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um
18:35
Konzert: The Wedding Present (play Watusi)
Ort: L'Entrepôt, Arlon
Datum: 20.11.2014
Dauer: The Wedding Present gut 80 min
Zuschauer: ca. 100
"Bonsoir, nous sommes les sémi-légendaires Wedding Present!" Na, toll! Und dafür fahre ich durch drei Länder. Halbberühmtheiten kann man doch bei jeder Möbelhaus-Eröffnung sehen. Nunja, David Gedge und seine The Wedding Present sind sind keine Dschungel-Camp Prominenten, sie sind Legenden der britischen Indie-Szene. Die Band taucht in John Peels Biografie gleich oft auf wie die Smiths oder die Ramones. Das alleine würde natürlich nicht reichen, an einem Donnerstag ins kleine Arlon kurz hinter der luxemburgisch-belgischen Grenze zu fahren. The Wedding Present sind vor allem eine der großartigesten Bands der letzten 20, 25 Jahre. Sie sind nicht glamourös, haben keine Radio-Hits im Katalog, sind aber nicht mehr wegzudenken aus meiner kleinen musikalischen Welt.
Und The Wedding Present machen etwas, was ich liebe und freudestrahlend annehme: die Band spielt seit ein paar Jahren all ihre Alben in kompletter Länge. George Best, Bizarro, Seamonsters und The Hit Parade hatte ich bereits sehen dürfen, Watusi von 1994 wollte ich da nicht verpassen, also mussten es dieser Donnerstag im November und Arlon sein.
Das Entrepôt in Arlon ist ein moderner, kleiner aber wundervoller Konzertort. Wie so oft in Benelux ist der Club ein reiner Musikclub, keine zweckentfremdete andere Bude, er hat eine tolle Licht- und Musikanlage, die Bar ist im Vorraum, alles sehr angenehm, um Konzerte zu sehen.
Der Abend begann kurz nach halb neun mit einer unterhaltsamen lokalen Vorgruppe. The White Coal Addiction scheinen aus der Umgebeung zu kommen und spielten ein kurzes Set, darunter ein Lied namens Cologne. In der kurzen Konzertgeschichte der Band steht ein Auftritt im Blue Shell in Köln, der offenbar inspirierend war. The White Coal Addiction spielten irgendetwas zwischen Shoegaze und Postpunk und gefielen mir gut, ein schöner Auftakt. Und das, obwohl Vorgruppen bei entfernten Konzerten unter der Woche eher ärgerlich sind.
Während für die Hauptgruppe aufgebaut wurde, verkaufte David Gedge Merch seiner Band. Neben den Wedding-Present-Comics, aktuellem Kram gab es eine große Kiste, alter Platten. Auf einigen klebten Aufkleber "aus Davids privater Sammlung."
Um zehn vor zehn ging es endlich los. An diesen Album-Abenden spielen The Wedding Present ihre Platten zwar komplett, meist aber nach einer Art Best-of Einleitung. Der Abend in Arlon begann zwar direkt mit Watusi, aber nicht mit So long, baby, mit dem das Album startet. Stattdessen spielte die Band das Instrumental-Stück Hot pants.
Neben David Gedge standen in Arlon eine ganze Menge Musiker auf der Bühne. Von meinen letzten Konzerten kannte ich nur Bassistin Katharine Wallinger. Der Gitarrist, der Schlagzeuger (erstes Konzert überhaupt mit The Wedding Present) und eine Keyboarderin waren mir neu. Die zusätzliche Frau am Klavier erforderte wohl die Instrumentierung des Albums. Danielle (?) setzte sich immer, wenn sie nicht gebraucht wurde, auf den Boden nebens Schlagzeug.
Auch erforderte Watusi, daß David Gedge bei einigen Liedern keine seiner vielen gleich aussehenden Gitarren spielte sondern nur sang. Bei Shake it überließ er diese Aufgabe sogar ganz seinem Gitarristen Sam. Auch ungewöhnlich für Konzerte der Engländer war das A cappella Ende von Click click. Wenn man ganze Platten spielt, spielt man eben auch die Lieder, die es sonst nicht auf die Setlisten schaffen.
Catwoman beendete den Watusi-Teil. The Wedding Present spielen keine Zugaben (David Gedge sagte das später wieder einmal - in verschiedenen Sprachen), also sind die Zugaben die zweite Hälfte des Konzerts. Die in Arlon hatte es in sich. Oh ja! Kennedy, Dalliance, Perfect blue, Interstate 5. Wow! Dazu mit Birdsnest ein tolles neues Stück und zum Abschluß What have I said now? von Bizarro.
Und weil es so viele für The Wedding Present ungewöhnliche Dinge an diesem Abend gab, wunderte mich auch nicht, daß beim vorletzten Stück Nobody's twisting your arm (aus dem "golden year 88") ein Akkordeon zum Einsatz kam!
Irgendwann hatte ich jede Sorge vergessen, wie kurz die Nacht werden würde, das Konzert der britischen Halb-Legenden war dafür zu brillant. Saturnalia's next.
Setlist The Wedding Present, L'Entrepôt, Arlon:
Watusi:
01: Hot pants
02: Swimming pools, movie stars
03: Yeah yeah yeah yeah yeah
04: Let him have it
05: So long, baby
06: Gazebo
07: Spangle
08: Shake it
09: Big rat
10: It's a gas
11: Click click
12: Catwoman
13: Kennedy
14: Birdsnest (neu)
15: Dalliance
16: Perfect blue
17: Interstate 5
18: Nobody's twisting your arm
19: What have I said now?
