Konzert: Veronica Falls
Ort: Exit 07, Luxemburg
Datum: 10.11.2011
Zuschauer: knapp 100
Dauer: 42 min
Ich frage mich häufig, ob die immer neuen Schichten von Einlaß-Stempelfarbe auf der gleichen Handstelle irgendwann bleibende Veränderungen an der Haut hinterlassen. Unter dem "Rappel" von heute sind noch Reste von gestern zu sehen - der c/o pop Stempel von Dienstag ist zumindest sichtbar weg.
Die Konzertnächte hinterlassen aber auch andere Spuren, meine Augenringe werden wieder tiefer. Das ist eben der Preis für die Neugierde, neue Bands nicht verpassen zu wollen. Das war gestern der Grund, Lanterns On The Lake nicht sausen zu lassen, und das war er auch heute, obwohl der Aufwand dafür größer war.
Veronica Falls sind eine der Bands der Saison. Eigentlich hätte ich die Engländer vergangenen Freitag als Vorgruppe der Dum Dum Girls gesehen, sie (oder andere) sagten diesen Support aber ab. Vermutlich sind sie zu schnell größer geworden, so daß sie diese Rolle nicht mehr übernehmen konnten. Also mußte eine Alternative her, Luxemburg war das einzig erreichbare Konzert.
Im Exit 07 war ich vorher noch nicht. Der sehr schöne Club, der Teil eines Kultur- und Ausstellungszentrums ist, liegt nah beim Atelier, das wiederum nicht weit vom Bahnhof. Offiziell passen 250 Zuschauer in den luftigen Raum, es standen aber einige Sitzgelegenheiten im Saal, man rechnete also nicht mit ausverkauftem Haus.
Das Exit 07 ist breit und wird an einer Seite von einer langen Bar begrenzt. Wegen der Quer-Ausmaße des Raums erzeugt die allerdings keine Engpässe wie ihre Kolleginnen in Köln (Luxor, Live Music Hall...). Auch die Bühne war riesig. Freitag sehe ich Owen Pallett mit dem Nordniederländischen Orchester. Ins Exit 07 hätten die sicher auch locker gepasst, für vier (zum Teil kleine und) junge Engländer war die Bühne überdimensioniert.
Während wir auf den Beginn warteten (bei allen nicht in Deutschland stattfindenden Konzerten wird man am Eingang per Aushang informiert, wann die Bands spielen. Machen wir das nicht, damit Deutschland einen Ruf als spontanes, wildes, rebellisches Land bekommt, das nicht alles starr und pünktlich plant?), spielte ein DJ Team laute Musik von Anika bis Tuxedomoon. Irgendwann kam die Band auf die Bühne, das Vorprogramm stoppte, Sänger James Hoare bat um ein weiteres Lied ("tuning issues"), und es konnte um zehn nach zehn losgehen.
Veronica Falls kommen aus London und bestehen seit 2009. Vergangene Woche erschien ihr selbstbetiteltes Debütalbum bei Bella Union, mit dem sie jetzt touren. Neben James gehören Roxanne Clifford (Gesang und Gitarre), Marion Herbain (Bass) und Patrick Doyle (Schlagzeug und Gesang) zur Band.
Leider war der Gesang nicht schrecklich gut ausgesteuert, das war allerdings der einzige ernsthafte Kritikpunkt des Abends, denn mit ihrer Musik hatten die vier mich sofort. Kein Wunder, denn das, wonach sie klingen, mag ich ausnahmslos. Da war weniger Pains Of Being Pure At Heart, dafür viel Vaselines, Pastels oder Darling Buds. Als ich noch grübelte, wem sie mehr glichen, kam die Lösung von rechts "ich habe leider nie Talulah Gosh gesehen..." Genau, an die erinnerten mich die Live-Veronica Falls auch ganz besonders. Ich kann mir vorstellen, wie entsetzlich lästig solche Vergleich für eine junge Band sind. Im aktuellen Fall - und immer wenn eine Band nicht nach einem Abklatsch der Referenzen klingt - ist dies aber ausschließlich lobend zu verstehen: Veronica Falls sind toll und absolut sehens- und hörenswert!
Beim "Sehenswert" allerdings kleinere Abstriche wegen James' Outfit. Die 8/9-Hose in Kombination zum häßlichsten Hemd des Konzertjahrs war alles andere als twee aber darüber sehe ich gerne hinweg.
