Konzert: The Cure
Ort: Hammersmith Apollo, London
Datum: 21.12.2014
Dauer: The Cure 186 min
Zuschauer: vermutlich gut 5.000 (ausverkauft)
Als ich mich Monate, nachdem ich die Karten für die Konzerte gekauft hatte, entschieden hatte, zu den beiden vorweihnachtlichen Slowdive-Auftritten nach London zu fliegen und alles gut gebucht hatte, kündigten The Cure ein paar Tage später zwei Konzerte direkt im Anschluß an Slowdive an. Konzertgängers Probleme.
Die Karten für die beiden The Cure Gigs waren knifflig zu ergattern, es gab ein "Haushaltslimit" von vier Tickets, ich brauchte fürs erste drei, fürs zweite zwei, hatte aber erst beim Bezahlen verstanden, daß die Grenze für beide Shows gemeinsam galt. Nach dem Löschen von Tag zwei, waren auch die anderen Tickets weg und beide Termine beim Namenssponsor der Halle ausverkauft. Ein Tipp eines Bekannten und eine zweite Website halfen weiter. Dann blieb die Ungewissheit, ob die auf einen anderen Namen gekauften Karten für Tag zwei überhaupt gültig sein würden. "Nur der Käufer erhält die Karten gegen Vorlage des Ausweises, Vollmachten werden nicht akzeptiert", wirkte abschreckend. Und genau das sollte es vermutlich auch. Unsere Tickets wurden überraschenderweise per Post verschickt, eine Kontrolle der (ungültigen) Vollmachten und Ausweiskopien erfolgte nicht. Der Massenandrang vor der Halle in Hammersmith hätte dies auch kaum zugelassen. Allerdings funktionierte die Abschreckung ebenso wenig, vor dem Apollo standen Heerscharen an Schwarzhändlern, die für 10 Pfund auf- und für 130 verkaufen wollten.
Wir kamen nach dem aufgedruckten Einlasszeitpunkt, mussten uns aber noch an der eindrucksvoll langen Schlange anstellen. Auch das Foyer quoll über, die Reihe vor der Garderobe war endlos. Wir kamen daher bereits nach dem vorverschobenen Beginn des Support-Sets von And Also The Trees in den Saal, was bei einer angekündigten 150-Minuten-Show von The Cure, zwei Konzerten an den Vorabenden und zweieinhalb Tagen London Kultur- und Shopping-Programm zu verschmerzen war. Außerdem sollte ich am nächsten Tag And Also The Trees komplett sehen.
Der Innenraum des Apollo ist riesig, von oben ellipsenförmig und fällt zur Bühne hin stark ab. Natürlich war der untere Saal nicht bestuhlt, es würde im Gegensatz zur Royal Albert Hall im März ja eine kurze Show.
Bereits um kurz nach acht betraten Robert Smith, Reeves Gabrels (Gitarre), Roger O'Donnell (Keyboard), Simon Gallup (Bass) und Jason Cooper (Schlagzeug) die Bühne. Hinter ihnen war eine Leinwand, auf der aber während des ganzen Konzerts nur noch einmal die Totale der Bühne unscharf zu sehen war. Star des Bühnendesigns war das sagenhaft-tolle Licht, eine Mischung aus der Anlage des Apollo und den zahllosen Strahlern zwischen den Musikern.
Robert Smith trug eine merkwürdige Batik-Jacke, das (erst auf den zweiten Blick) komischste Outfit hatte aber der Keyboarder rauslegt. Sein schwarzes Hemd hatte auf der Knopfleiste schwarze Harlekin-Bommel, warum auch immer (ich werde wohl nie Modeblogger).