Links:
- aus unserem Archiv:
- The Wedding Present, Barcelona, 30.05.14
- The Wedding Present, Düsseldorf, 26.09.13 (The Hit Parade)
- The Wedding Present, Paris, 24.10.12
- The Wedding Present, Wien, 04.10.12
- The Wedding Present, Köln, 23.09.12 (Seamonsters)
- The Wedding Present, Barcelona, 30.05.12
- The Wedding Present, Köln, 15.10.10 (Bizarro)
- The Wedding Present, Köln, 15.11.07 (George Best)
- The Wedding Present, Paris, 02.11.07
um
17:00
Konzert mit Steve Folk
Datum: 5. Dezember 2014
Dauer: 75 min
Zuschauer:18
Im Juli erreichte mich das Angebot, im Dezember ein Konzert mit Steve Folk zu haben - ein Singer/Songwriter im klassischen
Sinn. Oder doch nicht? Naja, er ist wohl eher nicht sonderlich
introvertiert. Ich habe mich prächtig amüsiert, die Blogeinträge der Oktobertour von Steve auf dem Weg durch die Deutschland zu verfolgen. Und mich natürlich auch gefragt, wie wohl der Stop in Karlsruhe in seinen Geschichten abschneiden wird...
Unser gemeinsamer Start war eher mies. Aus den Nachrichten des Vortages war klar, dass Steve ziemlich müde war und auch ein bisschen trübselig. Dann verbaselte er unser Treffen für den frühen Nachmittag und ich musste ihn anschließend bis gegen 18 Uhr warten lassen, weil es bei mir nicht anders ging. Er fand einen Gebrauchtwarenladen und darin eine Mundharmonika, die er uns am Abend auch stolz vorführte und stimmte dort auch eine Zither, um die Zeit zu überbrücken.
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Foto von Steve |
Als er schließlich in unserem Wohnzimmer saß, war er ganz schön mitgenommen und ließ sich auch durch die britische Wunderwaffe - einen schönen heißen Tee - nicht aufpäppeln "I'm not into hot drinks." Und mir selbst war auch eher so ein bisschen wackelig zumute, denn wir hatten gerade feierlich viele junge Leute ins Leben geschickt, die mir ans Herz gewachsen waren.
Aber ab da wurde es Schritt für Schritt besser. Steve taute auf. Er hatte neben seiner Gitarre auch eine Keksdose dabei, die zum Saiteninstrument umgebaut worden war. Er bot uns viele Lieder vom aktuellen Album Ramble an, die zum Teil von seinem Leben erzählen als Modern day gypsies auf einem Boot (Video unten!), von seinen Konzerttouren z.B., No net curtains in New York, von seiner Lieblingsstadt Amsterdam, und dem heimischen Old grey London. Er erwies sich als wunderbarer Saitenpicker, der auf die Menschen in der Runde einging und uns sehr viel lachen ließ mit seiner humorvollen und selbstironischen Art. Er hatte auch seine Ideen und Träume mitgebracht The farm we'll never have, Let your senses glow, I'm always awake, Up mere only, und Time to kill.
Die Runde war sehr beeindruckt von seiner distanzlosen Art und wie er förmlich vor uns aufblühte und sein Leben mit uns teilte und die reflektierte Art in der er alles und jedes hinterfragte daraufhin, ob es ihn glücklich machen kann. Belohnt wurde seine Aufrichtigkeit mit stiller Andacht, einigen Zwischenrufen und reichlich Applaus. Und natürlich war die Keksdosengitarre ein Hingucker... Im Anschluss nahmen sich noch viele seine CD mit.
Nach dem Konzert war er endgültig angekommen und anwesend. Lachend stellten wir fest, dass wir ganz schön viele gemeinsame Bekannte und musikalische Lieblinge haben und es schien als hätte es ihm in Karlsruhe ganz gut gefallen.
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um
15:26
Konzert: Florian Ostertag
Ort: Café Nun in Karlsruhe
Datum: 17. Oktober 2014
Dauer: 75 min
Zuschauer: etwa 90 (ausverkauft)
Was habe ich mich gefreut, als vom nuncafe die Neuigkeit mitgeteilt wurde, dass Florian Ostertag im Oktober ein Konzert dort geben wird! Unser kennenlernen war ein bisschen von hinten durch die Brust ins Auge: Vor nunmehr drei Jahren bin ich nach Freiburg gefahren, um Tex und Florian Ostertag im neu erfundenen Konzertformat TV Noir Tour zu sehen. Geboten wurde dann September Leaves als Krankenersatz für Florian Ostertag. Bis heute bin ich traurig, dass ich darüber keinen Konzertbericht verfasst habe, weil das so ein magischer Abend wurde.
Florian Ostertag gab es dann nachgeholt fast ein halbes Jahr später am gleichen Ort. Auch darüber gibt es leider keinen Bericht, aber das Konzert war so toll, dass ich ihn gern im Januar 2013 mit Sea + Air im Theaterhaus gesehen hätte. Das hat dann leider nicht geklappt. Umso mehr habe ich mich gefreut, als Florian Ostertag (endlich wieder!) als Support von Alin Coen beim Zeltival 2013 angekündigt war. Beim Golden Leaves Festival dieses Jahr musste ich ihn leider verpassen. So war ein Treffen in meinen Augen mehr als überfällig und im Café Nun musste einfach alles perfekt passen.
Im Herbst 2014 hat sich Florian mit Simon Schaller (vor allem am Schlagzeug aber auch an Tasten) auf den Weg gemacht und besuchte kleinere Venues unter dem Motto New songs in small places. Ein Zwischenausflug, weil es mit der Arbeit an der aktuellen Platte nicht wie erhofft vorwärts geht. Als ich ankam, waren viele Gitarren und eine Mandoline auf der Bühne aufgebaut, dazu ein kleiner schwarz-weiß-Fernseher mit VHS-Spieler und ein Tonbandgerät. Später würde auch eine Schreibmaschine und ein Telefon mitspielen dürfen.
