Dienstag, 10. Januar 2012

My Year In Lists- die 10 besten Konzerte (Pascal)


My Year In Lists- die 10 besten Konzerte
von Pascal aus Köln


Weiter geht es mit Bestenlisten. Sehr erfreulich, daß uns viele Musikfans ihre Konzertfavoriten mitteilen und hier für jede Menge Abwechslung sorgen. Falls ihr auch noch mitmachen wollt, immer gerne. Ende der Woche wollen wir dann aber ins das aktuelle Geschehen eingreifen und 2011 hinter uns lassen.

Aber lassen wir doch Pascal jetzt zu Wort kommen:


10 wunderschöne Live-Erlebnisse 2011: Zwei Konzert-Ereignisse ragen für mich 2011 im besonderen heraus, deswegen möchte ich die beiden vorweg nennen, die dann folgenden 8 Nominanten sind gleichbedeutend gut gewesen.

01. WEEK END - A different Festival for Music, Film & Arts. 02—04 Dezember 2011

Von vorne bis hinten und überhaupt! Präzise gesagt, gibt es wohl gegenwärtig kein Indoor-Festival, daß es inhaltlich mit dem in Köln neu geschaffenen Week-End aufnehmen könnte, dies alleine wäre aber kein Grund der Begeisterung dergleichen zu verfallen, muß man also noch zufügen das hier verschiedene Faktoren begünstigend zusammenkamen: der richtige Ort, der richtige Zeitpunkt, und ein formidables & abwechslungsreich kuratiertes Programm. Drei Tage, an denen sich folgende Künstler zusammenfanden:

1.Tag: Gary War, High Places, Roedelius/Schneider, Jochen Distelmeyer, Jacques Palminger & Due Nutti Soundsystem, John Maus, Michael Meyer (DJ-Set)

2.Tag: Buke & Gass, Family Fodder, R.Stevie Moore, Françoiz Breut, The Stepkids, James Pants, Optimo 3.Tag: Tall Firs, Thurston Moore

Köln, die flächenmäßig drittgrößte Stadt Deutschlands, ist in Sachen Musik trotz seiner Größe ja schon seit langem im Vergleich zu Hamburg und Berlin musikalische Diaspora. Können sich Nr 1 & 2 in der Regel sicher sein, dass jeder Act vorbeischaut,
ist Köln hingegen seit den goldenen Popkomm-Tagen ziemlich verwahrlost - umso erfreulicher ist es da, das das mutige Booking eines kleinen Ladens namens King Georg Köln seit ein paar Jahren musikalisch bereichert. Ich würde sogar sagen das das King Georg für einige bereits zur Institution geworden ist um solche Entdeckungen machen zu können. Dies alles schreibe ich hier, da genau dieser Booker zusammen mit einem Freund nun das Week-End Fest Anfang Dezember 2011 veranstaltet hat und man darf sagen das die wiederum mutige Kalkulation, die verschiedensten Stile an drei Tagen, für wirklich kleines Geld zusammenzubringen aufs beste funktioniert hat. Das ganze fand in einem alten Kinosaal statt, der ungefähr 600 Leute unterbringen konnte, meistenteils sitzend. Gab es zu Beginn immer schon ‘kleinere’ Opener im Voyeur des alten Riphahnbaus, wurde das Publikum daraufhin in den alten Kinosaal eingelassen, der sich dann als perfekter Raum für musikalische Darbietungen ergab. Keine allzu große, ablenkende Lightshow, dafür aber eine schöne Kinobühne umgarnt von dem klassischen, großen Vorhang. Hier durfte man dann Distelmeyer neben Roedelius/Schneider und den sehr viel jüngeren High Places erleben oder die grandiosen Buke & Gass, die sich just umbenannt hatten in Buke & Gase neben den ‘ausgegrabenen’ Legenden Family Fodder & R.Stevie Moore, neben der bezaubernden Françoiz Breut, die wiederum noch von den fantastischen und das ganze Publikum für sich einnehmenden Stepkids gefolgt wurde oder eben den eigentlich ‘größten’ Einkauf des Festivals, Thurston Moore, der seine eigene Vorband, die Tall Firs, gleich mitbrachte. Damit war das an den Wochenendtagen aber nicht genug, denn nach den schon sehr verzaubernden Shows im Saal ging es dann immer noch im Voyeur des stillgelegten Kinos weiter - sozusagen gab es dann noch im Abspann diverse Elektroacts wie zB den mittlerweile schwer angesagten John Maus, der mit seiner psycho-auto-aggressive performance schwer Eindruck schindet - man kann nicht wirklich sagen, was nun genau von diesem Week-End Fest das Highlight war - es war irgendwie alles großartig und man kann nur sehr, sehr hoffen, daß die Macher da in 2012 noch einen drauflegen können. Ich bitte darum!

