Dienstag, 1. November 2011

Chokebore, Paris, 31.10.11


Konzert: Chokebore
Ort: La Machine du Moulin Rouge
Datum: 31.102.2011
Zuschauer: etwa 700, fast ausverkauft
Konzertdauer: 80-90 Minuten


Chokebore sind besser als Sex!

Nun ja, vielleicht nicht besser als Sex mit deren umwerfend aussehenden Frontman und Womanizer Troy von Balthazar, einem faden Bums mit einer im Halloween- Suff kennengelernten Person aber sicherlich vorzuziehen.

Am Tage der beleuchteten Kürbisse und der gruseligen Verkleidungen, hatten sich etwa 700 unmaskierte Fans in der Machine du Moulin Rouge eingefunden. Ein famoses Kennerpublikum, das leider aber zu 70 % männlich (und über 35 oder 40, so wie ich) war. Unter ihnen alte Anhänger wie der Kultfotograf Robert Gil, der Betreuer des Chokebore Forums Florent Dupont und die Fotografin Magali Boyer, die vor ein paar Monaten sogar einen richtigen kleinen Bildband über Troy von Balthazar herausgegeben hatte. Alle warteten sie gespannt wie die Flitzebogen auf das nun kommende Set der kultigen Sadcore Helden Chokebore. Die Band aus Hawaii hatte erst im Februar 2010 in der Pariser Maroquinerie ihr Comeback in Frankreich gefeiert und war seitdem wieder sehr aktiv. In den letzten 14 Tagen haben sie gar ununterbrochen gespielt und dabei auch Station in Nürnberg, Trier (Christoph, wo warst du am 19. Oktober??) und in Weinheim gemacht. Ein Wunder insofern, daß sie heute in Paris so unglaublich dynamisch und taufrisch agierten. Die Band selbst hat zur Begründung ihrer Stärke während und nach dem Konzert mehrfach in Richtung Publikum gesagt: "you guys gave us the energy to do this." Damit lagen Troy und Kollegen absolut richtig. Die Leute trugen Chokebore in der Tat durch ihr intensives und recht langes Set und motivierten die Gruppe durch ihre langen Beifallsbekundungen und ihre pogoartigen Tänze bis in die (teilweise schütteren) Haarspitzen. Eine Mannschaftsleistung, in der zwar der unfassbar charismatische Troy von Balthazar der uneingeschränkte Leader war, aber jeder seinen Teil zum Gelingen des Ganzen beitrug. Die baumlangen Gebrüder Kroll an Bass (James) und Gitarre (Jonathan) arbeiteten wie immer dezent, effizient und zuverlässig und Drummer Christian Omar Madrigal Izzo ließ hinten nichts anbrennen und peitschte mit seinen trockenen und schweren Hieben die Vorderleute an.

Es war ein Set wie aus einem Guss, indem explosive und grungerockige Stücke dominierten, aber auch ruhigere und melancholischere Songs ihren Platz hatten. Neue und alte Fans kamen diesbezüglich voll auf ihre Kosten, sieht man mal davon ab, daß der Klassiker Days Of Nothing nicht gebracht wurde.

Dafür aber gab es etliche Hits. Schon sehr früh wurde You Are The Sunshine Of My Life geschmettert und auch Pacific Sleep Patterns und Valentine fehlten nicht. Hinzu kamen Stücke von der nagelneuen Vinyl Ep Falls Best, allen voran Lawsuit, das einschlug wie eine Bombe. Ein für Chokebore Verhältnisse fast melodieseeliger Song, der mit schweren Riffs und der typischen tiefen Melancholie und inneren Zerissenheit (I never give you my heart, I'm using it, you never lend me your dog, I'm envious... we sometimes lose the love and we get used to it, healtyh dogs and smiling faces, this is what the world erases) aufwartete. Auch der Track Awesome stammte von dieser EP und hielt was der Titel versprach. Ein schwermütiger, pechschwarzer, fast suizidaler Psychoschocker, der auch mit kuriosen Lyrics überraschte: "Drinking champagne fast makes golden babies."

Das eingeschlagene Niveau und Tempo war fast durchgängig hoch, was dafür sorgte, daß den Zuschauern kaum Atempausen gegönnt wurden und die Zeit wie im Fluge verging. Man hatte sich gerade erst wunderbar in einen Rausch getanzt- und gebrüllt, da verließen die vier Helden nach etwa einer Stunde auch schon zum ersten Mal die Bühne. Aber Schluß sollte damit noch lange nicht sein. Was folgte war ein fulminanter Endspurt, in dem letzte Kräfte mobilisiert wurden. Valentine klang so herrlich wehmütig und leidenschaftlich, daß einem ganz warm ums Herz wurde. Wie immer schien Troy in einem hypnotischen Zustand, sang mit geschlossenen Augen und greinte langgezogen die Lyrics, daß es einem durch Mark und Bein ging. Mit Thin As Clouds wurde das Tempo dann noch einmal erhöht und von Balthazar riß seine Gitarre theatralisch in die Luft. Wahnsinn, wie elegant er sich auch bei wildesten Verrenkungen bewegte! Ein Perfomer vor dem Herrn. Geil auch Christian, der hinter seiner Schießbude den Fellen Peitschenhiebe überzog und die Gebrüder Kroll, die punktgenau und tight an den Seiten agierten. Das etwas vorgerückte Alter der Musiker schien nun keine Rolle mehr zu spielen, die Maschine war heiß geworden und lief auf Volldampf.