Daß es kurz werden würde, war absehbar. Junge Bands aus England spielen auf der ersten europäischen Tour grundsätzlich zwischen 38 und 43 Minuten. Das steht vermutlich in ihren Plattenverträgen. Dafür hat man ja mit einer Platte auch Material. Veronica Falls spielten aber auch einige Nicht-Albumtracks, was ihnen bei mir weitere Pluspunkte einbrachte. Last conversation (vermutlich) kannte ich nicht, ebensowenig Bury me alive, bei dem ich nicht sicher bin, ob es ein Cover ist. Starry Eyes ist das ganz sicher, es ist weiterhin B-Seite einer der Singles.
Es ist schwierig (und müßig), Highlights rauszupicken, dafür war das Programm zu kurz und zu homogen. Found love in a graveyard oder The fountain stachen aber ein wenig heraus, beide gefielen mir ganz besonders.
Ob Veronica Falls die nächste Clubgröße in Europa erreichen, kann ich nicht einschätzen. Ich fürchte, die Band wird in einer Nische bleiben. Aber sicher bin ich, daß sie keine Eintagsfliege ist, und daß ich auch an einem zweiten Album große Freude haben werde.
Setlist Veronica Falls, Exit 07, Luxemburg:
01: Right side of my brain
02: Stephen
03: Beachy head
04: Last conversation (neu)
05: Bad feeling
06: The box
07: Found love in a graveyard
08: Heartbeat
09: Starry eyes (Roky Erickson Cover)
10: The fountain
11: Bury me alive (neu)
12: Wedding day
13: Come on over (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Veronica Falls, Paris, 04.05.11
Ort: Exit 07, Luxemburg
Datum: 10.11.2011
Zuschauer: knapp 100
Dauer: 42 min
Ich frage mich häufig, ob die immer neuen Schichten von Einlaß-Stempelfarbe auf der gleichen Handstelle irgendwann bleibende Veränderungen an der Haut hinterlassen. Unter dem "Rappel" von heute sind noch Reste von gestern zu sehen - der c/o pop Stempel von Dienstag ist zumindest sichtbar weg.
Die Konzertnächte hinterlassen aber auch andere Spuren, meine Augenringe werden wieder tiefer. Das ist eben der Preis für die Neugierde, neue Bands nicht verpassen zu wollen. Das war gestern der Grund, Lanterns On The Lake nicht sausen zu lassen, und das war er auch heute, obwohl der Aufwand dafür größer war.
Veronica Falls sind eine der Bands der Saison. Eigentlich hätte ich die Engländer vergangenen Freitag als Vorgruppe der Dum Dum Girls gesehen, sie (oder andere) sagten diesen Support aber ab. Vermutlich sind sie zu schnell größer geworden, so daß sie diese Rolle nicht mehr übernehmen konnten. Also mußte eine Alternative her, Luxemburg war das einzig erreichbare Konzert.
Im Exit 07 war ich vorher noch nicht. Der sehr schöne Club, der Teil eines Kultur- und Ausstellungszentrums ist, liegt nah beim Atelier, das wiederum nicht weit vom Bahnhof. Offiziell passen 250 Zuschauer in den luftigen Raum, es standen aber einige Sitzgelegenheiten im Saal, man rechnete also nicht mit ausverkauftem Haus.
Das Exit 07 ist breit und wird an einer Seite von einer langen Bar begrenzt. Wegen der Quer-Ausmaße des Raums erzeugt die allerdings keine Engpässe wie ihre Kolleginnen in Köln (Luxor, Live Music Hall...). Auch die Bühne war riesig. Freitag sehe ich Owen Pallett mit dem Nordniederländischen Orchester. Ins Exit 07 hätten die sicher auch locker gepasst, für vier (zum Teil kleine und) junge Engländer war die Bühne überdimensioniert.
Während wir auf den Beginn warteten (bei allen nicht in Deutschland stattfindenden Konzerten wird man am Eingang per Aushang informiert, wann die Bands spielen. Machen wir das nicht, damit Deutschland einen Ruf als spontanes, wildes, rebellisches Land bekommt, das nicht alles starr und pünktlich plant?), spielte ein DJ Team laute Musik von Anika bis Tuxedomoon. Irgendwann kam die Band auf die Bühne, das Vorprogramm stoppte, Sänger James Hoare bat um ein weiteres Lied ("tuning issues"), und es konnte um zehn nach zehn losgehen.