The Cure hatten vor den Konzerten, die später noch um ein drittes am Dienstag erweitert wurden, angekündigt, an den Abenden "deep cuts, pop songs, fan favourites and surprises galore" zu spielen. Das erste lange nicht gespielte Stück war Wailing wall von The top. Da - und auch später am Abend - ahnte man noch nicht, daß die gesamte Platte von 1984 gespielt werden würde. Die Lieder von The top waren über das ganze Set verteilt. Natürlich war das bewußt so gemacht, die Vorstellung, daß The Cure aus Zufall eines der Alben komplett in einem Programm von 40 Liedern gespielt haben, gefiel mir trotzdem gut.
A man inside my mouth, die B-Seite von Close to me, war eines der besonderen Weihnachtsgeschenke an Hardcore-Fans. Das Stück hatten The Cure vorher nie live gespielt. Mir wäre das natürlich nicht aufgefallen, dafür bin ich nicht tief genug im nahezu unüberschaubaren The Cure-Universum verwurzelt.
In den ersten eindreiviertel Stunden spielten die alten Männer, die so viel mehr Energie als ihre jüngeren Zuschauer haben, 23 Lieder. Mit Abstand am besten dabei waren From the edge of the deep green sea und One hundred years. Daß The Cure in Großbritannien einen anderen Status als bei uns haben, ist klar. Daß aber die meisten der 5.000 Leuten von unter 18 bis weit jenseits der 50 bei jedem Lied mitgröhlen, macht The Cure Konzerte dann noch einmal besonderer. One hundred years war auch in dieser Hinsicht ein besonderer Gänsehaut-Moment.
Ihre anderthalbstündige Zugabe unterteilte die Band wie üblich in kurze Blöcke. Aus dem ersten mit Resten von The top und Primary aus der Faith-Zeit stach Charlotte sometimes (Zeitgenossin von Primary) heraus, das ich bisher noch nicht live gesehen hatte. Zugabe zwei bestand wieder aus zwei The top Stücken und Never enough und Wrong number. Der dritte Block war dann meiner, der düstere, bestehend aus Three imaginary boys, M, Play for today und A forest. Alleine für diese vier Stücke hassen vermutlich 90% aller Künstler The Cure insgeheim.
Damit waren die 150 angekündigten Minuten lange überschritten. Aber für solche Kurzauftritte scheint Robert Smith nicht zu haben zu sein. Die Band kam also gut gelaunt zurück und spielte noch einmal fünf Lieder - die Pop-Zugabe mit Lovecats und Boys don't cry zum Beispiel. Nach 185 Minuten beendete das kurze Hey you! (erstmals nach zehn Jahren) das atemberaubend gute Konzert. Wenn ich mir vorstelle, daß ich ohne die Slowdive-Abende nicht extra wegen The Cure nach London gefahren wäre, habe ich erneut einen Grund, Slowdive zu danken.
Setlist The Cure, Hammersmith Apollo, London:
01: Shake dog shake
02: Kyoto song
03: A night like this
04: alt.end
05: Wailing wall
06: Bananafishbones
07: The caterpillar
08: The walk
09: A man inside my mouth
10: Close to me
11: Lullaby
12: High
13: Birdmad girl
14: Just like heaven
15: Pictures of you
16: Before three
17: Lovesong
18: Like cockatoos
19: From the edge of the deep green sea
20: Want
21: The hungry ghost
22: One hundred years
23: Give me it
24: The empty world (Z)
25: Charlotte sometimes (Z)
26: Primary (Z)
27: The top (Z)
28: Dressing up (Z)
29: Piggy in the mirror (Z)
30: Never enough (Z)
31: Wrong Number (Z)
32: Three imaginary boys (Z)
33: M (Z)
34: Play for today (Z)
35: A forest (Z)
36: The lovecats (Z)
37: Let's go to bed (Z)
38: Why can't I be you? (Z)
39: Boys don't cry (Z)
40: Hey you! (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- The Cure, London, 29.03.14
- The Cure, Scheeßel, 22.06.12
- The Cure, Barcelona, 01.06.12
- The Cure, Oberhausen, 16.03.08
- The Cure, Paris, 12.03.08
- The Cure, Leipzig, 04.08.90
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