Florian begann solo mit seiner Gitarre und mit seinem unnachahmlich charmanten Lächeln. Den Song Always waiting präsentierte er ganz ruhig und nachdenklich und das Publikum wurde auch sofort ganz ruhig und aufmerksam und sog jeden Ton begierig auf. In der Mischung des Abends waren getreu dem Motto der Tour ganz neue Lieder zu hören, aber auch ein ganz Teil der inzwischen wohl vertrauten Songs (z.B. Babel, Better version und Home, die mir schon sehr ans Herz gewachsen sind).
Alles "angerichtet" mit bubenhaftem Charme und sympatischen und schwäbisch gefärbten Ansagen und einigen pfiffigen Ideen. Für Africa wurde z.B. noch ein Akkordeon-ähnliches Instrument aktiviert. Für Babel war ein Beitrag auf dem Tonband vorbereitet. Zu Perfect Stranger gab es die etwas traurige Geschichte, dass es vor sehr langer Zeit für einen Film komponiert worden war und dann in einem komplett anderen Film gelandet ist...
Bei Lovesongs war schließlich der für die Tour unabkömmliche Matthias Kammermeyer wenigstens aufgezeichnet am Fernseher dabei. Der Trick ist doch immer wieder nett... Es zeichnete sich ab, dass es nun so sachte aufs Ende hingehen würde mit The Constant Search (auch so ein vertrautes Lied). Aber mit dem letzten Song des regulären Sets - Home - wurde noch einmal ordentlich Stimmung gemacht.
Auch das Rhythmusinstrument Schreibmaschine hat seinen Charme für mich noch nicht eingebüßt (hier die Version im Nun von Mai 2011). Es wurde ein sehr schönes Finale, aber natürlich noch nicht die letzte Musik des Abends, weil alle ordentlich nach Zugaben verlangten. Beim letzten Zugabenteil durften wir alle mitsingen und ich ging hinterher beschwingt und glücklich nach Hause. Die Vorfreude auf das Konzert war mehr als berechtigt gewesen!
Setlist:
01: Always waiting
02: Season of Monsoon
03: Can't say what I want
04: Better version of you
05: John Wayne
06: Echoes
07: Africa I come
08: Babel
09: Perfect Stranger
10: Lovesongs
11: The Constant search
12: Home
13: In the Meantime
14: Don't lose yourself
Aus unserem Archiv:
Florian Ostertag, Karlsruhe, 04.07.13
Tourdaten:
07.10. Köln die Wohngemeinschaft
09.10. Hamburg - kleiner Donner (Haus 73)
10.10. Braunschweig - Couch 21
12.10. Berlin - Wohnzimmerkonzert@Séjour
15.10. Frankfurt - Ponyhof
16.10. Tübingen
17.10. Karlsruhe - NUN (Duo)
25.10. Nürnberg - Nürnberg Pop (Solo)
26.10. Ulm - Sauschdall (Solo)
28.10. Landau - Uni (Solo)
06.11. Kornwestheim - das K
09.11. München - Lustspielhaus (mit Tex)
Alle Bilder:
um
19:05
Konzert mit Alice Rose
Datum: 27. November 2014
Dauer: 95 min
Zuschauer: 13
Als die Frage kam, ob ich Lust auf einen Abend mit Alice Rose hätte, musste ich wirklich nicht lange überlegen, um begeistert ja zu sagen. Sie selbst spricht von ihrer Musik als Dreampop. Pop sehe ich eigentlich nicht so oft und die Vorsilbe "Dream" suggeriert - zumindest im Eilschluss - etwas naives, das nur ganz jungen Menschen gut zu stehen scheint.
In Wirklichkeit ist es dann sowieso immer etwas anders, als man so aus der Hüfte heraus denkt und vorausurteilt. Alice Rose macht schon sehr lange Musik und kann auf vieles stolz sein. Ich schätzte mich nach dem Konzert sehr glücklich, dass sie ausgerechnet in Karlsruhe gemacht hat und wir uns auf diese Weise gefunden haben. Mitgebracht hatte sie Harald Popp, der ein E-Piano und eine Orgel übers Eck aufstellte, um ordentlich in die Tasten hauen zu können - ganz großes Kino!!
Außerdem durften mitspielen: eine kleines Keyboard, eine Spielzeugpistole, eine Spielzeug-Kettensäge, eine Gitarre, eine Ukulele, eine Autoharp, eine Geige, Schellen, Glockenspiel, Megaphon. Das passt in die kindliche Schiene, aber auch wieder nur oberflächlich.
Das Konzert begann wie ein Vintage Videospiel, dem alsbald eine sehr zarte Melodie beigemischt wurde: Last happy end. Das hatte in mir sofort den Aufmerkmodus aktiviert: Das wird schon Pop, aber so, wie das im Raum wohl noch niemand gehört hatte. Und mit Into my heart prompt recht tänzerisch weitergeführt mit spielerischem Arrangement und einem Ohrwurmrefrain.
Die getupfte Melodie von Teardrops war zunächst sehr zurückgenommen, und mit der Gitarre nur sanft umspielt, aber mit der Zeile shine my love for you präsentierte sich der Song doch wieder so eingängig, dass die Träne nicht das letzte Wort hatte. Anschließend waren I'm gone und On my mind regelrechte Siegeshymnen: Kraftvoll und ermutigend, ja, ermächtigend.
