Konzert: PeterLicht
Ort: Mousonturm, Frankfurt
Datum: 06.11.2011
von Ursula von neulich als ich dachte
Anlässlich meines nun bereits dritten PeterLicht-Konzerts im Mousonturm las ich mir gestern Nachmittag meinen Bericht vom letzten Mal durch und wurde dabei an einiges erinnert, dass ich sonst nicht mehr parat gehabt hätte: Dass es sehr warm war, das Publikum eher ergraut und die Stimmung in Bezug auf die Frage „Tanze ich oder höre ich zu?“ etwas unentschlossen aber überaus positiv.
All das passierte gestern Abend dann nochmals. Wie gehabt war das Fotografieren des Künstlers verboten, worauf per Aushang hingewiesen wurde. Und wie beim letzten Mal hätte man sich einen Großteil des Publikums auch bei einer Lehrerkonferenz vorstellen können - selten sah ich bei einem Konzert so viele graue Bärte und (männliche) Pferdeschwänze, meist als Teil glücklich umschlungener Paare. Und ja, die Temperatur bewegte sich auch dieses Mal Richtung Sauna.
Für den Beginn seines Auftritts hatte sich Herr Licht (mittlerweile ebenfalls bärtig) dieses Mal aber etwas Neues ausgedacht. Während 2008 die ersten Lieder in Dunkelheit vorgetragen worden waren, kam der Sänger gestern Abend zwar im Hellen, aber allein auf die Bühne. Er trug zunächst seinen ersten Text „Zahnpasta“ vor (auch vorgelesen wurde gestern wieder) und sang dann "Wir sollten uns halten" allein zur akustischen Gitarre. Für "Begrabt mein iPhone an der Biegung des Flusses" kam dann der Pianist mit auf die Bühne, bei "Das Ende der Beschwerde / Du musst Dein Leben ändern" der Gitarrist, und erst bei "Es bleibt uns der Wind" erschienen auch der Bassist und der Schlagzeuger und spielten mit.
So weit, so gut, dachte man sich, jetzt, wo die Band vollständig war und die ersten älteren Titel gespielt waren, kann es endlich richtig los gehen, aber nach dem schönen "Das absolute Glück" ging es gleich wieder mit Liedern vom neuen Album Das Ende der Beschwerde weiter, das ehrlich gesagt nicht besonders spannend ist. Dann kam auch noch mit "Meerschwein" ein Nonsenstext, der in meinen Augen ebenfalls nicht die Qualität früherer Veröffentlichungen erreichte - dafür schien er aber kein Ende zu nehmen. Weiter und weiter ging die drei Seiten lange Geschichte, das Publikum lachte freundlich dazu, aber mein Zuhörerlebnis war eher unter "Qual" einzustufen. Ich mochte kaum glauben, dass ich vor Jahren freiwillig PeterLichts Wir werden siegen! Buch vom Ende des Kapitalismus gekauft und durchaus freudig gelesen hatte. Die Texte waren früher wirklich besser.
Weiter ging es wiederum mit Liedern vom aktuellen Album, dann folgten mit "Trennungslied", "Safarinachmittag" und "Die transsylvanische Verwandte" (vor der PeterLicht lange seine Gitarre stimmte und dann den Liedtitel mit Blick auf seinen schon lange wartend Glockenspiel spielenden Schlagzeuger als „Sehnenscheidenentzündung“ ankündigte) drei laut bejubelte alte Favoriten.
Hier zeigte sich allerdings auch, dass PeterLicht grundsätzliche Probleme mit seinen Liedtexten hatte: Während mir bei den neuen Liedern bereits einiges etwas komisch vorgekommen war, musste er beim Trennungslied, das er wegen der Textzeile „Hauptsache wir sitzen am Ende alle im selben Heim“ dem Altersheim nebenan widmete, sichtlich spontan neu dichten, weil ihn die richtige Zeile gerade nicht einfallen wollte. Das war aber noch ganz lustig.
Regelrecht versemmelt wurden dann aber zwei Stücke, die ich eigentlich sehr mag, nämlich "Wettentspannen" und "Gerader Weg". Beide wurden in ultraschnellen - und entsprechend kurzen - Versionen gespielt, und bei "Gerader Weg" führten die bereits erwähnten Textunsicherheiten dazu, dass die Strophen im Grunde nicht stattfanden. Nun kommt man ja nicht zu einem Konzert, um alles möglichst perfekt zu hören, und auch Pannen können ganz charmant sein, aber nachdem zu dieser doch sehr misslungenen Vorstellung auch keinerlei Kommentar kam, entstand doch der Eindruck, dass hier etwas lieblos hingerotzt worden war. Vielleicht war es auch Absicht, und ich habe den Witz nicht verstanden? Möglich wäre es.
Damit war das Konzert auch zunächst beendet, als Zugaben folgten dann noch "Sonnendeck" (das wohl sicherheitshalber von Anfang an in einer Softrockversion ohne Textstrophen gespielt wurde), das wiederum begeistert aufgenommene "Lied vom Ende des Kapitalismus" - das in mir allerdings die Frage auslöste, wie viele der Anwesenden wohl tatsächlich etwas gegen den Kapitalismus hatten - und eine zur Abwechslung tadellose Version von "Alles was du siehst gehört dir".
Die uns umgebenden Pädagogen waren vom Konzertabend wesentlich begeisterter als wir und klatschten die Band noch ein zweites Mal auf die Bühne zurück, wo als allerletzte Zugabe nach fast zwei Stunden Spielzeit noch "Zonen" folgte – ein Lied was wohl niemand in der Setliste vermisst hatte.
Ich hatte bereits auf dem Weg zum Mousonturm meinen Plan verkündet, meinem neuen Konzertbericht den Titel "Mehr Licht!" zu geben - wobei es sich um Goethes (angebliche) letzte Worte handelt. Als wir den Saal verließen, erklärte mein Freund, ich solle zusätzlich gleich schreiben, das sei vorläufig auch sein letztes PeterLicht-Konzert gewesen. Und ich selbst werde weitere Konzerte wohl ebenfalls erst erwägen, wenn wieder eine überzeugendere Platte vorliegt.
Setlist PeterLicht, Mousonturm, Frankfurt:
01: Text: Zahnpasta
02: Wir sollten uns halten
03: Begrabt mein iPhone an der Biegung des Flusses
04: Das Ende der Beschwerde
05: Es bleibt uns der Wind (Du bist richtig hier)
06: Das absolute Glück
07: Neue Idee
08: Sag mir, wo ich beginnen soll
09: Text: Meerschwein
10: Schüttel den Barmann!
11: Meine alten Schuhe / Die große Sonne verbrennt ganzes Geld
12: Safarinachmittag
13: Trennungslied
14: Die transsylvanische Verwandte
15: Text: Hosengott
16: Fluchtstück
17: Wir / Was / Wir / Wolln
18: Wettentspannen
19: Grader Weg
20: Sonnendeck (Z)
21: Lied vom Ende des Kapitalismus (Z)
22: Alles was du siehst gehört dir (Z)
23: Zonen (Z)
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