Konzert: Die Heiterkeit
Ort: Mousonturm, Frankfurt (Studio)
Datum: 10.12.2012
Zuschauer: 45
Dauer: 50 min
Irgendwo habe ich den bösen Kommentar über Die Heiterkeit gelesen, die Hamburger Frauenband trage Ja, Panik-Lieder auf, quasi als Zweitverwertung oder sogar Nebenprojekt ohne personelle Beteiligung. Auch wenn eine stilistische Nähe zur Austro-Berliner Gruppe um Andreas Spechtl nicht zu verleugnen ist und Die Heiterkeit auf deren Label Nein, Gelassenheit veröffentlichen, ist das natürlich Unsinn. Das Debüt der drei Hamburger Frauen ist eine der Platten, die ich 2012 besonders oft und mit viel Freude gehört habe. Ich mag seit einiger Zeit Bands wahnsinnig gerne, die ein wenig gelangweilt klingen, auf aufregende Art, und Die Heiterkeit passt perfekt in dieses (nur mir bekannte) Genre! Eine zweite sehr naheliegende Referenz zur Heiterkeit sind Bands wie die Lassie Singers, deren Christiane Rösinger ihrerseits wieder Ja, Panik nahesteht.
Vor ein paar Wochen hatte ich das Trio wegen irgendeines anderen Konzerts verpasst, dafür den heutigen Frankfurter Termin gesetzt. Weder das Wetter noch meine Form haben am frühen Abend für einen Ausflug nach Hessen gesprochen, aber ich wollte die Band nun einmal sehen, also war ich um kurz vor neun im Mousonturm und wurde da in den ersten Stock geschickt. Im Studio des Frankfurter Künstlerhauses war ich bisher noch nicht, der kleine Raum des Ladens ist allerdings ähnlich schön wie der große und gefiel mir auf Anhieb.
Die Heiterkeit sind Sängerin und Gitarristin Stella Sommer, Bassistin Rabea Erradi und Schlagzeugerin Stefanie Hochmuth. Der Do It Yourself-Charme der Platte ist live noch einige Portionen ausgeprägter. Stellas tiefer Gesang, der mich an Kate Jackson von den Long Blondes erinnerte, ist mit Abstand das beste Stilelement der Band! Manchmal singt Rabea mit, auch das gefiel mit ausgezeichnet. Daß Schlagzeug und Bass daneben eher einfach gespielt werden, ist nicht wichtig. Man könnte das auch böser ausdrücken: in der Zeit schreibt beispielsweise Jan Freitag: "Mit gelangweilter, unterprononcierter, fast herablassender Nebensächlichkeit singt Stella Sommer von Wegen, die alle zu ihr führten, und Armen, in die man dort kommen könne, oder andernfalls Tränen, die man ihr nicht nachweinen möge. Im Hintergrund jammert dazu ihre unverzerrte Gitarre zu Rabea Erradis, nun ja, minimalistischem Bass, begleitet von Stefanie Hochmuths Trommeln, das mit schlicht noch freundlich beschrieben wäre."
Der Vergleich hinkt jetzt gewaltig, aber auch die weltbeste Frauenband The Organ war am Anfang live nicht brillant. Bei der Heiterkeit fand ich das verhaltene Trommeln und Bassspiel nicht weiter störend, der Anspruch der Band ist schließlich eine gepflegte Stümperhaftigkeit. Bei den gestylten Long Blondes, die eine wundervolle erste Platte gemacht habe, lagen Anspruch und Live-Wirklichkeit allerdings unfreiwillig weit auseinander. Es gehört hier zum Konzept wäre vermutlich übertrieben, es stört aber zumindest nicht und wird meine Meinung vom Album der Gruppe nicht beschädigen.
Die Heiterkeit spielte die meisten Stücke des Debüts. Nur zwei Stücke fehlten, dagegen gehörten zwei Lieder zum Programm, die ich nicht (er-) kannte.
Ungewöhnlich war die Rollenverteilung auf der Bühne. Sängerin Stella schwieg zwischen den Stücken, für die Ansagen war Rabea zuständig. Währenddessen guckte Schlagzeugerin Stefanie motzig, dachten wir. Da die Trommlerin hinterher strahlte, schien der Gesichtsausdruck ihrer Konzentration auf ihren Part geschuldet zu sein. Einmal schwieg auch Rabea zwischen zwei Titeln. Nach dem Hit Für den nächstbesten Dandy musste Stella ihre Gitarre stimmen, was eine Weile dauerte. Da der Basslauf des nächsten Lieds (das ich nicht erkannte) offenbar kompliziert war, hielt Rabea mit der Hand den ersten Akkord fest - während der langen Pause.
Ich bin heilfroh, dieses Konzert nicht ausgelassen zu haben. Die Platte ist toll, Stellas Gesang ist klasse, und ich hatte Spaß.
Setlist Die Heiterkeit, Mousonturm, Frankfurt:
01: Alle Menschen
02: Alles ist so neu und aufregend
03: Hauptquartier
04: Die Liebe eines Volkes
05: Heiterkeit
06: Alle Wege
07: Für den nächstbesten Dandy
08: ?
09: Komm in meine Arme
10: Solange es euch gut geht
11: Auf dem Gipfel des Erfolges
12: Kleiner Romeo (?) (Z)
1 Kommentare :
An die Lassie Singers musste ich bei dem Konzert von denen auch öfter denken. Schöner Bericht! Und ne tolle Live-Band!
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