Montag, 12. Mai 2008

Loney, dear, Soko, White Rabbits & Guillemots, Frankfurt, 11.05.08


Konzert: Loney, dear, Soko, White Rabbits & Guillemots (25 Jahre Haldern-Pop Tour)

Ort: Batschkapp, Frankfurt
Datum: 11.05.2008
Zuschauer: ca. 100
Konzertdauer: jeweils etwa 40 min.


Daß wir das Haldern Festival sehr schätzen, ist kein Geheimnis. Aber auch drumherum schaffen es die Verantwortlichen des Indie-Events vom Niederrhein immer wieder, interessante Veranstaltungen zu organisieren. Im März waren die großartigen Los Campesinos! bei Rock im Saal in Haldern, zum 25-jährigen Jubiläum von Haldern-Pop findet zur Zeit eine Tour von "Haldern-Bands" durch Clubs statt. Typische "Haldern-Bands" sind Indiepop-Gruppen, gerne mal ein wenig schrullig, vor allem aber musikalisch interessant und sehr liebenswert. Für Leute, die Musik ausschließlich durch große Radiosender beziehen, sind die Namen der Bands, die in Haldern oder bei solchen Touren auftreten, in der Regel vollkommen unbekannt - neben dem heißen Sommertag sicher ein Grund, warum höchstens 100 Zuschauer in die Frankfurter Batschkapp gekommen waren. Ich habe keine Ahnung, wie groß das Fassungsvermögen des Clubs ist, die Leute, die da waren, verliefen sich aber in dem gar nicht so großen Laden.

Man merkte den White Rabbits, die als erste angesetzt waren, richtig an, daß sie gerne noch gewartet hätten, ob nicht noch mehr Zuschauer kommen würden. Kurz vor acht guckten Bandmitglieder ein paarmal aus der Garderobe in den Raum, so wie
man mit der Fußspitze die Wassertemperatur in Schwimmbädern testet. Aber sie mußten hüpfen, der Zeitplan war mit vier Bands wenig flexibel. Ich hatte bisher von den New Yorkern keine Lieder gehört, ich war wegen Loney, dear und Soko (und trotz der Guillemots...) da. Den White Rabbits tat meine Ignoranz aber schon einmal unrecht. Beeindruckend bei der sechsköpfigen Band waren zunächst schon einmal die beiden Schlagzeuger. Das ist sicher nicht vollkommen ungewöhnlich, bei eher popiger Musik allerdings schon und gibt der Musik einen ganz besonderen Sound, eine Klangtiefe (klingt toll - in jeder Hinsicht). Neben den beiden Schlagzeugern (die aber nicht immer gleichzeitig spielten) gehörten ein singender Keyboarder, ein Bassist und zwei Gitarristen zu der amerikanischen Band. Der Keyboarder, Stephen Patterson, scheint der Hauptsänger der Gruppe zu sein. Einer der Gitarristen (Gregory Roberts) singt zwar auch, teils alleine, Stephens Anteile schienen mir aber deutlich höher. Die Musik der vielleicht nach Alice im Wunderland benannten Kaninchen ist schöner Indiepop, der uns gut unterhalten hat. Das erste Album der Band "Fort Nightly" brachte ihnen gute Kritiken ein, nachvollziehbar nach dem, was in der Batschkapp zu hören war. Bei zwei der Stücken kamen wir Assoziationen zu anderen (echten oder potentiellen) Haldern-Bands in den Kopf, ohne leider die Titel der Stücke zu kennen (auch wenn mittlerweile die Setlist im Kommentarteil steht). Eines der Lieder klang nach Afrobeat, also Paul Simon (oder in hip oder hype Vampire Weekend), eines, als wäre es ein Shout Out Louds Cover.

Die White Rabbits waren ein interessanter und
kurzweiliger 40-minütiger Auftakt, der ganz gut mehr Zuschauer vertragen hätte.

Anschließend wurde es lustig. Auf dem Programm stand Soko, Stéphanie Sokolinski, über die Oliver schon mehrfach aus Paris geschrieben hat. Die Französin mit dem niedlichen Akzent ist seit einiger Zeit auch in Deutschland bekannt, ihr Hit "I'll kill her" läuft sogar im Radio (ok, zumindest in 1live abends). Ich kannte von ihr bisher die eine veröffentlichte EP, auf der neben "I'll kieeeelll her" noch vier andere Lieder sind. Eines davon war dann auch das erste Stück des Konzerts, "Shitty day" (oder "S***** day", damit wir keine Probleme mit der Altersfreigabe bekommen), ein niedliches Popstück. "Niedlich" ist ohnehin die passende Zusammenfassung für Sokos 40 Minuten. Musikalisch war Soko sicher keine Offenbarung, ihr Charme, ihr
Spaß, untermalt von Dauerlachen, machten das aber wett. Soko hatte einen zusätzlichen Musiker dabei (Jean?), der Gitarre spielte, mitsang und Geräusche mit Händen, Füßen und seinem Mund machte. Schon gleich am Anfang wünschte sich eine Frau aus dem Publikum ein Lied. Soko fragte, ob sie nicht mitsingen wolle, sie solle doch auf die Bühne kommen, später komme aber noch etwas Einfacheres, da müsse sie dann mitmachen.