2. The Monsters - Gebäude 9-Köln, 01.04.2011 + Voodoo-Rhythm-Labelabend im SO36-Berlin, 27.10.2011 mit den Monsters, The Come’n Go und The Juke Joint Pimps.

Nebst meinem starken Hang zu Folk & Americana pflege ich eine innige Liebe für Punkrock, Garage und anderen lauten Spielarten. Eine Band die ich schon lange kenne und auch vor diesem Jahr schon das ein oder andere Mal sehen konnte, sind die Schweizer The Monsters, die für ausgesprochen scheppernden Psych-Trash standen.....ehedem. Nun, in 2011 hat sich diese Band um den mal Reverend Beat-Man, mal anders heißenden, komplett durchgeknallten aber sympathischen Frontmann Beat Zeller irgendwie neu erfunden. Ich mochte meinen Ohren und meinen Augen und meinem ganzen Empfinden kaum Glauben, so sehr atemberaubend anders und gewaltig waren The Monsters bei ihrer ersten Show, die ich in 2011 erleben konnte. Eine völlig wahnsinnige & kongeniale Mischung aus Jimi Hendrix, The Monks, The Who, Screaming Jay Hawkins, den Beach Boys und was weiß ich noch alles, gabs da auf die Ohren. Ein Publikum in Exstase und mit offenen Mündern in den hinteren Reihen. Das hat mir so gut gefallen, daß ich es mir nicht nehmen lassen konnte, The Monsters nach kurzer Zeit noch ein weiteres Mal zu erleben und da es noch einen Voodoo-Rhythm(das Label des Beat-Man)-Labelabend geben sollte, war klar das es dort hingehen musste. Dieser fand dann in Berlin, im altehrwürdigen SO36, einem Laden, der mir bislang immer zu schlauchig und groß vorkam statt, der aber just für den Labelabend der Band wie gemacht schien. Eine Orgie aus Energie, Lärm & purer Verzückung. Ich gehe, wie vermutlich die meisten hier, sehr viel auf Konzerte und hab auch jobmäßig damit zu tun, muß aber betonen, daß ich sowas wie The Monsters anno 2011 noch nicht oft erlebt habe bzw bitte noch ganz oft erleben möchte! Sensationell!


03. Syd Matters, Studio 672-Köln, 11.04.2011

Standen schon ganz, ganz lange auf der ‘wish to see’ Liste und haben es nun endlich ein mal nach Köln geschafft, waren aber wenn ich mich recht erinnere nicht vollzählig auf der Bühne und wußten trotzdem das kleine Publikum komplett für sich einzunehmen. Eine Band die alle Radiohead-Qualitäten aufweist und der man unbedingt den gleichen Erfolg gönnt.

04. Gillian Welch & David Ramblings , Stadtgarten-Köln, 06.11.2011

Ebenso ein ewiger ‘wish-to-see’ Kandidat, die werte Gillian und dann bringt sie auch noch diesen unbeschreiblich großartigen Seiteninstrumentalisten Ramblings mit. Grandiose Countryshow einer Country-Avantgardistin mit Charme und Stimme! Einziger Wermutstropfen war das komplette Fotografierverbot, das viele im Vorfeld nicht wirklich mitbekommen haben, da es nur Aushänge dazu gab, so ‘nervte’ ein übermäßig agierender Security das Publikum mehr als das eigentliche Apparate hochhalten.