Ein Liebeslied an den fernen und etwas fremden Vater habe ich so auch noch nicht gehört, wie es in Father anschließend geschah. We all make Mistakes - but we can work them out in the end mit Ukulele und kraftvollen Pianomelodien wurde hier Lebenserfahrung so verpackt, dass es glaubhaft und Mut machend war. So hot lud anschließend zum tanzen ein. Das nächste Lied Smoke bekam so ein träumerisches Intro (wieder wie von einem Videospiel), das als wiederkehrendes Verfremdungsmittel wirkte, wenn der Text I blow smoke in your face sagte. Das fand ich grandios!
Zu Lumberjack gab es eine längere Geschichte über einen ehemaligen Nachbarn, der ständig im unpassendsten Moment etwas mit seiner Kettensäge zu tun hatte. Für den Song gab es dann auch ein Basecap und einen Part für die Spielzeugkettensäge. Zusammen mit Glockenspiel und dem Fuck you im Text war der Ärger im Nu ausgetrieben und wir blieben alle etwas schmunzelnd zurück.
Shadow Princess war anschließend sehr kraftvoll und nutzte die durch ein Megaphon verzerrte Stimme. Die Ukulele hatte in Butterflies ein ganz einfaches Ostinato, fast wie ein Kinderlied simpel und war doch einfach nur wunderschön. Each is a dream zeigte sich als verführerischer Walzer (gibt es auch als freien Download mit John Parish) und in Late blooming durfte das Piano noch einmal zeigen, was es kann - inklusive verträumter Melodien.
Klar, dass wir noch um Zugaben baten und eine verträumte und Alice-Rose-typische Bearbeitung des Klassikers Mr Tambourin Man zu Mr Butterflies bekamen. Damit ging ein Abend zu Ende, der mich einmal mehr überzeugt hat, dass Musikerinnen wirklich ganz zu unrecht so wenig auf Festivals präsent sind.
Setlist:
01: Last happy end
02: Into my heart
03: Teardrops
04: I'm gone
05: On my mind
06: Father
07: Mistakes
08: So hot
09: Smoke
10: Lumberjack
11: Shadow Princess
12: Butterflies
13: Each is a Dream
14: Late Blooming
15: Mr. Butterflies (Z)
16: Mind the gap (Z)
Tourdaten:
26.11. Cord Club, München
27.11. Karlsruhe
28.11. Biel
29.11. Noch Besser Leben, Leipzig
03.12. Ä, Berlin
um
16:41
Konzert mit David Simard
Datum: 4. November 2014
Dauer: 55 min
Zuschauer: 8
Man erliegt ja nach einiger Zeit leicht dem Irrglauben, schon alles erlebt zu haben. Um dann umso gründlicher belehrt zu werden, dass auch die als absolut unwahrscheinlich angesehenen Ereignisse eintreten können. Wie z.B., dass nur genau einer der Konzerteinladung folgt. Und das genau an dem Abend, wo die lokale Zeitung über das Konzert berichten will. Mit uns Gastgebern vier Personen im Publikum. Es hätten freilich fünf sein sollen, aber auch der Fotograph blieb aus.
Der schaffte es erst, als wir schließlich 45 min vergeblich gewartet und dann ohne ihn angefangen hatten. Im ersten Song klingelte er (obwohl der Schlüssel für ihn steckte) und benahm sich dann etwa 3 Min. wie die Axt im Walde: mit Blitzen, Krach und Unruhe die wunderbare Musik störend.
Ein Abend von Pleiten, Pech und Pannen und das, nachdem das eigentlich geplante Konzert am Abend zuvor schon relativ kurzfristig geplatzt war.
Man kann freilich auch erzählen, dass mein Weg an die biblischen Zäune und Wegränder erstaunlich erfolgreich war: vier liebe Freunde aus der Nachbarschaft kamen spontan noch dazu und waren anschließend so wie wir auch von der wunderbaren Musik, die David Simard uns mitgebracht hatte, verzaubert.
Setlist:
01: Cats Cradle
02: Good clean water
03: My Shoes
04: Be Mine
05: Take me in
06: Said too much
07: The guitar player
08: Guilty
09: Magda
10: The Knife
11: Dorreen
Aus unserem Archiv:
David Simard (CAN/F), 5. November 2014
um
16:05
Konzert: Locas in Love (Wintergala)
Ort: Kirche St. Michael am Brüsseler Platz in Köln
Datum: 7. Dezember 2014
Dauer:105 min
Zuschauer: eine volle Kirche (vielleicht 300)
Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren hatte ich an meiner ersten Wintergala in Köln teilgenommen. Die Erinnerung daran ist in vielen Details noch sehr wach und scharf, in anderen schon ins "Es war einmal..." getaucht - um nicht zu sagen verklärt. Eine Karte gekauft hatte ich schon im Jahr 2011 (bin da aber am Schneesturm gescheitert) und auch im Jahr 2013. Aber geklappt hatte es erst jetzt wieder. Köln ist halt nicht wirklich um die Ecke von Karlsruhe aus gesehen. Konzerte der Locas in Love sind aber stets so außergewöhnlich wie ihre ganze Musik: Mit scheinbarer Leichtigkeit wird in die Vollen getroffen. Aber mit den Wintergalas - das ist noch einmal besonders besonders.
So hatte ich diesem Abend mit großer Vorfreude entgegengesehen. Die steigerte sich noch, als am Vortag klar wurde, dass es auch noch ein Anlass sein würde, an dem ich zu einer mir internet(t)-bekannten Person ein Gesicht kommen würde und eine Begegnung in Fleisch und Blut; und eine kleine Konzerttagebuch-Weihnachtsfeier würde es ja ohnehin werden ...