Die Ansagen und die quirlige Art der jungen Pariserin waren wirklich sehr reizend, dem konnte ich mich kaum entziehen, daher verstehe ich meinen Pariser Bloggerkumpel nur zu gut, daß er mit seit langem von Soko vorschwärmt. Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, daß Mando Diao oder die Hives (beliebig fortsetzbar) ein Lied mit "It's a shit song but I like it" ansagen. Das Stück, das Soko meinte, ist "My little green scooter", das auf ihrer Myspace-Seite zu hören ist.

Ihr war es auf der Bühne zu hell. Mit "Mister light no more job, free time!" und einem
Tänzchen löste sie das Problem bevor sie "Why would you lie" anstimmte. Dazu war Schlagzeuger von Loney, dear als Unterstützung auf die Bühne gekommen. Soko hatte auch schon eines der Lieder an den Drums bestritten, für "Why would you lie" brauchte sie aber offenbar einen professionelleren Schlagzeuger. Zusätzlich erschien aber während des Stücks auch Loney. dear Sänger (und Mastermind) Emil auf der Bühne und schnippte und sang mit, was Stéphanie vollkommen überraschte und zu dem ein oder anderen Lachanfall brachte. Niedlich eben...

Danach der nächste Gastauftritt. "The next song is called 'My little baby cat'" sagte sie,
schaltete eine Katzenlampe an ihrem Keyboard an und bat die Frau aus dem Publikum nach oben, um als Refrain "Miao" zu singen. Auch das war sehr amüsant, auch wenn es "My little baby cat" sicher in keine Jahrescharts bringt.

Etwas später klappte ihre Gitarre nicht, was sie zu einem improvisierten Liedchen mit der Zeile "I break my guitar" brachte, das sie einmal angefangen habe und irgendwann weiterschreiben werde. Nachdem sie das als Pausenfüller gespielt hatte (und erklärt hatte, daß sie alles kaputtmache), ging es mit "
I wanna look like a tiger" weiter. Danach - wie passend - sagte sie lachend, sie habe sich gerade einen Schneidezahn am Mikro kaputtgehauen! Vor lauter Kaputtmachen, Lachen und Erzählen hatte die Pariserin ihr Zeitgefühl vollkommen verloren. Sie bakam nach einer Weile einen Hinweis, daß sie jetzt enden müsse. Ob "I'll kill her" eigentlich noch vorgesehen war, weiß ich nicht, als Abschluß folgte nach der Mahnung jedenfalls "I will never love you more" und ihr Hit, den sie wohl selbst nicht mehr hören und singen mag, blieb ungespielt. Sehr, sehr witzig alles, das Gesamtkunstwerk Soko.

Setlist Soko, Haldern-Pop Tour, Batschkapp, Frankfurt:

01: Shitty day
02: Ali Gator
03: I never meant to hurt me (neu)
04: My little green scooter
05: I think I'm pregnant
06: Why would you lie?
07: Baby cat
08: Nervous breakdown
09: People are mean, people are bad
10: I wanna look like a tiger
11: ??? (I won't forget about you)
12: I will never love you more


Anschließend wurde die Musik wieder anspruchsvoller, trotz der vielen Nananananahhh Passagen in den Texten. Aber auch für die liebe ich Loney, dear so
sehr. Ich habe Probleme mit beegeehaftem Gesang, das führt eigentlich zu schnellem Ausschalten des Radios oder Fernsehers. Bei den Nordschweden klappte dieser Schutzmechanismus überhaupt nicht - und wie dankbar bin ich dafür! Denn Emil Svanängen (der Loney, dear ist - das ist ein Projekt- und keine Bandname) schreibt wunderschöne Poplieder (nananananaaaahhh), die ich immer wieder hören kann und mag.

Soweit ich mich erinnere hatte Emil die gleichen Musiker dabei, die er im vergangenen Jahr in Haldern mit auf die Bühne gebracht hatte, seine Keyboarderin, einen zweiten Keyboarder, einen Bassisten und den Schlagzeuger.
Das Set begann mit "Life has been this low" von "The year of river fontana", seinem ersten noch selbstveröffentlichten Album. Ach - und es war wieder so schön.

Mit "Le fever" und "Won't you do" folgten zwei Stücke von der dritten Platte "Sologne" (nananananaaahhh), bevor drei Lieder von der letzten, bei Sub Pop erschienenen CD "Loney, noir" folgten, die Hits "Saturday waits", "I am
John" und "Carrying a stone (nanananahhh). Zwischen diesen drei Lieblingsliedern kam aber etwas ganz Neues, ein Stück namens "Everything", das erst einmal Probleme bereitete. Sie hätten es zwar geübt, sagte Emil, nachdem sie den ersten Versuch abbrechen mussten, dann gab er aber seiner Band ein paar Anweisungen auf Schwedisch. "Ola, Du mußt bitte die Bassdrum weniger laut spielen, Malin, sing bitte lalala." - Nein, nein, dafür reicht mein Schwedisch leider nicht, mitbekommen habe ich nur, daß Emil seinen Kollegen etwas vorsang (einen nanananaaah-Part!). Der zweite Versuch klang sehr schön, das Üben hatte sich also gelohnt! Leider war es mit "Ignorant boy, beautiful girl" auch schon wieder viel zu schnell vorbei!