Veronica Falls kommen aus London und bestehen seit 2009. Vergangene Woche erschien ihr selbstbetiteltes Debütalbum bei Bella Union, mit dem sie jetzt touren. Neben James gehören Roxanne Clifford (Gesang und Gitarre), Marion Herbain (Bass) und Patrick Doyle (Schlagzeug und Gesang) zur Band.
Leider war der Gesang nicht schrecklich gut ausgesteuert, das war allerdings der einzige ernsthafte Kritikpunkt des Abends, denn mit ihrer Musik hatten die vier mich sofort. Kein Wunder, denn das, wonach sie klingen, mag ich ausnahmslos. Da war weniger Pains Of Being Pure At Heart, dafür viel Vaselines, Pastels oder Darling Buds. Als ich noch grübelte, wem sie mehr glichen, kam die Lösung von rechts "ich habe leider nie Talulah Gosh gesehen..." Genau, an die erinnerten mich die Live-Veronica Falls auch ganz besonders. Ich kann mir vorstellen, wie entsetzlich lästig solche Vergleich für eine junge Band sind. Im aktuellen Fall - und immer wenn eine Band nicht nach einem Abklatsch der Referenzen klingt - ist dies aber ausschließlich lobend zu verstehen: Veronica Falls sind toll und absolut sehens- und hörenswert!
Beim "Sehenswert" allerdings kleinere Abstriche wegen James' Outfit. Die 8/9-Hose in Kombination zum häßlichsten Hemd des Konzertjahrs war alles andere als twee aber darüber sehe ich gerne hinweg.
Daß es kurz werden würde, war absehbar. Junge Bands aus England spielen auf der ersten europäischen Tour grundsätzlich zwischen 38 und 43 Minuten. Das steht vermutlich in ihren Plattenverträgen. Dafür hat man ja mit einer Platte auch Material. Veronica Falls spielten aber auch einige Nicht-Albumtracks, was ihnen bei mir weitere Pluspunkte einbrachte. Last conversation (vermutlich) kannte ich nicht, ebensowenig Bury me alive, bei dem ich nicht sicher bin, ob es ein Cover ist. Starry Eyes ist das ganz sicher, es ist weiterhin B-Seite einer der Singles.
Es ist schwierig (und müßig), Highlights rauszupicken, dafür war das Programm zu kurz und zu homogen. Found love in a graveyard oder The fountain stachen aber ein wenig heraus, beide gefielen mir ganz besonders.
Ob Veronica Falls die nächste Clubgröße in Europa erreichen, kann ich nicht einschätzen. Ich fürchte, die Band wird in einer Nische bleiben. Aber sicher bin ich, daß sie keine Eintagsfliege ist, und daß ich auch an einem zweiten Album große Freude haben werde.
Setlist Veronica Falls, Exit 07, Luxemburg:
01: Right side of my brain
02: Stephen
03: Beachy head
04: Last conversation (neu)
05: Bad feeling
06: The box
07: Found love in a graveyard
08: Heartbeat
09: Starry eyes (Roky Erickson Cover)
10: The fountain
11: Bury me alive (neu)
12: Wedding day
13: Come on over (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Veronica Falls, Paris, 04.05.11
5 Kommentare :
In England können sie laut ihrer Homepage aber doch noch die Rolle des Dum Dum Girls Supports übernehmen :(
Naja, ins MTC wäre ich eh nur ungern gegangen, ich gebe die Hoffnung nicht auf sie mal als Headliner irgendwo wo es angenehmer ist zu sehen...
Im MTC hätten sie die Dum Dum Girls locker an die Wand gespielt, die waren nämlich nach drei Songs ziemlich langweilig. Zwar alles perfekt runtergespielt, aber mehr war's nicht.
Ich bin ein bisschen neidisch, dass Du Veronica Falls gesehen hast. Obwohl ich gestern mit Other Lives ein Top 3 Konzert dieses Jahres sah.
Nach der Rückfahrt mal noch gleich bei Rough Trade die Do-CD bestellt, der die leider schon längst vergriffene Covers-EP als Bonus beiliegt.
Dabei auch noch feststellen dürden, das ich auch noch die CD der kurzlebigen Vorgängerband The Royal We (Uk) besitze.
Sehr schönes Konzert und der eindeutige Beweis, das nicht die Länge entscheidend ist.
ich hätte hier voll auf hype gesetzt. muss ich mal reinhören?
Jajaja, auf jeden Fall. Eine der wenigen guten Platten dieses Jahr :) Und sie klingen jetzt auch nicht so wie Bands die gerade gehypt werden.
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