Im Vergleich der beiden Galas war es diesmal eher "normaler" - soweit ein Popkonzert in einer Kirche normal genannt werden kann. Der Raum spielte freilich mit und erzeugte vorweihnachtliche Andacht von ganz allein. In den Bänken rückten wir dicht, damit alle Platz fanden. Und die Locas wären nicht die, die sie sind, wenn sie nicht auch die vorhandene Kirchenorgel genutzt hätten. Sie wurde schon in der Wartezeit als Einstimmung sehr gut eingesetzt und zauberte dabei auch das eine oder andere schmunzeln auf die Gesichter ob der da zusammen harmonisierten Liedthemen.
Die zweite Besonderheit war, dass Carmen Heß (von der Kölner Band Lingby) Bläserglanzpunkte setzen durfte. Das passte hervorragend und war natürlich auch gut für das etwas ausgewogenere Geschlechterverhältnis auf der Bühne. Und es gab Liedzettel, so dass damit zu rechnen war, dass wir früher oder später würden mitsingen dürfen...
Das Konzert begann mit Packeis gleich mit einem meiner liebsten Songs und in einer Form, die tatsächlich neu und einmalig und sehr ergreifend war - die Orgel hob alles in eine höhere Sphäre, dabei ist es doch so ein scheinbar einfaches Liedchen. Freilich schwamm alles ein bisschen, weil die Akustik der Kirche so ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt. Daran mussten sich alle erst ein bisschen gewöhnen.
Wie immer waren die Ansagen einfach herrlich. Ein bisschen wie, wenn man mit seinen ältesten Freunden zusammensitzt und einer davon mischt abwegig angestoßene Themen ins Gespräch und mäandert und gibt damit erst allem die ganz besondere Würze.
Ein weiterer Liebling vom Winteralbum ist Falling. Mir war nie wirklich bewußt, dass es gar nicht aus der Feder der Locas stammt. Es war sooo schön, dass es diesmal dran war. Alles weitere verschwamm ein bisschen in Glückseligkeit und ich bin darum sehr froh, dass Christoph besser aufgepasst hat und das Protokoll für das Konzerttagebuch würdig übernommen hat.
Erst nach dem Konzert enttarnte ich den geheimen Backgroundchor...
Aus unserem Archiv:
Christophs Bericht (mit allen andern links und Setlist)
Termine 2015
20.02. das neue LOCAS IN LOVE Album erscheint!
21.02. Köln, Releaseparty
bei Parallel Schallplatten (18.00, Eintritt frei)
26.02. Oberhausen, Druckluft und
27.02. Köln, Gebäude 9
instrumental, als Gast von "Die Türen spielen Der Mann"
18.04. Köln, Gebäude 9
19.04. München, Milla
20.04. Berlin, Monarch
21.04. Jena, Café Wagner
22.04. Flensburg, Kühlhaus
23.04. Hamburg, Nachtasyl @ Thalia Theater
24.04. Frankfurt, Das Bett
um
12:02
Konzert: Sophie Steinchen und La Petite Rouge
Ort: Vanguarde in Karlsruhe
Datum: 19. Dezember 2014
Dauer: 30 min + 60 min
Zuschauer: etwa 70
Die Adventszeit neigte sich auf Weihnachten hin. Dieser Freitag war mein letzter voller Arbeitstag gewesen und ich war mir bis zuletzt nicht ganz sicher gewesen, ob ich am Abend noch genug Energie für den Weg in Karlsruhes Westen aufbringen würde. Der Ausflug nach Stuttgart am Vorabend hatte erst 2 Uhr morgens geendet und mein Freitag war ein ereignisreicher Tag gewesen.
Schließlich war ich aber sehr froh, dass ich mir doch einen Ruck gegeben hatte, denn als ich im Vanguarde ankam, herrschte dort eine ganz besonders warme und einladende Atmosphäre und ich wurde mit Umarmungen empfangen. Viele hier waren sicher in der einen oder anderen Weise Leuten auf der Bühne verbunden und freudig gespannt. Mit immerhin knapp 70 Leuten waren die Plätze schließlich alle besetzt und weiter hinten und an den Rändern wurde auch gestanden.
Sophie Steinchen eröffnete den Abend. Ich hatte sie im September in unser Wohnzimmer locken können und war nun besonders gespannt, was sie für ihr Set im Dezember vorbereitet hatte. Bei uns in der Waldstadt waren einige ganz frische Stücke vorgestellt worden, die ich hier wieder treffen durfte. Wednesday night und Call the Emergency z.B. sind schon durch ihre Zeit in London angeregt. Plastic Heart und Nightfall anschließend stammten von ihrer Karlsruher EP. What have you done to us now war auch ein Frischling vom September und schließlich gab es noch zwei mir ganz unbekannte Stücke. I tried stop breathing once arbeitete mit loops und stellte ihre Stimme in den Vordergrund mit Rhythmen vom Webstuhl dazu. Das war fand ich ganz besonders intensiv in ihrem ohnehin schon sehr innigen Set. Leider waren es am Ende nur 30 Minuten.
Setlist:
01: Wednesday Night
02: Call the Emergency
03: Plastic Heart
04: Nightfall
05: What have you done to us now
06: I tried stop breathing once
07: Poetry
La Petite Rouge musste einiges vorbereiten. Wobei im Vergleich zum Treffen zu Pfingsten der technische Aufwand eigentlich minimal war: Eine Gitarre, ein multivalentes Keyboard, ein Rechner und ein paar Fußtaster. Ich fand es über das letzte halbe Jahr sehr spannend, ihre Stationen aus der Ferne zu beobachten. Wir trafen uns ja beim New-Band-Wettbewerb-Zwischen-ausscheid zum ersten mal live. Inzwischen hat sie das Finale gewonnen und daneben viele Supportslots mit verschiedenen Bands gespielt - z.B. trafen wir uns bei She makes war in Karlsruhe. Ihre Musik wurde dadurch auch überregional bekannter und zuletzt beim klienicum und auf Nothing but Hope and Passion vorgestellt.
