Konzert : Dark Dark Dark
Ort: Brotfabrik, Frankfurt
Datum: 15.04.2012
Zuschauer: knapp 100
Dauer: gut 75 min
Auf der Fahrt nach Frankfurt wollte ich eigentlich die neue Shearwater CD hören. Nach zwei Liedern dachte ich aber "wenn schon, denn schon" und wechselte zu Mercury Revs Deserter's Songs. Die Platte der Amerikaner gilt Kritikern als Meisterwerk. Obwohl Deserter's Songs ekelhaft kitschig ist und bei mir regelmäßig Bilder von fliegenden Einhörnern, auf denen Elfen tanzen, erzeugt, ist das Album vollkommen zurecht so gut rezensiert. Und immer wenn ich die Stücke höre, zum Beispiel die Eurobeat-Version von Udo Lindenbergs Ein Herz kann man nicht reparieren, das Mercury Rev auf Deserter's Songs covern, frage ich mich, ob ich die Platte liebe, obwohl sie so schrecklich fies ist, oder weil sie so ist. Das klingt nach einem vollkommen banalen Problem, ist aber wichtig. Es geht schließlich um Orientierung.
Bei Dark Dark Dark fällt mir ein Urteil leichter. An der Musik der Landsleute von Jonathan Donahue ist ja auch nichts (naja, fast nichts) fies. Die Band aus Minnesota von der ich hier schon so viel gelesen habe, ist wundervoll melodischer Kammerpop (als das wird Mercury Rev auch gerne bezeichnet), sie erzeugt aber keine Einhorn-Bilder in meinem Kopf.
Ich kam sehr pünktlich zur Hauptgruppe an. Ich stand kaum vor der Bühne, da traten die fünf Musiker auf. Dark Dark Dark bestehen aus Sängerin Nona Marie Invie, Akkordeon-Spieler Walt McClements, Schlagzeuger Mark Trecka, Bassist Adam Wozniak und Klarinettist Marshall LaCount (wie gesagt, es war nur fast nichts fies - und es gab eine Klarinette). Im regulären Teil des Sets saß Nona bis auf anderthalb Lieder links hinter ihrem Piano, nur bei What I needed und der ersten Hälfte von Without you stand die Sängerin vorne und tanzte beim Singen, was ein wenig hölzern wirkte und mich an Castingshows erinnerte. Das stand ihr nicht. Allerdings war What I needed auch eines der schwächeren Stücke des Abends.
Viele Lieder kannte ich nicht. Ich besaß vor dem Konzert nur das 2011er Album Wild go und die EP Bright Bright Bright. Der Großteil der Stücke stammte offenbar vom im Oktober erscheinenden dritten Album der Musiker aus dem Norden der USA.
Besonders gut gefielen mir Something for myself und Wild go vom letzten Album und Hear me, das ich nicht kannte.
Die Musik von Dark Dark Dark lebt vor allem von Nonas Gesang. Zwar singen Marshall und Walt häufig mit, ihre Stimmen bleiben aber im Hintergrund. Auch die von mir so verachtete Klarinette (für ein paar Dollar mehr könnte man doch sicher eine wundervolle Oboe bekommen?!) drängte sich selten auf. Lustigerweise war deren Mikro auch nicht auf den Ausgang des Instruments gerichtet sondern auf die Mitte. Das schien mir ungewöhnlich, erfüllte aber seinen Zweck, die Töne aus der Tröte leise zu halten. Nur selten hörte man viel von ihr. Auch Marshalls Banjo hatte eine ähnliche Funktion, es wurde eher zurückhaltend gespielt, hatte unterstützende Aufgaben. Im Gegensatz dazu dominierten neben dem Klavier vor allem das Akkordeon und die Trompete, beides von Walt gespielt. Bei Hear me spielte Walt beides gleichzeitig! Mit der rechten Hand Trompete, mit der linken Akkordeon! Sensationell! Dazu ein toller Refrain von Nona und Marshall (das einzige Duett, glaube ich) und ein waberndes Shoegaze-Banjo, ein wirklich ganz tolles Stück!
Auch beim folgenden Wild go hatte das Banjo einen ungewöhnlichen Auftritt. Es stand auf seinem Gitarrenständer, und Marshall spielte darauf! Auch ein wundervoller Effekt! Apropos Gitarre: es gab keine! Ich bin nicht sicher, ob ich schon einmal ein Konzert mit so vielen Musikern gesehen habe, bei dem es keine Gitarre gab. Dabei sang Nona irgendwann "drop my guitar," das hatte sie wohl auch getan.
Nach gut einer Stunde spielten Dark Dark Dark im halbvollen Saal der Brotfabrik noch drei Zugaben (von denen ich zwei kannte - u.a. Celebrate mit Nona am Akkordeon) und waren nach gut 75 Minuten um fünf nach zehn fertig. Ich hatte eigentlich keine rechte Lust, heute wegzugehen, war aber durch die vielen Dark Dark Dark Berichte hier zu neugierig. Es hat sich sehr gelohnt, ich hätte etwas verpasst! Im Herbst dann gerne wieder!
