Samstag, 3. November 2007

The Wedding Present & Kim Novak, Paris, 2.11.07


Konzert: The Wedding Present & Kim Novak

Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 2.11.2007
Zuschauer: vollbesetzte Ränge


Es gibt Neuigkeiten bei Kim Novak. So wurde beispielsweise zur tollen Single "Swallow" ein originelles Video produziert, in dem man neben den Musikern, die in gewohnter Manier auf der Bühne agieren, ein paar skurile Gestalten entdecken kann. Darüber hinaus gibt es nun endlich auch schicke T-Shirts von der Band, ausgestattet mit dem Schriftzug des Namens und dem Albumtitel "Luck & Accident". Jenes Erstlingswerk erscheint demnächst auch in Remix-Versionen und schließlich ist auch die Bühnendeko neu. Zu meiner Überraschung zierten nämlich zwei links und rechts der Fläche postierte Schaufensterpuppen das Parkett und auch herrlich altmodische Radios gehören von nun an zur Show. Besondere Aufmerksamkeit erregte bei mir als The Smith Fan aber vor allem der in weißen Lettern geschriebene Spruch "Still Ill", der auf einer Box prangte. Dies war als Referenz an die Kultband aus Manchester gedacht, darüber hinaus aber auch ein augenzwinkernder Hinweis auf den Gesundheitszustand des Bassisten Ugo, der wohl zur Zeit etwas kränkelt.

Nachdem sich die zunächst sehr leere Maroquinerie etwas gefüllt hatte, ging das Licht aus und man
vernahm über die Lautsprecher einen lauten Herzschlag und kurz darauf eine Männerstimme, die mehrfach "Kim Novak, Kim Novak" sagte und damit die Band aus Caen perfekt ankündigte. Wie ich hinterher erfuhr, handelte es sich um ein eingespieltes Sample eines alten Interviews mit Elvis "The King" Presley", der sich über die blonde Hitcock- Muse äußerte. Eine gelungene Einleitung!....

Mit "Some Photographs ging es dann richtig los" und die zum Teil mit den Liedern noch nicht vertrauten Besucher rückten etwas näher an die Bühne ran,
um sich das Ganze genauer anzusehen. Als regelmäßiger Konzertbesucher von Auftritten der Franzosen kannte ich persönlich natürlich das Set schon recht gut, aber im Gegensatz zum Gig im Cabaret Sauvage, der auch schon gelungen war, kam das heute noch eine ganze Spur kompakter und dichter rüber. Die Maroquinerie erwies sich somit erneut als idealer Austragungsort für Indie-Konzerte. Besonders gut gefiel mir wieder "White Fever", weil es die Stärken der Gruppe so schön auf den Punkt bringt. Krachende Gitarren, ein rumpelnder Bass und ein explosives Schlagzeug begleiten hier auf eindrucksvolle Weise die schmachtende Stimme von Sänger Jéremie. Jammerschade, daß ich meine Aufnahmegerät nicht dabei hatte, der Song fehlt mir nämlich, er ist nicht auf "Luck & Accident" vertreten. Die übrigen Stücke des Abends natürlich schon, das Album ist schließlich noch nicht sehr alt und außerdem leider längst noch nicht jedem Indie-Musikfan ein Begriff. Eine Schande, wenn man bedenkt, daß es hier vor starken Liedern nur so stotzt! Lieder, die man eigentlich kaum besser machen kann, die aber teilweise live noch viel eindrucksvoller sind. Vor allem die etwas langsameren Songs "In The Mirror" und "Around Your Neck" werden bei Konzerten zackiger und schneller dargeboten, um die Leute bei Laune zu halten. Mein Favorit neben "If" und natürlich "Swallow" war aber das herrlich laute und leicht psychedelische "Reaction", das eigentlich schon gut als Schlußpunkt getaugt hätte. Mit "Around Your Neck" in seiner neuen Version gab es aber noch ein Sahnehäubchen obendrauf.



