
Kuchen, Dinos und Roboter! Zur weiteren Begründung seien dies und dies genannt. 2012 heißer Anwärter auf Platz 1 (so sie denn erreichbare Konzerte spielen)!
04: The Thermals, Frankfurt, 15.04.11
Auch die Thermals habe ich 2011 dreimal gesehen, das Konzert in Frankfurt war das beste (unter hervorragenden). Das Trio aus Portland ist eine Hitmaschine, die live ganz besonders rund läuft. Auch wenn ich sie 20 mal im Jahr sähe, wäre keines der Konzerte langweilig, das können sie einfach nicht. Auf ihrer Clubtour im Frühjahr hatten die Amerikaner mit den Coathangers noch eine herrliche Vorgruppe im Gepäck. Als kleine Dreingabe quasi. Aber spätestens beim ersten 150 Sekundenlied der Thermals waren die lange vergessen. Was die Thermals machen müssen, um auch im kommenden Jahr auf der Liste zu sein? Ein Konzert spielen. Was sonst?
Bleiben noch drei...
03: Dean Wareham spielte Galaxie 500, Barcelona, 28.05.11
Eine Lieblingsband, unzählige** wundervolle Melodien, eine warme Sommernacht, die Dünen und das Mittelmeer gleich hinter der Bühne. Es war das perfekte Konzert! An mein erstes (und da noch echtes) Galaxie 500 Konzert erinnere ich mich nicht mehr richtig. Das Trio Dean Wareham, Naomi Yang und Damon Krukowski hatte ich auf der Loreley gesehen. Und so wie dort die Schiffahrer der Legende nach von einer blonden Holden in den Bann (und dann in den Rhein) gezogen wurden, war es um mich auch geschehen. Ich war wegen der Bostonians zum Bizarre Festival gefahren, verliebte mich aber dann da nachhaltig in ihre Musik, von der ich damals noch nicht wußte, wie stilprägend sie einmal sein würde. Die meisten meiner Freunde mochten das damals nicht. Mehr als 20 Jahre später, an diesem Barcelona-Abend, war es wieder ein Strudel-Gefühl, erstaunlicherweise ganz ohne Nostalgie oder schlimmer Melancholie. Denn die Musik von Dean Wareham ist - ganz unabhängig davon, daß Shoegaze gerade wieder in ist - vollkommen zeitlos. Jede Wette, daß Deans Konzerte auch in 15 Jahren in meiner Bestenliste oben auftauchen werden (nicht drauf eingehen! Könnt ihr nicht gewinnen!).
02: Sufjan Stevens, Barcelona, 26.05.11
Und noch einmal Barcelona, wieder Primavera Festival. Zunächst muß ich moch outen: ich bin kein großer Sufjan Stevens Fan. In den letzten Jahren habe ich sein Werk kaum bzw. gar nicht mehr verfolgt. Warum mich sein Konzert im Auditori vor den Toren des Primavera Festivals trotzdem mehr begeistert hat als Dean Wareham, die Thermals, Anna Ternheim, die Indelicates, Belle & Sebastian, Pulp oder andere Lieblinge? Weil der Auftritt das geschafft hat, für das ET und andere Reißer früher im Kino gesorgt haben: ich saß mit aufgerissenen Augen und (wahrscheinlich) offenen Mund gut zwei Stunden da und staunte Bauklötze. Selbst wenn die Musik Quatsch gewesen wäre, wäre ich begeistert gewesen, auch wenn ich Showelemente bei Konzerten eigentlich verachte. Aber die Musik war eben nicht belanglos, sie war grandios! In einer Welt, in der es keine Geschmacklosigkeiten gäbe, wären Musicals (die es dann ja eigentlich nicht mehr geben dürfte) genau so. Neonfarben im Gesicht? Ein Sänger im Rakentenkostüm mit Discohalbkugel auf dem Bauch? Hüpfende Tänzerinnen mit Gymnastikbändern? Affenmasken? Engelsflügel? Alles scheußlich, oder? Nein, alles ganz und gar wundervoll! Zumindest, wenn Sufjan Stevens das darbietet. Sufjan Stevens wird im nächsten Jahr unter keinen Umständen auf der Liste auftauchen. Ich wäre saudoof, mir die Eindrücke durch ein weiteres Konzert zu verwässern.
Aber dann waren da noch vier Frauen aus LA.
01: Warpaint, Barcelona, 28.05.11
Warpaint haben etwas geschafft, was ich nicht für möglich gehalten hatte. Die Amerikanerinnen haben sich mit ihrem düsteren, minimalen Sound in meiner Gunst auf eine Stufe mit meinen unbestrittenen Lieblingen The Organ (letztes Album 2002) gespielt. Schon 2010 begeisterten die vier Frauen mich live nachhaltig. Im abgelaufenen Jahr bestätigten sie das nicht nur, sie wurden noch besser. Dieser erste Platz ist ausnahmsweise eine gemeinsame Auszeichnung für die drei herausragenden Konzerte in der Kölner Kulturkirche, im Halderner Spiegelzelt (und ich verstehe immer noch nicht, warum sie da gespielt haben und nicht auf dem Reitplatz) und am sehr frühen Abend im sommerlichen Barcelona. Nach jedem Konzert war ich mir in der anschließenden Euphorie sicher, das Konzert des Jahre gesehen zu haben. Barcelona ist nicht aus Angeberei auf Platz eins, mir ist eher unangenehm, daß die drei ersten Plätze alle von dort stammen. Aber es ließ sich eben nicht verhindern. Warpaint auf dem Primavera waren deshalb noch einmal eine Prise besser, weil sie bei traumhaften äußeren, aber zugleich widrigsten Festival Umständen überragend gut waren. Sommerwetter, Traumstadt, Blick aufs Meer sind toll, nachmittags als erste Band vor riesigem, erwartungsfrohen Publikum auf einem Festival zu spielen, auf dem abends noch Pulp, The National, Belle & Sebastian oder wer auch immer spielen sollte, kann nur schiefgehen. Es ging nicht schief, ganz im Gegenteil. Als wäre nichts einfacher als das, knallten Warpaint ihre fabelhaften Stücke gegen das Mittelmeer. Das geht nicht besser. Trotzdem werden sie bestimmt auch in der nächsten Liste gegen Ende auftauchen, egal wie.
* deren diesjährige ich wegen einer Grippe verpassen musste
** wenn man nur bis zehn zählen kann. Es waren elf.
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