Setlist Dark Dark Dark, Brotfabrik, Frankfurt:
01: It's a secret
02: Trouble no more
03: Something for myself
04: Ohne Titel
05: Last time I saw Joe
06: Hear me
07: Wild go
08: What I needed
09: Without you
10: Wild goose chase (Elephant Micah Cover)
11: Who needs who
12: Meet in the dark
13: Daydreaming
14: Celebrate (Z)
15: Bright bright bright (Z)
16: Love lies (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Dark Dark Dark, Paris, 23.03.12
- Dark Dark Dark, Paris, 20.06.11
- Dark Dark Dark, Paris, 03.05.11
- Dark Dark Dark, Paris, 24.03.11
- Dark Dark Dark, Paris, 10.11.10
Ort: Brotfabrik, Frankfurt
Datum: 15.04.2012
Zuschauer: knapp 100
Dauer: gut 75 min
Auf der Fahrt nach Frankfurt wollte ich eigentlich die neue Shearwater CD hören. Nach zwei Liedern dachte ich aber "wenn schon, denn schon" und wechselte zu Mercury Revs Deserter's Songs. Die Platte der Amerikaner gilt Kritikern als Meisterwerk. Obwohl Deserter's Songs ekelhaft kitschig ist und bei mir regelmäßig Bilder von fliegenden Einhörnern, auf denen Elfen tanzen, erzeugt, ist das Album vollkommen zurecht so gut rezensiert. Und immer wenn ich die Stücke höre, zum Beispiel die Eurobeat-Version von Udo Lindenbergs Ein Herz kann man nicht reparieren, das Mercury Rev auf Deserter's Songs covern, frage ich mich, ob ich die Platte liebe, obwohl sie so schrecklich fies ist, oder weil sie so ist. Das klingt nach einem vollkommen banalen Problem, ist aber wichtig. Es geht schließlich um Orientierung.
Bei Dark Dark Dark fällt mir ein Urteil leichter. An der Musik der Landsleute von Jonathan Donahue ist ja auch nichts (naja, fast nichts) fies. Die Band aus Minnesota von der ich hier schon so viel gelesen habe, ist wundervoll melodischer Kammerpop (als das wird Mercury Rev auch gerne bezeichnet), sie erzeugt aber keine Einhorn-Bilder in meinem Kopf.
Ich kam sehr pünktlich zur Hauptgruppe an. Ich stand kaum vor der Bühne, da traten die fünf Musiker auf. Dark Dark Dark bestehen aus Sängerin Nona Marie Invie, Akkordeon-Spieler Walt McClements, Schlagzeuger Mark Trecka, Bassist Adam Wozniak und Klarinettist Marshall LaCount (wie gesagt, es war nur fast nichts fies - und es gab eine Klarinette). Im regulären Teil des Sets saß Nona bis auf anderthalb Lieder links hinter ihrem Piano, nur bei What I needed und der ersten Hälfte von Without you stand die Sängerin vorne und tanzte beim Singen, was ein wenig hölzern wirkte und mich an Castingshows erinnerte. Das stand ihr nicht. Allerdings war What I needed auch eines der schwächeren Stücke des Abends.
Viele Lieder kannte ich nicht. Ich besaß vor dem Konzert nur das 2011er Album Wild go und die EP Bright Bright Bright. Der Großteil der Stücke stammte offenbar vom im Oktober erscheinenden dritten Album der Musiker aus dem Norden der USA.
Besonders gut gefielen mir Something for myself und Wild go vom letzten Album und Hear me, das ich nicht kannte.
Die Musik von Dark Dark Dark lebt vor allem von Nonas Gesang. Zwar singen Marshall und Walt häufig mit, ihre Stimmen bleiben aber im Hintergrund. Auch die von mir so verachtete Klarinette (für ein paar Dollar mehr könnte man doch sicher eine wundervolle Oboe bekommen?!) drängte sich selten auf. Lustigerweise war deren Mikro auch nicht auf den Ausgang des Instruments gerichtet sondern auf die Mitte. Das schien mir ungewöhnlich, erfüllte aber seinen Zweck, die Töne aus der Tröte leise zu halten. Nur selten hörte man viel von ihr. Auch Marshalls Banjo hatte eine ähnliche Funktion, es wurde eher zurückhaltend gespielt, hatte unterstützende Aufgaben. Im Gegensatz dazu dominierten neben dem Klavier vor allem das Akkordeon und die Trompete, beides von Walt gespielt. Bei Hear me spielte Walt beides gleichzeitig! Mit der rechten Hand Trompete, mit der linken Akkordeon! Sensationell! Dazu ein toller Refrain von Nona und Marshall (das einzige Duett, glaube ich) und ein waberndes Shoegaze-Banjo, ein wirklich ganz tolles Stück!
