Konzert: Kings Of Leon
Ort: Saint Cloud bei Paris
Datum: 26.08.2007
Zuschauer: enorm viele (der arme Albert Hammond Jr., der zur gleichen Zeit spielte!)
Nach dem begeisternden Auftritt der Kings Of Leon im Pariser Bataclan vor ein paar Wochen, waren die Erwartungen an die Brüder (und den Cousin) Followill meinerseits sehr hoch gesteckt. Würden mich die schlaksigen Typen wieder so umhauen, oder würde es heute nur ein runtergeleierter Festivalauftritt werden?
Nun, ich kann es vorwegnehmen, die Amerikaner waren auch heute gut. Sehr gut sogar. Und das lag nicht zuletzt am tollen Einsatz des heiseren Sängers Caleb Followill. "Ihr müßt mir helfen beim nächsten Stück, ich habe Probleme mit meiner Stimme". Heiser, mag man sich da verwundert fragen, ist er das nicht eigentlich immer? Nun, auch sonst ist sein Gesangesorgan wunderbar kratzig und rauh (und dabei trotzdem präzise!), das ist wohl nicht zu bestreiten. Heute schien er allerdings ein echtes Handicap mit sich rumzutragen. Umso bewundernswerter darum, wie er sich reinkniete und gegen Ende eigentlich stimmlich wieder hervorragend aufgelegt war, vor allem bei "On Call". Sichtlich gerührt verkündete der inzwischen kurzhaarige junge Mann: "ich dachte vorher, daß würde heute nichts mit unserem Auftritt, aber ihr habt mir toll geholfen, daß es doch ein starkes Konzert wurde, danke!"
Dabei war von Schonung von Anfang an nichts zu spüren, eher von Zurückhaltung hinsichtlich des Spielens von Titeln des aktuellen Albums "Because Of The Times", stammten doch die ersten drei Titel ("For Kicks", "Taper Jean Girl", und "King Of The Rodeo") samt und sonders von den beiden Vorgängerwerken. Erst mit "My Party" wurde in das neue Material eingestiegen, Caleb krächzte hierzu abwechselnd in Stimmverzerrer und Mikro, nachdem ein prägnantes Gitarrenriff, welches vom Publikum sofort erkannt wurde, das Stück eröffnet hatte. "Uhh, she's on my party, uhh she's on my party", hallte es über das riesige Gelände und die Crowdsurfer trieben hierzu - wie auch zu den anderen Stücken - ihre nicht ungefährlichen Spielchen. Wie sollte man aber auch still bleiben, bei den straubtrockenen, rockigen Klängen der Weiberhelden aus Tennessee? Wenn das kein geiler Rock n' Roll ist, was dann? "Die klingen wie die ollen Allmann Brothers" wurde ihnen unzählige Male von Rockkritikern vorgworfen. Spätestens seit dem Erscheinen von "Because Of The Times" sind aber die kritischen Stimmen weitgehend verstummt. Kaum eine Band hat sich so gewaltig weiterentwickelt wie die Kings Of Leon, das müssen jetzt auch Nörgler eingestehen. Alte Stücke zogen schon immer und auch heute wieder auf Anhieb, die neuen Sachen sind aber vielschichtiger, durchdachter, komplexer. Das sensationelle "Knocked Up", welches auf den Klassiker "Spiral Staircase" folgte, verdeutlichte diesen Werdegang eindrucksvoll. "I don't care what nobody said, we gonna have a baby", keifte Caleb, daß es einem durch Mark und Bein ging. Bruder und Drummer Nathan blieb hingegen wie immer cool wie Eis. Mal rauchte er ein Zigarettchen, ein anderes Mal ließ er seinen Bubblegum theatralisch platzen und trommelte trotz dieser scheinbaren Gleichgültigkeit wie ein Wahnsinniger auf seine Drums ein.
Die beiden anderen Followills waren eher unscheinbar, sieht man mal davon ab, daß der Bassist ein wenig den Schönling raushängen ließ und die Mundwinkel verkniff, wenn er seine fabelhaften Bassläufe spielte. Heute hatte ich aber erfreulicherweise wieder das Gefühl, eine Band vor mir zu haben, in der prächtig zusammengespielt wird, beim Konzert im Bataclan stand vor ein paar Wochen Sänger Caleb doch sehr im Vordergrund. Gut so, denn so konnte man zumindest ansatzweise erleben, wie die Brüder miteinander rockten und gemeinsam mithalfen, ein tolles Konzert auf die Beine zu stellen. "It's a beautiful day, I hope you appreciate that", meinte der Frontmann irgendwann und meinte damit sicherlich nicht nur das heute herrliche Wetter. Damit hatte er im übrigen vollkommen Recht, die Sonne wärmte das Haupt, der Spätsommer zeigte sich von seiner besten Seite und die Kings Of Leon taten alles dafür, daß auch im Herzen die Sonne schien, denn sie spielten abschließend noch die Ballade "Trani", die freilich gegen Ende zu einem wild stampfenden Rockstück mutierte.
Es bleibt festzuhalten, daß das heute vielleicht nicht ganz so stark war, wie im Bataclan, aber dennoch weit über dem, was die anderen Bands auf dem Festival so boten (sieht man mal von Arcade Fire ab).
Setlist Kings Of Leon, Rock en Seine:
intro: Requiem von Mozart!
01: For Kicks
02: Taper Jean Girl
03: King Of The Rodeo
04: My Party
05: Razz
06: Molly's Chamber
07: The Bucket
08: Milk
09: On Call
10: Fans
11: Spiral Staircase
12: Knocked Up
13: Charmer
14: Mc Fearless
15: Trani
Links:
- mehr Fotos bei Robert Gil (merci beaucoup, Robert!), einem der besten Pariser Konzertfotographen: www.photosconcerts.com
- Kings of Leon in Paris (Bataclan)
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