Meine Konzertauswahl:
Garda (35min),
Scout Niblett (45min),
Daughter (60min),
Sea & Air (45min),
Enno Bunger (50min),
The Notwist (80min)
Ort: Mannheim Reitstadiumgelände/Maimarkt
Datum: 31. Mai 2013 (Freitag, erster Festivaltag)
Ich bekenne: Ich habe für dieses Jahr Maifeld Derby ein Scheuklappenticket gekauft. Das heißt, ich habe den Organisatoren des Festivals blind vertraut. Seit den allerersten Namen der Headliner bis hin zu dem später aufgemachten großen Sack Ankündigungen war ich großartig für dieses Vertrauen belohnt worden und freute mir ein Loch in den Bauch. Das einzige Problem in den drei Tagen würde wohl sein, dass ich nicht alle Bands sehen können würde, die ich wöllte, da sie auf zwei Areale verteilt zum Teil zur gleichen Zeit auf der Bühne sein würden (es gibt noch ein drittes Areal, da war zum Glück für mich keine Dopplung dabei). Nun gut, damit würde ich leben müssen - auch damit, dass das Festival wohl eigentlich nicht ganz in meine Wohlfühlgröße fällt. Dafür aber nah und mit der Aussicht, in der Regel nach Hause fahren zu können über Nacht. Und natürlich mit diesem grandiosen Lineup.
Über das Wetter rede ich hier explizit nicht auch wenn es am ganzen Freitag viele Dinge deutlich beschwerlicher machte. Im Großen und Ganzen kam ich noch gut davon und hatte für die Fahrradstrecken nur mit wenig Regen zu tun. Mein erstes Abenteuer mit Bezug zum Festival war es, mit meinem Fahrrad in den Zug einzusteigen (im ersten Versuch keine gute Tür erwischt, das aber beim nächsten Halt per Sprint korrigiert). Anschließend stellte ich mich der Herausforderung, den richtigen Weg von Mannheim-Neckarau zum Maifeld zu finden. Ich lade herzlich ein, sich das mal auf google maps anzusehen. Es sind keine 3 km, aber es liegen mehrere vierspurige Straßen, eine Autobahn und ein gigantisch breiter Güterbahnhof dazwischen. Zum Glück gibt es tatsächlich einen Radweg mit Brücken und Unterführungen, aber natürlich keine Ausschilderung und vor Ort sah alles doch etwas anders aus als ich nach den Bildern erwartet hatte. Ich muss aber einen sehr selbstsicheren Eindruck gemacht haben, denn an einer Ampel wurde ich von zwei anderen Radlerinnen angesprochen, ob ich den Weg zum Maifeldgelände wüsste. Zusammen haben wir das dann auch ohne große Umwege echt gut hingekriegt!
Auf dem Gelände angekommen war ich positiv überrascht, dass es tatsächlich eine Art bewachten Fahrradparkplatz gab (mein Fahrrad war das Erste!) aber richtig durchdacht war es nicht, denn man konnte die Räder nur an die Gitterwand stellen und es war viel zu wenig Platz vorgesehen. Zum Glück war mieses Wetter, sonst hätte ich wohl mein Fahrrad abends nie wieder ausgegraben bekommen. Auch so wurde es tatsächlich eng! Einlass ging flott, aber es traf mich einigermaßen hart, dass ich mein Anglerhöckerchen (so ein superleichtes mini-Dreibein, das man eins-fix-drei wieder zusammenschiebt und dann ist es nicht größer als eine große Taschenlampe) aus Sicherheitsgründen nicht mit aufs Gelände nehmen durfte. Wie sollte ich bei dem Konzertmarathon bittesehr auch einmal verschnaufen können? Da trafen brutal zwei Welten aufeinander: Security (ich mach das schon 20 Jahre und bei Rock am Ring usw.) und ich (100 Konzerte pro Jahr und habe noch nie diesen Hocker abgeben müssen). Ich brauche nicht zu sagen, wer am längeren Hebel saß.