Es wurde mir auch bei unserem dritten Treffen nicht so recht klar, wieso ich ihre Musik so mag, wo ich doch mit dem Genre Elektro so wenig am Hut habe. Wahrscheinlich ist es für mich deshalb auch so schwierig, ein Label an die Musik von La Petite Rouge zu machen. Sicherlich gewinnen mich ihre Stimme und die Authentizität der Lieder, aber ein ein bisschen präziser könnte so ein Bericht schon sein.... Besondere Gänsehaut-Momente waren an diesem Abend Deserted Star, Black und das letzte Stück des Sets: Flower, bei dem wir wieder mehrstimmig mitsingen durften.
Für Black und Me and my feather gab es einen Chor und für letzteres sogar zwei Solisten. Es war damit irgenwie auch ganz besonders adventlich und innig, obwohl auch vorher schon emotional voll gepunktet wurde. Klar war, dass wir sie nach dem letzten Stück nicht gehen lassen wollten und nach etwas verhandeln wurde als Zugabe noch ein Lied aus dem Zyklus mit Farben gewählt - eines, das aus Kindheitserinnerungen gespeist wurde: Yellow.
Damit endete ein wirklich runder und eindrücklicher Konzertabend. Ich bin sehr gespannt darauf, was 2015 für die beiden jungen Frauen bereithalten wird! Da der Bericht so spät fertig geworden ist, gibt es sogar schon eine erste Antwort auf diese Frage:
Setlist
01: floating
02: wonder women
03: devil ones
04: spreading energy
05: deserted star
06: cheesy moon
07: black
08: me and my feather
09: the flower
10: yellow (Z)
Aus unserem Archiv:
Sophie Steinchen, Karlsruhe, 22.09.14
La Petite Rouge, Karlsruhe, 23.10.14
La Petite Rouge, Karlsruhe, 07.06.14
um
23:55
Konzert: Slowdive
Ort: The Forum, London
Datum: 20.12.2014
Dauer: Slowdive 90 min, Hookworms knapp 45 min
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft aber recht voll
Ich habe schon lange aufgegeben, Freunden zu erklären, warum ich z.B. nach London zu Konzerten von Bands fahre, die keiner kennt. Vermutlich wäre es leichter, einen Ausflug zur Dart-WM zu rechtfertigen, wenn ich es denn rechtfertigen müsste. Mir reicht es als Rechtfertigung, Lieder wie Machine gun in Konzertlautstärke zu hören. Und mich über die unfassbare Anmut der Slowdive-Lieder zu freuen.
Richtig oft habe ich keine Band gesehen. Am häufigsten vermutlich Get Well Soon, allerdings nicht viel öfter als zehnmal. Einer Band nachzureisen fände ich langweilig. Außerdem entstände dabei die Gefahr, sich sattzusehen. Meine freiwillige Selbstkontrolle ist die Obergrenze von zwei Konzerten pro Band und Jahr. Warum das alles? Weil das zweite Londoner Slowdive-Konzert mein sechstes dieses Jahr war. Und hätte die Band noch fünf Ende Dezember drangehängt, hätte ich die auch sehen wollen!
Das Konzert am Samstag im Forum in Kentish Town wurde von Hookworms eröffnet. Die Band stammt aus Leeds und klang (Kurzversion) wie Ça plane pour moi mit einer Schreihals-Stimme. Die Ambient-Band Deaf Center am Vorabend war deutlich besser!
Slowdive spielten im Prinzip das gleiche Konzert noch einmal. Die Setlist war bis auf die erste Zugabe identisch. Bei jeder anderen Band hätte mich das am zweiten Tag gestört, Slowdive hätten meinetwegen auch nur eines ihrer Lieder immer wieder spielen können. 15 mal Alison? Wundervoll! Das wäre ein Top-10-Konzert geworden!
Nach diesem irren Ende, das mich am Abend vorher schon sprachlos zurückgelassen hatte - She calls, Dagger, Alison (einmal) und Golden hair - begann die Comeback-Band des Jahres die Zugaben mit Rutti statt mit Albatross. Klar wären mehr Variationen einfallsreich gewesen, neue Lieder, Raritäten schön gewesen. Aber ganz ehrlich, ich brauchte nichts davon. Ich brauchte nur das:
Setlist Slowdive, The Forum, London:
01: Slowdive
02: Avalyn
03: Catch the breeze
04: Crazy for you
05: Machine gun
06: Souvlaki space station
07: Blue skied an' clear
08: When the sun hits
09: Morningrise
10: She calls
11: Dagger
12: Alison
13: Golden hair (Syd Barrett Cover)
14: Rutti (Z)
15: 40 days (Z)
Links:
- Slowdive, London, 19.12.14
- Slowdive, Genf, 09.09.14
- Slowdive, Hilvarenbeek, 21.06.14
- Slowdive, Barcelona, 30.05.14
- Slowdive, London, 19.05.14
(Fotos stammen vom ersten Konzert)
um
22:35
Konzert: Schnipo Schranke & Zucker
Ort: King Georg, Köln
Datum: 28.08.2014
Dauer: Schnipo Schranke 42 min, Zucker 30 min
Zuschauer: ziemlich wenige (die standen aber alle direkt vor mir)
2012 hatte ich bei einem Sterne Konzert in Frankfurt leider nur noch den Rest der Vorgruppe mitbekommen. Leider, weil mich Zucker aus Hamburg, zwei junge Frauen, sehr überzeugten! 2013 sah ich die Band wieder als Vorgruppe im King Georg in Köln, und auch da gefielen mir Zucker sehr. Natürlich wollte ich mir da ihren nächsten Vorgruppen-Job im King Georg nicht entgehen lassen. Die Hamburgerinnen sollten vor einer Band namens Schnipo Schranke auftreten, von der ich noch nie gehört hatte. Angeguckt hätte ich die mir vermutlich auch nicht, aber ich war ja nun schon mal da und hatte einen ganz guten Platz.