Die alten Haudegen dachten nichts ans Aufhören. Mehrere tolle und heißumjubelte Zugaben
reichten sich die Klinke in die Hand und als der zweite Block dieser "Encores" abgefeiert worden war, schien die Messe wirklich endgültig gelesen zu sein, Ordner befahlen den verschwitzten Zuschauern grimmigen Blickes, den Saal zu verlassen, das Konzert sei zu Ende. Dennoch kam aber nach langer Wartezeit und unermüdlichem Applaus die Band aus Hawaii noch einmal zurück und performte unter anderem noch den alten Klassiker A Taste For Bitters.

Ein sagenhafter Gig, den auch Fans der ersten Stunde hinterher als einen der allerbesten überhaupt bewerteten.

Lang lebe Chokebore!!

Aftershow:

Schon kurz nach dem Ende des Konzertes stürmen die Fans den von der Band und fleißigen Helfern betriebenen Merchandising Stand. Etliche T-Shirts werden abgesetzt und auch die Alben und die neue Vinyl LP erfreuen sich größter Beliebtheit. Drummer Christian ist nun zum ersten Mal richtig zu sehen. Während des Sets war er immer verdeckt und erst bei den Zugaben konnte man erkennen, daß er einen schicken schwarzen Adidas Jogging Anzug mit roten Streifen trägt. Christian lässt sich auch ganz relaxt abknipsen und als Basser James sieht, daß ich Fotos schieße, macht er eine witzige Grimasse.

Dann ziehe ich mit meiner guten deustchen Freundin Uschi ab und wir warten draußen vergeblich noch ein paar Minuten auf die Band. Da es kalt ist, beschließen wir die U-Bahn zu nehmen. Überall laufen einem verkleidete und krass geschminkte Halloween Zombies über den Weg. Bei der Haltestation Madeleine trennen sich meine und Uschis Wege. Dann aber überkommt mich eine große Lust, noch einmal nach Pigalle zurückzufahren, um zu sehen, was da noch so los ist und ob die Band inzwischen aus der Kabine gekrochen ist. Ich habe Glück und sehe schon von weitem Troy in einem stilvollen Mantel auf der Straße rumstehen. Wir begrüßen uns nett, plaudern (er erzählt mir u.a das er Filmmusik geschrieben hat) und überlegen, was wir noch machen können. Troy fragt, ob ich Lust habe, noch ein Bier mit ihm und der Band zu trinken. Da lasse ich mich nicht zweimal bitten und folge dem Tross in eine Brasserie auf der anderen Straßenseite gleich gegenüber von Moulin Rouge. Wir sitzen draußen, bibbern ein wenig und bestellen Bier. James hat eine richtige schöne Maß geordert, die ihm Troy aber alsbald abluchts. Ein großer Trinker ist der elegante Sänger aber dennoch nicht, er passt immer genau auf, was er zu sich nimmt und ist sicherlich auch auf seine fabelhaft schlanke Figur bedacht. Die Atmosphäre ist gelöst, eine nette Französin sitzt neben mir, die von Balthazr heute beherbergt und plötzlich kommt die Rede auf Berlin. Ich bekomme mit, daß alles Chokebore-Helden in Berlin leben. Da stelle ich (auf englisch) die Frage, ob sie denn auch deutsch könnten. Eine nette Blondine mit wundervollen blauen Augen antwortet mit ja. Sie ist Deutsche und mit James Kroll, dem Bassisten, verheiratet! Zwei Kinder (ein Junge, ein Mädchen) haben die beiden Sympathen schon zusammen und die wilden Racker durften heute sogar mit beim Konzert dabeisein. Witzigerweise ist aber der Bube ziemlich bald eingeschlafen! Bei dem Lärm!

Wir plaudern noch munter weiter und trinken in Ruhe unsere Gläser aus. Als der Kellner abkassieren will, kriegen wir alle einen kleinen Schock: die Maß kostet stolze 17 Euro! Gut insofern, daß alles Chokeborler in Berlin leben und von den dortigen günstigeren Preisen profitieren. In der Spreemetropole spielen sie am 15 November @ Marie-Antoinette. Save the date!

Setlist Chokebore, La Machine du Moulin Rouge, Paris, klick!

TROY VON BALTHAZAR Heroic Little Sisters @ Oliver Peel Session from stephaned on Vimeo.






3 Kommentare :

E. hat gesagt…

feini! ich liebe die band ebenso und würde mich über einen baldigen gig in unseren breiten sehr freuen! danke für die ausführlichkeit!

Oliver Peel hat gesagt…

Gerne, Eike! Am 18. Oktober waren Chokebore im K4 in Nürnberg. Warst du darüber nicht informiert, oder ist Nürnberg zu weit für dich?

E. hat gesagt…

grundsätzlich nicht zu weit, aber schon umständlich. da muss alles passen (dienst, family...), dass ich mir die tour antue.

 

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