Auf dem Gelände war schon einiges los, obwohl gerade erst die erste Band (Waterford) ihr Set auf der Open Air Bühne begann. Superschön war es, gleich vielen bekannten Gesichtern zu begegnen, ein Schwätzchen zu halten, auch überrascht zu werden: Du hier! Darüber hinaus schon gleich viele Musiker im Publikum entdeckt. Und als Garda ihr Set begannen, war ich glücklich und angekommen und gespannt. Ich wusste von einer Unterwegsmeldung, dass sie heut zu viert spielen würden. Das war aber wohl nicht so geplant gewesen. Zwei Garda Musiker hatten sich der fiebrigen Rüsselpest ergeben müssen und die Viererbande auf der Bühne
Kai Lehmann ~ Guitars, Vocals
Ronny Wunderwald ~ Drums, Percussions
Frank Heim ~ Guitars, Pedal Steel
Karsten Pretschner ~ Bass
musste nun erst recht beweisen, dass sie Open-Air-Festivaltauglich aufspielen können. Mit einem regelrechten Trommelfanal gleich zu Beginn ließen sie daran auch keinen Zweifel und zeigten expressive Emotionen und Druck. Die mir ja gut bekannten Lieder wieder in einem neuen gut passenden Gewand! Die Ansagen und das Partyprogramm bekamen dafür nicht so viel Zeit eingeräumt, damit in die vorgesehenen 35 min möglichst viel Musik passte. Für sie selbst fühlte es sicher nur wie ein Kompromiss an, aber vor der Bühne war ich mit dem Auftritt als persönlichem Auftakt mehr als zufrieden. Es war schon mal eine sichere Bank: das Kommen hatte sich wirklich gelohnt!
Setlist Garda
1) Chest
2) Upper lower water course
3) Oh Euphoria, my dear
4) A guilty conscience needs no accuser
5) Vessels
6) This city is ours
7) 00:00
8) State
Ich wollte dieses schöne Erlebnis auch nicht mit Stichproben anderer Konzerte zudecken, sondern blieb gleich vor der Bühne für die sehnlichst erwartete Scout Niblett stehen. Habe also den ganzen Umbau beobachtet und die Vorfreude wachsen lassen. Über den Auftritt hat Christoph einen ausführlichen Bericht verfasst, dem ich mich vollinhaltlich anschließen kann. Ich fand die 45 min auch sehr stark und sie werden mir in Erinnerung bleiben und zu weiteren Konzertbesuchen anstacheln. Sie ist eine eindrückliche Person mit zwar sehr kantigen und teilweise zornigen Liedern, aber darin doch nahbar und einladend.
Anschließend gab es meinen ersten Ausflug ins Palastzelt. Der erste Eindruck war einfach umwerfend und WOW. Bisschen dunkel vielleicht, aber ein toller Raum für Konzerte. Da konnte sich auch jeder einen genehmen Platz suchen und sich vor der Bühne drängeln oder mit Abstand zum restlichen Publikum aufstellen. Wirklich eine Supersache so ein Konzert im Zelt. Die Lobeshymnen auf Daughter singen hier im Konzerttagebuch ja auch andere laut und schön. Für mich war es mehr so ein: bei dieser Gelegenheit muss ich mir das wenigstens auch einmal anschauen. Es war ein guter Eindruck, aber für mich (auch im Vergleich zum gerade erlebten) nicht mitreißend genug für ein Aufmerken. Wobei die Sängerin als Person schon auch für mich faszinierend anzusehen war.
Mein nächster Termin waren Sea & Air im sogenannten Parcours d'amour. Sie waren noch beim Soundcheck, aber ich konnte mir einen guten Platz unmittelbar vor der Bühne sichern. Oben wollte ich mir noch einen lokalen weißen Wein mit auf meinen Platz nehmen. Zum Glück hatte jemand Getränkebons übrig und hat mir die nötige Zahl weiterverkauft, dass der Plan umsetzbar war. Zu einer Wechselstelle im großen Gelände zurück zu laufen, kam unter den Tagesbedingungen gerade nicht in die Tüte...
Hier war er, der Moment, wo ich ganz selbstvergessen bei mir und der Musik sein konnte. Der persönliche Höhepunkt des Tages, der einen eigenen Bericht verdient. Noch ganz geflasht wollte ich hinterher warten bis die Massen die Tribüne verließen, um dann (heiß ersehnt!) Cocorosie im Zelt zu sehen. In der Zwischenzeit bauten Enno Bunger auf
und ... auf einmal war mir nach sitzen bleiben. Schade um Cocorosie, aber schade auch um Enno Bunger und dass sich die Entscheidung für mich als richtig erwies, ist hier schon dokumentiert. Der Parcours mit Sitzplätzen und ohne drängeln war einfach zu schön und das Programm sowieso.