Setlist Kim Novak, Maroquinerie, Paris:

01: Some Photographs
02: Turn A Rabbit
03: On My Back
04: White Fever
05: Female Friends
06: In The Mirror
07: If
08: Lost At Play
09: Crash
10: Swallow
11: Reaction
12: Around Your Neck

Nach dem Konzert gab es noch ein wenig Gelegenheit, mit den Musikern von Kim Novak am Merchandising-Stand zu plaudern.
Und da die Jungs sehr sympathisch sind und ich mich angeregt unterhielt, verpasste ich glatt den Beginn des Konzertes der Veteranen von Wedding Present. Vom Motto des heutigen Abends ist mir aber amüsanterweise nichts entgangen. "The Wedding Present performing George Best", so stand es ausdrücklich im Programm. Und von dem legendären Album von 1987, über den legendären Fußballer, der bereits die Erde von unten sieht, stammte keines der ersten Lieder des Konzerts. Stattdessen gab es u.a, Klassiker wie "Brassneck", "Convertible" und "Yeah Yeah Yeah Yeah Yeah", und mit King's Cross sogar Stoff von Cinerama, dem anderen Projekt von Sänger David Lewis Gedge. Erst mit "Everyone Thinks He Looks Daft" wurde in das Album George Best eingestiegen; hierzu wurden ähnlich wie bei einem Boxkampf von einer jungen Dame Schilder mit Nummern hochgehalten, nach der Nummer eins folgte dann eines mit dem Bild des genial-versoffenen Fußballers. Von der damaligen Besetzung der Band ist aber lediglich David selbst übriggeblieben. Damals gehörten zum Line-Up: Peter Solowka (Gitarre), Keith Gregory (Bass), Shaun Charman (Drums, Backing Vocals) und Simon Smith (Drums). Heute hingegen spielten Chris McConville Gitarre, Graeme Ramsey Schlagzeug und die flotte Terry de Castro Bass. Terry steuerte zudem die lieblichen Backing Vocals bei, die wunderbar mit der nörgelnden Stimme von David kontrastierten. Erwartungsgemäß geil kam "My Favourite Dress" aber auch "Shatner" und "Give My Love To Kevin" sind erstaunlich gut gealtert. Wenn man bedenkt, was für ein Mist überlicherweise 1987 produziert wurde, sollte man The Wedding Present nachträglich dafür sehr loben, daß sie charmante Indie-Popsongs dem allgegenwärtigen Schund entgegensetzten. Der Einfluss der Band auf heutige Gruppierungen scheint mir ebenfalls unumstritten. Und dennoch: zu Weltruhm wie die in der gleichen Zeit aktiven Pixies, hat es das musikalische "Geburtstagsgeschenk" aus Leeds nie geschafft. Vielleicht waren sie zu gut für ihre geschmacklose Zeit? - Wie auch immer man dies bewerten mag, Tatsache ist, daß etliche kommerziell erfolgreichere Bands aus den 80ern längst verschwunden sind (zum Glück!), The Wedding Present, bzw. vielmehr Macher David Gedge aber immer noch auf der Bühne stehen. So war es dann auch nicht verwunderlich, daß auch neue Stücke wie das auf dem 2005er Album "Take Fontain" erschienene "Perfect Blue" sehr gut ankamen. David hatte nämlich nachdem man mit dem Album George Best durch war, mit einem zwinkernden Auge gesagt, daß er auch bereit sei, andere Lieder zu spielen, wenn sich das Pariser Publikum gut verhielte. Und da sich die Frenchies erwartunsggemäß ordentlich benahmen-sprich jubelten- gab es zum Nachtisch sogar noch "Kennedy" und "Flying Saucer". Das stürmisch eingeforderte "Interstate 5" wurde den Besuchern allerdings vorenthalten. Und The Wedding Present geben nun mal auch keine Zugaben. Aber auch so hatte es ein schönes Päckchen mit nach wie vor frischem Power-Pop gegeben. Wahrlich ein schönes Präsent....

Setlist The Wedding Present, Paris, Maroquinerie:

01: Blonde
02: Brassneck
03: Drunk
04: King's Cross (Cinerama)
05: Convertible
06: Yeah Yeah Yeah Yeah Yeah
07: Everyone Thinks He Looks Daft
08: Seanny
09: Dont Be So Afraid
10: A Million Miles
11: All This and More
12: My Favourite Dress
13: Shatner
14: Something And Nothing
15: It's What You Want That Matters
16: Give My Love To Kevin
17: Anyone Can Make A Mistake
18: You Can't Moan Can You?
19: Perfect Blue
20: Kennedy
21: Flying Saucer



 

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