Konzert: Sounds Nordic, Sounds Good!
Ort: Zürich, x-tra
Datum: 22.01.2012,
Zuschauer: ca. 400 zahlende Besucher und jede Menge VIPs auf der Empore
Konzertdauer: 17-23.30
Bericht von Gudrun Thäter
Line-up:
17:45 Mirel Wagner (FIN)
18:45 Figurines (DK)
20:15 Kaizers Orchestra (NOR)
22:00 Caligola (SWE)
Die Botschaften von Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen in der Schweiz organisierten den Zürichern einen Abend voll nordischer Musik und sich selbst einen netten Abend im x-tra.
Ich stolperte beim Suchen nach Konzertterminen von Mirel Wagner über das Event. Was einen gewissen abseitigen Charme hat, wenn man sich das Lineup ansieht. Die Frage auf Ehre und Gewissen war, ob sich so eine weite Fahrt lohnen würde, inklusive sehr kurzer Nacht - ich musste (wie auch andere, die hier vor mir das Wort ergriffen) Montag früh wieder zur Arbeit und dabei ohne Auto auskommen (konkret also bezahlbares Bett finden und früh genug wieder aufstehen, um 6:00 Uhr den ersten Zug zu nehmen).
Die Entscheidung wurde mir dann etwas erleichtert durch Glück im Spiel: die norwegische Botschaft verloste 2x2 Tickets, und ein Paar landete bei mir (mit meiner Partnerkarte habe ich dann die zufällig hinter mir in der Kassenschlange stehende Besucherin eingeladen).
Was mir im Vorfeld gefiel: präzise Angaben, wann welche Band dran ist und dass es wohl gegen Mitternacht zu Ende sein würde. Tatsächlich hielten sich die Veranstalter recht genau an den Fahrplan und das war schon logistisch eine eindrucksvolle Leistung. Bei allein drei verschiedenen Schlagzeugsets, diversen Tasteninstrumenten usw.
Ich war pünktlich etwas vor 17 Uhr da und kam mit den ganzen VIPs hinein. Das war ein lustiges Vielvölkerschwatzen in der Warteschlange - auch die Altersverteilung fand ich sehr interessant... Das frühe Erscheinen sicherte mir einen genialen Platz, von dem ich die Bühne bestens im Blick hatte und zwischen den Konzerten gut ausruhen konnte.
Leider war das Set von Mirel Wagner irgendwie lieblos platziert. Es ging schon damit los, dass Sie einige Minuten auf der Bühne saß und beginnen wollte, aber warten musste, bis jemand davon Notiz nahm und die Background-Beschallung abstellte. Sie spielte 35 min hinreißend traurige Lieder, mit sehr zurückhaltenden Ansagen zwischendurch. Es wurde ziemlich laut geschwatzt und mir tat es leid, dass dieses Setting so bescheuert organisiert worden war. Die einzige Frau, die ans Mikro treten durfte als Botschafterin nordischer Musik. Dann sowas... Sicher hätte es einen intimeren Raum in dem großzügigen Gebäude gegeben, wohin sich die hätten begeben können, die Mirel Wagner gern hören wollten. Und die anderen hätten sich halt vor der Hauptbühne auf die laute Musik eingestimmt.
Hinreißend spielten anschließend die sehr jungen Männer von Figurines auf. Live gefielen sie mir ausnehmend gut. Beine still halten ging gar nicht. Das Haus war auch schon gut gefüllt und es wurde ordentlich mitgefeiert. Ich habe nach musikalischen Referenzen gesucht. Für mich war es an dem Abend am ehesten Franz Ferdinand meets Beatsteaks. Absolut eingängige Stücke zum Teil sehr rotzig vorgetragen, aber häufig mit einer Wendung ins frickelige überraschend.
Der Teil des Abends, für den sich die Fahrt in jedem Fall für mich gelohnt hat, war Kaizers Orchestra. Das ist schon fast peinlich. Seit 2001 bin ich Fan, habe 5 CDs aber zum Liveerlebnis ist es nie gekommen. Das habe ich nun ausgerechnet in Zürich nachgeholt, aber warum auch nicht. Die Band war bestens aufgelegt. Das Publikum ohnehin in Feierlaune und die 80 min, die die Band hatten waren eine einzige Orgie. Das waren Vollblutmusiker, die ihrem Affen ordentlich Zucker gaben und das Publikum tanzte, sang, klatschte und schrie, dass es nur so eine Lust war. Ich erwische mich jedenfalls dabei, schon nach einem nächsten Konzerttermin zu schauen und dafür auch weite Wege in Kauf zu nehmen. Von der Musik her ging es quer durch alle Alben.
Der Teil des Abends, der als Höhepunkt angelegt war, Caligula, ein neues Projekt von den beiden Mando Diao Frontmännern, war dagegen dann nur schal und oberflächlich für mich. Alles war als toller Höhepunkt inszeniert: die Premiere der neuen Band heute und hier - ihr wohnt einem historischen Augenblick bei...
Ich zitiere: "Caligula, das sind Gustaf und Björn an den Vocals, ganz wie man's bei Mando Diao kennt. Die Musik dagegen ist volle Kraft voraus Sixties-Soul. Sixties Soul, modernisiert mit breiten, massiven Beats aus der Salazar'schen HipHop-Schule."
Aber es war so gar nicht mein Ding. Genau die Musik, weshalb ich mein Radio schon gar nicht mehr einschalte. Traurig, weil ich auch vor 10 Jahren mal totaler Fan der ersten Mando Diao Platte war und eigentlich noch bin.
Die Band trat als schwarze Kutten mit Kapuzen tragende Gruppe auf. Dazu Ansagen wie: "Wir sind ein Kollektiv und ein ganz neues Ding und ihr könnt heute auch Mitglieder dieses Kollektives werden" kam für mich als hohle Phrase an. Es sprang nichts über davon. Das nehme ich krumm.
Nochmal zum mitschreiben: ich habe nichts gegen Beats und nichts gegen Hiphop oder Soul. Das Original zum Auftritt der Band in Mönchskutten wäre für mich z.B. "Seeed" als "Musik Monks". Das ist für mich glaubhaft und mit Inhalt. Caligula taten nur so und brachten es irgendwie doch nicht.
Das Publikum ging ab und war offensichtlich sehr zufrieden. Mir war die ganze Show inkl. Musik wie Ersatzdrogen statt echter Musik. Der Auftritt hätte so auch beim Eurovisions Song Contest gepasst. Ich habe mir dann nach 30 min den Rest gespart und habe meine ohnehin kurze Nacht nicht noch durch solche Pseudomusik verkürzen lassen.
Schade war allgemein der Lautstärke-Pegel, der ohne Ohrstöpsel nicht auszuhalten war. Ich weiß, das ist halt so, aber gut wird es dadurch trotzdem nicht. Ich habe inzwischen auch diverse Rockkonzerte erlebt, die ohne Stöpsel gingen.
Tolle Fotos aller vier Acts gibt es u.a. hier:
http://www.rockfoto.nu/venues/
Weitere Informationen zur Veranstaltung hier:
http://www.x-tra.ch/eventinfo_
Foto Mirel Wagner: Archiv
1 Kommentare :
Sehr schöner und treffender Bericht. =:-) Und oh ja, für Kaizers lohnt sich so ziemlich jede Anreise...!
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