Zucker waren toll, spielten sechs Lieder in ihrem 30 minütigen Set. Alles toll! Aber das Konzert danach - das, das ich gar nicht sehen wollte - überstrahlte das (und die meisten anderen Konzerte, die ich 2014 gesehen habe) bei weitem. Schnipo Schranke sind Daniela Reis und Friederike Ernst. Die beiden nahmen um zwanzig vor zehn hinter Keyboard und Schlagzeug Platz und begannen das erste Stück. Mit Blockflöte.
Die Melodie des ersten Lieds Herzinfarkt war sehr schön, die Stimmen toll, die Flöte am Anfang großartig. Und dann gab es die ersten "das haben die gerade nicht gesungen" - Momente. Alles wirkte so harmlos nett, wie schöner, sehr eingängiger (im besten Sinne) Pop. Und Zeilen wie "du bist das Schlemmerfilet unter den Fischen" passen dazu. "Du hast mir gezeigt, daß es egal ist, wenn man liebt, schmeckt der Kopf nach Füße und der Genitalbereich nach Pisse" in einem Lied mit Toy-Piano (Pisse) eigentlich nicht. Alles, was nach bewußter Provokation der Aufmerksamkeit wegen wirkt, schreckt mich sofort ab. So was verdeckt nämlich üblicherweise musikalische Schwächen. Beim kurzen Schnipo Schranke Konzert war das komplett anders. Ob Kalkül oder nicht, egal! Die Stücke - alle Stücke - des Auftritts waren überragend gut, die Debütplatte der beiden Frauen, die hoffentlich 2015 erscheint, wird wundervoll, auch wenn das vielleicht nicht das richtige Wort ist.
Am Anfang des Konzerts gab es kurze technische Probleme. Die Stimmen der beiden waren zu leise. Nach dem zweiten Lied entstand dadurch eine kurze Pause, die Bandbegleiter Ente zu einem kurzen Toy-Piano-Solo nutzte. Der Musiker, der auch eine kleine Rolle im Pisse-Video spielt, stimmte die Wickie-Melodie an. "Mehr kann ich nicht!" Allerdings spielte er auch bei Pisse das Mini-Klavier.
Wäre ich nach Zucker gegangen, hätte ich ein tolles Konzert gesehen, ein großartiges aber verpasst! "Ich lieb dich nicht ein bißchen, ich lieb dich übertrieben."
Setlist Schnipo Schranke, King Georg, Köln:
01: Herzinfarkt
02: Schrank
03: Ja nun
04: Cluburlaub
05: Ich küss dich tot
06: Scherz
07: Intensiv
08: Pisse
09: Gute Reise
10: Ich lieb dich
11: Fun, fun, fun (Z)
Links:
- Zucker, Frankfurt, 08.11.12
um
16:43
Konzert: The Cure
Ort: Hammersmith Apollo, London
Datum: 21.12.2014
Dauer: The Cure 186 min
Zuschauer: vermutlich gut 5.000 (ausverkauft)
Als ich mich Monate, nachdem ich die Karten für die Konzerte gekauft hatte, entschieden hatte, zu den beiden vorweihnachtlichen Slowdive-Auftritten nach London zu fliegen und alles gut gebucht hatte, kündigten The Cure ein paar Tage später zwei Konzerte direkt im Anschluß an Slowdive an. Konzertgängers Probleme.
Die Karten für die beiden The Cure Gigs waren knifflig zu ergattern, es gab ein "Haushaltslimit" von vier Tickets, ich brauchte fürs erste drei, fürs zweite zwei, hatte aber erst beim Bezahlen verstanden, daß die Grenze für beide Shows gemeinsam galt. Nach dem Löschen von Tag zwei, waren auch die anderen Tickets weg und beide Termine beim Namenssponsor der Halle ausverkauft. Ein Tipp eines Bekannten und eine zweite Website halfen weiter. Dann blieb die Ungewissheit, ob die auf einen anderen Namen gekauften Karten für Tag zwei überhaupt gültig sein würden. "Nur der Käufer erhält die Karten gegen Vorlage des Ausweises, Vollmachten werden nicht akzeptiert", wirkte abschreckend. Und genau das sollte es vermutlich auch. Unsere Tickets wurden überraschenderweise per Post verschickt, eine Kontrolle der (ungültigen) Vollmachten und Ausweiskopien erfolgte nicht. Der Massenandrang vor der Halle in Hammersmith hätte dies auch kaum zugelassen. Allerdings funktionierte die Abschreckung ebenso wenig, vor dem Apollo standen Heerscharen an Schwarzhändlern, die für 10 Pfund auf- und für 130 verkaufen wollten.