05. PJ Harvey, Jahrhunderthalle Frankfurt, 10.07.2011

Grandios, einfach grandios wie es PJ Harvey immer wieder aufs neue schafft, ihren Stil zu verändern und trotzdem ganz sie selbst zu bleiben. Die ‘neue’ PJ tritt in ihrem Macbeth-Hexen-Kostüm auf die Bühne heraus, singt, spielt und tritt wieder zurück ins tiefchwarze Dunkel um ihre drei Jungs John Parish, Mick Harvey und Jean-Marc Butty aufspielen zu lassen. Die drei sitzen auf der riesigen Bühne nah bei einander, so wie drei Wanderer, die sich um ein Lagerfeuer winden und untermalen die musikalische Reise der Polly Jean und man meint, das schafft so kein anderer, so perfekt ist das alles. Man konnte der Paris-Show schon zum Tourstart live auf ARTE-TV in voller Länge beiwohnen, ein bisschen so wie in der ersten Reihe sitzen, aber da war dann auch schon klar, wenn sie es nach Deutschland schafft, werde ich dabei sein und mein Gott, war das schön. Was für eine Pracht!


06. Kurt Vile & the Violators, King Georg-Köln, 08.05.2011

Der gerade mal 31jährige Kurt sieht son bisschen aus wie der andere Kurt, der leider nur 27 Jahre alt wurde. Das kann Zufall oder Absicht sein, der Musik die er spielt tut das nichts zur Sache - sie ist rund, sie ist schön, sie ist ausgesprochen hörenswert und ich gebe zu, ich habe das vor der Show nicht gewußt. Einige Freunde, auf deren Riecher man was geben kann, empfahlen Kurt Vile und ich bin sehr glücklich dieses Konzert im gut gefüllten, oben schon genannten King Georg, dadurch erlebt zu haben. Trotzdem an meinem Platz zunächst einmal die Boxen ausgestellt waren (was nicht so sein sollte), hing das Publikum an seinen Lippen und ließ sich einnehmen. Später wurde es dann lauter, dort wo ich saß, denn die Boxen wurden dazugeschaltet und da entfaltete sich dann auch noch der restliche Zauber dieses jungen Gitarrenmagiers. Unbedingt entdecken!

07. Philip Boa & The Voodoo Club, Gebäude 9-Köln, 16.04.2011

Boa’s Comeback... (nun ja, er hat ja eigentlich nie aufgehört bzw. war nur sehr kurz gar nicht musikalisch aktiv) aber hier nun wandte er sich seit langer Zeit mal wieder ‘älterem’ Material zu, nämlich den Platten ‘Helios’ und ‘Boaphenia’. Zugegeben hat meine Begeisterung mit meinem alten Fantum in Sachen Boa zu tun, auch hatte ich ihn nun gute 15 Jahre nicht mehr auf dem Schirm, da ich ‘94 nach der Boaphenia sozusagen ausgestiegen bin und mich anderem musikalischem Tun zugewandt hatte. Skeptisch war ich natürlich, wie wohl viele andere auch, kann aber sagen, daß der nun auf die 50 zugehende Herr Figgen, seinen Job als Sänger & Performer nachwievor überzeugend und nie peinlich umzusetzen weiß. Auch die ‘alte’ Backingband und Boa’s ewig blone Pia wussten zu begeistern und so wurde aus der ‘Comeback’-Show ein großartiges Liveerlebnis, das zumindest die 500 vornehmlich ‘alten’ Fans mitgerissen hat wie einst. Das ‘Arschloch’ von ehedem ist in Würde gealtert. Ein wunderbarer Nostalgieabend, der gerne mit noch älterem Material fortgesetzt werden darf!