Auch beim folgenden Wild go hatte das Banjo einen ungewöhnlichen Auftritt. Es stand auf seinem Gitarrenständer, und Marshall spielte darauf! Auch ein wundervoller Effekt! Apropos Gitarre: es gab keine! Ich bin nicht sicher, ob ich schon einmal ein Konzert mit so vielen Musikern gesehen habe, bei dem es keine Gitarre gab. Dabei sang Nona irgendwann "drop my guitar," das hatte sie wohl auch getan.
Nach gut einer Stunde spielten Dark Dark Dark im halbvollen Saal der Brotfabrik noch drei Zugaben (von denen ich zwei kannte - u.a. Celebrate mit Nona am Akkordeon) und waren nach gut 75 Minuten um fünf nach zehn fertig. Ich hatte eigentlich keine rechte Lust, heute wegzugehen, war aber durch die vielen Dark Dark Dark Berichte hier zu neugierig. Es hat sich sehr gelohnt, ich hätte etwas verpasst! Im Herbst dann gerne wieder!
Setlist Dark Dark Dark, Brotfabrik, Frankfurt:
01: It's a secret
02: Trouble no more
03: Something for myself
04: Ohne Titel
05: Last time I saw Joe
06: Hear me
07: Wild go
08: What I needed
09: Without you
10: Wild goose chase (Elephant Micah Cover)
11: Who needs who
12: Meet in the dark
13: Daydreaming
14: Celebrate (Z)
15: Bright bright bright (Z)
16: Love lies (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Dark Dark Dark, Paris, 23.03.12
- Dark Dark Dark, Paris, 20.06.11
- Dark Dark Dark, Paris, 03.05.11
- Dark Dark Dark, Paris, 24.03.11
- Dark Dark Dark, Paris, 10.11.10
7 Kommentare :
Ich fand es lustig, wenn Nona vom E-Piano aufstand und mit dem Mikrofon in der Hand sang. Erinnerte mich immer stark an die Hitparade im ZDF. Hatte aber auch etwas.
Was mir nach dem Konzert irgendwie klar wurde: Die Zeiten in kleinen Clubs sind zumindest in Berlin vorbei. Zu Recht und doch sehr sehr schade. Und für 12 Euro werde ich sie wohl auch nie mehr wieder sehen...
Hitparade, genau! Das war es!
Erst nachdem ich drüber geschlafen habe, ist mir heute morgen aufgefallen, wie lustig es eigentlich ist, dass ich meine beiden Dark Dark Dark Konzerte jeweils unter dem Patronat des Konzerttagebuchs besucht habe: Oliver in Paris und Christoph in Frankfurt...
@Markus Auch wenn es für die Band vielleicht schöner ist, wenn der Saal so richtig aus den Nähten bricht, war es ein schöner Aspekt des gestrigen Abends für mich, dass der Saal gut gefüllt war, man sich aber noch bewegen konnte und gut zur Bühne kam.
Hab die Band vor nem Jahr im Berliner Comet Club gesehen. War schon damals gut besucht, leider. So sehr ich einer Band einen gut gefüllten Saal gönne, so ernüchternd ist es zugleich, wenn man merkt, welches Publikum die Band so anzieht. Hipstervolk ohne Hirn und Gefühl. Nur gut, dass ich kein Musiker bin, ich würde bei solch einem Anblick stets und immer dem Alkohol verfallen.
Hab Dark Dark Dark damals als feine Liveband auf einer zu kleinen Bühne kennengelernt. Stark natürlich der Invies Gesang, feine, toll arrangierte Melodien. Was mich an Dark Dark Dark aber fasziniert, das ist eine schlichte wie eindringliche Poesie, die dem Trend der Abstrahierung und allerlei Doppeldeutigkeiten widersteht. Die überraschend klar und schön ausfällt.
Ja - das stimmt - die Hipster...
Dieses Mal im Privatclub war ich recht weit vorne und das Gequatsche von weiter Hinten war erträglich weit weg...so wie auch das Geklirre der Bar. Manchmal glaube ich es wird extra auf die ruhigen Stücke gewartet, um das Leergut zu sortieren...das war dieses Mal aber kein großen Problem.
Schlimm sind die Mädchen Anfang 20, die dann auch noch ihre total unmotivierten und gelangweilten Freunde mitschleppen...
Zum Konzert selbst:
Ich fand die freundliche Distanziertheit sehr erfrischend. Schöne Melodien - tolle Texte - viel Tiefe und doch keine Anbiederung. Die Musik stand für sich - wie ein Spielfilm.
Es war nicht notwendig, dass es einen Audiokommentar des Regisseurs zu jedem Kapitel gibt.
Seit dem Konzert höre ich die Musik viel intensiver.
"freundliche Distanziertheit" trifft tatsächlich sehr gut das, was ich auch während des Konzertes empfand und wofür ich gestern sehr lange nach einer Beschreibung gesucht habe.
Hier mein Konzertbericht als Kommentar zum Bericht aus Berlin:
http://rockzoom.de/2012/04/17/dark-dark-dark-privatclub-berlin-14-04-2012/
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