Montag, 27. August 2007

Jarvis Cocker, Festival Rock en Seine, 25.08.07

Konzert: Jarvis Cocker
Ort: Saint Cloud bei Paris, Festival Rock en Seine
Datum: 25.08.2007
Zuschauer: so einige

"Fat Children took my life", schallte es bereits bis zum Eingangsbereich des weitläufigen Geländes der Domaine Saint Cloud bei Paris, als ich in wilder Hast versuchte, so schnell wie möglich Richtung "Grande Scène" zum Konzert von Jarvis Cocker zu gelangen. Vorbei an der "Scène de l'Industrie, wo gerade der Engänder Calvin Harris sein Set begann, sprintete ich wie ein Kaninchen auf der Flucht, um wenigstens noch "Don't Let Him Waist Your Time" komplett mitzubekommen.

Völlig außer Puste kam ich schließlich schweißgebadet vor der Hauptbühne an und genoß in der Folge die witzigen (oft auf französich vorgetragenen) Ansagen und brillianten Lieder des Mannes aus Sheffield.

In Saint Cloud war es bereits kurz vor 19 Uhr, aber die Sonne schien noch herrlich über dem schönen Gelände und trocknete so zumindest ein wenig die Schlammspuren, die durch die heftigen Regengüsse vom Donnerstag verursacht worden waren. Der Auftrit des Ex-Pulp Mannes war mein erstes Konzert am heutigen zweiten Festivaltag, die Müdigkeit hatte meinem Vorhaben spätestens um 17 Uhr zu den guten Amerikanern Cold War Kids (die die kranke Amy Winehouse vertraten) da zu sein, einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Volle Konzentration nun also auf Jarvis, der sich in letzter Zeit ziemlich rar gemacht hatte. Um so schöner, daß er in seiner Wahlheimat Paris mit von der Partie war, was er auch zu schätzen wußte: "Je suis très heureux de jouer ici", sagte er folgerichtig auf französisch in seinem herrlichen englischen Akzent. Monsieur Cocker versuchte wirklich alles, um mit den Franzosen in ihrer Landessprache, der schönsten Sprache der Welt (zumindest nach Ansicht der Franzosen), zu kommunizieren. Nicht selten kam er allerdings hierbei ins Stottern, was aber dem Charme dieser Ansagen keinen Abbruch tat, im Gegenteil. Schließlich zählt der gute Wille und der war bei dem Engländer vorhanden. "Seit vier Jahren wohne ich jetzt hier in Paris, aber meine Sprachkünste sind noch verbesserungsfähig", meinte er fast entschuldigend.

Nichts zu beanstanden gab es hingegen an dem Set des Jacketträgers mit der Hornbrille, das war nämlich vorzüglich. Besonders schön: die Ballade "I Will Kill Again", bei der mir eine leichte Gänsehaut über den verschwitzten Rücken lief, vor allem als Jarvis herzerweichend und mit Inbrunst " And wouldn't it be nice for all the world to live in peace?", sang. Nachdem die Hymne verklungen war, wand sich Jarvis erneut an das Publikum und erklärte trocken: "i'm not criminal", don't take the title literally". Natürlich ist Jarvis kein Verbrecher, obwohl ihm der Schalk im Nacken sitzt und er es faustdick hinter den Ohren hat, was man aufgrund seiner Erscheinung - er wirkt mit Brille und Jacket wie ein Englischprofessor - nicht so ohne Weiteres vermuten würde. Unvergessen ist vor allem die Störaktion von Jarvis Cocker während eines Auftrittes von Michael Jackson, nach der er von der Polizei abgeführt worden war...

Aber abgesehen von "I Kill Again" gibt es durchaus Texte, die autobiographisch sein könnten und wörtlich genommen werden könnten, so z.B. in Tonite (O-Ton Jarvis: "rubbish title"), in dem der Hüne zu sanfter Musik Songzeilen wie "Let's have some drugs, let's have some sex", croonte.

Nicht autobiographisch, sondern als Hommage war allerdings das countryeske Stück "Big Stuff" zu verstehen, J. Cocker hatte es dem kürzlich verstorbenen Lee Hazlewood gewidmet. "C'est un homme, qui a fait des chansons très beaux", erläuterte er seine Sympathie für den Ex- Duettpartner von Nancy Sinatra. Aber nicht nur dieses Stück, bei dem er sich am Ende theatralisch auf den Boden fallen ließ, war neu für mich, sondern vor allem die Zugabe. Ich traute meinen Ohren kaum, als ich -bereits auf dem Weg zum Konzert von CSS - eine Cover-Version von "Paranoid" von Black Sabbath vernahm. Jarvis mag Ozzy, ist denn das zu glauben? Hmm, scheint zumindest in zu sein, die alten Heavys zu covern, überraschten mich doch schon die Flaming Lips mit einer Neuinterpretation von "War Pigs" bei ihrem letztjährigen Pariser Konzert.

Das es möglich war, einen solch wuchtigen Sound wie bei "Paranoid" zu produzieren, verdankte der Brillenträger übrigens seiner fünfköpfigen Band, in der allerdings Richard Hawley fehlte. Es war also zumindest musikalisch keine reine "One Man Show", wie es der dritte Titel des Sets vermuten ließ. Ansonsten natürlich schon...


Setlist Jarvis Cocker Rock en Seine:

01: Fat Children
02: Don't Let Him Waste Your Time
03: One Man Show
04: I Will Kill Again
05: Tonight
06: Big Julie
07: Big Stuff
08: Black Magic
09: Cunts Are Still Runnin' The World
10: Paranoid (Black-Sabbath Cover!)

Anmerkung: von meinem eigenen Bild, welches Jarvis in gebückter Pose zeigt, war ich eitlerweise so begeistert, daß ich es mir auf einen edlen Holzrahmen ziehen ließ. Von dem Ergebnis bin ich begeistert! Die kompetente Berliner Firma myfotoprint.de macht so etwas und versendet die Ware auf Anfrage auch gut verpackt zum Kunden. Natürlich müssen es keine Rockstars sein, man kann auch seinen Kater, sein Baby, oder seinen Hamster rahmen lassen, aber uns interessieren Musiker natürlich am meisten.



1 Kommentare :

R. R. R. hat gesagt…

Tolle Fotos. Ich bin neidisch. Den guten Jarv hab ich Anfang dieses Jahres aufgrund sehr dummer Zufälle verpasst...

 

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