Emil hatte hinterher aber am Merchandising Stand noch die gute Nachricht, daß Loney, dear auch beim Festival im August freitags im Zelt auftreten! Juchuu und nananahh!

Setlist Loney, dear, Haldern-Pop Tour, Batschkapp, Frankfurt:

01: Life has been this low
02: Le fever
03: Won't you do
04: Saturday waits
05: Everything
06: I am John
07: Carrying a stone
08: Ignorant boy, beautiful girl

Die nachfolgenden Künstler, die Guillemots (der Namensgeber ist ein kauziger Vogel...), und ich verstehen uns nicht richtig gut. So etwas gibt es ja. Schon beim ersten Treffen waren wir uns nicht sympathisch (das war ein Haldern-Festival). Das nächste mal begegnete mir Sänger Fyfe Dangerfield (keine Wortwitze!) auf einer Anna Ternheim Maxi als Co-Sänger einer zauberhaften "A lover's dream" Version. Das versöhnte. Allerdings erschien dann die neue Platte der Band ("Red"), die (nicht nur mich) kräftig kalt ließ. Aber da der Abend nicht mehr schlecht werden konnte, hörten wir uns die Vögel noch an. Über eine knappe Dreiviertelstunde und gutgelaunt waren die Guillemots auch gut hörbar. Bis auf zwei Stücke hat mich aber nichts vom Hocker gerissen. "Trains to Brasil" war sehr nett und das solo von Fyfe vorgetragene und offenbar neue "Faster than the setting sun" (keine Ahnung, ob ich den Refrain richtig verstanden habe) gefiel mir auch gut. Allerdings gab es auch echte Scheußlichkeiten. "Last kiss" von "Red" klang wie Portishead für ganz arme. Oh je, war das schrecklich! Oder "Kriss Kross" am Ende... Schwere Kost für mein Ohr - auch für Augen, denn Fyfe trug da bereits eine fesche Sonnenbrille, im sehr dunklen Raum.

Freunde sind die Guillemots und ich nicht geworden. Allerdings bin ich auch nicht reflexartig aus dem Saal gelaufen. Ein Erfolg.

Setlist Guillemots, Haldern-Pop Tour, Batschkapp, Frankfurt:

01: Get over it
02: Clarion
03: Don't look down
04: Falling out of reach
05: Last kiss
06: Trains to Brasil
07: Faster than the setting sun (?)
08: Made up love song #43
09: Kriss Kross

Ein schöner Abend, interessante Bands, viel Unterhaltung. Wieder einmal etwas mit Haldern im Namen, das Spaß gemacht hat. Die Haldern-Tour macht noch folgende Stationen:

12.05.08 Berlin - Lido
13.05.08 Hamburg - Übel & Gefährlich
14.05.08 Haldern - Saal Tepferdt

Links:

- aus unserem Archiv:
- Soko, Paris, 04.10.07

- Soko, Paris, 31.05.07
- Soko, Paris, 02.05.07
- Loney, dear, Paris, 12.11.07
- Loney, dear, Haldern, 04.08.07
- Loney, dear, Paris, 15.05.07
- Guillemots, Paris, 19.02.07
- Guillemots, Paris, 11.11.06

- mehr Fotos



5 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

danke für fotos und setlists! gibts denn auch die setlist von den white rabbits? hab die ersten lieder verpasst und frage mich was die davor noch gespielt haben.

Anonym hat gesagt…

habe eine originalsetlist ergatter, da steht:

Kid
Dinner
Navy
Sea
Fox
Dancing
New One
Table
Plot

Da ich nicht alle Lieder kenne, müsst ihr es euch selbst zusammenreimen :)

Anonym hat gesagt…

hey danke!
ich "übersetze" das mal soweit ich kann:
Kid On My Shoulders
Dinner Party
Navy Wives
Sea Of Rum
(?)
While We Go Dancing
(?)
Take A Walk Around The Table
The Plot

Anonym hat gesagt…

Den meisten Bildern nach zu urteilen standest du, Christoph, größtenteils ziemlich weit links.
Ich habe einen Mann angesprochen, ganz vorne an der Bühne, der Bilder mit seiner kleinen Digitalkamera gemacht hat, ob er von meinzuhausemeinblog sei, weil ich bei last.fm gesehen habe, dass du auch kommst. Er war es nicht, meinte aber, dass er dich schonmal bei Anna Ternheim gesehen habe und dass du eine professionellere Kamera hast.

Anonym hat gesagt…

"Aaal kill-ör" läuft bei Eins Live nicht nur im Abendprogramm, sondern 24/7 rauf und runter ;-)
Gestern in Haldern haben die Guillemots als erste gespielt, der Rest dann jeweils eine Position weiter hinten.

 

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