Konzert: Spaceman Spiff
Vorband: short story sports
Ort: Kulturzentrum Merlin, Stuttgart
Datum: 04.06.2013
Zuschauer: 70
Dauer: Spaceman Spiff 77 Minuten
Dass man es mit einem Filmfan zu tun hat, zeigt sich immer wieder; so ist „Mit Scherenhänden“ an den Tim Burton Film mit ähnlichem Titel angelehnt, während er in „Han Solo“, die Nicht-Existenz von Helden leise besingt.
Der
traurige Heimwehsong „Hamburg“
blass in der Anonymität der Metropole gezeichnet, ist dann der
Höhepunkt eines entspannten Abends. Der riesige Pathos, die klimakterische
Zuspitzung am Ende, alles passt in diesem Moment, während all der
Kummer in zwei fatalistisch hoffenden Versen gipfelt; „Woanders
bin ich wer gewesen / Hier werd' ich irgendjemand sein“.
Setlist, Spaceman Spiff, Stuttgart:
01: Gedankenstricke III
02: Hier und der Wahnsinn
03: Melancholie und Ich
04: Treibsand
05: 100.000 Kilometer
06: Photonenkanonen
07: Zeit zu bleiben
08: Hin und her
09: Vorwärts ist keine Richtung
10: Hamburg
11: Egal
12: Im Teesatz zum Sieg (?)
13: Mit Scherenhänden
14: Wände
15: Han Solo (Z)
16: Gedankenstricke (Z)
17: Gedankenstricke II (Z)
Vorband: short story sports
Ort: Kulturzentrum Merlin, Stuttgart
Datum: 04.06.2013
Zuschauer: 70
Dauer: Spaceman Spiff 77 Minuten
Zugegeben, der
Künstlername ist eher aus der Kategorie unglücklich, eine Songzeile wie
„Vernunft kann so kalt sein“ gefolgt
von „dass man immer die Wahl hat / zwischen Kant und
Peter Pan“ ist so ziemlich
das prätentiöseste, das deutsche Popmusik in den letzten Jahren
hervorgebracht hat – und generell wirken viele Texte wie das
unvollendete Werk eines typischen Bob
Dylan Epigonen, der sich
nicht so viele Gedanken um seine Texte macht und lieber Plattitüden
setzkastenartig verbreitet.
Hannes
Wittmer alias Spaceman
Spiff macht es mir wirklich
nicht leicht, denn andererseits schreibt der unterfränkische
Liedermacher, den es vor einigen Jahren nach Hamburg zog, eingängige
Stücke, die mal an Niels Frevert
erinnern, stets durchzogen vom Thees Uhlmann'schen Pathos
sind und niemanden wehtun.
Ganz
selten fälle ich mein endgültiges Urteil über Künstler, zu denen
ich ein derart ambivalentes Verhältnis habe, ohne mich eingehend mit
ihnen auseinandergesetzt zu haben. Auch Hannes Wittmer möchte ich
live die Chance geben, die er grundsätzlich verdient.
Im
Vorprogramm tritt zunächst Potsy, ein Würzburger Freund Wittmers,
der ihn als short story sports auf
der kurzen Deutschland-Tour begleitet, obwohl er am Ende der Woche
sein Staatsexamen schreibt, auf. So singt der bärtige Liedermacher über
sein Umfeld, von Freundschaften, dem Studentenleben und nimmt die gut
70 Zuschauer im bestuhlten Merlin für sich ein. Beim letzten Song
bittet er Spaceman Spiff auf die Bühne, der ihn als zweiter
Gitarrist begleitet und einige Zeilen mitsingt. Einen sympathischen
Ersteindruck hinterlässt dieser auch, weil er das Publikum dazu
animiert, noch eine Zugabe zu fordern, die tatsächlich gut ist,
obwohl Potsy das Lied bisher noch nicht live gespielt habe, wie er
betont.