Wir kamen nach dem aufgedruckten Einlasszeitpunkt, mussten uns aber noch an der eindrucksvoll langen Schlange anstellen. Auch das Foyer quoll über, die Reihe vor der Garderobe war endlos. Wir kamen daher bereits nach dem vorverschobenen Beginn des Support-Sets von And Also The Trees in den Saal, was bei einer angekündigten 150-Minuten-Show von The Cure, zwei Konzerten an den Vorabenden und zweieinhalb Tagen London Kultur- und Shopping-Programm zu verschmerzen war. Außerdem sollte ich am nächsten Tag And Also The Trees komplett sehen.
Der Innenraum des Apollo ist riesig, von oben ellipsenförmig und fällt zur Bühne hin stark ab. Natürlich war der untere Saal nicht bestuhlt, es würde im Gegensatz zur Royal Albert Hall im März ja eine kurze Show.
Bereits um kurz nach acht betraten Robert Smith, Reeves Gabrels (Gitarre), Roger O'Donnell (Keyboard), Simon Gallup (Bass) und Jason Cooper (Schlagzeug) die Bühne. Hinter ihnen war eine Leinwand, auf der aber während des ganzen Konzerts nur noch einmal die Totale der Bühne unscharf zu sehen war. Star des Bühnendesigns war das sagenhaft-tolle Licht, eine Mischung aus der Anlage des Apollo und den zahllosen Strahlern zwischen den Musikern.
Robert Smith trug eine merkwürdige Batik-Jacke, das (erst auf den zweiten Blick) komischste Outfit hatte aber der Keyboarder rauslegt. Sein schwarzes Hemd hatte auf der Knopfleiste schwarze Harlekin-Bommel, warum auch immer (ich werde wohl nie Modeblogger).
The Cure hatten vor den Konzerten, die später noch um ein drittes am Dienstag erweitert wurden, angekündigt, an den Abenden "deep cuts, pop songs, fan favourites and surprises galore" zu spielen. Das erste lange nicht gespielte Stück war Wailing wall von The top. Da - und auch später am Abend - ahnte man noch nicht, daß die gesamte Platte von 1984 gespielt werden würde. Die Lieder von The top waren über das ganze Set verteilt. Natürlich war das bewußt so gemacht, die Vorstellung, daß The Cure aus Zufall eines der Alben komplett in einem Programm von 40 Liedern gespielt haben, gefiel mir trotzdem gut.
A man inside my mouth, die B-Seite von Close to me, war eines der besonderen Weihnachtsgeschenke an Hardcore-Fans. Das Stück hatten The Cure vorher nie live gespielt. Mir wäre das natürlich nicht aufgefallen, dafür bin ich nicht tief genug im nahezu unüberschaubaren The Cure-Universum verwurzelt.
In den ersten eindreiviertel Stunden spielten die alten Männer, die so viel mehr Energie als ihre jüngeren Zuschauer haben, 23 Lieder. Mit Abstand am besten dabei waren From the edge of the deep green sea und One hundred years. Daß The Cure in Großbritannien einen anderen Status als bei uns haben, ist klar. Daß aber die meisten der 5.000 Leuten von unter 18 bis weit jenseits der 50 bei jedem Lied mitgröhlen, macht The Cure Konzerte dann noch einmal besonderer. One hundred years war auch in dieser Hinsicht ein besonderer Gänsehaut-Moment.
Ihre anderthalbstündige Zugabe unterteilte die Band wie üblich in kurze Blöcke. Aus dem ersten mit Resten von The top und Primary aus der Faith-Zeit stach Charlotte sometimes (Zeitgenossin von Primary) heraus, das ich bisher noch nicht live gesehen hatte. Zugabe zwei bestand wieder aus zwei The top Stücken und Never enough und Wrong number. Der dritte Block war dann meiner, der düstere, bestehend aus Three imaginary boys, M, Play for today und A forest. Alleine für diese vier Stücke hassen vermutlich 90% aller Künstler The Cure insgeheim.
Damit waren die 150 angekündigten Minuten lange überschritten. Aber für solche Kurzauftritte scheint Robert Smith nicht zu haben zu sein. Die Band kam also gut gelaunt zurück und spielte noch einmal fünf Lieder - die Pop-Zugabe mit Lovecats und Boys don't cry zum Beispiel. Nach 185 Minuten beendete das kurze Hey you! (erstmals nach zehn Jahren) das atemberaubend gute Konzert. Wenn ich mir vorstelle, daß ich ohne die Slowdive-Abende nicht extra wegen The Cure nach London gefahren wäre, habe ich erneut einen Grund, Slowdive zu danken.
Setlist The Cure, Hammersmith Apollo, London:
01: Shake dog shake
02: Kyoto song
03: A night like this
04: alt.end
05: Wailing wall
06: Bananafishbones
07: The caterpillar
08: The walk
09: A man inside my mouth
10: Close to me
11: Lullaby
12: High
13: Birdmad girl
14: Just like heaven
15: Pictures of you
16: Before three
17: Lovesong
18: Like cockatoos
19: From the edge of the deep green sea
20: Want
21: The hungry ghost
22: One hundred years
23: Give me it
24: The empty world (Z)
25: Charlotte sometimes (Z)
26: Primary (Z)
27: The top (Z)
28: Dressing up (Z)
29: Piggy in the mirror (Z)
30: Never enough (Z)
31: Wrong Number (Z)
32: Three imaginary boys (Z)
33: M (Z)
34: Play for today (Z)
35: A forest (Z)
36: The lovecats (Z)
37: Let's go to bed (Z)
38: Why can't I be you? (Z)
39: Boys don't cry (Z)
40: Hey you! (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- The Cure, London, 29.03.14
- The Cure, Scheeßel, 22.06.12
- The Cure, Barcelona, 01.06.12
- The Cure, Oberhausen, 16.03.08
- The Cure, Paris, 12.03.08
- The Cure, Leipzig, 04.08.90