Ein bisschen wehmütig trennte ich mich dann währned des Soundchecks von Kat Frankie. Aber ich MUSSTE jetzt etwas essen. Seit 12 Uhr hatte ich nichts mehr gehabt und mittlerweile war es immerhin 22 Uhr. Leider war das kein guter Plan. Erst verwzeifelte ich fast darüber, im Dunkeln und im Schlamm den Ort für die Pfandrückgabe zu finden und dann stand am Essen so eine lange Schlange, dass ich bis zu The Notwist nicht mehr dran gekommen wäre.
So drehte ich ab ins Zelt, sah noch bei den letzten Handgriffen des Soundchecks zu und ließ mich dann bei The Notwist einpuckern. Darauf hatte ich mich auch ganz besonders gefreut. Seit dem Konzert in Düsseldorf habe ich zumindest von der Neon Golden Scheibe viele Songs aus dem Kopf drauf. Nicht umsonst gab es hinterher eine Statusmeldung in meinem Freundeskreis: Vielen Dank für das schöne Mitgrölkonzert. Klingt erst einmal etwas seltsam, zumal die Live-Umsetzung noch viel frickeliger und Beat-lastiger war als auf der Konserve gewohnt. Zum Tageshöhepunkt wurde das Konzert dann aus mehreren Gründen doch nicht so recht. Erstens war ich wirklich kaputt und vermisste sehnlichst meinen Hocker. Zweitens waren ringsum viele Raucher, und drittens zu viele so angetrunken, dass sie sich vor lauter Freudentaumel vergaßen oder total hemmungslos durchs ganze Konzert schwatzten und lachten. Hinter mir stand einer, der mir jedes Mal direkt ins Ohr kreischte und mich ständig rumschubste. Er hat das einfach nicht mehr mitgekriegt. Ringsum schaute ich in viele selbstvergessene und glückliche Gesichter, aber mir war es einfach nur noch anstrengend.
Es ist nicht so einfach, ein ehrliches Fazit zu ziehen, das nicht nur Plattitüden liefert, und trotzdem nicht kleinlich wirkt. Vielleicht so viel: Die Fahrt nach Mannheim hat sich an diesem Tag mehr als gelohnt. Dafür ein riesiges Dankeschön an die Organisatoren! Als Kleinode für das ganze Konzertjahr bleiben sicher meine beiden Shows im Parcours d'amour. Dazu hat mir das Festival den persönlichen Gefallen getan, endlich Scout Niblett zu sehen und sie hat ein wirklich tolles Konzert gespielt. Dazu ein Wiedersehen mit Garda (bisher immer Highlight-Garant) in toller Form. Und die ersehnten The Notwist. Kein einziger Timeslot blieb nicht aufs beste musikalisch gefüllt - echt nur Qual der Wahl.
Andere Sachen waren nicht so gut. Eigentlich hat man als normaler Mensch wirklich keine Chance, das ganze Lineup zu sehen, weil es keine Möglichkeit gibt, sich zwischendurch mal zu verschnaufen. Auf den Boden setzen war nun mal leider keine wirkliche Option. Im Ernst hätte ich mir The Notwist eigentlich schenken können, weil ich total kaputt war. Das klingt jetzt sehr kritisch. In Wirklichkeit ist es ja so, dass die meisten total geflasht und glücklich dastanden und eine Aura des Glück um sich hatten, die einfach nur ansteckend war. Aber es reicht dann ein Idiot auf 20 Leute, der rücksichtslos ist und das nicht merkt und auch auf Hinweise nicht mehr reagieren kann und meine Aura des Glücks ist dahin.
Zweite Kritik betrifft Essen und Trinken. Durch das sagenhafte Lineup bleibt eigentlich keine Zeit dafür. In keinem Fall aber bleibt Zeit, um sich an eine riesige Essens-Schlange anzustellen oder im Dunkeln mit einem Pfandbecher durch knöcheltiefen Matsch sinnlos herumzulaufen um herauszufinden, wo ich den wieder los werde.
Mehr Maifeld Derby 2013 aus unserem Archiv:
Gudruns Bericht Tag 1
Gudruns Bericht Tag 2
Gudruns Bericht Tag 3
Thees Uhlmann (Tanita)
Útidúr
Kevin Devine (Christoph)
Enno Bunger
Daughter (Christoph)
Scout Niblett (Christoph)
es folgen noch Berichte zu The Notwist, Efterklang und Sea & Air
Weitere Fotos vom ersten Maifeld Derby Tag:
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