Die
Pause bis zum eigentlichen Auftritt Wittmers ist kurz, später fragt
er immer wieder, ob er schon zu lange spiele, wie lange er noch habe,
da er keinesfalls wolle, dass jemand den letzten Bus verpasse,
schließlich habe sich ein Mädchen diesbezüglich vor dem Konzert an ihn
gewandt.
Ein
zuvorkommender, junger Mann ist dieser Spaceman Spiff ohne Frage und
auch die anfangs immense Skepsis meinerseits weicht im Laufe des
Abends mehr und mehr. Natürlich gibt es noch immer zahlreiche
Zeilen, die mich in ihrer Aufgeblasenheit oder Banalität stören,
aber es überwiegen doch die schönen Momente, die wirklich guten
Songs heute Abend.
Bereits
bei „Hier und
der Wahnsinn“,
dem zweiten Lied, bröckelt mein vorheriges Bild des Hamburgers. Zu
einfachen, dennoch druckvollen Akkorden singt Wittmer eine
melancholische Ode des Großstadtlebens. „Ja
klar, ein hoch auf freie Platzwahl / Aber hier ist was du draus
machst / Und du sagst du hast die Schnauze voll vom Warten / weil
sich nie etwas verändert / du glaubst, dass hier alles schläft /
obwohl es du bist, der verpennt hat.“ Das
Prätentiöse wird vom Alltag abgelöst, das ist aus künstlerischer
Sicht konsequent, für mich angenehm festzustellen.
Nach
einem halben Jahr auf Weltreise, in dem eine Menge neuer Lieder
entstanden, ist er ohne seine Band unterwegs – auch um die neuen
Stücke einem Livetest zu unterziehen. Einige sind richtig gut.
Phrasenhaftes Namedropping, wie in „Egal“
(das
mit Kant und Peter Pan), findet sich hier nicht, stattdessen
wohltemperierte Bilder eines reiferen Songschreibers. Andererseits
schreibt der bekennende Star Trek Fan Lieder, die mit Elementen der
Science Fiction Serie arbeiten, sie als subtile Allegorie auf
alltägliche Situation verwendet. Das ist nett und unaufgeregt und
vor allem ehrlich. Bei Solokonzerten schreibt sich Wittmer keine
Setlists, lässt sich vom Lauf des Abends treiben, was ihm eine
angenehme Dynamik verleiht. Bei „Treibsand“,
vom immer noch aktuellen Album „...
Und Draußen Immer Noch Wetter“
werden Kindheitserinnerungen beschworen und aufgeblähte Phrasen
ausgespuckt. Besser gefallen „Hin
und her“ oder
„Vorwärts ist
keine Richtung“. Fraglos
ist der Sänger aus dem Umfeld des Grand Hotel van Cleefs ein
begabtes Talent, mit vielversprechender Zukunft. Ein junger Musiker,
dem es gelingen kann, ein wichtiger Singer-Songwriter, ein Niels
Frevert seiner Generation zu werden.
Dass man es mit einem Filmfan zu tun hat, zeigt sich immer wieder; so ist „Mit Scherenhänden“ an den Tim Burton Film mit ähnlichem Titel angelehnt, während er in „Han Solo“, die Nicht-Existenz von Helden leise besingt.
Am
Ende „Gedankenstricke
I“ und
„II“,
nachdem das Konzert mit dem dritten Teil begann. Es schließt sich
ein Kreis. Ich muss meine Meinung weitgehend revidieren. Es war ein
schönes Konzert, wirklich. Vernunft kann so kalt sein.
Setlist, Spaceman Spiff, Stuttgart:
01: Gedankenstricke III
02: Hier und der Wahnsinn
03: Melancholie und Ich
04: Treibsand
05: 100.000 Kilometer
06: Photonenkanonen
07: Zeit zu bleiben
08: Hin und her
09: Vorwärts ist keine Richtung
10: Hamburg
11: Egal
12: Im Teesatz zum Sieg (?)
13: Mit Scherenhänden
14: Wände
15: Han Solo (Z)
16: Gedankenstricke (Z)
17: Gedankenstricke II (Z)
0 Kommentare :
Kommentar veröffentlichen