08. Tu Fawning, Steinbruch - Duisburg, 08.03.11

Menomena & 31 Knots sind schon zwei Bands von denen man den Gitarristen Joe Haege her kennen kann und mit denen er in den letzten Jahren das ein oder andere Mal live unterwegs war: immer gut, immer sehr begnadet, immer beeindruckend. So war klar, daß ich mir sein neues Projekt Tu Fawning nicht entgehen lassen konnte und da nicht zu ahnen war, daß es Tu Fawning wenig später sogar noch bis nach Köln schaffen würden, konnte ich das Mitfahrangebot befreundeter Konzertliebhaber nicht verneinen. Tu Fawning waren dann tatsächlich erneut eine Sensation! Eine Band, die von vorne bis hinten hochmusikalisch und durchdacht ist, die dem Begriff Artrock all seine Peinlichkeit nehmen und zu neuem Glanz verhelfen. Tu Fawning sind ein Erlebnis!

09. The Monochrome Set, ‘West Germany’ Berlin, 20.04.2011

The Monochrome Set, diese altehrwürdige Postpunk-Band aus London sind doch tatsächlich wieder on the road und sie sollten sogar nach Köln kommen, aber in diesem einen Falle, war mir gar nicht so wohl bei dem Gedanken, das diese personell große und vom Sound her komplexe Band im kleinen King Georg auftreten sollte. Also wurde schnell ein Ticket gebucht um dem Konzert in Berlin beizuwohnen, in diesem Fall der Ort, deren Fans die legendäre Band eher wertschätzen würden, nahm ich an. Das Konzert im West Germany war dann auf jeden Fall ein Erlebnis der besonderen Art - zwar stimmte einiges in der Live-Performance der Band noch nicht so ganz: im Zusammenspiel etwas wacklig, hier und da ein Ausbruch obwohl nicht unbedingt notwendig und manchmal etwas drucklos, aber die vielen schönen Momente und die extrem charismatischen Musiker entwickelten trotzdem ihren ganz eigenen Zauber. Und so viel londonosker Spirit ist selten live zu erleben und gibt’s vermutlich auch nur noch mit solchen ‘alten’ Originalen. The Monochrome Set stehen auch für 2012 wieder oben auf der ‘MustSee’-Liste und wie ich im nach herein vernommen habe, wurde übrigens auch das Konzert im King Georg ganz fantastisch angenommen und gefeiert. .

10. Warpaint, Kulturkirche Köln, 28.06.2011

Die Kulturkirche ist ein Konzert- Ort, in dem es sehr schwer fällt für laute Bands den richtigen Sound zu erschaffen. Dies wissend gehe ich trotzdem immer wieder gerne in die Kulturkirche da sie eine ganz eigene Atmosphäre hat, was nicht wundert, da die Kulturkirche eine aktive evangelische Kirche ist und Rockkonzerte in Kirchen sind dann doch mal was besonderes, zumal selten. Warpaint heißt diese junge Frauenband aus Kalifornien die ihre Hausaufgaben mit ganz viel The Cure und Cocteau Twins eifrig gemacht haben. Warpaint klingen aber glücklicherweise in keinem Moment wie eine schnell erfunden Ripp-Off-Band der eben genannten, sondern vermögen die Einflüsse ebenso gekonnt in neue moderne Songstrukturen einfließen zu lassen. So war es dann ein Konzert, von dem viele nicht mit dem Sound einverstanden waren (ich empfand die wall of sounds absolut perfekt und richtig) aber trotzdem sagen mochten, daß es ein ganz besonderes Konzerterlebnis war. Mich haben die vier jungen Frauen von ihrer Musik jedenfalls komplett überzeugt und ich bin ein bisschen traurig darüber, das sie das nächste mal vermutlich schon sehr viel ‘größer’ auftreten werden, gegönnt aber ist es ihnen allemal!

Fotos: Archiv by Oliver Peel und Christoph. Foto Kurt Vile: Robert Loerzel, copyright. Foto Gillian Welch: Marcel Houweling, copyright.



 

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